1. Haftung
1.1 SVG
1.1.1 Grobfahrlässig trotz eingehaltenem Tempolimit
In 4A_239/2015 vom 6. Oktober 2015 ging es um einen Motorradlenker, der einen Fussgänger auf einem Zebrastreifen angefahren hatte. Der Lenker war innerorts 40 km/h gefahren, obwohl er von der Sonne geblendet wurde. Trotz der eingehaltenen Höchstgeschwindigkeit beurteilte das Bundesgericht das Verhalten als grobfahrlässig (E. 2.4). Es erlaubte der Haftpflichtversicherung den Regress auf den Motorradlenker im Umfang von 20 Prozent der Versicherungsleistungen. Das Tempo müsse stets den konkreten Strassen- und Sichtverhältnissen angepasst sein (E. 2.2).
1.1.2 Entlastungsbeweis bei Kollision zwischen Haltern, Kürzung Schadenersatz bei ungewöhnlicher Unfallfolge
In 4A_640/2015 vom 13. April 2016 beurteilte das Bundesgericht eine Kollision. Der Schädiger war 1996 nachts im Regen ohne Licht vortrittsberechtigt seitwärts in das Auto der Geschädigten gefahren. Diese erlitt ein HWS-Distorsionstrauma. Nach dem Unfall entwickelte sich ein psychisches Beschwerdebild. Ab 2000 lagen laut Medas-Gutachten primär eine psychiatrische (dissoziative) und neuropsychologische Störung vor, die sich in der Folge chronifizierte (Sachverhalt A.b). Das Handelsgericht Zürich verneinte die natürliche Kausalität in somatischer Hinsicht, bejahte aber die natürliche und adäquate Unfallkausalität für das chronische, primär psychische Beschwerdebild und die resultierende Einschränkung im Haushalt. Es handle sich um aussergewöhnliche Unfallfolgen. Dies rechtfertige i.S. von Art. 43 Abs. 1 OR eine Kürzung der Ersatzpflicht um einen Drittel (Sachverhalt B.b).
Die Versicherung wehrte sich gegen die Haftung ihres Halters, weil die Geschädigte ein Mitverschulden treffe. Diesen Einwand wies das Bundesgericht ab: Bei einseitigem erheblichem Verschulden hafte der Halter grundsätzlich voll. Jedem Halter obliege bei der Haftungsverteilung unter Haltern (Art. 61 Abs. 1 SVG) der Beweis für das Verschulden sowie die besondere Betriebsgefahr des Fahrzeugs des jeweils anderen Halters, welcher Beweis hier nicht gelinge (E. 2.1 und 2.3). Nichts an der Bejahung der Kausalität ändere, wenn das medizinische Gerichtsgutachten die Chronifizierung bzw. Zunahme der psychischen Störung auf medizinisch-wissenschaftlicher Basis nicht zuverlässig mit dem am Unfall erlebten Schreck erklären könne (E. 3).
Bemerkung: Es gereichte der Geschädigten nicht zum Nachteil, dass sich nach einem nur anfänglich vordergründigen HWS-Distorsionstrauma eine psychische Störung entwickelte. Im Gegenzug sorgte das Handelsgericht für einen gewissen Ausgleich, indem es den Schadenersatz wegen aussergewöhnlicher Unfallfolge einen Drittel kürzte.
1.2 Werkeigentümerhaftung für rutschige Strasse
Im Fall 4A_479/2015 vom 2. Februar 2016 beurteilte das Bundesgericht den Sturz einer Motorradfahrerin, die bei Regen auf der Autobahn in einer Kurve bei einer Baustelle verunfallt war und gegen die Strasseneigentümerin geklagt hatte. Die Verunfallte hatte geltend gemacht, die Baustelle sei zwar mit dem Signal «Baustelle» gekennzeichnet gewesen. Gefehlt habe aber das Signal «Schleudergefahr». Die Fahrbahn sei im Bereich der Unfallstelle aufgrund eines wie Öl aussehenden Films sehr rutschig gewesen (E. 3).
Gemäss Bundesgericht darf ein Verkehrsteilnehmer von einer guten und sicheren Strasse ausgehen. Ein Hindernis, das bei zumutbarer Aufmerksamkeit nicht rechtzeitig erkannt werden kann und mit dem nicht gerechnet werden muss, muss hinreichend signalisiert werden. Das Fehlen einer Signalisation von Gefahren könne daher einen Werkmangel darstellen (E. 6.1). Weil vorliegend die Strasse nicht die nötige Griffigkeit hatte, welche ein Motorradfahrer bei Regen im Baustellenbereich erwarten durfte, beurteilte das Bundesgericht das fehlende Signal «Schleudergefahr» als Werkmangel (E. 6.2).
Bemerkung: Das Urteil enthält eine gute Zusammenfassung zur Haftung für Werkmängel bei öffentlichen Strassen (E. 6.1).
1.3 Arzthaftpflicht
1.3.1 Dokumentationspflicht für medizinisch Notwendiges
Im Entscheid 4A_137/2015 vom 19. August 2015 beurteilte das Bundesgericht die Haftung eines Gynäkologen. Streitig war, ob der Gynäkologe während und nach der Geburt einen Sphinkterriss (Riss des Schliessmuskels im Anus) und dadurch eine Stuhlinkontinenz verursacht und nicht erkannt habe (Lit. A). Eine Rektaluntersuchung nach der Geburt wurde nicht dokumentiert. Aus der fehlenden Dokumentation schloss die Vorinstanz auf eine Verletzung der Dokumentationspflicht und unsorgfältige Unterlassung der Rektaluntersuchung und damit eine Haftung des Gynäkologen (E. 5).
Die Dokumentationspflicht, so präzisiert das Bundesgericht, diene der Behandlungssicherheit und der Beweissicherung. Zu dokumentieren sei medizinisch Notwendiges. Kontrolluntersuchungen seien nicht dokumentationspflichtig, wenn es medizinisch üblich sei, bei Ausbleiben eines positiven Befundes keine Aufzeichnung vorzunehmen. Aus einer fehlenden Dokumentation könne nicht auf das Unterlassen entsprechender Untersuchungen geschlossen werden (E. 5.1).
Gemäss Urteil 4C.378/1999 obliege die Beweislast für Behandlungsfehler der Patientin. Bei fehlender oder mangelhafter Dokumentation durch den Arzt gäbe es eine Beweiserleichterung in Form einer Herabsetzung des Regelbeweismasses, falls vorwerfbare Dokumentationsmängel vorliegen (E. 5.2). Gemäss angefochtenem kantonalem Entscheid war die Dokumentation der Rektaluntersuchung medizinisch weder notwendig noch üblich. Ihr Fehlen begründe keine Beweiserleichterung. Der Nachweis einer Sorgfaltspflichtverletzung wegen nicht durchgeführter Rektaluntersuchung sei nicht erbracht (E. 5.3).
Kommentar: Der Entscheid begrenzt die Dokumentationspflicht und verschlechtert damit die beweisrechtliche Position von Patienten massiv. Ist die medizinische Dokumentation für den Nachweis einer Sorgfaltspflichtverletzung ungenügend, so ist dies rechtlich nur relevant, wenn die Dokumentation notwendig und üblich gewesen wäre.1 Bei angeblich unauffälligen Kontrolluntersuchungen bleibt daher eine Verletzung der Dokumentationspflicht ohne Konsequenz. Dies erlaubt es einem potenziell Haftpflichtigen, die Dokumentation (ursprünglich oder nachträglich) zu reduzieren und zu argumentieren, man habe einen Untersuch infolge unauffälligen Ergebnisses nicht dokumentiert. Nachdem die Konstruktion der hypothetischen Einwilligung bei fehlender Aufklärung bereits in einem Grossteil der Arzthaftpflichtfälle eine Haftung ausschliesst, wird es mit dem neuen Entscheid für Patienten noch schwieriger, eine Haftung rechtlich durchzusetzen. Zu Recht resümiert Rechtsanwalt Daniel Wyssmann,2 das Bundesgericht führe mit diesem Urteil letztlich die Vermutung ein, dass Ärzte diejenigen Untersuchungen vorgenommen haben, die normalerweise vorzunehmen sind. Dadurch werde dem Patienten eine Beweislast auferlegt, die er kaum erfüllen könne. Demgegenüber wäre es dem Arzt ohne weiteres zuzumuten, einen kurzen Eintrag über die erfolgten Untersuchungen zu machen, verfügt er doch über die notwendige Fachkompetenz und auch die einfache Möglichkeit, sein Handeln zu dokumentieren.
Der Entscheid enthält ausführliche Hinweise zur Beweislast und zum Beweismass im Arzthaftpflichtrecht (E. 6).3
1.3.2 Berufung auf Arztgeheimnis rechtsmissbräuchlich
Im zur Publikation vorgesehenen Urteil 2C_215/2015 vom 16. Juli 2016 ging es um die Klage eines hinterbliebenen Ehemannes gegen eine behandelnde Ärztin:
Nach der Geburt ihres Kindes starb die HIV-positive Mutter an einer Lungenentzündung. In der Folge warfen die Angehörigen der behandelnden Ärztin vor, sorgfaltswidrig einen HIV-Test unterlassen zu haben. Streitig war in der Folge, ob die Eheleute gegenüber der Ärztin einen HIV-Test als unnötig bezeichnet hatten. Dazu benannte die beklagte Ärztin einen anderen Arzt als Zeugen. Gegen die Befragung dieses anderen Arztes als Zeugen opponierte der klagende Witwer und berief sich auf das Arztgeheimnis.
Das Bundesgericht urteilte im Verfahren um Entbindung vom Berufsgeheimnis, der Kläger handle rechtsmissbräuchlich. Indem er zwar klage, aber einer Entbindung des Zeugen vom Berufsgeheimnis opponiere, verunmögliche er der beklagten Ärztin einen ihr obliegenden Beweis (E. 5.7). Daher sei der Arzt als Zeuge von seinem Berufsgeheimnis zu befreien.
1.4 Anwaltshaftpflicht
Im Fall 4A_49/2016 vom 9. Juni 2016 beurteilte das Bundesgericht die Haftung eines Anwalts. Dessen ehemaligem, aus Mazedonien stammendem Klienten, dem späteren Kläger, hatte das Amt für Migration wegen einer Scheinehe die Aufenthaltsbewilligung entzogen. Der später beklagte Anwalt hatte dagegen Beschwerde erhoben. Der Anwalt sandte die gerichtliche Aufforderung zur Leistung eines Kostenvorschusses zur Bezahlung an seinen Klienten, versäumte es aber sicherzustellen, dass der Gerichtskostenvorschuss innert Frist bezahlt oder die Frist erstreckt wird. Die Sorgfaltspflichtverletzung und das Verschulden waren vorinstanzlich unbestritten (E. 3).
Zu beurteilen blieb, ob die Beschwerde gegen den Entzug der Aufenthaltsbewilligung bei Vornahme der gebotenen Handlung gutgeheissen worden wäre. Die Vertragsverletzung des Anwalts ist eine Unterlassung, bei der sich der Kausalzusammenhang danach bestimmt, ob der Schaden auch bei Vornahme der unterlassenen Handlung eingetreten wäre. Dieser hypothetische Kausalverlauf beurteilt sich nach dem Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Bei Unterlassungen wird die adäquate Kausalität regelmässig schon bei der Feststellung des hypothetischen Kausalverlaufs beurteilt. Die Feststellung des Sachrichters zum hypothetischen Kausalverlauf ist daher für das Bundesgericht analog zur natürlichen Kausalität bindend. Nur wenn die hypothetische Kausalität ausschliesslich nach allgemeiner Lebenserfahrung festgestellt wird, unterliegt sie freier Überprüfung durch das Bundesgericht (E. 4.1). Die vorinstanzliche Feststellung, der Kläger wäre auch bei fristgerechter Bezahlung des Kostenvorschusses – allerdings erst nach Ausschöpfung des Instanzenzugs – ausgewiesen worden, ist daher bundesgerichtlich nicht frei überprüfbar (E. 4.2).
Für das ausländerrechtliche Verfahren hätte zwar die Untersuchungsmaxime gegolten. Im Zivilprozess trifft den Kläger aber die Behauptungs- und Beweisführungslast, auch wenn bei der Feststellung des hypothetischen Kausalzusammenhangs der Ausgang des ausländerrechtlichen Verfahrens zu antizipieren ist. Beweismittel sind im Zivilprozess nur dann formgerecht anerboten, wenn sich die Beweisofferte eindeutig einer zu beweisenden Tatsachenbehauptung zuordnen lässt. Eine solche Verletzung durch die Vorinstanz ist vor Bundesgericht mit Aktenhinweisen darzulegen (E. 4.4). Die vorinstanzliche Ablehnung der Schadenersatzforderung (entgangene Ersparnisse aus Erwerbseinkommen bis zur Pensionierung) hielt daher vor Bundesgericht stand.
Die Vorinstanz schätzte den Schaden für die hypothetische Dauer der Ausschöpfung des Instanzenzugs gestützt auf Art. 42 Abs. 2 OR auf 19 Monate, in welcher Zeit der Kläger eine kumulierte Sparquote (Nettoeinkommen abzüglich Lebenshaltungskosten) geäufnet hätte. Unter Berücksichtigung «des gewöhnlichen Laufs der Dinge» darf der Sachrichter auch ohne Behauptung der Beklagten Kosten für Verwandtenbesuche schätzen und als (schadenreduzierende) Auslagen berücksichtigen (E. 5.1).
1.5 Staatshaftung für Strafverfahren
Das zur Publikation vorgesehene Urteil 6B_1061/2014 vom 18. April 2016 betrifft die Entschädigung und Genugtuung eines wegen sexuellen Missbrauchs seiner Schülerin angeschuldigten Lehrers. Nach einer Strafanzeige wurde der Lehrer acht Tage in Untersuchungshaft genommen. Schon am zweiten Tag der Untersuchungshaft stellte ihn die Schulleitung frei, vier Monate später kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Mehr als drei Jahre später wurde strafrechtlich Anklage erhoben. Eineinhalb Jahre später gelangte das Strafgericht zu einem Freispruch. Es richtete dem Angeschuldigten eine Genugtuung von 20 000 Franken aus und wies darüber hinausgehende Forderungen ab. Der Lehrer gelangte bis vor Bundesgericht und beantragte unter anderem Schadenersatz vom Staat für den Erwerbsausfall. Dies lehnte das Bundesgericht ab.
Die Entschädigungspflicht von Art. 429 StPO begründe eine Kausalhaftung des Staates für den gesamten Schaden, der mit dem Strafverfahren in einem Kausalzusammenhang im Sinne des Haftpflichtrechts stehe (E. 1.3.1). Zu entschädigen sei nicht nur der unmittelbar aus einer bestimmten Verfahrenshandlung (insbesondere einer Zwangsmassnahme) entstandene Schaden, sondern auch die mittelbar aus dem Strafverfahren sich ergebenden wirtschaftlichen Einbussen, beispielsweise aufgrund des Verlusts einer Arbeitsstelle (E. 1.3.2–1.3.4). Vorliegend fehle jedoch der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Strafverfahren und der Entlassung: Die Strafbehörden trügen nicht die Verantwortung für ein Fehlverhalten anderer Behörden. Das kantonale Verwaltungsgericht habe die Entlassung personalrechtlich als sachlich ungerechtfertigt und als unzulässige Verdachtskündigung beurteilt. Der Umstand der Durchführung einer Strafuntersuchung alleine sei nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung nicht geeignet gewesen, eine Entlassung zu bewirken (E. 1.5.3).
1.6 Haftpflicht im Wirtschaftsrecht
Im Urteil 4A_369/2015 vom 25. April 2016 äusserte sich das Bundesgericht zur Informationspflicht einer Bank gegenüber ihrem Kunden aus Art. 398 Abs. 2 OR. Im Urteil 4A_574/2015 vom 11. April 2016 thematisierte das Bundesgericht die Haftung eines Revisionsexperten, der bei der Umwandlung einer GmbH in eine AG trotz Überschuldung einen positiven Prüfbericht abgab, was fälschlicherweise die Einhaltung der spezifischen Gründungsvoraussetzungen suggerierte. Im Urteil 4A_611/2015 vom 19. April 2016 äusserte sich das Bundesgericht zur Berechnung des Fortführungsschadens bei Verschleppung eines Konkurses.
1.7 Schockschaden nach HWS-Distorsionstrauma nicht adäquat kausal
Im zur Publikation vorgesehenen Urteil 4A_637/2015 vom 29. Juni 2016 beurteilte das Bundesgericht die Haftung eines Autoversicherers. Deren Versicherter hatte mit seinem Auto eine Streifkollision verursacht. Die Lenkerin des anderen Autos wurde verletzt, ebenso ihr Beifahrer (der Ehemann). Er erlitt ein HWS-Distorsionstrauma, woraus sich eine somatoforme Schmerzstörung entwickelte. Er erhob Klage und verlangte Schadenersatz für seinen Erwerbsausfall.
Nach erstinstanzlicher Gutheissung der Klage gelangte das Obergericht zum Schluss, die beim Unfall erlittene HWS-Distorsion sei ausgeheilt. Zwischen der körperlichen Unfallbeeinträchtigung und der somatoformen Schmerzstörung bestehe gemäss Gutachten kein Zusammenhang. Die Schmerzstörung sei auf die Belastung des Ehemannes durch die Pflege seiner Ehefrau zurückzuführen, die nach dem Unfall an gravierenden Beeinträchtigungen gelitten habe. Der klagende Ehemann habe eine Reflexverletzung eines absoluten Rechts aufgrund seiner besonderen Beziehung zur Direktgeschädigten. Eine Reflexverletzung begründe nur eine Haftung, wenn sie die Kriterien des Schockschadens erfülle, was hier nicht der Fall sei. Mangels adäquater Kausalität und Widerrechtlichkeit sei die Haftung zu verneinen.
Gemäss Sachverhaltsfeststellung war der Unfall natürlich kausal für die somatoforme Schmerzstörung des Klägers, weil dessen Ehefrau verletzt wurde und dies beim Kläger zu einer Überlastung führte (E. 4). Das Bundesgericht lässt jedoch offen, ob Haftungsansprüche geschädigter «Dritter» auf sogenannte Schockschäden begrenzt sind oder ob bei Reflexverletzungen absoluter Rechte der Geschädigte als Direktgeschädigter gilt (E. 4.1):
Gemäss Vorinstanz muss beim vorliegenden Reflexschaden («Folge der Folge des Unfalls») eine Haftungsbegrenzung anhand der Adäquanz erfolgen. Die seitliche Kollision sei nicht geeignet gewesen, einen Schaden von der Art des Eingetretenen zu begründen. Der Kläger sei nicht wegen des Autounfalls, sondern nur indirekt aufgrund der Folgen des Unfalls für seine damalige Ehefrau sowie aufgrund weiterer Umstände wie einer Überlastung körperlich geschädigt (E. 4.2).
Das Bundesgericht schützt dies. Zwecks Haftungsbegrenzung sei die Entwicklung einer somatoformen Schmerzstörung infolge Unterstützung und Pflege der Ehefrau billigerweise nicht mehr dem Haftpflichtigen zuzurechnen, andernfalls ein für die Pflegebedürftigkeit direktgeschädigter Haftpflichtiger für sämtliche Schäden wegen psychischer oder körperlicher Beeinträchtigung der pflegenden Angehörigen haften würde (E. 4.4 – 4.8).
2. Schaden
2.1 Schadensberechnung für zerkratzte, aber noch gebrauchstaugliche Fenster
Im Fall 4A_61/2015 vom 25. Juni 2015 klagte ein Hauseigentümer gegen eine Reinigungsfirma. Die Reinigungsfirma hatte seine neuwertigen Fenster zerkratzt. Gemäss Gutachter beeinflussten die Kratzspuren die Gebrauchstauglichkeit der Fenster in Bezug auf Schutz vor Wettereinflüssen und Statik nicht. Allerdings führten die Kratzer zu einer Anfälligkeit der Fenster für Risse, beeinträchtigten die Ästhetik und verschlechterten die Durchsicht. Eine Reparatur war nicht möglich. Gestützt auf eine Offerte für einen Ersatz klagte der Eigentümer auf Schadenersatz der hypothetischen Kosten des Austausches der Fenster. Gemäss Bundesgericht entspricht der Sachschaden bei einem Totalschaden dem Ersatzanschaffungswert. Ist nur ein Teilschaden eingetreten, entspricht der Schaden den Reparaturkosten bzw. dem Minderwert der Sache (E. 3.1). Kann die geschädigte Sache nicht mehr repariert werden, ist der Geschädigte berechtigt, die Kosten für die Wiederbeschaffung zu verlangen, unabhängig davon, ob die Sache in ihrer Substanz unbrauchbar geworden ist oder nicht. Irrelevant war hier das Prinzip «neu für alt», weil die Glasscheiben vor der Beschädigung noch neuwertig waren (E. 3.4). Die Offerte sei geeignet als Grundlage für die Berechnung des Schadens. Die Reinigungsfirma wurde daher zur Bezahlung der Wiederbeschaffungskosten verurteilt (vgl. die Besprechung in ius.focus 8/2015, S. 16, sowie Swissblawg vom 16.8.2015).4
2.2 Verweis auf Gutachten ist noch keine genügende Substanziierung
Im Fall 4A_651/2015 ging es um einen Vertrag zwischen zwei Transportunternehmen: Die Beklagte hatte sich verpflichtet, zu einem fixen Preis Eisenbahnwagen zur Verfügung zu stellen und eine minimale Menge Transporte zu erbringen (Rundfahrten). Nachdem die Klägerin gewisse Rechnungen nicht bezahlte, stellte die Beklagte ihre Transportleistungen ein. In der Folge klagte die Empfängerin der Transportleistungen gegen die Erbringerin und machte einen Schadenersatzanspruch auf entgangenen Gewinn aus Vertragsverletzung geltend.
Dazu urteilte das Bundesgericht, dass der entgangene Gewinn ein Anwendungsfall von Art. 42 Abs. 2 OR ist, wonach das Gericht den nicht ziffernmässig nachweisbaren Schaden, d.h. wenn ein strikter Beweis nach der Natur der Sache nicht möglich oder nicht zumutbar ist, nach Ermessen schätzen könne. Diesfalls gelte für den Beweis des Bestehens eines Schadens das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit. Allerdings müsse die Geschädigte soweit möglich und zumutbar sämtliche Umstände für die Schätzung des Schadens in der Klage behaupten und substanziieren (E. 3). Ersatz für entgangenen Gewinn sei nur geschuldet, soweit es sich um einen üblichen oder sonstwie konkret in Aussicht stehenden Gewinn handle (E. 3).
Wie schon die Vorinstanz befand auch das Bundesgericht die Klage als mangelhaft substanziiert: Der Verweis auf ein Gutachten als Beilage genüge nicht. Zudem habe die Klägerin die Auslastung der durchgeführten Transportfahrten nicht angegeben, woraus sich auf die künftige Auslastung und damit auf die Gewinnhöhe hätte schliessen lassen (E. 4.4). Somit fehlten die möglichen und zumutbaren Umstände für die Schadensschätzung (E. 3).
Bemerkung: Das Urteil zeigt einmal mehr auf, welch hohe Hürden an die Substanziierungslast angesetzt werden.
3. Verjährung
3.1 Asbestrechtsprechung gilt nicht für Mängelrechte im Werkvertrag
Im Urteil 4A_261/2015 ging es um ein im Rahmen eines Werkvertrags mangelhaft erstelltes Schiff. Die werkvertraglichen Mängelrechte waren bereits verjährt, als das Schiff kenterte und so ein Mangel den Tod eines Besatzungsmitgliedes verursachte. Der Kläger machte geltend, die Mängelrechte seien untergegangen, bevor der Mangel überhaupt erkennbar war. Er plädierte daher analog der Asbestrechtsprechung 5 für eine Nichtanwendung der absoluten Verjährung. Das Bundesgericht lehnte es indes ab, diese Asbestrechtsprechung auf werkvertragliche Mängelrechte anzuwenden. Es liege eine andere Konstellation vor als bei Personenschäden, bei denen die gesundheitliche Beeinträchtigung überhaupt erst nach langer Latenzzeit auftritt (E. 3.3 und 3.4).
3.2 Gültigkeit des Verjährungseinredeverzichts durch Anscheinsvollmacht
Im Urteil 4A_710/2014 vom 3. Juli 2015 war streitig, ob der Verjährungseinredeverzicht einer Bahngesellschaft gültig sei. Entgegen des Handelsregistereintrags wurde der Verzicht nicht kollektiv unterzeichnet. Im Prozess der Geschädigten gegen die Bahngesellschaft erhob Letztere die Einrede der Verjährung und machte Ungültigkeit des Verjährungseinredeverzichts geltend. Das Bundesgericht bejahte eine interne Anscheinsvollmacht: Die Vertretene (Bahngesellschaft) hätte bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit das Vertreterhandeln (die Usanz, die Erklärungen mit Einzelunterschrift abzugeben) erkennen müssen (E. 4.4.2.). Zudem habe der Vertreter das Verhalten des Vertretenen nach Treu und Glauben als Bevollmächtigung auffassen dürfen (E. 4.4.2.). Verjährungseinredeverzichtserklärungen wurden im vorliegenden Fall regelmässig nur in Absprache mit dem Haftpflichtversicherer erteilt. Daher sei von einer Anscheinsvollmacht sowohl der Sekretärin als auch des Geschäftsleitungsmitgliedes auszugehen, welche beide einzeln Verjährungseinredeverzichte unterzeichnet hatten.6
3.3 Rechtsmissbräuchliche Verjährungseinrede
Im Privatrecht gelten teils sehr kurze Verjährungsfristen (1 Jahr bei Art. 60 OR, 2 Jahre bei Art. 46 VVG). Ein gewisser Schutz wird dem von einer Verjährung der Ansprüche bedrohten Gläubiger eingeräumt, wenn die Verjährungseinrede missbräuchlich ist. Gemäss BGE 141 IV 71 E. 9 ist die Verjährungseinrede des Schuldners rechtsmissbräuchlich, wenn er ein Verhalten zeigt, das den Gläubiger bewogen hat, rechtliche Schritte während der Verjährungsfrist zu unterlassen, und wenn die Säumnis des Gläubigers aufgrund einer vernünftigen und objektiven Betrachtungsweise verständlich erscheint. Von Art. 2 Abs. 2 ZGB nicht geschützt ist indes die Säumnis eines Gläubigers, der aufgrund seines Berufes und seiner Situation die Rechtslage rasch und klar zu erfassen vermag, sodass die Säumnis bei objektiver Betrachtung nicht verständlich ist.
4. Beweisrecht
4.1 Gutachten der Krankentaggeldversicherung ist lediglich Parteibehauptung
Im Fall 4A_178/2015 vom 11. September 2015 beurteilte das Bundesgericht Ansprüche aus einer Einzel-Krankentaggeldversicherung nach VVG. Die beklagte Versicherung hatte bei einem Psychiater ein Gutachten erstellen lassen und gestützt darauf den Leistungsanspruch verneint. Daraufhin klagte der Versicherte gegen die Versicherung und machte vor Bundesgericht geltend, das von der Krankentaggeldversicherung in Auftrag gegebene Gutachten sei lediglich ein Parteigutachten. Das Bundesgericht fasst seine Rechtsprechung zum Beweiswert von Parteigutachten im Sozialversicherungsrecht und im Privatrecht zusammen (E. 2.3). Ein Privatgutachten sei im Zivilprozess kein Beweismittel, sondern stelle lediglich eine Parteibehauptung dar (E. 2.5.1–2.6). Parteibehauptungen, denen ein Privatgutachten zugrunde liege, seien meist besonders substanziiert. Entsprechend genüge eine pauschale Bestreitung nicht. Vielmehr sei die Gegenpartei gehalten, zu substanziieren, welche einzelnen Tatsachen sie konkret bestreite. Werde jedoch eine Tatsachenbehauptung von der Gegenpartei substanziiert bestritten, so vermöchten Parteigutachten als reine Parteibehauptungen diese Tatsachenbehauptung alleine nicht zu beweisen, sondern höchstens zusammen mit – durch Beweismittel nachgewiesenen – Indizien (E. 2.6).
Bemerkung: Das Urteil stellt Waffengleichheit zwischen Versicherten und Krankentaggeldversicherer her. Zudem ermöglicht es Versicherten, in einem kostenlosen, vereinfachten Prozess (Art. 7 ZPO) gegen die Krankentaggeldversicherung ein neutrales Gerichtsgutachten zu erstreiten. Medizinische Parteigutachten zwingen die Gegenpartei nur (aber immerhin), das darin Behauptete substanziiert zu bestreiten, wenn möglich mit eigenen divergierenden Arztberichten.7
4.2 Substanziierung vorprozessualer Anwaltskosten als Schaden
Im Urteil 4A_264/2015 vom 10. August 2015 war eine Schadenersatzforderung für vorprozessuale Anwaltskosten strittig. Diese Kosten sind haftpflichtrechtlich schadenersatzpflichtig, wenn sie sich als gerechtfertigt, notwendig und angemessen erweisen, der Durchsetzung der Schadenersatzforderung dienten und sie nicht durch die Parteientschädigung gedeckt sind (E. 3 und 4.2). Der Behauptungs- und Substanziierungslast habe die Klägerin in der Klageschrift nachzukommen; der blosse Verweis auf eine Beilage zur Klage erfülle die Behauptungslast nicht. Zwar sei es zur Substanziierung der vorprozessualen Anwaltskosten als Schaden nicht unbedingt nötig, die Honorarnote im Volltext in die Rechtsschriften aufzunehmen. Gleichwohl seien Konkretisierungen und Erläuterungen der Honorarnote unerlässlich, damit die geltend gemachte Position von der Beklagten und vom Gericht geprüft und gegebenenfalls substanziiert bestritten werden könne (E. 4.2.2).
Wenn die Beklagte wie hier in der Klageantwort geltend mache, die Parteientschädigung gemäss ZPO decke diesen Aufwand, so hätte die Klägerin konkretisieren müssen, weshalb die Aufwendungen nicht durch den ZPO-Parteikostenersatz gedeckt seien (E. 4.2.3). Mangels dieser Substanziierung wurde der vorinstanzliche Entscheid geschützt, wonach die undifferenzierte Abgrenzung nicht genüge, sämtlichen Aufwand bis zur Einreichung des Schlichtungsgesuchs als ausserprozessual zu beurteilen: Die vor der Schlichtung erfolgte Aufarbeitung des Falls diene dem späteren Klageverfahren und sei deshalb von der Parteientschädigung abgedeckt. Zudem zähle auch das Führen von Vergleichsverhandlungen zumindest im üblichen Mass zu den vom Parteikostenersatz abgegoltenen Aufwendungen, gleich wie die Instruktion durch den Klienten und die Sachverhaltsermittlung (E. 4.1).
Bemerkung: Zur gehörigen Substanziierung der vorprozessualen Anwaltskosten als Schaden empfiehlt sich, die anwaltlichen Leistungen bereits in der Leistungserfassung detailliert zu umschreiben. Im Prozess kann die detaillierte Honorarrechnung wenn nötig 8 in die Rechtsschriften integriert und damit die Leistung substanziiert werden.
Die Beurteilung der Vorinstanz, der Aufwand für Vergleichsverhandlungen sowie Instruktion seien von der prozessualen Parteientschädigung gedeckt, überzeugt allerdings nur teilweise: In langjährigen Haftpflichtprozessen findet ein Grossteil dieses Aufwandes oftmals mehrere Jahre 9 vor Prozesseinleitung statt, weshalb er den späteren Aufwand für die Klageredaktion kaum reduziert. Zudem steht der Aufwand bei Teilklagen oft in keinem Verhältnis zum Gesamtstreitwert. Gleichwohl muss der vorsichtige Kläger im Pilotprozess besonders sorgfältig agieren, obschon er selbst bei Obsiegen wegen des tiefen Streitwerts nur eine geringe Parteientschädigung erhält, die den Aufwand oft nicht deckt. Hier eine zusätzliche Kürzung vorzunehmen, wäre nicht sachgerecht.
Weiter verhindert die vorinstanzliche Betrachtungsweise ernsthafte, aufwendige Vergleichsgespräche und begünstigt die direkte Einleitung eines Prozesses, um das Kostenrisiko bezüglich vorprozessualer Anwaltskosten zu vermeiden. Dies schadet dem Rechtsfrieden, führt zur Mehrbelastung der Gerichte und generiert zusätzlichen Aufwand für alle Beteiligten.
5. Privatversicherungsrecht
5.1 Überwindbarkeitspraxis nicht für ältere VVG-Verträge
Im Fall 4A_314/2015 vom 1. Dezember 2015 war streitig, ob die Überwindbarkeitsrechtsprechung des Sozialversicherungsrechts10 im VVG anwendbar ist. Gemäss Bundesgericht ist dies jedenfalls für privatversicherungsrechtliche Verträge nicht der Fall, welche vor 2004 geschlossen wurden: Die Frage des versicherten Risikos entscheidet sich danach, wie der Versicherungsnehmer die getroffene Vereinbarung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (hier vor 2004) verstehen musste. Die Überwindbarkeitspraxis des Sozialversicherungsrechts ist erst im Jahre 2004 begründet worden. Einer erst nach Vertragsabschluss begründeten Rechtsprechung kann keine Bedeutung für das Verständnis der getroffenen Vereinbarung zukommen, weil sie der Partei nicht bekannt war (E. 3.2.).
5.2 Krankentaggeld bei teils nicht versicherten Ursachen
Gemäss Urteil 4A_153/2015 vom 25. Juni 2015 war ein Geschäftsführer nach VVG kollektiv krankentaggeldversichert. Ausgeschlossen war die Leistungspflicht für den vorbestehenden Herzklappenfehler. Später wurde eine Operation wegen dieses Herzklappenfehlers nötig, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führte. Vor der Operation wurde zudem eine Arterienerweiterung diagnostiziert, die ebenfalls zur Arbeitsunfähigkeit führte und die Operation bedingte. Sodann beanspruchte der Versicherte Leistungen auf Krankentaggeld. In der Folge war streitig, ob und in welchem Umfang sich die Krankentaggeldversicherung auf den Ausschluss berufen könne.
Das Bundesgericht schloss auf eine Konkurrenz von Gesamtursachen (versicherte Arterienerweiterung, nicht versicherter Herzklappenfehler, beide führten für sich alleine zur Arbeitsunfähigkeit). In der haftpflichtrechtlichen Literatur wird diesbezüglich vorgeschlagen, den Schädiger zunächst so haften zu lassen, wie wenn der Geschädigte keine Schadensursache gesetzt hätte, dann aber im Rahmen der Ersatzbemessung eventuell eine Reduktion i.S. von Art. 43/44 OR vorzunehmen. Im Versicherungsvertragsrecht gilt indessen Art. 33 VVG. Demnach haftet die Krankentaggeldversicherung auch dann, wenn sich sowohl eine versicherte als auch eine nicht versicherte Gefahr verwirklichen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Haftung für Schäden, die durch Zusammenwirken versicherter und nicht versicherter Gefahren entstehen, auf den Anteil des Schadens oder auf den Umfang der Folgen – zum Beispiel über AVB – begrenzt sind, der ohne Mitwirkung der nichtversicherten Gefahr entstanden wäre. Auch wenn der Versicherte nach Art. 8 ZGB die Beweislast für die Leistungspflicht hat, so muss nach Art. 33 VVG der Versicherer darlegen, dass das Ereignis nach vertraglicher Vereinbarung aus der Versicherung ausgeschlossen ist (E. 4.2.2). Vorliegend wurde eine solche Ausnahmeklausel verneint, weshalb der Versicherer volles Krankentaggeld zu erbringen hatte (E. 5).
6. Prozessuales
6.1 Weiterhin keine URP für Art. 158 ZPO
Mit Urteil 4A_334/2015 vom 22. September 2015 verneinte das Bundesgericht eine Diskriminierung, wenn Geschädigte im Rahmen der vorsorglichen Beweisführung nach Art. 158 ZPO keine unentgeltliche Rechtspflege erhalten. Begründet wird dies u. a. mit der Möglichkeit einer Hauptklage mit beschränktem Kostenrisiko im Rahmen der URP: Verglichen mit Vermögenden seien Bedürftige weniger darauf angewiesen, die Prozessrisiken im Verfahren nach Art. 158 ZPO abschätzen zu können.
Bemerkung: Damit blendet das Bundesgericht aus, dass Art. 158 ZPO auch wenig aussichtsreiche Prozesse vermeiden soll. Sodann wird zu wenig berücksichtigt, dass ein materieller Hauptprozess bei negativem Ausgang zu einer deutlich höheren Parteientschädigung an den Prozessgegner führen kann, von welcher die im Hauptprozess gewährte unentgeltliche Rechtspflege nicht befreit. Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesgericht seine Rechtsprechung korrigiert und bedürftigen Geschädigten auch im Rahmen von Art. 158 ZPO gleich lange Spiesse wie nicht Bedürftigen gewährt.11
6.2 URP nur bei Abtretung von Ansprüchen an die Gerichtskasse
Unfallopfer fallen wegen der strengen Begutachtung durch institutionsnahe Medas und der versicherungsrechtlichen Beurteilungen der Sozialversicherungen oft durch die Maschen der Unfallversicherung und IV. Viele werden vom Sozialamt der Wohnsitzgemeinde abhängig, bevor ein Zivilgericht die Haftpflichtansprüche beurteilt hat.12 In BGE 142 III 131 vom 9. Februar 2016 hat es das Bundesgericht als zulässig beurteilt, die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege von der Abtretung eines allfälligen Prozessgewinns bis zur Höhe der auf den Gesuchsteller entfallenden Gerichtskosten und der Kosten der anwaltlichen Vertretung an die kantonale Gerichtskasse abhängig zu machen.
Bemerkung: Hat der Gesuchsteller als Voraussetzung für den Bezug der Sozialhilfe einen Schadenersatzanspruch an das Gemeinwesen abgetreten (was häufig ist), wird im Umfang der für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege verlangten Abtretung im Ergebnis die kantonale Gerichtskasse gegenüber der sozialhilfebevorschussenden Gemeinde privilegiert.13