Das Töten wird allgemein überschätzt.» So beginnt und endet der Erstlingsroman des Zürcher Staatsrechtsprofessors Felix Uhlmann. Ein entlassener Ingenieur ohne Alter und Namen wird verhaftet und in ein Lager gesperrt. Er gehört einer Volksgruppe an, die verfolgt wird.
Im Lager denkt er über seine Frau nach, die er nicht liebt, und seinen Sohn, für den er nichts empfindet. Und er trauert «ihr» nach – einer namenlosen Freundin, die er vor Jahren wieder traf. Mit zwei Mitgefangenen gelingt ihm die Flucht. Die drei töten eine Bauernfamilie. Der Ingenieur reist zu «ihr» in die Stadt. Sie verhilft ihm zur Flucht ins Ausland. Der Roman enthält kaum Dialoge und Namen – eine ergreifende Beziehungslosigkeit.
Temporeiches Buch über Betrug
Oliver Diggelmann, ebenfalls Professor an der Uni Zürich, lehrte einige Jahre in Budapest. Dort spielt auch sein zweiter Roman. «Die Lichter von Budapest» handelt von Anatol, der seiner Freundin Sophie in die ungarische Hauptstadt folgt, wo sie als Anwältin arbeitet. Sophie hilft ungarischen Firmen, EU-Gelder aus Brüssel zu erschwindeln. Nebenbei betrügt sie Anatol mit einem Bürokollegen. Beides fliegt auf.
Zu allem Übel wird Anatol auch noch von einem Freund erpresst, dem Sohn eines früheren Geheimdienstchefs. Ein temporeiches Buch, das auf die aktuelle Situation in Ungarn Bezug nimmt.
Klimawandel, Gender und die Rolle der Medien
Juli Zeh hat sich als Schriftstellerin einen Namen gemacht. Weniger bekannt ist ihr rechtswissenschaftlicher Leistungsausweis (Dr. iur. LL.M.) und ihre Tätigkeit als Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg (D). Ihr neues Buch ist ein Gemeinschaftswerk mit dem preisgekrönten Autor Simon Urban.
Die Geschichte spielt in zwei Milieus, die nicht unterschiedlicher sein könnten: in der Redaktion einer grossen Wochenzeitung und auf einem Bauerndorf. Die Handlung ergibt sich aus Whatsapp-Nachrichten und Mails, die sich ein Journalist und eine Bäuerin zuschicken.
Die Kommunikationsform bestimmt Inhalt und Wahrnehmung der Botschaft. Ein gescheites Buch zu aktuellen Themen wie Klimawandel, Gendersprache, Identitätspolitik und der Rolle der Medien.
- Felix Uhlmann, «Der letzte Stand des Irrtums,» Edition 8, Zürich 2023, 128 Seiten, ca. 31 Franken
- Oliver Diggelmann, Die «Lichter von Budapest», Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2023, 208 Seiten, ca. 31 Franken
- Juli Zeh, Simon Urban, «Zwischen Welten», Luchterhand, München 2023, 444 Seiten, ca. 33 Franken