1. Ausgangslage
Gemäss Artikel 269a litera b und e OR in Verbindung mit Artikel 12 ff. WMWG kann der Mietzins im Laufe eines Mietverhältnisses aufgrund der Erhöhung des Referenzzinssatzes, der Teuerung und allenfalls von Kostensteigerungen unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen auf den nächsten Kündigungstermin erhöht werden. Der Referenzzinssatz wurde letztmals per 1. April 2008 auf 3,5 Prozent erhöht. Seither ist er nur noch gesenkt worden. Er liegt heute bei 1,25 Prozent. Voraussichtlich steigt der Referenzzinssatz im Sommer 2023. Mit den möglichen Erhöhungen müssen auch frühere Mietzinsanpassungen überprüft werden.
2. Formvorschriften
2.1 Formularanzeige
Das Mietrecht gibt dem Vermieter die Möglichkeit, den Mietzins durch einseitige Erklärung gültig zu ändern und diese Änderung auch gegen den Willen des Mieters durchzusetzen. Es ist Sache des Mieters zu kontrollieren, ob diese Regeln eingehalten werden. Es besteht deshalb die Möglichkeit, missbräuchliche Mietzinserhöhungen innert der gesetzlichen Frist von 30 Tagen bei der zuständigen Schlichtungsbehörde anzufechten (Artikel 270b OR). Erfolgt keine Anfechtung, wird die formgültig angezeigte Mietzinserhöhung auf den vorgesehenen Termin selbst dann wirksam, wenn sie inhaltlich anfechtbar ist.
Auf diese Rechtslage muss der Mieter mit jeder Mietzinserhöhung neu durch ein amtlich genehmigtes Formular aufmerksam gemacht werden (Artikel 269d Absatz 1 OR). Das Formular muss die gesetzlichen Voraussetzungen der Anfechtung enthalten (Artikel 19 Absatz 1 litera c VMWG). Seit 1. Juli 2014 ist bei einer Mietzinserhöhung auch anzugeben, ob Förderbeiträge bezogen wurden (Artikel 14 Absatz 3bis VMWG). Die genehmigende Behörde gewährleistet, dass die Angaben auf dem Formular korrekt sind.
Diese Formvorschrift wird streng gehandhabt. Eine Mietzinserhöhung auf einem nicht vom Kanton genehmigten Formular ist nichtig, auch wenn das Formular an sich alle vorgeschriebenen Angaben enthält.1 Selbstverständlich ist auch eine Mietzinserhöhung nichtig, wenn sie nicht mit Formular, sondern lediglich mit einem Brief mitgeteilt wird. Mit Entscheid 135 III 220 2 setzte das Bundesgericht aber einem allzu rigiden Formalismus Schranken: Das Formular bedarf keiner erneuten amtlichen Genehmigung, wenn nur die Firmenbezeichnung der Vermieterin und die Adresse der Schlichtungsbehörde aktualisiert werden.
Die Mietzinserhöhung bedarf damit einer qualifizierten Schriftform. Dazu gehört auch die eigenhändige Unterschrift. Eine Nachbildung durch Faksimileunterschrift genügt nur, wenn deren Gebrauch im Verkehr üblich ist (Artikel 14 OR). Das kann bei einer Mietzinserhöhung nicht ohne weiteres angenommen werden. Eine andere Ansicht vertrat diesbezüglich das Zürcher Obergericht. Es ging für den Kanton Zürich von einer Verkehrsüblichkeit aus. Im betreffenden Fall handelte es sich jedoch um eine Rückforderung von zu viel bezahltem Mietzins nach einer nichtigen Mietzinserhöhung.
Auch das Bundesgericht entschied in einem später ergangenen Urteil, dass die Berufung auf diese Formungültigkeit missbräuchlich sein kann. So etwa dann, wenn die Erhöhung eindeutig dem Vermieter zugeordnet werden kann.3
Weiter hat das amtliche Formular den bisherigen Mietzins und die bisherige Belastung des Mieters für Nebenkosten den neuen Mietzins und die neue Belastung des Mieters für Nebenkosten sowie den Zeitpunkt, auf welchen die Mietzinserhöhung in Kraft tritt, zu enthalten (Artikel 19 Absatz 1 litera a VMWG).
2.2 Fristen
Eine Vertragsänderung kann nur auf einen Kündigungstermin hin angezeigt werden. Zusätzlich zur vertraglichen oder allenfalls gesetzlichen Kündigungsfrist muss eine zehntägige Anzeigefrist eingehalten werden (Artikel 269d Absatz 1 OR). Sie gibt dem Mieter die Möglichkeit, angesichts der mitgeteilten Mietzinserhöhung den Vertrag noch fristgerecht zu kündigen. Eine Mietzinserhöhung auf einen zu frühen Zeitpunkt wird auf den nächstmöglichen Kündigungstermin wirksam.4
2.3 Klare Begründung
Die Mietzinserhöhung ist klar zu begründen. Relative Erhöhungsgründe dürfen nicht mit absoluten kumuliert werden. Wird eine Mietzinserhöhung mit dem gestiegenen Referenzzinssatz und gleichzeitig mit der Anpassung an die Orts- und Quartierüblichkeit begründet, ist die Mietzinserhöhung nichtig, weil sie unklar ist (269d Absatz 2 OR). Die Begründung ist ebenfalls nicht klar, wenn der Vermieter einfach pauschal auf die Bestimmungen von Artikel 269 und 269a OR verweist.5
Das Erfordernis der klaren Begründung führt dazu, dass der Vermieter bei mehreren Erhöhungsgründen für jeden einzelnen Grund in Franken oder Prozenten angeben muss, wie sich diese verändern sollen (Artikel 19 Absatz 1 litera a Ziffer 4 VMWG). An die einmal angerufene Begründung ist er im Anfechtungsverfahren gebunden. Die Begründung muss auf dem amtlichen Formular selbst mitgeteilt werden. Alternativ kann die Begründung auf dem Begleitschreiben erfolgen, sofern auf dem Formular ausdrücklich auf das Begleitschreiben verwiesen wird (Artikel 19 Absatz 1bis VMWG).
Der Vermieter muss sich klar entscheiden, welche Methode er anruft. Der Mieter muss zweifelsfrei wissen, welche Wahl der Vermieter trifft, denn er muss sich entscheiden, ob er die Erhöhung anfechten will oder nicht. Dabei muss klar sein, welches Prozessthema sich im Falle einer Anfechtung stellt. Im Zweifelsfall wird die Begründung so ausgelegt, wie sie vom Mieter nach Treu und Glauben verstanden werden kann.6
2.4 Vorbehaltspflicht
Vorbehalte müssen genauso klar begründet werden wie Mietzinserhöhungen. Eine Berufung auf zwei widersprüchliche Erhöhungsgründe macht auch einen Vorbehalt ungültig. Es kann also nicht gleichzeitig ein Vorbehalt wegen ungenügendem Ertrag und fehlender Orts- und Quartierüblichkeit angebracht werden. Zudem muss der Vorbehalt in Franken oder Prozenten des Nettomietzinses beziffert werden (Artikel 18 VMWG). Der Vertrauensschutz erfordert zudem, dass Vorbehalte bei jeder Mietzinserhöhung und bei jeder Mietzinssenkung bis zu ihrer Ausschöpfung wiederholt werden. Versäumt der Vermieter dies, verwirkt er den Vorbehalt und die künftige Mietzinsentwicklung schliesst an die Kostenstände der letzten vorbehaltlosen Mietzinsänderung an, respektive an die Kostenstände bei Vertragsabschluss.7
3. Geltungsbereich des Preisschutzes
Die Vorschriften über die Mietzinsgestaltung von Artikel 269 bis 270e OR gelten lediglich für Wohn- und Geschäftsräume (Artikel 253b OR). Die Vermietung eines unüberbauten Grundstücks, zum Beispiel eines Asphaltplatzes für die Ausstellung von Occasionswagen, wird vom Missbrauchsschutz nicht erfasst.8 Zudem ist nicht jeder Raum zwangsläufig ein Wohn- oder Geschäftsraum. Ein Parkplatz in einer Einstellgarage ist keines von beidem.
Gemäss Artikel 253a Absatz 1 OR gilt der Missbrauchsschutz jedoch auch für mitvermietete Nebenräume oder Parkplätze. Wird zusammen mit einer Wohnung oder einem Geschäftsraum ein Parkplatz vermietet, ist von einem einheitlichen Mietverhältnis auszugehen. Für den mitvermieteten Parkplatz als Nebensache gelten auch bezüglich Mietzinsgestaltung die gleichen Regeln wie für die Hauptsache. Entscheidend ist die sachliche Einheit von Haupt- und Nebensache, das heisst, es muss ein funktioneller Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebensache bestehen.9 Nicht entscheidend ist dagegen, ob für Haupt- und Nebensache ein gemeinsamer Vertrag oder zwei gesonderte Verträge abgeschlossen worden sind.
4. Gründe für eine Mietzinsanpassung
Im laufenden Mietverhältnis kommen in der Regel nur die relativen Anpassungsgründe zur Anwendung. Die absoluten Anpassungsgründe kommen im laufenden Mietverhältnis nur selten gestalterisch zur Anwendung, etwa wenn ein Vorbehalt ausgeschöpft wird. Sie können aber einredeweise geltend gemacht werden.
4.1 Relative Anpassungsgründe
Der Vermieter kann eine Erhöhung des Referenzzinssatzes zum Anlass nehmen, den Mietzins anzupassen. Gemäss Artikel 269a litera e OR sind Mietzinse in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie lediglich die Teuerung auf dem risikotragenden Kapital ausgleichen.
Mietzinse sind in der Regel nicht missbräuchlich, wenn sie durch «Kostensteigerungen» begründet sind (Artikel 269a litera b OR). Als Kostensteigerung im Sinne dieser Bestimmung gelten nebst Erhöhungen des Hypothekarzinssatzes der Anstieg von Gebühren, Objektsteuern, Baurechtszinsen, Versicherungsprämien sowie Erhöhungen der Unterhaltskosten (Artikel 12 Absatz 1 VMWG).
Mehrleistungen der Vermieter im Sinne von Artikel 269a litera b OR stellen ein weiteres Kriterium zur Erhöhung des Mietzinses dar.
4.2 Absolute Anpassungsgründe
Nach der Definition des Gesetzgebers gilt als Regel, dass ein Mietzins missbräuchlich ist, wenn damit ein übersetzter Ertrag erzielt wird (Artikel 269 OR). Dem übersetzten Ertrag gleichgestellt ist ein Mietzins, der auf einem übersetzten Kaufpreis beruht. Allerdings verlangt das Gesetz, dass der Kaufpreis offensichtlich übersetzt ist.
Bei Neubauten kann der höchstzulässige Mietzins aufgrund der Bruttorendite berechnet werden (Artikel 269a litera c OR). In der Regel ist die Bruttorendite für den Vermieter günstiger als die Nettorendite und wesentlich einfacher zu berechnen. Das Gesetz stellt die Vermutung auf, dass Mietzinse in der Regel nicht missbräuchlich sind, wenn sie im Rahmen des orts- oder quartierüblichen Mietzinses liegen (Artikel 269a litera a OR).
5. Anwendung der relativen Methode
Nach dem sogenannten Vertrauensgrundsatz darf sich der Mieter darauf verlassen, dass der vereinbarte Anfangsmietzins dem Vermieter einen angemessenen Ertrag verschafft und all seine Kosten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses deckt. Daher kann der Vermieter im laufenden Mietverhältnis nur noch Erhöhungen des Referenzzinssatzes, Kostensteigerungen, Mehrleistungen und die Teuerung überwälzen, die seit Vertragsabschluss eingetreten sind. Im laufenden Mietverhältnis folgt die Mietzinsgestaltung der relativen Methode.
Bei der Anwendung der relativen Methode vergleicht man die Entwicklung der Anpassungsgründe in zwei Zeitpunkten: Einerseits im Zeitpunkt der letzten verbindlichen Mietzinsfestlegung, andererseits im Zeitpunkt der Festlegung des angefochtenen Mietzinses.10 Der zweite Zeitpunkt ist grundsätzlich der Tag, an welchem die Mietzinsänderung angezeigt wird, und es ist auf die in diesem Zeitpunkt geltenden Kostenfaktoren abzustellen.
5.1 Letzte verbindliche Mietzinsfestlegung
Die nachfolgenden Ausführungen zur letzten verbindlichen Mietzinsfestlegung gelten nur zum Schutz des Mieters. Der Vermieter hat sich stets auf die von ihm zuletzt mitgeteilte Mietzinsveränderung behaften zu lassen. Das gilt auch dann, wenn es sich dabei nicht um eine verbindliche Mietzinsfestlegung gemäss den nachfolgenden Kriterien handelt.
Bei der ersten Erhöhung nach Mietzinssenkungen, aber auch nach einer erfolgreichen Abwehr eines Senkungsbegehrens, muss auf die letzte verbindliche Mietzinsbasis zurückgegriffen werden. Das ist grundsätzlich die letzte anfechtbare Mietzinsfestsetzung, sprich die letzte Mietzinserhöhung oder mangels einer Mietzinserhöhung der Anfangsmietzins.11 Das Bundesgericht hat wiederholt festgehalten, dass nur eine Mietzinserhöhung anfechtbar ist, nicht dagegen die Formularanzeige eines gleichbleibenden oder gesunkenen Mietzinses.12
Bei einer nächsten Mietzinserhöhung kann der Mieter daher auf die Kostenbasis der letzten anfechtbaren Mietzinsfestlegung zurückgreifen und der Mietzinserhöhung die noch bestehenden Herabsetzungsansprüche nach relativer Berechnungsmethode entgegenhalten.13
Nach Jahren, während derer der Referenzzinssatz für Hypotheken stetig sank und die Mietzinse entweder unverändert blieben oder allenfalls gesenkt wurden, kommt diesem Punkt eine zentrale Bedeutung zu. So kann zurück bis zur letzten Mietzinserhöhung, welche mit der Begründung einer Hypothekarzinserhöhung erfolgte – oder bei Fehlen einer solchen zurück bis zum Vertragsabschluss – geprüft werden, ob die Senkungen des Referenzzinssatzes korrekt, also vollständig, an den Mieter weitergegeben worden sind. Bei der nunmehr zu erwartenden Erhöhung des Referenzzinssatzes und den damit verbundenen Mietzinserhöhungen ist die Prüfung nach vollständig weitergegebenen Hypothekarzinssenkungen wichtig, da in diesem Fall eine unangefochtene Mietzinserhöhung eine neue Basis (verbindliche Mietzinsfestlegung) für die weitere Entwicklung des Mietzinses schafft.
Vergleiche oder rechtskräftige Urteile, die eine neue Kostenbasis des Mietzinses definieren, können ebenfalls eine neue verbindliche Kostenbasis schaffen.
Die blosse Abwehr von Herabsetzungsbegehren des Mieters durch die Einrede der unzureichenden Rendite oder der Ortsüblichkeit definiert demgegenüber die Kostenbasis des Mietzinses nicht neu. Eine Einrede ist rein defensiv und hat keine gestaltende Funktion. Sie gestattet dem Vermieter vorübergehend, die Senkung des Referenzzinses zur Verbesserung seiner Rendite zu nutzen. Verbindliche Ausgangsbasis für eine erneute Mietzinsänderung bleibt die letzte unangefochtene Mietzinsfestlegung. Nach wie vor darf sich der Mieter darauf verlassen, dass der Mietzins bei der letzten Erhöhung (oder gegebenenfalls der Anfangsmietzins) dem Vermieter einen ausreichenden Ertrag verschaffte. Daran ändert sich auch nichts, wenn dem Vermieter im Rahmen eines Mietzinsherabsetzungsverfahrens attestiert wurde, dass die Rendite das zulässige Mass unterschreite. Ergebnis dieses Verfahrens war die Abweisung einer Herabsetzungsklage des Mieters. Eine neue verbindliche Kostenbasis wird durch ein solches Urteil nicht geschaffen.
Anders verhält es sich nur, wenn das Urteil aus welchen Gründen auch immer im Dispositiv ausdrücklich eine neue Kostenbasis festlegt. Wenn zum Beispiel ein Mieter, dessen Mietzins auf einem Referenzzinssatz von 1,5 Prozent basiert, angesichts des auf 1,25 Prozent gesunkenen Referenzzinssatzes eine Mietzinsherabsetzung beantragt hat, der Senkung aber wegen seitens des Vermieters geltend gemachter ungenügender Rendite nicht stattgegeben wurde, basiert der Mietzins weiterhin auf einem Referenzzinssatz von 1,5 Prozent. Dies unabhängig davon, ob der Mieter den Einwand des Vermieters einfach akzeptierte oder ob dieser in einem Mietzinsherabsetzungsverfahren geschützt wurde.
Der Mieter sollte immer zwei Berechnungen anstellen. Einmal rückwirkend bis zur letzten verbindlichen Mietzinsfestlegung. Und einmal, falls es eine solche gibt, ab der letzten nicht verbindlichen Mietzinsänderung, welche ihm vom Vermieter angezeigt wurde. Der Mieter kann sich dann auf das für ihn vorteilhaftere Resultat berufen.
5.2 Berechnung
Zur Vereinfachung von Mietzinsberechnungen stellt das Gesetz die Vermutung auf, dass ein Mietzins nicht missbräuchlich wird, wenn er den Kostensteigerungen folgt (Artikel 269a litera b OR), durch Mehrleistungen des Vermieters begründet ist (Artikel 269a litera b OR) oder lediglich die Teuerung auf dem risikotragenden Kapital ausgleicht (Artikel 269a litera e OR).
All diese Kostenfaktoren finden sich auch in der Nettorenditeberechnung. Statt sie nun nach dem strengen Prinzip der Kostenwahrheit bei jeder Mietzinsänderung aufwendig aufzurechnen, können sie in pauschalierter Form laufend weitergegeben werden. Die Verordnung sieht dazu die konkreten Überwälzungssätze vor (Artikel 13 Absatz 1 VMWG und Artikel 16 VMWG).
5.2.1 Referenzzinssatz
Seit September 2008 gilt nicht mehr der Leitzinssatz der örtlichen Kantonalbank, sondern ein gesamtschweizerischer Durchschnittszinssatz für inländische Hypotheken (Referenzzinssatz). Er wird vierteljährlich vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung und gerundet auf Viertelprozente bekannt gegeben (Artikel 12a Absatz 1 und 2 VMWG). Seit dieser Neuerung widerspiegeln sich die Zinssatzveränderungen auf dem Markt erst mit einer gewissen Verzögerung im mietrechtlich massgebenden Hypothekarzinssatz. Die Ergebnisse der Berechnung der Durchschnittsverzinsung werden erst mit einer dreimonatigenVerzögerung bekannt gegeben und die Mieten können unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist frühestens ein halbes Jahr nach der realen Zinssatzveränderung angepasst werden.
Das Ausmass der erlaubten Mietzinsanpassung ergibt sich aus Artikel 13 Absatz 1 VMWG, wonach eine Erhöhung des Referenzzinssatzes von einem Viertelprozent im Allgemeinen eine Erhöhung des Mietzinses wie folgt rechtfertigt:
- 2 Prozent bei einem Referenzzinssatz von über 6 Prozent;
- 2,5 Prozent bei einem Referenzzinssatz zwischen 5 und 6 Prozent;
- 3 Prozent bei einem Referenzzinssatz von unter 5 Prozent.
Sinkt der Referenzzinssatz dagegen um ein Viertelprozent, führt dies bei einem Referenzzinssatz von unter 5 Prozent zu einem Herabsetzungsanspruch von 2,91 Prozent.
Die Anpassungen können auch bei einer hypothekarisch unbelasteten Liegenschaft vorgenommen werden, denn mit der Erhöhung des Referenzzinssatzes steigt auch die erlaubte Verzinsung des Eigenkapitals. Selbst ein Vermieter mit Festhypothek darf den Anstieg des Referenzzinssatzes überwälzen. Im Gegenzug kann er aber keine Mietzinserhöhung vornehmen, wenn seine Festhypothek ausläuft und er eine neue Hypothek zu ungünstigeren Bedingungen abschliessen muss.
Bei der Überwälzung der Hypothekarzinsentwicklungen gemäss Referenzzinssatz ist die Kostenstruktur im Einzelfall nicht mehr massgebend. Grund dafür ist das vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) entwickelte standardisierte Finanzierungsmodell über das Verhältnis zwischen Eigenmitteln (40 Prozent) und Fremdmitteln (60 Prozent).14 Hinter diesem Modell steht die (frühere) Usanz der Banken, eine erstrangige Hypothek von bis zu rund 60 Prozent des Liegenschaftswerts zu gewähren. Verallgemeinernd enthält das Finanzierungmodell zudem die Annahme, dass 70 Prozent des Mietzinses für Kapitaldienste bestimmt sind, während die verbleibenden 30 Prozent zur Deckung der übrigen Kosten der Liegenschaft dienen.15
5.2.2 Teuerungsausgleich
Bei der relativen Methode ist gemäss Artikel 16 VMWG pauschal eine Überwälzung von höchstens 40 Prozent der Teuerung gemäss Landesindex der Konsumentenpreise erlaubt.
5.2.3 Kostensteigerungen
Artikel 12 VMWG definiert die Kostensteigerungen. Dabei handelt es sich nebst den Hypothekarzinsen insbesondere um Gebühren (etwa Frischwasser- und Abwassergebühren, Kehrichtgrundgebühren etc.), Baurechtszinsen, falls die Liegenschaft im Baurecht erstellt wurde, Versicherungsprämien (insbesondere Gebäudeversicherung) und Erhöhungen der Unterhaltskosten. Einzelne Kantone kennen zudem Objektsteuern auf Liegenschaften. All diese Kosten werden in der Praxis oft als «Allgemeine Kostensteigerungen» bezeichnet.
Das Bundesgericht hielt wiederholt fest, dass die Überwälzung allgemeiner Kostensteigerungen anhand des Durchschnitts der tatsächlichen Kosten von mehreren Jahren zu berechnen ist.16 Dabei sind die durchschnittlichen Kosten von zwei Drei- bis Fünfjahresperioden zu vergleichen. Eine Pauschale ist nur in Ausnahmefällen zulässig,17 wenn diese Durchschnitte infolge ungewöhnlich hoher oder tiefer Aufwendungen nicht aussagekräftig sind und sie sich mit der tatsächlichen Kostenentwicklung rechtfertigen lassen. Eine Pauschale verbietet sich zudem, weil sich der Aufwand für die allgemeinen Kostensteigerungen auch verringern kann. Dies führt dann zu einer Mietzinsherabsetzung anstelle der in der Praxis oft vorgenommenen Erhöhung nach Pauschalwert.18
Vor Schlichtungsbehörde muss allerdings eine Kostensteigerung noch nicht bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht werden. Viele Schlichtungsbehörden wenden daher nach wie vor Pauschalen an, falls diese Pauschale nicht bestritten ist oder von der Vermieterin glaubhaft gemacht werden kann.
In der Praxis hat sich teilweise die Auffassung festgesetzt, dass der werterhaltende Anteil der Kosten für eine umfassende Sanierung verteilt auf die Amortisationsdauer in den Durchschnitt der Aufwendungen für Unterhalts- und Betriebskosten der letzten Jahre eingerechnet werden darf. Das Bundesgericht beschränkt das aber auf den ausserordentlichen Unterhalt und hält gleichzeitig fest, dass eine umfassende Sanierung zur Hauptsache aus ordentlichem Unterhalt besteht. Dies ist jedenfalls der Regelfall. Der Vermieter muss den Nachweis des ausserordentlichen Unterhalts und dessen Abgrenzung vom ordentlichen Unterhalt erbringen.19 Als ausserordentlicher Unterhalt gelten Sanierungen, die nur in grossen
Zeitabständen erfolgen, beispielsweise der Ersatz des Dachs, des Lifts und der Leitungen.
Kostensteigerungspauschalen in der Höhe von 1 Prozent sind überholt und stammen aus Zeiten, als die jährliche Inflation teilweise über 5 Prozent lag. Werden Pauschalen angewendet, sollten sich diese zwischen 0,25 Prozent und maximal 0,5 Prozent pro Jahr bewegen. 0,5 Prozent sind nur dort akzeptabel, wo lediglich Heizung, Hauswart und TV aus dem Nettomietzins als Nebenkosten ausgeschieden sind. Sind weitere Nebenkosten ausgeschieden, ist eine Pauschale von 0,25 Prozent angezeigt. Gar keine Kostensteigerung ist dann angezeigt, wenn die Liegenschaft unter zehn Jahre alt ist, bisher keine Reparaturen anfielen und alle Nebenkosten aus dem Nettomietzins ausgelagert sind.
6. Einwendungen bei der relativen Methode
Wenn die Mietzinserhöhung nach relativer Methode, wie oben dargelegt, korrekt berechnet wurde, so schafft dies die Vermutung, dass der Mietzins durch die Erhöhung nicht missbräuchlich wurde. Der Mieter kann diese Vermutung umstossen. Er kann gegen eine nach relativer Methode ausgewiesene Mietzinserhöhung einwenden, dass der Mietzins damit absolut berechnet missbräuchlich werde.20 Der Mieter kann einwenden, dass diese Erhöhung zu einem übersetzten Ertrag oder zu einem nicht mehr orts- und quartierüblichen Mietzins und damit zu einem missbräuchlichen Mietzins führt.
Die absoluten Erhöhungsgründe können somit auch im laufenden Mietverhältnis angerufen werden. Weder die Schlichtungsbehörde noch das Mietgericht prüfen jedoch von Amtes wegen, ob eine relativ ausgewiesene Mietzinserhöhung zu einem absolut betrachtet missbräuchlichen Mietzins führt.21 Die Einrede von Seiten des Mieters ist allerdings voraussetzungslos zugelassen22 und kann eine relativ ausgewiesene Mietzinserhöhung stoppen. Die Einrede ist ein rein defensives Mittel. Sie kann den Mietzins nicht gestalten, sondern nur eine Mietzinsveränderung abwehren.
Eine erfolgreiche Einrede friert den Mietzins ein. Beruht der Mietzins beispielsweise auf einem Referenzzinssatz von 1,25 Prozent, kann die erfolgreiche Einrede eine Mietzinserhöhung zur Weitergabe der Erhöhung des Referenzzinssatzes verhindern. Nach wie vor beruht der unveränderte Mietzins auf dem Kostenstand Referenzzinssatz bei einem Satz von 1,25 Prozent. Eine Ausnahme gilt in jenen Fällen, in denen die Schlichtungsbehörde oder das Mietgericht in einem Vergleich oder einem Urteil zur Bestimmung des zulässigen Mietzinses die Kostenfaktoren neu festlegen.
Der Mieter kann sich gegen eine nach relativer Methode korrekte Mietzinserhöhung grundsätzlich auf drei verschiedene Einreden berufen: Auf die übersetzte Nettorendite, auf die übersetzte Bruttorendite oder auf die Orts- und Quartierüblichkeit. Aus dem Randtitel des Gesetzes (Artikel 269 OR) geht klar hervor, dass die Nettorendite den Regelfall darstellt. In einem Grundsatzentscheid aus dem Jahre 1998 23 bestätigte auch das Bundesgericht, dass der Nettorendite der Vorrang zukommt. Bruttorendite und Orts- oder Quartierüblichkeit sind demgegenüber die Ausnahmen. Bei älteren Bauten (länger als 30 Jahre im Eigentum der gleichen Vermieterin), für welche die Investitionsbelege fehlen, wird auf die Behelfsgrösse der Orts- und Quartierüblichkeit (Artikel 269a litera a OR) und bei neueren Bauten (maximal zehn Jahre seit Kauf der Liegenschaft nach Erstellung) wird auf die Behelfsgrösse der Bruttorendite (Artikel 269a litera c OR) abgestellt.
Es ist dann angezeigt, die Einrede der übersetzten Rendite gegen eine ausgewiesene Mietzinserhöhung nach relativer Methode zu erheben, wenn etwa in einer Liegenschaft sehr unterschiedlich hohe Mietzinse bezahlt werden oder wenn der Mietzins gegenüber dem Mietzins des Vormieters stark erhöht wurde. Es ist nämlich davon auszugehen, dass der Vermieter auch bei einem tieferen Mietzins eine genügende Rendite erzielt hatte.
BGE 121 III 214, in: mp 4/1997, S. 226 ff.
mp 4/2009, S. 257.
BGE 138 III 401, in: mp 3/2012, S. 201.
BGE 107 II 189.
mp 4/1998, S.186.
BGE 121 III 6, in: mp 2/1995, S. 81.
Vergleiche zum Ganzen: Sarah Brutschin, in: Schweizerischer Mieterinnen- und Mieterverband (Hrsg.), Mietrecht für die Praxis, 10. Aufl., Zürich 2022, Kap. 21.6.2.
Ein Werkplatz, auf dem Sattelauflieger, Bürocontainer und anderes Betriebsinventar abgestellt wird, hat keine Raumqualität. Liegt der Akzent auf der Nutzung der Abstellflächen, fehlt die Raumqualität selbst dann, wenn ein kleiner Teil des Areals überdacht ist: BGer 4A_9/2010 vom 25.6.2010, in: mp 4/2010, S. 257.
1 BGE 121 III 214, in: mp 4/1997, S. 226 ff.
2 mp 4/2009, S. 257.
3 BGE 138 III 401, in: mp 3/2012, S. 201.
4 BGE 107 II 189.
5 mp 4/1998, S.186.
6 BGE 121 III 6, in: mp 2/1995, S. 81.
7 Vergleiche zum Ganzen: Sarah Brutschin, in: Schweizerischer Mieterinnen- und Mieterverband (Hrsg.), Mietrecht für die Praxis, 10. Aufl., Zürich 2022, Kap. 21.6.2.
8 Ein Werkplatz, auf dem Sattelauflieger, Bürocontainer und anderes Betriebsinventar abgestellt wird, hat keine Raumqualität. Liegt der Akzent auf der Nutzung der Abstellflächen, fehlt die Raumqualität selbst dann, wenn ein kleiner Teil des Areals überdacht ist: BGer 4A_9/2010 vom 25.6.2010, in: mp 4/2010, S. 257.
9 BGer 4A_670/2020 vom 3.5.2021, in: mp 4/2021, S. 309.
10 BGE 141 III 569, in: mp 1/2016, S. 66; BGE 122 III 20, E. 4b.
11 BGE 126 III 124, in: mp 2/2000, S. 81; BGer 4A_679/2011 vom 9.2.2012.
12 BGE 108 II 135; BGE 124 III 67 in: mp 1/1998, S. 37.
13 BGE 126 III 124, in: mp 2/2000, S. 81.
14 BGE 133 III 61, in: mp 1/2007, S. 26; Roger Weber, in: Corinne Widmer Lüchinger / David Oser (Hrsg.), Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl., Basel 2020, Art. 269a, N 6a.
15 Vgl. zum Ganzen: Brutschin, a.a.O., Kap. 19.3.2, S. 579 f.
16 BGE 119 II 32, in: mp 2/1993, S. 75.
17 BGer 4C.157/2001 vom 1.10.2001, in: mp 3/2002, S. 158.
18 BGer 4C.34/2007 vom 15.5.2007, in: mp 3/2007, S. 165.
19 BGer 4A_530/2012 vom 17.12.2012; BGE 141 III 245, in: mp 4/2015, S. 260.
20 BGE 114 II 361; BGE 116 II 594, E. 6a; BGE 121 III 163.
21 BGE 117 II 452.
22 BGE 140 III 433, E. 3.1; BGE 124 III 310, E.