Für Rechtsanwälte ist der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung Pflicht. So will es Artikel 12 des Anwaltsgesetzes. Das Problem: Die Berufshaftpflichtversicherung deckt nur anwaltliche Dienstleistungen im engen Sinn ab. Viele Rechtsanwälte nehmen aber auch Mandate als Verwaltungs- oder Stiftungsräte an. Die Risiken dieser Tätigkeiten sind in der Berufshaftpflichtversicherung höchstens teilweise mitversichert. Aber sie sind erheblich – vor allem auch für Stiftungsräte. Viele arbeiten ehrenamtlich, haften aber laut der aktuellen Rechtsprechung für gewisse Risiken persönlich – zum Beispiel im Konkurs für AHV-Prämien.
In Artikel 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und Notaren der Basler Versicherungen ist die Deckung so beschrieben: «Die Versicherung gilt im Rahmen der vorliegenden Vertragsbestimmungen für die in der Police genannte Tätigkeit a) als Rechtsanwalt bzw. b) als Notar.» Und bei Abraxas Insurance ist laut dem Nachtrag für Rechtsanwälte zu den AVB «… ausdrücklich die typische berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt versichert. Dazu gehört die Tätigkeit als Mediator, Steuerberater, Schiedsrichter, Vormund und Beistand, Willensvollstrecker, Liquidator nach SchKG, Notar, gesetzlich vorgesehener Sachwalter, ausseramtlicher Konkursverwalter oder Mitglied eines Gläubigerausschusses».
Wie können sich Rechtsanwälte zusätzlich für die Tätigkeit als Verwaltungs- oder Stiftungsräte versichern lassen? Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder mit einer Zusatzversicherung zur Berufshaftpflichtversicherung oder mit einer separaten Organhaftpflichtversicherung, die üblicherweise vom Unternehmen oder der Stiftung für alle Risikoträger abgeschlossen wird.
Zusatzversicherung deckt keine Geschäftsführung ab
Eine Zusatzversicherung zur Anwaltshaftpflicht bieten die meisten befragten Gesellschaften an. Allerdings ist die Deckung nicht umfassend: Bei der Basler Versicherung zum Beispiel können laut Sprecher Amos Winteler Ansprüche aus der Tätigkeit als nicht geschäftsführender Verwaltungs- oder Stiftungsrat abgedeckt werden. Diese Einschränkung ist typisch: Mandate von geschäftsführenden Verwaltungs- und Stiftungsräten sind bei den meisten Gesellschaften nur über die Organhaftpflicht versicherbar.
Zusatzversicherungen bieten auch die Zurich, Axa, Helvetia, Abraxas und Swisslawyersrisk der RMS Risk Management Services an. Die Höhe der Prämien wird individuell aufgrund des Risikos, der Rechtsform der Gesellschaft, ihrer Tätigkeit, der Börsenkotierung, des Sitzes und der Höhe der Versicherungssumme berechnet. Laut Thomas Greub, Leiter Vermögensschadenhaftpflichtversicherung der Axa Winterthur, muss für ein einfaches Verwaltungsratsmandat einer Schweizer Aktiengesellschaft bei einer Versicherungssumme von 1 Mio. Franken mit einer Zusatzprämie zur Berufshaftpflichtversicherung von 350 Franken pro Jahr gerechnet werden.
Organhaftpflicht über das Unternehmen versichern
Bei einer separaten Organhaftpflichtversicherung schliesst das Unternehmen oder die Stiftung die Police ab und versichert die Organe und den operationellen Teil der Gesellschaft. Eine solche Versicherung bieten die meisten inländischen und auch ausländische Versicherungsgesellschaften an, so die Abraxas, die Allianz, die Axa, die Basler, die Zurich oder die Helvetia in Kooperation mit der US-Versicherung Chubb.
Bevor ein Anwalt also eine Zusatzversicherung zu seiner Anwaltshaftpflichtpolice abschliesst, sollte er klären, ob sein Risiko als Verwaltungs- oder Stiftungsrat schon durch das Unternehmen oder die Stiftung versichert ist. Wer geschäftsführende Mandate annimmt, kann dieses Risiko meistens nicht anders als über eine Organhaftpflichtversicherung der entsprechenden Gesellschaft versichern.