Ob man Fleisch essen soll oder nicht - die Diskussion darüber kann Gemüter erhitzen. Und selbst wenn man sich einig ist, dass man Fleisch essen will, bleibt noch viel Diskussionsstoff - etwa über Innereien oder andere Teile, die nicht jedermanns Sache sind. In diese Kategorie gehören sicher Sauschwänzli und Sauschnörrli. Das Bundesgericht hat sich kürzlich ausführlich damit beschäftigt, in BGE 137 II 152 = Pra 83 (2011) Nr. 8, S. 593 ff.
Es ging dabei um die Frage, ob ein Waadtländer Saucisson künftig Sauschnörrli enthalten darf. Der Waadtländer Charcuterie-Verband wollte das Pflichtenheft für die Wurst mit der geografisch geschützten Angabe «Saucisson vaudois» entsprechend ändern. Das Problem dabei: Das Pflichtenheft verbietet «die Verwendung von Schwarten bei der Herstellung dieser Wurst», wie das Bundesgericht in seinem Urteil festhielt.
Die Unterschiede von Schnörrli und Schwarte
Und so liest sich der Entscheid wie eine Anleitung zur Saucisson-Herstellung. Man erfährt beispielsweise, dass Sehnen, Schwarten, blutige Teile, Lymphknoten oder andere fremdartige Teile nicht in diese deftigen Würste gehören. Man weiss danach, dass für einen Metzger Sauschnörrli und Schwarten nicht das Gleiche sind, auch wenn Schnörrli von Schwarten bedeckt sind.
Doch den Bundesrichtern sind Sauschnörrli nicht ganz geheuer. So stellen sie fest: «Die Qualität der Saucisson könnte gefährdet werden, wenn die Verwendung von Schweinerüssel bewilligt würde, weil die Saucisson andere Schwarte als diejenige von Schweinerüssel enthalten könnte, ohne dass dies feststellbar wäre.»
Zudem hält das Gericht fest, dass laut einem Bericht der eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld «ein Gehalt von 8 Prozent Schweineschnauzen den Geschmack der Wurst leicht verändere (‹nur vereinzelt signifikant›).» Die Beigabe von Sauschnörrli vermindere also die Qualität der Wurst - was übrigens auch die Waadtländer Charcutiers anlässlich einer Vergleichsdegustation gemerkt hätten: Die Wurst mit Sauschnörrli habe sich zwar besser schälen und schneiden lassen, der Geschmack sei aber «etwas weniger geschätzt» worden.
Die Richter kommen deshalb zum Schluss: Es «kann nicht davon ausgegangen werden, die Verwendung von Schweinerüssel liege im Interesse der Konsumenten».
Alcopops-Degustation im Bundesverwaltungsgericht
Auf eine eigene Degustation der Würste mit und ohne Sauschnörrli haben die Bundesrichter offenbar verzichtet. Anders die Richter des Bundesverwaltungsgerichtes, die im Juli eine ganze Reihe von Alcopops degustierten und dabei herausfanden, dass die Getränke so süss sind, dass der Alkoholgeschmack überdeckt wird.
Ob die in Lausanne tätigen Bundesrichter die Saucissons vaudois von eigenen kulinarischen Ausflügen her schon kannten? Jedenfalls dürften sie in Zukunft genau wissen, was sie auf dem Teller erwartet:?Alles ausser Schnörrli und Schwarten.