Bruno Zanga, 52, Kommandant der Kantonspolizei St. Gallen, schützt lieber Delinquenten, als sie zu überführen. Wenigstens wenn es um Raser geht. Zanga liess kürzlich umsetzen, dass die Kantonspolizei den Autofahrern künftig per Internet verrät, wo die automatischen Geschwindigkeitskontrollen aufgestellt sind.
Privaten ist die Veröffentlichung solcher Informationen verboten. plädoyer wollte vom Juristen deshalb wissen, ob diese Art von Prävention künftig auch in andern Bereichen Schule macht: «Teilt die Kapo auch mit, in welchen Bussen und Zügen die Billette kontrolliert werden? Ist künftig im Internet nachzusehen, wann und wo Ladendetektive präsent sind? Gibt die Kapo den Standort ihrer Patrouillen preis, damit Einbrecher wissen, wann sie wo aufpassen müssen? Nimmt die Kapo St. Gallen allenfalls die Gefährdung von Leib und Leben im Verkehr im Vergleich zu Vermögensdelikten auf die leichte Schulter?»
Zanga antwortete umgehend. «Einleitend erlaube ich mir die Bemerkung, dass mich Ihre Fragen schon etwas irritieren.» Dann argumentierte er, die Publikation der Standorte der Blitzer sei eine Massnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, um aber gleich festzuhalten, dass die Standorte doch nicht so genau angegeben würden. «Wir publizieren lediglich die Ortschaft und die jeweilige Strasse.»
Thomas Hansjakob, 58, Erster Staatsanwalt, plauderte an einer öffentlichen Podiumsdiskussion vom 29. Oktober 2014 zum Thema «Überwachung im Internet: Vorratsdatenspeicherung, Staatstrojaner und Rasterfahndung & Co.» munter aus dem Nähkästchen und präsentierte Zahlen, die bisher nicht bekannt waren. Der promovierte St. Galler Jurist setzte sich für die Ausdehnung der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs ein. Die Überwachung der Festnetz und Mobilanschlüsse durch den Staat spielte er herunter: «Von etwa 15 Millionen Anschlüssen in der Schweiz überwachen wir zurzeit etwa 1000.» Zudem würden von etwa 8 Millionen Internetanschlüssen «lediglich» 21 überwacht.
Hansjakob ist für die Verlängerung der Vorratsdatenspeicherung von sechs auf zwölf Monate und somit auf dem gleichen Kurs wie der Bundesrat. Zum Nutzen dieser Vorrats-atenspeicherung meinte der Staatsbeamte: «Daten nützen immer.»
Thomas Geiser, 62, Professor für Privatrecht, macht vor, dass auch Rechtsgelehrte vom Initiativrecht Gebrauch machen dürfen. Deshalb hat er gemeinsam mit Strafrechtsprofessor Andreas Auer sowie weiteren Personen aus Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft die Gruppe «Raus aus der Sackgasse» gegründet. Ihr Ziel ist es, die am 9. Februar angenommenen Verfassungsbestimmungen (SVP-Einwanderungsinitiative) ersatzlos zu streichen.
Konkret strebt die Gruppe an, Artikel 121a der Bundesverfassung aufzuheben. Diese neue Bestimmung besagt, dass die Schweiz die Zuwanderung ab Februar 2017 über Kontingente steuert. «Das führt in eine Sackgasse», ist sich Geiser sicher. Der Artikel widerspreche den bilateralen Verträgen sowie der traditionellen Offenheit der Schweiz. Aus Sorge um die Schweiz und die Zukunft der jungen Generation habe er an der Lancierung der Initiative mitgewirkt. Grund: «In meiner Jugend hoffte ich, später eine bessere Welt zu verlassen, als ich sie antrat. Heute hoffe ich, sie wenigstens im gleich guten Zustand zurückzulassen», so Geiser.