Für Juristen sind Bundesgerichtsentscheide zentral. Das Problem: Sie lassen sich oft nur in der Sprache lesen, in welcher der Entscheid erging. Abhilfe schaffen Internetplattformen, die fremdsprachige Texte auf Deutsch übersetzen.
Verbreitet sind Übersetzungsportale wie Bing (Bing.com/translator), Deepl (Deepl.com), der Google-Übersetzer (Translate.google.ch), Promt (Online-translator.com) oder Systran (Translate.systran.net). Die Handhabung ist einfach: Im Menü Ausgangs- und Zielsprache auswählen, den Text ins Eingabefeld der Website kopieren – und sofort erscheint die Übersetzung.
plädoyer wollte wissen, welche Portale für Übersetzungen ins Deutsche brauchbar sind. In einer Stichprobe wurden französische und italienische Texte übersetzt: jeweils drei Bundesgerichtsentscheide und drei Gesetzesbestimmungen.
Das Ergebnis: Deepl und Google übersetzen am besten ins Deutsche. Sie haben mit französischen Texten weniger Mühe als mit italienischen. Generell machen beide Übersetzungsportale nur wenige Fehler und übersetzen Gesetzesbestimmungen und Fachausdrücke in der Regel korrekt. So werden beispielsweise aus BGE 145 II 313 die französischen Ausdrücke «demande d’asile» (Asylgesuch/-antrag), «mesures de contrainte» (Zwangsmassnahmen) oder «Tribunal administratif» (Verwaltungsgericht) richtig wiedergegeben. Dasselbe gilt für die italienischen Ausdrücke «giudizio» (Urteil), «giudici cantonali» (Kantonsrichter/kantonale Richter) und «ricorso in materia civile» (Berufung in Zivilsachen) aus BGE 146 III 7.
Im Vergleich zu Google übersetzt Deepl nicht nur einzelne Wörter, sondern auch inhaltlich richtig. Beispiel: Aus dem Satz «Depuis 2008, A. a fait l’objet de quinze condamnations pénales pour, notamment, vols, dommages à la propriété, violations de domicile, séjour illégal en Suisse et infractions relatives aux stupéfiants.» Aus BGE 145 II 313 machte Deepl: «Seit 2008 wurde A. in 15 Fällen strafrechtlich verurteilt, unter anderem wegen Diebstahls, Sachbeschädigung, unbefugten Betretens, illegalen Aufenthalts in der Schweiz und Drogendelikten.» Bei Google lautet der Satz: «Seit 2008 ist A. Gegenstand von fünfzehn strafrechtlichen Verurteilungen, insbesondere wegen Diebstahls, Sachschadens, Verletzung des Wohnsitzes, illegalem Aufenthalt in der Schweiz und Drogendelikten.»
Für Übersetzungen vom Französischen oder Italienischen ins Deutsche eignen sich grundsätzlich auch Bing und Systran. Doch Fachausdrücke übersetzen diese beiden Portale häufiger falsch. So macht Bing aus dem italienischen Ausdruck «effetto sospensivo» aus BGE 145 V 39 eine Aussetzung statt einen Suspensiveffekt, Systran übersetzt «ricorso in materia di diritto pubblico» aus BGE 145 V 255 mit «Beschwerde gegen das öffentliche Recht» statt «Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten».
Grosse qualitative Unterschiede
Unverständlich bis skurril übersetzte Promt. In BGE 146 IV 30 heisst es etwa: «Par ordonnance pénale du 31 août 2018, la Procureure de l’arrondissement de La Côte a déclaré A. coupable de vol et l’a condamné à quatre mois de peine privative de liberté, sous déduction d’un jour de détention provisoire.» Promt machte daraus: «Von strafrechtlicher Verschreibung vom 31. August 2018 hat Procureure des Kreises Der Küste A erklärt. Flugschuldiger und hat ihn in vier Monaten verneinenden Freiheitsschmerzes, unter Abzug von Tag der Untersuchungshaft verurteilt.»
Fazit: Internet-Übersetzungsdienste reichen in der Regel, um französische oder italienische Texte zu verstehen. Zwischen den Übersetzungsportalen gibt es jedoch grosse Unterschiede. Für Übersetzungen ins Deutsche gilt: Am besten funktioniert das Portal Deepl, bei Unklarheiten können vielleicht andere Portale weiterhelfen.
Übrigens: Deepl und Google eignen sich nicht nur für die Übersetzung von Landessprachen. Am besten kamen beide mit englischen Texten zurecht.