Norbert Brunner, 66, Präsident des Kantonsgerichts Graubünden (CVP), hat seine richterliche Immunität verloren. Ihm wird vorgeworfen, in einem Erbschaftsstreit ein Urteil nach der Fällung abgeändert zu haben. Ein Richterkollege und ein am Verfahren beteiligter Rechtsanwalt zeigten Brunner deswegen wegen Falschbeurkundung an.
Die Bündner Staatsanwaltschaft darf nur dann eine Strafuntersuchung einleiten, wenn die Justizkommission des Grossen Rates die Immunität des Richters aufhebt. Dies ist im bündnerischen Einführungsgesetz zur Schweizerischen Strafprozessordnung so vorgesehen. Die Justizkommission hat laut ihrem Präsidenten, Rechtsanwalt Ilario Bondolfi (CVP), kürzlich der Aufhebung der Immunität zugestimmt.
Brunner bestreitet ein strafrechtlich relevantes Verhalten. Die Aufhebung der Immunität erklärt er damit, dass es sich bei der Justizkommission um eine politische Behörde handle, «die bis auf ein Mitglied aus Nichtjuristen besteht». Sie entscheide vor allem nach politischen Gesichtspunkten. Der Gerichtspräsident prüft nun mit seinem Verteidiger, ob er den Ermächtigungsentscheid anfechten wird «oder ob wir uns auf die Verteidigung im Strafverfahren beschränken sollen».
Luca E. Fábián, 27, wissenschaftlicher Assistent an der Uni Zürich, hat Ende April zusammen mit Kollegen den Verein «Corona und Recht» gegründet. Ein Team von rund 60 Juristen aus der ganzen Schweiz beantwortet seither auf der Webseite Corona-legal.ch Rechtsfragen in Zusammenhang mit den Verordnungen der Behörden zu verschiedenen Themengebieten wie Arbeit, Miete, Haftung, Sozialhilfe oder Sozialversicherungsrecht.
Laut Fábián erhält das Team täglich zwischen 8 und 20 neuen Anfragen. Die meisten Rechtsuchenden hätten Fragen betreffend Arbeits- und Sozialversicherungsrecht. Rund 30 Anfragen seien bisher an Anwälte weitergegeben worden, die in Corona-Fragen kostenlose Kurzberatungen anbieten. Es bestehe bereits ein Netzwerk von über einem Dutzend Kanzleien. Weitere Interessierte werden gesucht, denn die Arbeit nehme zu: «Die Corona-Krise stellt viele Leute vor existenzielle Herausforderungen.» Und die erlassenen Verordnungen würden zahlreiche neue rechtliche Fragen aufwerfen.
Eveline Roos, 43, Rechtsanwältin und Präsidentin des Solothurner Anwaltsverbands, kritisiert das Parlament des nordwestschweizerischen Kantons scharf. Der Kantonsrat hatte Anfang Mai ein neues Polizeigesetz durchgewinkt. Initiiert wurde es von SP-Regierungsrätin Susanne Schaffner. SP und Grüne stimmten geschlossen für das Gesetz. Laut Roos enthält das neue Polizeigesetz «eine Reihe von Zwangsmassnahmen, die strafprozessualer Natur sind und deren Regelung ausschliesslich dem Bundesgesetzgeber vorbehalten ist.» Sie halte es für verfassungswidrig, dass Zwangsmassnahmen wie etwa verdeckte Fahndungen angeordnet werden könnten, ohne dass ein Tatverdacht nötig sei.
Verschiedene kantonale Jungparteien (Juso, Jungfreisinnige), einzelne Kantonsräte und Anwälte wie Rémy Wyssmann und Markus Spielmann wollen nun das Referendum ergreifen. Möglich wäre auch ein Gang zum Bundesgericht: Erst kürzlich hiess das Bundesgericht eine Beschwerde der Demokratischen Juristen gegen das neue Berner Polizeigesetz teilweise gut (1C_181/2019 vom 29.4.2020). Persönlich wäre Roos ebenfalls für eine Beschwerde ans Bundesgericht. Als Präsidentin des Anwaltsverbandes wolle sie sich aber vorgängig mit dem Vorstand beraten.