Ja, jedenfalls nach dem bisher anerkannten verfassungsrechtlichen Steuerbegriff. Das Parlament hat am 26. September 2014 eine Revision des Radio- und Fernsehgesetzes verabschiedet (Referendumsfrist: 15. Januar 2015). Damit wird ein Systemwechsel bei der Finanzierung von Radio und Fernsehen bezweckt. Neu soll nicht nur zahlen, wer ein Empfangsgerät besitzt und betreibt, sondern grundsätzlich alle Personen eines Haushalts (Haushaltabgabe). Und alle Unternehmen ab einer bestimmten Grösse (Unternehmensabgabe), unabhängig davon, ob sie über Empfangsgeräte verfügen.
Die bisherige Empfangsgebühr verstand sich als sogenannte Kausalabgabe, bei der die Zahlung die Gegenleistung für die staatliche Erlaubnis bildete, Radio- und Fernsehprogramme zu empfangen. Bei der neu beschlossenen geräteunabhängigen Abgabe entfällt dagegen dieses Austauschverhältnis. Sie ist keine Kausalabgabe mehr. Der Gesetzgeber nennt sie denn auch nicht mehr Gebühr. Er bezeichnet sie aber auch nicht als Steuer, sondern schlicht als Abgabe.
Unabhängig von der gewählten Bezeichnung muss der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Vorgaben bei öffentlichen Abgaben beachten. Für die Erhebung von Steuern bedarf der Bund einer ausdrücklichen Finanzkompetenz in der Bundesverfassung. Im Unterschied zu den Kausal- und Lenkungsabgaben genügt eine blosse Sachkompetenz im betreffenden Gebiet nicht. Die Erhebung von Steuern hat zudem den in Artikel 127 der Bundesverfassung genannten Anforderungen (Grundsätze der Allgemeinheit, Gleichmässigkeit und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) zu genügen.
Die Bundesverfassung geht nach der vorherrschenden Lehre und Rechtsprechung von einem weiten Steuerbegriff aus, der auch gemischte Abgaben erfasst, soweit sie einen fiskalischen Anteil aufweisen, also nicht mehr wie die Kausalabgaben einen reinen Entgeltscharakter aufweisen. Da der Letztere mit dem vorgenommenen Systemwechsel entfällt, erscheint die neue Radio- und Fernsehabgabe verfassungsrechtlich als Steuer. Ihre Einführung benötigt deshalb nach der bisher massgebenden Sichtweise eine ausdrückliche Kompetenz in der Bundesverfassung – die zurzeit fehlt.
Das Parlament sieht in der neuen Abgabe demgegenüber einen Sonderfall, den sie vom weiten verfassungsrechtlichen Steuerbegriff ausnehmen will. Ausschlaggebend scheint, dass die vorgesehene Abgabe an die Stelle der bisherigen Empfangsgebühren tritt, für viele keine finanzielle Mehrbelastung bringt und auch für die Kantone keinen zusätzlichen Eingriff in ihr Steuersubstrat bewirkt.
Es ist jedoch fragwürdig, den verfassungsrechtlichen Steuerbegriff aufgrund einer derart einzelfallbezogenen Betrachtung einzuschränken mit unklaren Konsequenzen für weitere Fälle. Insbesondere besteht ja auch keine Garantie, dass der Gesetzgeber die Radio- und Fernsehabgaben inskünftig nie über den bisherigen Rahmen hinaus erhöhen wird. Vielleicht ist es ungewohnt, dass aus einer Gebühr plötzlich eine Steuer wird. Das sollte aber kein Anlass sein, die verfassungsrechtlichen Besteuerungsregeln in einer fragwürdigen und in ihren Konsequenzen kaum voraussehbaren Weise aufzuweichen.