Peter Marti, 64, Zürcher Oberrichter, hat bei Berufskollegen Kopfschütteln ausgelöst. Gegenüber dem als Whistleblower bekanntgewordenen Ex-Banker Rudolf Elmer erlaubte er sich bei der Urteilsverkündung im Berufungsprozess wegen Bankgeheimnisverletzung eine persönliche Bemerkung. Er meinte zum Angeklagten: «Herr Elmer, Sie sind kein Whistleblower, sondern ein ganz gewöhnlicher Krimineller.» Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das letzte Wort liegt beim Bundesgericht.
Andere Richter kritisieren auf Anfrage von plädoyer die Äusserung des mittlerweile pensionierten Richters. «Richter müssen nicht wie Buddhas auf ihren Stühlen sitzen, um als unbeeinflussbar zu erscheinen», sagt einer. «Aber beleidigende und disqualifizierende Sprüche sind ebenso deplatziert wie geringschätzende Körpersprache oder abwertende Mimik.» Ein anderer Kollege findet Martis Verhalten unhaltbar. «Er riskiert ja, dass das Urteil, an dem er mitgewirkt hat, wegen seiner zur Schau getragenen Befangenheit aufgehoben wird.» Ein weiterer Richter gesteht, als Präsident eines kantonalen Ober- und Verwaltungsgerichts hätte ihn ein Spruch schon mal gereizt. Doch: «Aufgabe des Richters ist es, Recht zu sprechen. Und nicht, persönliche populistisch angehauchte Kommentare abzugeben.»
Peter V. Kunz, 51, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern, gibt sein Wissen und seine Lebenserfahrung gerne an die nächste Generation weiter. So erfuhren die neu Immatrikulierten dank seinen Tipps in der «Unipress», was ein erfolgreiches Studium ausmacht. Der Professor appellierte an die Leistungsbereitschaft, denn «weder blaue Augen noch innere Werte, sondern messbare Leistungen entscheiden über Ihr Fortkommen, zumindest beim ersten Job». Das Studentenleben sei seriös zu nehmen: «Ihr Studium ist ein unbezahlter Beruf und nicht ein lustiges Hobby.» Zentral sei überdies Sprachkompetenz. Englisch stehe im Vordergrund, «nicht unsere Amtssprachen».
Studieren bedeute «investieren in die eigene Zukunft». Das dürfe durchaus im Auftritt erkennbar sein. Für Vorlesungen solle «ein ähnlicher Dresscode wie beim Job gelten» – also «keine rückwärts gedrehten Baseballkappen». Und die Jeans gehörten «nicht an die Knie». Vom Denken her darfs für Kunz aber durchaus etwas unorthodox zu- und hergehen: «Persönlich hoffe ich darauf, dass die aktuelle Studierendengeneration wieder etwas unangepasster wird und vermehrt konstruktive Querdenkerinnen und Querdenker hervorbringt.» Wohl nur, solange sie anständig gekleidet sind.
Georges Frey, 48, stellvertretender Oberstaatsanwalt des Kantons Luzern, hat Mühe mit der Öffentlichkeit der Justiz und mit der Kontrollfunktion der Medien. Er verweigerte der Regionalleiterin der «Zentralschweiz am Sonntag» die Einsicht in bestimmte Strafbefehle. Die Journalistin berief sich in ihrem Einsichtsgesuch auf das neueste Urteil des Bundesgerichts vom 21. Juni. Darin bekräftigte Lausanne, dass sich das Einsichtsrecht auch auf nicht rechtskräftige Entscheide bezieht (1C_123/2016). Schon früher legte das Bundesgericht dar, dass der Grundsatz der Justizöffentlichkeit nicht nur für Urteile, sondern auch für Strafbefehle und Einstellungsverfügungen gilt (134 I 286).
Frey lehnte das Gesuch trotzdem ab mit Hinweis auf den Aufwand und die fehlende Begründung der Journalistin betreffend Spezifikation der Thematik in den Strafbefehlen. Gegen diesen Entscheid reichte die Journalistin beim Luzerner Kantonsgericht Beschwerde ein – mit Erfolg. Der Luzerner Oberstaatsanwalt Daniel Burri räumte nachher gegenüber der «Zentralschweiz am Sonntag» ein, dass ein Fehler passiert sei. Die Auskunft des zuständigen Staatsanwalts sei falsch gewesen, eine Praxisänderung «war nie unsere Absicht». Hoffentlich spricht sich dies nun im ganzen Haus herum.