Das Studieren in Utrecht folgt einem anderen Rhythmus. Vorlesungen besuche ich hier im Vergleich zur Schweiz nur wenige, die Vorbereitungszeit für die einzelnen Veranstaltungen ist dafür umso intensiver. Seit Ende Januar studiere ich während eines Erasmus-Semesters in dieser gemütlichen Stadt.
Die «Utrecht University», an der knapp 30 000 Menschen studieren, hat viele ihrer Angebote auf internationale Studentinnen und Studenten ausgerichtet. Gewählt habe ich diese Universität aber vor allem, weil sie spannende Vorlesungen im Bereich Menschenrechte anbietet. Die Kurse hielten ihre Versprechen: In der «School of Human Rights» erlebte ich interessante Gastvorlesungen und Vorträge und genoss spannende Diskussionen mit Forschenden und Dozierenden. So hielt Theo van Boven, der sich in der Uno für die Menschenrechte engagierte, einen Vortrag zu Instrumenten der «Transitional Justice», mit denen Menschenrechtsverletzungen geahndet und gesellschaftlich bewältigt werden sollen. Cees Flinterman, selbst Mitglied eines Uno-Komitees, erklärte die Funktionsweise der Expertenkomitees der Uno-Menschenrechtsverträge.
Das Studium hier ist vielseitig. Von Anfang an mussten wir für jede Vorlesung eine schriftliche Arbeit verfassen, Gruppenarbeiten und Präsentationen gehörten ebenso zu den methodischen Mitteln. Viele Studierende engagierten sich in den Diskussionen, die ich auch deshalb als spannend in Erinnerung habe, weil die Teilnehmenden aus verschiedensten Ländern kommen. Immer wieder war ich herausgefordert, über die Welt, Europa und die Rolle meines Heimatlandes auf dem internationalen und europäischen Politparkett nachzudenken und in Diskussionen Schweizer Positionen zu erklären. Beispielsweise wie ein Land dazu kommt, den Bau von Minaretten in seiner Verfassung zu verbieten.
Das Leben in Utrecht ist sehr angenehm, die Stadt hat eine wunderbare Ausstrahlung. Es gibt hier mehr Velos als Einwohner und die Menschen mögen «gezelligheid». Ich hatte das Glück, mit zwei Niederländern und drei Niederländerinnen zusammenzuwohnen, und tauchte so in ihre Kultur und Sprache ein.
Inspiriert und reich an neuen Erfahrungen kehre ich in den nächsten Tagen nach Bern zurück. Mein Horizont ist weiter geworden, nicht nur in juristischer Hinsicht. Die weite Landschaft der Niederlande prägt die Menschen, die sie bevölkern - selbst in der relativ kurzen Zeit eines Erasmus-Semesters.
Miriam Minder (25) ist Jusstudentin an der Universität Bern. Nach fünf Monaten an der Universität Utrecht, wo sie im Rahmen eines Erasmus-Semesters Internationales Recht studierte, kehrt sie nun nach Bern zurück. Links zur Universität Utrecht: www.uu.nl, www.schoolofhumanrights.org