Nein. Seit 1942 ist die Ausübung von Prostitution nach Schweizer Recht legal. Und seit Juli 2014 beträgt das Mindestalter 18 Jahre. Diverse Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (StGB) schützen vor Missbrauch in der Prostitution, indem folgende Tatbestände strafbar sind:
Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung (Artikel 182 StGB)
Sexuelle Handlungen mit Abhängigen (Artikel 188 StGB)
Zuführen von Minderjährigen zur Prostitution (Artikel 195 Buchstabe a StGB)
Förderung der Prostitution (Artikel 195 Buchstaben b bis d StGB)
Sexuelle Handlungen mit Minderjährigen gegen Entgelt (Artikel 196 StGB).
Prostitution ist seit jeher ein kontrovers diskutiertes Thema. Es unterliegt gesellschaftlicher Bewertung und wird von politisch-weltanschaulichem Wandel sowie religiösen Vorstellungen beeinflusst. In Erfüllung diverser Postulate zum Thema Prostitution und zum Menschenhandel, der oft mit Prostitution gleichgestellt oder verwechselt wird, hat der Bundesrat bereits 2015 einen umfangreichen Bericht vorgelegt. Er kam darin unter anderem zum Schluss, dass ein Prostitutionsverbot als Verbot von Angebot und Nachfrage keine Lösung ist.
Ein Verbot führe zur Strafverfolgung von Prostituierten und der Verdrängung des Gewerbes in den Untergrund, was für die Prostituierten mit erhöhten Risiken verbunden sei. Gesetzliche Regelungen sollten den Schutz der Prostituierten stärken und zumindest nicht zu einer Ausweitung der Prostitution führen.
Die Stadt Zürich hatte auf die als problematisch erachteten Rahmenbedingungen im Sexgewerbe mit einer Prostitutionsgewerbeverordnung (PGVO) reagiert, die seit 2013 vollständig in Kraft ist. Im kürzlich veröffentlichten zweiten Bericht über die Entwicklung des Prostitutionsgewerbes kommt der Stadtrat zum Schluss, dass sich das Erotikgewerbe auf stadt- und quartierverträglichem Niveau eingespielt habe. Dieses Ziel wurde mit einer ausgewogenen Zweckbestimmung der Zürcher PGVO erreicht. Sie umfasst nicht nur den Schutz der öffentlichen Ordnung und der Bevölkerung vor negativen Auswirkungen, sondern explizit auch den Schutz der Prostituierten vor Ausbeutung und Gewalt sowie die Sicherstellung der gesundheitlichen und sozialen Prävention.
In Ländern wie beispielsweise Albanien, Rumänien oder Kroatien ist Prostitution verboten, und dennoch weit verbreitet. Der Fall der USA zeigt gemäss dem erwähnten Bericht des Bundesrats, dass ein prohibitiver Ansatz die Umgehung von Prostitutionsverboten nur beschränkt verhindern kann. Gewisse Länder wie Schweden oder Norwegen versuchen, die Prostitution einzudämmen, indem sie den Kauf von sexuellen Dienstleistungen unter Strafe stellen. Der Erfolg dieses sogenannten Schwedenmodells ist grundsätzlich und infolge ungesicherter Datenlage umstritten.
Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere. Als auf Erwerb ausgerichtete Tätigkeit unterliegt sie aber der in der Bundesverfassung garantierten Wirtschaftsfreiheit (Artikel 27 der Bundesverfassung). Einschränkungen sind zulässig, soweit sie sich mit dem ebenfalls verfassungsmässig verankerten Verhältnismässigkeitsprinzip vereinbaren lassen. Ein Verbot wäre das nicht.
Die Schweiz hat im Jahr 1942 einen vernünftigen Weg eingeschlagen und die rechtlichen Rahmenbedingungen seither laufend verfeinert. Wichtig sind Rechtssicherheit und Schutz für Prostituierte und Bevölkerung.
Beatrice Bänninger
Rechtsanwältin und Geschäftsführerin der Zürcher Stadtmission, welche die Anlaufstelle Isla Victoria für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter betreibt