Kosovo ist knapp sieben Jahre alt und die jüngste Republik Europas. Was das bedeutet, wollte ich in einem Praktikum auf der ­Schweizer ­Botschaft in Kosovo hautnah ­mit­erleben. Dank ­zahlreichen ­politischen Treffen wird mir täglich vor ­Augen ­geführt, was es heisst, einen ­demokratischen, ­multikulturellen Rechtsstaat ­aufzubauen.

Die Schweizer Botschaft ­vermittelt dabei geschickt die ­demokratischen Werte unseres Landes. Wertvoll ist auch unsere Erfahrung mit der Mehrsprachigkeit. In meiner Arbeit berichte  ich an ­Bundesbern die politischen Geschehnisse und kommentiere sie, so beispielsweise die Konstituierung des Parlaments. Als angehende Juristin ist für mich auch die Aufarbeitung von Rechts­hilfe­fällen aufregend: Bei diesen ­unterstützen sich die schweizerische und die kosovarische Justiz gegen­seitig, um straf­rechtliche ­Fälle aufzuklären. ­Gegenwärtig entwerfe ich auch den Newsletter für die Schweizer vor Ort, rund 360 Personen. Dazu kommen 220 Swisscoy-­Soldaten und -Soldatinnen, die sich an der ­internationalen friedensfördernden Mission unter der Leitung der Nato beteiligen. Im vibrierenden Pristina mit ­seinen freundlichen Einwohnern lebt es sich gut.

Stets tummelt sich ein munteres Volk auf den ­Strassen und in den Cafés. Im Gespräch mit der Bevölkerung merke ich aber rasch, dass diese Fröhlichkeit oft ein Gefühl von Resignation und Perspektiv­losigkeit überdeckt. Die Arbeits­losigkeit liegt gemäss Weltbank bei 30,9 Prozent, der Durchschnittslohn bei 350 Euro pro Monat.

Es gibt kaum private Investoren und keine Exportindustrie. In dieser Hinsicht motivieren mich nicht nur die erfolgversprechenden Ansätze der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, sondern auch die kreativen Menschen, die sich bei der Botschaft für Kleinprojekte bewerben, oder die Unternehmer, die der schweren Wirtschaftslage trotzen und innovative Firmen gründen. Hoffnung machen mir auch die unabhängigen Frauen, die sich von den patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen lösen.