Francis Muller, 55, Rechtsanwalt in Zürich, Spezialist im Erbrecht, lockt Ahnungslose in die Falle, indem er ihnen eine Erbschaft in Aussicht stellt. Seine Kanzlei mit Adresse Nüschelerstrasse 22 unweit der Zürcher Bahnhofstrasse existiert aber nur im Internet. Laut der Homepage von Francis Muller & Associés arbeiten in seiner Kanzlei noch fünf weitere Anwältinnen und Anwälte – alle vorgestellt mit Namen, Geburtsdatum, Bild und Umschreibung der Spezialgebiete (www.cabinet-francismuller.com). Mit dem Namensgeber der Kanzlei gemein ist ihnen, dass auch sie nicht existieren.
Zweck der Homepage ist die Irreführung von Betrugsopfern, wie das Westschweizer Konsumentenmagazin «Tout compte fait» herausfand. Eine Waadtländerin hatte einen Telefonanruf erhalten – angeblich von der Lebensversicherung Vita. Sie habe aus einer Police auf ihre kürzlich verstorbene Mutter eine bedeutende Summe zugut, die Kanzlei Muller werde Freiholz für die Auszahlung kontaktieren.
Schon am Folgetag meldete sich deren Chef höchstpersönlich. Muller machte in perfektem Französisch darauf aufmerksam, dass es noch einige Gebühren zu begleichen gebe, um die 326 000 Euro in Liechtenstein zu deblockieren. Dumm nur, dass Muller und Kollegen in keinem Anwaltsregister aufgeführt sind. So flog der Schwindel auf.
Hermann Lei, 42, Rechtsanwalt im Thurgau und SVP-Kantonsrat, schreckt vor öffentlicher Kollegenschelte nicht zurück. Im März schrieb er in der rechtsaussen positionierten «Schweizerzeit» unter dem Titel «Diener gegen rechts» einen Artikel über den Zürcher Rechtsanwalt David Gibor. Der habe sich darauf spezialisiert, Politiker und andere Figuren des öffentlichen Lebens wegen angeblich rassistischer Äusserungen vor Gericht zu bringen. Er sei damit aber «oft erfolglos». Der Zürcher Anwalt sei in «ihm gewogenen Medien dauerpräsent» und werde als «Strafrechtsexperte» bezeichnet.
Gibor antwortete mit einer Strafanzeige und einer Zivilklage wegen unlauteren Wettbewerbs. Der Inhalt des «Schweizerzeit»-Artikels sei unzutreffend und herabsetzend. Wer auf Google unter «Rechtsanwalt David Gibor» suche, stosse auf der ersten Seite der Fundstellen auf den «Schweizerzeit»-Artikel. Wer also etwa vor einer Mandatserteilung im Internet Erkundigungen über Gibor als Anwalt einholen wolle, erhalte auch die herabsetzenden Falschinformationen des Beschuldigten.
Lei hält auf seiner Webseite fest: «An meinem Artikel ist jedes Wort wahr.» Das wird das Gericht zu entscheiden haben.
Hans Mathys, 68, bis Ende 2014 Präsident der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts, muss sich nach seiner Pensionierung von einer unteren Instanz widersprechen lassen. Mathys hatte den Zürcher Bezirksgerichten in Zeitungsinterviews vorgeworfen, selbst bei schweren Delikten das Urteil nur aufgrund der Akten der Staatsanwaltschaft zu fällen. Fälle, die das Geschworenengericht früher drei Wochen beschäftigt hätten, würden heute innert drei Stunden abgehandelt.
Das Bezirksgericht Zürich weist Mathys’ Kritik auf Anfrage zurück: Der Vergleich sei irreführend. «Die Geschworenen hatten keinerlei Aktenkenntnis und die gesamte Beweisabnahme erfolgte vor Gericht. Demgegenüber gilt nach der neuen StPO für die Bezirksgerichte das Prinzip der beschränkten Unmittelbarkeit.» Abgesehen von der obligatorischen Befragung des Beschuldigten – die in der Regel durchaus «eingehend» erfolge – könne das Gericht auf die im Vorverfahren erhobenen Beweise abstellen. Ordnungsgemäss erhobene Beweise erhebe es nur dann erneut, wenn «die unmittelbare Kenntnis» für die Urteilsfällung nötig erscheine. Und eine nicht «nachvollziehbare Unterstellung» sei der Vorwurf, die Bezirksrichter würden Zeugen nicht einvernehmen, weil sie befürchteten, aufgrund einer geänderten Aussage vom «pfannenfertigen Referat» abweichen zu müssen.