Das Letzte: Kindesschutz bis zur Erschöpfung der Bestände
Inhalt
Plädoyer 04/2018
27.08.2018
Peter Eggenberger
Der Mensch ist einsichtsfähig und weise. Darum heisst er Homo sapiens. Weisheit ist nötig für das Überleben der Spezies, aber nicht ausreichend für ein erfülltes Leben. Aus diesem Grund hat ihm die Evolution den Spieltrieb geschenkt. So ist der Mensch auch ein Homo ludens. Die Wissenschaft unterscheidet zwischen zweckfreiem und zweckgerichtetem Spiel. Da verliert das Thema das Spielerische bereits etwas.
Auch mischt sich der Gesetzgeber ein. Die V...
Der Mensch ist einsichtsfähig und weise. Darum heisst er Homo sapiens. Weisheit ist nötig für das Überleben der Spezies, aber nicht ausreichend für ein erfülltes Leben. Aus diesem Grund hat ihm die Evolution den Spieltrieb geschenkt. So ist der Mensch auch ein Homo ludens. Die Wissenschaft unterscheidet zwischen zweckfreiem und zweckgerichtetem Spiel. Da verliert das Thema das Spielerische bereits etwas.
Auch mischt sich der Gesetzgeber ein. Die Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern über die Sicherheit von Spielzeug (Spielzeugverordnung, VSS) datiert vom 15. August 2012 und umfasst 38 vollgeschriebene A4-Seiten. Erwachsene können zunächst aufatmen: Als Spielzeug gelten nur jene Gegenstände, die dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Kindern bis zum vierzehnten Altersjahr zum Spielen verwendet zu werden. Doch Eltern von Kindern unter vierzehn Jahren müssen also aufpassen.
Anhang 2 zur VSS regelt die besonderen Sicherheitsanforderungen an Spielzeug. VSS könnte im Kontext der Materie «Viele schöne Stunden» bedeuten. Für den Gesetzgeber aber offenbar eher «verdammt schwierige Spezifikationen». Beispiel gefällig?
In der Amtlichen Sammlung des Bundesrechts von 2018 ist auf den Seiten 1575 ff. eine Änderung des Anhangs 2 publiziert, die auf den 1. Mai 2018 in Kraft getreten ist und die Stoffe Bisphenol A und Phenol betrifft.
In der einschlägigen Ziffer 3/15 fällt eine Bestimmung auf, die unverändert gilt: «Für chemische Stoffe, die in Spielzeug verwendet werden, das zur Verwendung durch Kinder unter 36 Monaten bestimmt ist, bzw. in anderem Spielzeug, das dazu bestimmt ist, in den Mund genommen zu werden, gelten folgende Grenzwerte: Reaktionsmasse aus 5-Chlor-2-methyl-4-isothiazolin-3-on [EG-Nr. 247-500-7] und 2-Methyl-2H-isothiazol-3-on [EG-Nr.220-239-6] (3:1) 1 mg/kg (Gehaltsgrenzwert) in wässrigem Spielzeugmaterial.» Das klingt gefährlich. Einen kleinen Trost enthält die Übergangsbestimmung von Art. 25d VSS: «Spielzeug, das der Änderung vom 12. März 2018 nicht genügt, darf noch bis zum 30. April 2019 nach bisherigem Recht eingeführt und hergestellt werden. Es darf noch bis zur Erschöpfung der Bestände an Konsumentinnen und Konsumenten abgegeben werden.» Sollte die Reaktionsmasse aus 5-Chlor-2-methyl-4-isothiazolin-3-on und und 2-Methyl-2H-isothiazol-3-on sehr giftig sein, werden sich die Bestände an Konsumentinnen und Konsumenten möglicherweise schon vor Ende April 2019 erschöpfen.