Ulrich E. Gut erinnert sich lebhaft ans Jahr 2007 und die Bundesfeieransprache von Christoph Blocher: «Damals hat Blocher in der Anfechtung von Rechtsstaat, Richtern und internationalem Recht einen Zacken zugelegt.» Das bewog Gut, sich mit andern Leuten in Verbindung zu setzen: «Wir wollten eine Gegenkraft formieren und andere Gegenkräfte unterstützen.» Sein wichtigster Partner war der ehemalige Aargauer FDP-Bundesrichter Thomas Pfisterer. So entstand der Verein «Unser Recht», den Gut seit 2011 präsidiert. Man wolle eintreten für die Achtung und Weiterentwicklung von Rechtsstaat und Völkerrecht. «Wir nehmen an der öffentlichen Meinungsbildung und der politischen Willensbildung teil, indem wir ein Netzwerk schaffen», sagt Gut. Sie seien aber keine Kampagnenorganisation. Mit dem kleinen Budget gehe das nicht.
Gut ist nicht der Erste in der Familie, der sich politisch betätigt. Aufgewachsen ist er in Küsnacht ZH, Stäfa und Männedorf. Er stammt aus der Verlegerfamilie Gut, die bis 2011 Eigentümerin der «Zürichsee-Zeitung» war. Sein Grossvater Theodor Gut war zur Zeit des Nationalsozialismus Präsident der Zürcher FDP und hielt als politisches Schwergewicht öffentlich Reden gegen den Nationalsozialismus und den schweizerischen Frontismus. Er war der erste Verleger und Chefredaktor der Familie bei der «Zürichsee-Zeitung», Ulrich E. Gut der letzte.
Kritisch verfolgter Wandel von Doktorvater Kägi
Bereits als Kind habe er politischer Journalist werden wollen. Mit diesem Berufsziel kamen verschiedene Studienrichtungen in Frage. Gut entschied sich für die Rechtswissenschaften. «Mein primäres Interesse galt immer dem Staats- und Völkerrecht.» Während des Studiums heiratete Gut 1977 seine Studienfreundin Ursula Winterberger, die spätere Zürcher Regierungsrätin, die dieses Frühjahr zurücktritt. 1978 schloss Gut sein Studium ab, war bis 1981 Redaktor bei der «Zürichsee-Zeitung». Nebenbei schrieb er seine Dissertation beim damals landesweit bekannten Zürcher Professor Werner Kägi. Titel: «Grundfragen und schweizerische Entwicklungstendenzen der Demokratie.» Kägi sei ein sehr angenehmer, warmherziger Mensch gewesen. In einer gewissen Periode habe er zwar rechtsradikales Gedankengut vertreten, sich aber später konsequent davon distanziert.
Erfahrungen in der bürgerlichen Opposition
Drei Semester sass Gut als Vertreter einer bürgerlichen Juristengruppierung im links politisierenden Grossen Studentenrat – in einer Minderheitsposition also. «Unserer Ansicht nach verstiess es gegen die politische Vereinsfreiheit, wenn man uns zwang, in einer Organisation zu sein, die politisch ganz etwas anderes vertritt als wir, und man dafür auch noch zahlen muss.» Die Erfahrung sei wertvoll gewesen. «Als bürgerlicher Schweizer erlebt man es sonst nicht, dass man so richtig hoffnungslos in der Opposition ist.»
Nach Abschluss seiner Dissertation 1983 arbeitete Gut dreieinhalb Jahre in der Bundesverwaltung. Zunächst im Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement als Mitarbeiter von Generalsekretär Fritz Mühlemann, wo er sich vor allem mit Gesetzgebungsarbeiten beschäftigte. Ab 1987 war Gut als persönlicher Mitarbeiter von SVP-Bundesrat Leon Schlumpf tätig. 1988 kehrte er zur «Zürichsee-Zeitung» zurück und leitete sie bis 1998 als Chefredaktor. Infolge einer «Veränderung der Beteiligungsverhältnisse» verliess er die Regionalzeitung und gründete eine Beratungsfirma. Seither ist er selbständiger Kommunikationsberater und Geschäftsstellenleiter.
Von 1991 bis 1999 war Gut FDP-Kantonsrat. 1999 trat er zurück. Er fühlte sich in der Fraktion zunehmend isoliert, weil er konsequent gegen die SVP stimmte. «Ich hatte das Gefühl, ich sei nicht mehr ein repräsentativer Vertreter des Zürcher Freisinns jener Zeit.» Heute ist Gut zwar noch Mitglied der FDP, aber nicht mehr aktiv. Er sagt dazu, er gehe «auf längere Sicht keine faulen Kompromisse ein».
Was meint er damit? «In den 80er- und 90er Jahren hat eine rechte Fraktion in den Chefetagen der Wirtschaft erheblichen Druck auf die FDP ausgeübt, sich Christoph Blocher anzunähern. Der versprach das Blaue vom Himmel für die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Schweiz: den Staat und die Steuern- und Abgabebelastungen zu minimieren sowie möglichst weit weg von der EU zu bleiben.» Solange die Sache mit der Steuerhinterziehung in die Schweiz nicht geregelt war, habe man eine Unmenge Geld verdienen können, je weiter weg von der EU man war. «Dem Druck konnte die FDP zu dieser Zeit fast nicht standhalten.» Hier hätten am meisten problematische Kompromisse gemacht werden müssen.
«Die EMRK ist eine Errungenschaft für Europa»
Christoph Blocher sieht in den Aussagen von Gut nur Neid: «Ich kann sie nur damit erklären, dass der Links-Freisinnige Gut sehr enttäuscht ist, dass heute die SVP im Kanton Zürich mit einem Wähleranteil von über 30 Prozent wesentlich stärker ist als seine FDP.» Damit werde Gut nicht fertig, «und darum muss er praktisch in allen politischen Punkten die SVP bekämpfen». Für Gut ist die SVP eine «blocherhörige Bewegung», der ein «stark grundrechtlich ausgerichteter Liberalismus» entgegengegenhalten werden müsse. An der Partei kritisiert er vor allem zwei Punkte: «Die grundlegend verfehlte Europakonzeption, die keine Zukunft hat, und die Skrupellosigkeit im Umgang mit ernsten gesellschaftlichen Problemen wie Migration, Kriminalität und Sozialmissbrauch.»
Gut ist es ein Anliegen, dass die Schweiz Mitverantwortung für den Menschenrechtsraum Europa trägt. Der Europarat sei die Trägerschaft der EMRK, betont er: «Im Kontext der schwierigen Beziehungen mit der EU sollten wir darauf achten, dass wir unsere Position im Europarat nicht auch noch schwächen.» Zudem müsse ein Kleinstaat generell an der Geltung des Völkerrechts interessiert sein. «Man muss den Leuten klarmachen, dass die EMRK eine Errungenschaft für ganz Europa ist. Auch Völkerrecht ist unser Recht.»
Hat ein so engagierter Mann überhaupt Zeit für Hobbys? Er spiele mit grosser Leidenschaft Klavier, so Gut. Sein Lieblingskomponist sei Chopin. Zudem lese er gerne politische Biografien. Auch sei eine längere Reise in den Fernen Osten geplant. Und wenn er in zwei Jahren das Rentenalter erreicht habe, könne er endlich mehr Zeit in den Verein «Unser Recht» investieren.