plädoyer: Herr Metz, Sie befürworten in einem Beitrag zur Revision des Bundesgerichtsgesetzes, dass sich das höchste Gericht künftig auf grundsätzliche Rechtsfragen und Fälle von besonderer Bedeutung beschränken soll. Das bedeutet einen Abbau des Rechtsschutzes der Bürger. Warum nehmen Sie das in Kauf?
Markus Metz: Ich befürworte, dass die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ersatzlos gestrichen wird. Nicht weil es heute wenige davon gibt, sondern weil das Bundesgericht befürchtet, dass die Zahl nach der Revision sehr stark zunehmen würde. Dies als Folge der Verkürzung des Instanzenzugs. In den Diskussionen um die Revision wird ausser Acht gelassen, dass in den meisten Fällen vor dem Weiterzug nach Lausanne eine oder zwei gerichtliche Instanzen den Fall sorgfältig anschauen. In den Kantonen sind es praktisch immer zwei Instanzen. Auf Bundesebene sind es das Bundesstraf- und das Bundesverwaltungsgericht. Es besteht deshalb künftig kein Bedürfnis mehr für eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Mit bedeutenden Fällen könnte sich das Bundesgericht trotzdem befassen. Dazu würde ja das Annahmeverfahren eingeführt.
Rainer Schweizer: Damit bin ich nicht einverstanden. Es trifft nicht zu, dass sich heute mehrheitlich zwei Instanzen mit einem Fall beschäftigen, bis er vor das Bundesgericht weitergezogen werden kann. Das stimmt nur im klassischen Zivilrecht und teilweise im Strafrecht – im öffentlichen Recht dagegen überhaupt nicht. Ein Beispiel: Bei Massnahmen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) haben wir bis auf
St. Gallen und Zürich nur eine einzige Instanz. Begeht diese einen Verfahrensfehler, hätten wir nach der Revision keine Möglichkeiten zur Korrektur mehr. Denn laut dem Revisionsentwurf würde das Bundesgericht verfahrensleitende Entscheide nur noch behandeln, wenn sie Grundsatzfragen aufwerfen.
plädoyer: Herr Schweizer, was spricht dagegen, dass sich das Bundesgericht auf grundlegende Fragen beschränkt?
Schweizer: Eine solche Änderung liesse sich nur vertreten, wenn die Vorinstanzen umgebaut würden. Verfahrensfehler, willkürliche Beweiswürdigungen, Befangenheitsfragen usw. sind nämlich heute sehr häufig. Laut Statistik sind es mehrere Hundert pro Jahr, die vom Bundesgericht behandelt werden! Würden wir nun die Beschränkung auf Grundsatzfragen einführen, müsste das höchste Gericht auf viele dieser Fälle nicht mehr eintreten.
Metz: Ich sehe grundsätzlich keinen Rechtsschutzverlust – auch wenn wir die subsidiäre Verfassungsbeschwerde streichen würden. Verfahrensfehler könnten vom Bundesgericht immer noch behandelt werden, sofern sie schwerwiegend sind.
Schweizer: Die Beschränkung auf Grundsatzfragen kennen wir bereits in der internationalen Strafrechtshilfe und der Steueramtshilfe. Hier nimmt das Bundesgericht unter dieser Klausel nur noch vier bis fünf Prozent der Fälle an. Und das in einem Bereich, der wirtschaftlich und menschenrechtlich von eminenter Bedeutung ist. Aufgrund der vorliegenden Erfahrungszahlen kann man doch den beschränkten Zugang ans Bundesgericht nicht noch auf weitere Rechtsgebiete ausdehnen. Auch die Auswahl dieser Rechtsgebiete leuchtet nicht ein. Es ist auffällig: Die Einschränkung betrifft vor allem das Ausländerrecht und die öffentliche Sicherheit. Weder im Sozialversicherungsrecht noch im Wirtschaftsrecht geht man so weit. Diese Gewichtung ist verfassungs- und menschenrechtlich nicht sinnvoll. Der Ansatz war stets, dass eine Reform des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) den Grundrechts- und Menschenrechtsschutz nicht beschränken darf.
Metz: Der Entwurf führt ja auch nicht zu einer Beschränkung. Das Bundesgericht kann weiterhin bei grundsätzlichen Fragen – also Fragen von grosser Bedeutung – einschreiten. Somit ist nichts ausgeschlossen.
plädoyer: Heute muss das Bundesgericht grundsätzlich alle eingereichten Beschwerden behandeln. Mit der Beschränkung auf Fälle von grundlegender Bedeutung dürfte es selbst auswählen, welche Fälle entschieden werden. Das ist doch ein erheblicher Unterschied.
Metz: Es ist nicht falsch, wenn das Bundesgericht selbst entscheiden kann, wann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Falls eine Grundrechtsverletzung vorliegt, wird das Bundesgericht das anschauen. Ich sehe keinen Grund für ein latentes Misstrauen gegenüber dem Bundesgericht.
Schweizer: Die Bundesverfassung unterscheidet zwischen leichten und schweren Grundrechtsverletzungen gemäss Artikel 36. Diese Unterscheidung kennt nur das schweizerische Recht. Die Bundesjustiz hat eine lange Tradition, weniger gravierende Fälle schneller zu erledigen. Der ehemalige Bundesrichter Otto Konstantin Kauffmann bezeichnete diese Methode als «die zwei Brillen des Bundesgerichts»: Leichte, harmlose Fälle schaue das Bundesgericht mit einer «opalen Brille» an, Fälle mit schweren Grundrechtsverletzungen mit einer «scharfen Brille». Dies wird seit langem so gehandhabt. Wenn wir jetzt nur die Prüfung von Grundsatzfragen einführen, dann fallen 95 Prozent der Fälle durch Nichteintreten weg. Dieses Annahmeverfahren, das der Revisionsentwurf vorsieht, wollte der Gesetzgeber bei der letzten Verfassungsrevision ausdrücklich nicht.
Metz: Das sehe ich nicht so. Das Bundesgericht hat gute Argumente für die Befürchtung, dass die Geschäftslast stark zunehmen würde, wenn die Verfassungsbeschwerde weiterhin zulässig sein sollte. Dem Bundesgericht bleibt heute keine Zeit, Grundsatzfragen sorgfältig zu regeln. Es ist enorm überlastet. Und zwar nicht mit Fällen, die grosse Menschenrechtsfragen thematisieren. Sondern mit solchen, die eigentlich vor dem höchsten Gericht nichts zu suchen haben. Etwa eine Busse für eine Beschimpfung von 150 Franken. Es ist doch lächerlich, wenn sich das Bundesgericht damit befassen muss – solange nicht schwerwiegende Verfahrensfehler damit verbunden waren, beispielsweise, wenn der Angeklagte nicht angehört wurde. In solchen Fällen wird das Bundesgericht jedoch weiterhin imstand sein, Fehler zu korrigieren.
plädoyer: Rund 60 Professoren und Richter schrieben einen Brief an den Ständerat, in dem sie die Revision wegen der damit verbundenen Einschränkung des Rechtsschutzes ablehnen. Sie machen geltend, für diese Einschränkung fehle es an einer Verfassungsgrundlage. Einverstanden?
Metz: Nein. In der Verfassung ist in Artikel 191 formell nicht festgelegt, dass es kein Annahmeverfahren geben darf. In der Rechtsweggarantie steht nicht drin, ein Annahmeverfahren vor Bundesgericht sei ausgeschlossen.
Schweizer: Richtig. Aber Sie wissen, die Verfassungsgebung ist immer auch eine politische Entscheidung. Und man hat bei der letzten Justizreform klar gesagt, man wolle kein Annahmeverfahren. Das war eine Zusicherung. Wir hatten mit vielen Professoren aus allen Schweizer Universitäten Kontakt und ich kann Ihnen garantieren, dass fast einhellig die Meinung vorherrscht, dass ein weitreichendes Annahmeverfahren eine Verfassungsänderung braucht.
plädoyer: Hat der Instanzenzug bis zum Bundesgericht nicht auch eine präventive Wirkung bei unteren Instanzen? Arbeiten diese nicht sorgfältiger, wenn sie wissen, dass ihr Entscheid weitergezogen werden kann?
Metz: Das Gegenteil ist der Fall. Nach meiner Erfahrung – und ich habe sehr viele Fälle behandelt, die nicht weiter ans Bundesgericht gezogen wurden – schaut man in solchen Fällen noch viel genauer hin. Vom Bundesverwaltungsgericht gehen nicht viele Fälle weiter ans Bundesgericht. Von den 2500 Fällen, in denen eine Beschwerde möglich wäre, werden jährlich nur 300 ans Bundesgericht weitergezogen. Die Parteien sind also weitgehend bereit, ein Urteil einer Vorinstanz zu akzeptieren, wenn es qualitativ stimmt. Ein Problem besteht hingegen bei kantonalen Instanzen. Ich bin ein grosser Verfechter einer sorgfältigen Richterausbildung. Daran fehlt es in der Schweiz. Das macht sich vor allem in der ersten und zweiten Instanz bemerkbar. Besser ausgebildete Richter würden das Bundesgericht indirekt entlasten.
Schweizer: Ich glaube Herrn Metz, dass beim Bundesverwaltungsgericht die Vorstellung herrscht, dass für die Fälle, die nicht weitergezogen werden können, eine besonders hohe Sorgfalt von den Richtern an den Tag gelegt wird. Umgekehrt muss ich anmerken: Renommierte Anwälte aus St. Gallen sagten mir, dass es in diesem Kanton eine verheerende Wirkung hätte, wenn der Weiterzug eingeschränkt würde. Es gäbe Richter, die dann die Hälfte der Fälle nicht mehr seriös anschauen würden. Auch ich glaube, dass die Qualität nicht mehr die gleiche wäre. Die generalpräventive Wirkung der Weiterzugsmöglichkeit ist vor allem mit Blick auf die Kantone sehr wichtig und nötig.
plädoyer: Grund für die Revision ist die angebliche Überlastung des Bundesgerichts. Im Jahr 2018 wurden aber etwa gleich viele Fälle erledigt wie eingereicht. Die durchschnittliche Verfahrensdauer blieb konstant. Wenn man die Pendenzen von Ende Jahr auf die Erledigungszahlen umrechnet, ergibt sich ein Arbeitsvorrat von vier Monaten. Vergleicht man dies mit der Arbeitslast unterer Instanzen, herrschen beim Bundesgericht erfreuliche Verhältnisse.
Metz: Die Statistik der Bundesgerichte ist nicht leicht zu lesen. Die 8000 erledigten Urteile enthalten natürlich auch Fälle, die im Schnellverfahren – Kostenvorschuss nicht bezahlt, Frist verpasst – abgeschrieben werden. Das ist eine grosse Anzahl. Nimmt man diese Urteile aus der Statistik, sieht es anders aus. Das Bundesverwaltungsgericht hat kürzlich ein Urteil im Umfang von 500 Seiten gefällt. Das wird mit Sicherheit ans Bundesgericht weitergezogen. Ein solcher Fall könnte nicht in 120 Tagen erledigt werden.
plädoyer: Die 120 Tage sind ein Durchschnittswert. Zur Entlastung des Bundesgerichts gibt es eine Reihe von nebenamtlichen Bundesrichtern. Einige beklagen sich über zu wenig Arbeit. Wäre es nicht sinnvoller, zuerst diese Richter auszulasten, bevor der Rechtsschutz eingeschränkt wird?
Metz: Das Konzept der nebenamtlichen Bundesrichter müsste einmal bei einer Revision näher angeschaut werden. Ich bin skeptisch, ob die Idee der nebenamtlichen Bundesrichter wirklich eine gute Idee ist. Am Bundesverwaltungsgericht arbeiteten wir mit der vorübergehenden Einstellung von Richtern und machten damit gute Erfahrungen.
Schweizer: Laut dem geltenden Bundesgerichtsgesetz könnte die Zahl der Bundesrichter bis auf 45 erhöht werden. Jetzt, nachdem der Ständerat nicht auf die Revision eintrat, verstehe ich nicht, warum das Bundesgericht nicht verlangt, sieben neue Richter zu wählen. Eine Stausituation könnte man mit der Erhöhung der Richterzahl überwinden. Bundesgerichtspräsident Ulrich Meyer sagte zwar mehrfach öffentlich, eine Erhöhung der Richterzahl nütze nichts. Das ist mir aber eine zu einfache Antwort! Wir wissen doch alle, welche Abteilungen besonders belastet sind. Wenn wir diesen Abteilungen je ein weiteres Gerichtsmitglied beigeben würden, wäre das schon eine grosse Hilfe.
Metz: Ich teile die Meinung des Bundesgerichtspräsidenten. Eine höhere Anzahl von Richtern macht das Gericht nicht effizienter. Eine oder zwei Personen mehr in einer Abteilung steigern die Produktivität beim Abbauen von Fällen nicht gross. Das ist unsere Erfahrung am Bundesverwaltungsgericht. Im Asylrecht setzten wir vier neue Richter ein. Die Anzahl der pendenten Fälle ging nicht wesentlich zurück.
Schweizer: Die Bevölkerung wächst stetig. Im Vergleich zum Jahr 2005 zählt die Schweiz heute über eine Million Einwohner mehr. Das hat Folgen für die Notfallstationen in den Spitälern – aber auch auf die erstinstanzlichen Gerichte. Und es verursacht mehr Arbeit am Bundesgericht. Die Schweiz verfügt aber über ein vergleichsweise kleines Bundesgericht. In Österreich mit der etwa gleich grossen Bevölkerung haben die beiden obersten Gerichte – der Oberverwaltungsgerichtshof und der Obergerichtshof – zusammen mehr als doppelt so viele Richter wie das Schweizer Bundesgericht. Und vergessen wir nicht, dass Ex-Bundesrat Christoph Blocher die Anzahl Bundesrichter aus politischen Gründen um zwei reduzierte. Das war eine unnötige Übung, die niemand verstand. Warum sollen wir heute nicht fünf oder sieben neue Richter einstellen – zumindest bis wir ein neues Gesetz haben? Der Entwurf erhielt in der Vernehmlassung sehr schlechte Noten. Insbesondere von der Anwaltschaft und anderen Organisationen. Professor Giovanni Biaggini kritisiert zu Recht das Fehlen einer Grundsatzdiskussion. Die vorliegende Reform ist rückwärtsgewandt.
plädoyer: Soll das Bundesamt für Justiz einen neuen Reformvorschlag ausarbeiten – unter Einbezug der Anwaltschaft und der Professoren?
Metz: Es stellt sich tatsächlich die Frage, ob wir zurück auf Feld eins wollen. Ich meine: Wenn die Revision unter dem Aspekt der Entlastung nicht gelingt, müsste man tatsächlich eine grundsätzliche Justizrevision in Bezug auf das Bundesgericht machen – auch mit Blick auf die Vorinstanzen. Eine solche Arbeit wird Jahre in Anspruch nehmen. Wir können aber auch die Teilrevision, wie sie jetzt eingeleitet ist, durchführen und gleichzeitig eine grundlegende Gerichtsorganisationsreform angehen. So sollten wir vorgehen. Wir dürfen den heutigen Entwurf nicht über Bord werfen. Natürlich finde ich den umfassenden Rechtsschutz rechtsstaatlich absolut zentral. Aber er muss verwesentlicht werden. Das Bundesgericht soll sich wesentlichen Fragen widmen und nicht den unwesentlichen.
Schweizer: Die Rechtskommission des Ständerats hat sich intensiv mit der nun verworfenen Vorlage befasst und hat dabei wichtige punktuelle Reformen vorgeschlagen. Das sind wertvolle Ausgangspunkte für die nächste Revision.
plädoyer: Herr Metz, Sie sind skeptisch gegenüber einer Erhöhung der Richterzahl am Bundesgericht. Als Präsident des Bundesverwaltungsgerichts arbeiteten Sie mit 72 Richtern zusammen. Am Bundesgericht sind es nur 38. Hat Sie die Organisation dieser 72 Richter abgeschreckt – oder wo sehen Sie die Probleme?
Metz: Nach meiner Erfahrung ist eine zu hohe Anzahl von Richtern schwierig für die Gerichtsleitung. Sie bringt auch Nachteile für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Für das Asylrecht werden am Bundesverwaltungsgericht 25 Richter eingesetzt. Wenn sich diese über eine Rechtsfrage einigen wollen, kann sich das über Monate hinziehen.
Schweizer: Es gibt heute viele Möglichkeiten, die Entscheidungsfindung und die administrative Unterstützung zu koordinieren. Das ist nicht so schwierig. Auch das Bezirksgericht Zürich und andere grosse Gerichte schaffen das. Das grösste Problem sehe ich bei der Wahl der Richter auf Bundesebene. Zwei Beispiele: Es ist nicht nachvollziehbar, wenn die Gerichtskommission eine Gerichtsschreiberin mit noch geringer Praxis einem langjährig sehr bewährten kantonalen Gerichtspräsidenten vorzieht. Oder wenn ein Gerichtsmitglied ans Bundesstrafgericht gewählt wird, das vorher vom ersten Staatsanwalt entlassen wurde. Das sind vorwiegend politische Entscheidungen. Erschwerend kommt dazu, dass Anträge der Gerichtskommission von den Fraktionen abgeändert werden können. Das eigentliche Problem liegt in der Qualifikation und der Auswahl der Richter auf Kantons- wie auch auf Bundesebene.
plädoyer: Dieser Vorwurf geht an die Gerichtskommission des Parlaments und die Parteien, welche die Richter auf Bundesebene wählen.
Schweizer: So ist es. Das Wahlsystem in den Kantonen ist zum Teil deutlich besser. Vor allem in der Romandie und im Tessin. Es gibt dort viel qualifiziertere Auswahlverfahren mit Gerichtsmagistraturräten. Aber auf Bundesebene ist die Richterwahl verpolitisiert.
Metz: Ich bin mit Ihnen einig, dass bei der Auswahl der Richter sehr viel Korrekturbedarf besteht. Nicht weil wir Richter mit Parteibuch haben. Aber die Qualifikationen, die eine Person heute mitbringen muss, sind nicht ausreichend. Die Gerichtskommission nimmt ihre Kompetenzen nicht wahr. Sie nutzt auch die Möglichkeit einer sorgfältigen Auswahl nicht. Sie hört viel zu stark auf die Vorschläge der Parteien. Sie müsste die besten Leute unabhängiger aussuchen.
Markus Metz, 71, ehemaliger Präsident des Bundesverwaltungsgerichts. Metz lebt in Basel und ist teilweise noch als Anwalt, juristischer Berater und Schiedsrichter im Privatrecht tätig.
Rainer J. Schweizer, 76, Ordinarius für öffentliches Recht an der Uni St. Gallen, ehemaliger nebenamtlicher Bundesrichter. Zurzeit arbeitet Schweizer an einer Edition zu den Quellen der kantonalen Verfassungsgeschichte.
Bundesgerichtsgesetz soll revidiert werden
Das Bundesgericht beklagt seit Jahren eine Überbelastung. Eine Revision des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) soll das ändern. Der Entwurf sieht eine Reduktion der Weiterzugsmöglichkeiten ans Bundesgericht vor. In einer ganzen Reihe von Rechtsbereichen soll das höchste Gericht nur noch auf eine Beschwerde eintreten müssen, wenn diese eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, die noch nicht beurteilt wurde. Folgen der Revision wären zum Beispiel:
die Einschränkung der Beschwerdemöglichkeiten gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesstrafgerichts;
die Einschränkung des Beschwerderechts von Privatklägern ohne Opfereigenschaft im Strafverfahren;
die Abschaffung der Sachverhaltskontrolle des Bundesgerichts bei Forderungen gegen die Militär- und Unfallversicherung;
die Abschaffung der vollen Rechtskontrolle bei Beschwerden gegen vorsorgliche Massnahmen und
die Erhöhung der Obergrenzen der Gerichtsgebühren des Bundes- und des Bundesverwaltungsgerichts.
Dem Bundesgericht selbst geht die Revisionsvorlage des Bundesrats zu wenig weit. Es beantragt, auch die subsidiäre Verfassungsbeschwerde abzuschaffen.
Der Nationalrat hat die Vorlage teilweise abgeschwächt, der Ständerat ist im vergangenen Dezember nicht darauf eingetreten. Jetzt geht die Vorlage an den Nationalrat zurück.