Eingesperrt: Menschenrechtsanwalt Alberto Nallar, Argentinien
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Plädoyer 06/2023
04.12.2023
Lisa Salza, Amnesty International Schweiz
Mitte Juni brachten in der nordargentinischen Provinz Jujuy Demonstranten ihren Unmut über eine umstrittene Verfassungsreform zum Ausdruck. Menschenrechtsanwalt Alberto Nallar spielte bei den Protesten eine aktive Rolle. Seither wird er kriminalisiert: Am 13. Juli wurde er festgenommen.
Drei Monate später, am 24. Oktober, verurteilte ihn das Strafgericht von Jujuy wegen «Aufwiegelung zu Verbrechen, gemeinschaftlicher Gewalt und Revolte&...
Mitte Juni brachten in der nordargentinischen Provinz Jujuy Demonstranten ihren Unmut über eine umstrittene Verfassungsreform zum Ausdruck. Menschenrechtsanwalt Alberto Nallar spielte bei den Protesten eine aktive Rolle. Seither wird er kriminalisiert: Am 13. Juli wurde er festgenommen.
Drei Monate später, am 24. Oktober, verurteilte ihn das Strafgericht von Jujuy wegen «Aufwiegelung zu Verbrechen, gemeinschaftlicher Gewalt und Revolte» zu dreieinhalb Jahren Haft. Der Straftatbestand wird in Argentinien häufig angewandt, um Menschen zu kriminalisieren, die ihr Recht auf sozialen Protest wahrnehmen. Nallars Vermögen wurde zudem gepfändet und er wurde mit einem Berufsverbot belegt. Alberto Nallar wird gegen dieses Urteil Berufung einlegen.
Nallar vertritt als Menschenrechtsanwalt unter anderem die Interessen der indigenen Gemeinschaft Caspalá. Diese kritisiert die Pläne der Provinzregierung unter Gouverneur Gerardo Morales, eine Verfassungsreform ohne Vernehmlassung durchführen zu wollen. Die Reform ist umstritten, weil sie Bestimmungen zur Kriminalisierung von sozialen Protesten vorsieht und weil sie multinationalen Unternehmen durch die Einführung eines erleichterten Verfahrens Zugang zur Ausbeutung von indigenem Land geben würde.
Die Verurteilung des Menschenrechtsanwalts Alberto Nallar ist eine unangemessene Repressalie für die friedliche Teilnahme an einem Protest. Die Kriminalisierung ist auch deshalb sehr beunruhigend, weil sie eine abschreckende Wirkung auf die Wahrnehmung des Rechts auf freie Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit hat. Amnesty International fordert, dass die Regierung die Kriminalisierung von Nallar und anderen Verteidigerinnen und Verteidigern von Menschenrechten in der Provinz unverzüglich einstellt.