Das revidierte Aktienrecht verlangt vom Verwaltungs- rat neu explizit, dass er die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft überwacht. Droht sie zahlungsunfähig zu werden, muss er «mit der gebotenen Eile» Massnahmen ergreifen. Reichen diese nicht, muss er Schritte zur Sanierung einleiten oder nötigenfalls ein Gesuch um Nachlassstundung einreichen. Auch wenn die letzte Jahresrechnung einen mindestens hälftigen Kapitalverlust ausweist, muss der Verwaltungsrat sofort Massnahmen zu dessen Beseitigung ergreifen und – falls nötig – Sanierungsmassnahmen einleiten.
Bei Gesellschaften ohne Revisionsstelle (Opting-out) muss der Verwaltungsrat einen Revisor ernennen, der die Jahresrechnung vor der Genehmigung durch die Generalversammlung prüft. Die Prüfungspflicht entfällt, wenn der Verwaltungsrat ein Gesuch um Nachlassstundung einreicht.
Die Pflichten bei «begründeter Besorgnis einer Überschuldung» sind dieselben wie bisher: Der Verwaltungsrat muss einen Zwischenabschluss zu Fortführungs- und Liquidationswerten erstellen. Auf Letzteren kann er neu verzichten, wenn die Annahme der Fortführung gegeben ist und der Zwischenabschluss keine Überschuldung aufweist.
Kann nicht mehr von einer Weiterführung des Unternehmens ausgegangen werden, genügt neu ein Zwischenabschluss zu den Liquidationswerten. Die Zwischenabschlüsse müssen – wie bisher – durch die Revisionsstelle oder, falls keine vorhanden ist, durch einen vom Verwaltungsrat bestimmten Revisor geprüft werden. Ist die Gesellschaft überschuldet, muss der Verwaltungsrat (und subsidiär die Revisionsstelle) das Gericht benachrichtigen, das anschliessend den Konkurs eröffnet. Ein Konkursaufschub ist nicht mehr möglich, er wurde mit der Revision abgeschafft.
Die Deponierung der Bilanz kann unterbleiben, wenn Rangrücktritte vorliegen, welche die Überschuldung inklusive Zinsen decken, oder wenn der Verwaltungsrat ein Gesuch um Nachlassstundung einreicht. Zudem erlaubt das Gesetz neu eine «stille Sanierung», also ohne Benachrichtigung des Richters, solange die begründete Aussicht besteht, dass die Überschuldung innert maximal 90 Tagen beseitigt werden kann – und sofern die Forderungen der Gläubiger nicht zusätzlich gefährdet werden. Ausser für die Aktiengesellschaft gelten die neuen Regeln auch für die GmbH, für Genossenschaften, eintragspflichtige Vereine und in groben Zügen für Stiftungen.
Einlegerschutz für Sparer verbessert
Ebenfalls auf Anfang Jahr wurden die Bestimmungen zu den Sanierungsmassnahmen für Banken aus der Finma-Verordnung ins Bankengesetz überführt. Somit besteht nun eine genügende gesetzliche Grundlage, wenn bei einer Bankensanierung in die Rechte der Aktionäre und Gläubiger eingegriffen wird – zum Beispiel bei der Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital und bei der Forderungsreduktion.
Zudem wurde der Einlegerschutz von Sparern im Konkursfall verbessert. Eine Auszahlung von maximal 100 000 Franken pro Kunde soll innert sieben Tagen erfolgen. Kunden mit Gemeinschaftskonto werden neu wie eine einzelne Person betrachtet, ebenfalls mit einem Anspruch auf 100 000 Franken. Dieser Anspruch gilt zusätzlich zu den 100 000 Franken, welche die gleichen Personen allenfalls auf einem Einzelkonto bei derselben Bank haben.
Neues Sanierungsverfahren für Versicherungen
Das Parlament verabschiedete auch Neuerungen im Sanierungsrecht für Versicherungen, Bestimmungen gegen den Konkursmissbrauch sowie zur Vollstreckung nicht bezahlter Krankenkassenprämien. Es ist noch offen, wann die Bestimmungen in Kraft treten.
Bei Versicherungen kann die Finanzmarktaufsicht neu ein Sanierungsverfahren einleiten, wenn begründete Aussicht auf Sanierung oder Weiterführung einzelner Versicherungsdienstleistungen besteht. Mögliche Massnahmen sind zum Beispiel die Reduktion des bisherigen und die Schaffung von neuem Eigenkapital oder die Wandlung von Fremd- in Eigenkapital.
Zudem sind Forderungen von Versicherten aus Versicherungsverträgen neu in der zweiten Konkursklasse privilegiert. Sie sollen aber erst nach Erfüllung aller anderen Forderungen der zweiten Klasse aus der Konkursmasse bezahlt werden.
Konkursmissbrauch wird erschwert
Neu soll mit verschiedenen Massnahmen im Straf-, Obligationen- Schuldbetreibungs- und Konkursrecht verhindert werden, dass ein Unternehmen seine Schulden leichtfertig per Konkurs loswerden kann. Zum Beispiel muss ein im Strafregister eingetragenes Tätigkeitsverbot neu dem Handelsregisteramt gemeldet werden, damit dieses die Person aus dem Handelsregister löschen kann.
Weiter wird die Personensuche im Handelsregister neu landesweit über die Website Zefix.ch möglich sein. Verkäufe von Mantelgesellschaften sind nichtig, wenn eine überschuldete Gesellschaft nicht mehr aktiv ist und keine verwertbaren Aktiven hat. Und die Möglichkeit des rückwirkenden Verzichts auf eine Revision (Opting-out) wurde gestrichen.
In der parlamentarischen Debatte heftig umstritten war, dass künftig auch öffentlich-rechtliche Gläubiger wie Steuerverwaltungen die Unternehmen auf Konkurs betreiben müssen statt wie bisher auf Pfändung. Diese Änderung wird künftig die Anzahl Firmenkonkurse erhöhen – denn die öffentliche Hand ist in der Praxis der häufigste Gläubiger.
Kinder schulden keine Krankenkassenprämien
Bei der Vollstreckung der obligatorischen Krankenkassenprämien gibt es verschiedene Änderungen. Neu sind Prämien und Kostenbeteiligungen bis zum Ende des Monats, in dem ein Kind volljährig wird, ausschliesslich von dessen Eltern geschuldet. Das Kind kann für diese Kosten auch nach Eintritt der Volljährigkeit nicht belangt werden, eine Betreibung wäre nichtig.
Zudem darf die Kasse offene Prämien und Kostenbeteiligungen nur noch zwei Mal pro Kalenderjahr betreiben. Damit werden die Betreibungskosten gesenkt. Und bei einer Lohnpfändung kann das Betreibungsamt den Betrag für die laufende Krankenkassenprämie und die Kostenbeteiligung beim Arbeitgeber einziehen und direkt an die Krankenversicherung überweisen, falls der Schuldner damit einverstanden ist.