Die Juristerei ist bekanntlich die Wissenschaft, Formfehler zu verhindern. Das sollten sich vor allem jene Anwälte merken, die mit ihrer Beschwerde an das Bundesgericht schon an der Fristenberechnung scheitern. Im vergangenen Jahr waren das nicht wenige. Zum Grundwissen sollte zum Beispiel gehören, dass in einem Verfahren um vorsorgliche Massnahmen die Gerichtsferien nicht gelten (Entscheide 5A_667/2014 und 5A_721/2014).
Riskant ist auch das Vorgehen, die rechtzeitige Einreichung einer Beschwerde nicht mit einem Poststempel oder einer Postquittung zu belegen, sondern mit der Erklärung der Mutter einer Anwaltsassistentin (5A_201/2014). Dieses Vorgehen ist vor allem angesichts der Tatsache, dass die Beweislast für die fristgerechte Aufgabe einer Beschwerde den Beschwerdeführer trifft, nicht optimal.
Stolpern kann man als Anwalt oder Anwältin aber offenbar auch über die Berechnung der Gerichtsferien an Ostern, wie gleich zwei Entscheide (5A_448/2014 und 1B_167/2014) zeigen.
Immerhin: Nicht nur Anwälte können sich bei der Fristenberechnung irren. Auch das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich musste letztes Jahr vom Bundesgericht korrigiert werden. Es trat auf eine Beschwerde gegen die AHV-Ausgleichskasse des Kantons Zürich wegen angeblich verspäteter Einreichung nicht ein. Das Bundesgericht wies das Gericht dann darauf hin, dass der Pfingstmontag nach zürcherischem Recht ein gesetzlich anerkannter Feiertag ist und die Beschwerde somit rechtzeitig eingereicht worden war (9C_518/2014).
Nicht wenige Beschwerden musste das Bundesgericht auch im vergangenen Jahr als «offensichtlich unzulässig» zurückweisen. Dies häufig deshalb, weil Rechtsanwälte am Bundesgericht eine Beschwerde einreichten, welche sie mehr oder weniger gleichlautend bereits der kantonalen Oberinstanz vorgelegt hatten. So stellte die I. sozialrechtliche Abteilung zum Beispiel einmal fest, dass die materiellen Ausführungen der Rechtsschrift – abgesehen von zwei kleinen Absätzen – wortwörtlich der bereits vor dem erstinstanzlichen Gericht eingereichten Beschwerde entsprachen (8C_360/2014).
Aus dem gleichen Grund scheiterte eine andere Beschwerde vor der gleichen Abteilung (8C_198/2014). Im Schnellverfahren erledigt werden auch Beschwerden gegen einen Zwischenentscheid in Strafverfahren, wenn vor Bundesgericht nicht geltend gemacht und nicht begründet wird, dass der Klient aufgrund des angefochtenen Entscheids einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil erleidet (1B_154/2014).
Am häufigsten sind Abweisungen, weil die Bundesrichter der Ansicht sind, dass die Beschwerden den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht entsprechen. So ist es etwa wenig erfolgversprechend, in einer Beschwerde bloss die bereits vor der Vorinstanz erhobenen und von dieser verworfenen Einwände zu wiederholen, ohne sich mit den Ausführungen der Vorinstanz zu diesen Vorbringen auseinanderzusetzen (2C_801/2014).
Wenig zielführend ist auch eine Beschwerde, welche die gesetzliche Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts nicht berücksichtigt oder sich auf rein appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz beschränkt. Dasselbe gilt, wenn ein Anwalt schreibt, dass die Beschwerdeführerin «den Ausführungen der Vorinstanz und den genannten Indizien leider nichts Konkretes entgegensetzen könne» (2C_389/2014).
Nicht einmal in eigener Sache nahm ein Anwalt eine Beschwerde an die II. öffentlich-rechtliche Abteilung sehr ernst. Er wandte sich gegen einen Strafbefehl wegen Widerhandlung gegen das AHV-Gesetz und haderte schon mit der Bezeichnung seiner Beschwerde («Verfassungsbeschwerde» statt «Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten»). Wenn man auch noch keine materiellen Einwände gegen den angefochtenen Entscheid geltend macht und in formeller Hinsicht nur den vorinstanzlichen Kantonsrichter ablehnt, dies aber viel zu spät vorbringt, könnte man sich den Aufwand für die Beschwerde eigentlich sparen (2D_15/2014).
Auch Alter, Berufserfahrung oder öffentliches Ansehen schützen nicht vor Nichteintretensentscheiden im bundesgerichtlichen Schnellverfahren. So scheiterte ein heutiger Nationalrat, ehemaliger Gerichtspräsident und Rechtsanwalt im letzten Jahr zweimal an der höchsten Instanz. Die II. zivilrechtliche Abteilung bezeichnete eine seiner Beschwerden als von vornherein unzulässig, weil es «an jeder rechtsgenügenden Begründung» fehlte (5A_257/2014). In Luzern scheiterte er vor der I. sozialrechtlichen Abteilung auch wieder daran, dass er es unterliess, die Verletzung der verfassungsmässigen Rechte zu begründen (8C_369/2014).