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Plädoyer 06/2016
14.11.2016
Letzte Aktualisierung:
21.11.2016
Marisa Beier
Schweden hat mich als Vorreiter einer erfolgreichen Frauen- und Menschenrechtspolitik sowie eines hochentwickelten Bildungs- und Wohlfahrtsystems fasziniert. In meinem ersten Masterjahr wollte ich mir deshalb ein eigenes Bild des vielversprechenden skandinavischen Modells machen. Meine Wahl fiel auf die Universität Stockholm.
Dort konnte ich dank der grossen Auswahl an englischsprachigen Kursen einen individuellen Schwerpunkt auf den Schutz der Menschenrecht...
Schweden hat mich als Vorreiter einer erfolgreichen Frauen- und Menschenrechtspolitik sowie eines hochentwickelten Bildungs- und Wohlfahrtsystems fasziniert. In meinem ersten Masterjahr wollte ich mir deshalb ein eigenes Bild des vielversprechenden skandinavischen Modells machen. Meine Wahl fiel auf die Universität Stockholm.
Dort konnte ich dank der grossen Auswahl an englischsprachigen Kursen einen individuellen Schwerpunkt auf den Schutz der Menschenrechte setzen. Das schwedische Studiensystem ist so ausgerichtet, dass man sich während rund zwei Monaten intensiv mit einem einzigen Kurs beschäftigt. Man findet sich in einer kleinen Klasse mit internationalen und schwedischen Studenten wieder und hat so die Möglichkeit, ein Thema aus verschiedenen Perspektiven zu diskutieren. Im Zentrum der Vorlesung steht nicht der Professor, sondern es geht um die Lösungsvorschläge der Studentinnen und Studenten zu einem bestimmten Problem. Dabei werden sie von Gastdozenten aus der Praxis unterstützt, die bei internationalen Organisationen, NGOs oder im schwedischen Aussendepartement tätig sind.
In einem anschliessenden Praktikum auf der Schweizerischen Botschaft in Stockholm konnte ich das Gelernte unter Beweis stellen. Dort setzte ich mich nicht nur mit menschenrechtlichen Themen auseinander, sondern auch mit der schwedischen Flüchtlingspolitik. Schwedens grosszügige Flüchtlingsaufnahme brachte das Wohlfahrtssystem des Landes an seine Grenzen. Es strapazierte den schwedischen Arbeitsmarkt und verstärkte die Wohnungsknappheit. Das brachte den rechtspopulistischen Schwedendemokraten mehr Wähler. Das sonst so offene Schweden war deshalb gezwungen, eine Einreisekontrolle einzuführen und seine Asylpolitik zu verschärfen. So lernte ich auch die Grenzen des skandinavischen Modells kennen. Resultat sind eine verstärkte Segregation und Chancenungleichheit für Leute, die ausserhalb des Systems leben.
Marisa Beier, 26, Studentin an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg, verbrachte ihr erstes Masterjahr an der Universität Stockholm in Schweden. Dort spezialisierte sie sich auf Menschenrechte und absolvierte ein Praktikum auf der Schweizerischen Botschaft in Stockholm.