Wer eine Dissertation schreibt, bedankt sich im Vorwort. Zuallererst beim universitären Betreuer der Arbeit. So gehört es sich. «In Ehrerbietung und Dankbarkeit Professor Gmür gewidmet», schrieb ein Doktorand vor über 100 Jahren. Daraus wurde in den 1970er-Jahren der «verehrte» oder «akademische Lehrer», später der «Doktorvater» und schliesslich der «liebe Martin», dem eine Doktorandin im Jahre 2017 «herzlichst» dankt, dass er ihrer Dissertation «mit viel Enthusiasmus begegnet» ist.
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An zweiter Stelle der Danksagung kommen meist die «lieben Eltern», die immer «für mich da waren» – oder die zumindest mit «ihrer finanziellen Unterstützung das Studium ermöglichten». Im Idealfall haben sie sogar das Manuskript gelesen, und zwar «mit grosser Geduld». Ist der «liebe» Vater bereits tot, wird ihm die Schrift gewidmet. Einmal wird vom Verfasser einer Dissertation über den Eigentumsvorbehalt überschwänglich behauptet: «Meinem verstorbenen Vater hätte diese Arbeit ganz bestimmt unsagbar viel Freude bereitet.» Ob die trockene Materie Anlass zu «unsagbar viel Freude» war oder die Tatsache, dass der Sohn seine Disseration endlich abschloss, steht in den Sternen.
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In neueren Doktorarbeiten ist meist die «liebe» Frau an der Reihe (die böse bleibt unerwähnt, der liebe Mann in der Regel ebenfalls). Das weibliche Geschlecht trägt auf verschiedene Art zum Erfolg des Gemahls bei: Die Frau war «selbstlos», verzichtete auf «ihre Bedürfnisse während langer Zeit», brachte «zeitliche Opfer», unterstützte «moralisch» und war «stets eine verständnisvolle Begleiterin». Sie kommt ab und zu auch für den Lebensunterhalt des Dokoranden auf und betreut die Kinder. «Barbara hat mir den Rücken freigehalten», schrieb ein Dr. iur. vor über 20 Jahren offen. Hat die Partnerin daneben freie Kapazitäten, ist sie auch «wertvolle Gesprächspartnerin» oder «geduldige und kritische Leserin» der entstehenden Doktorarbeit.
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Kinder kommen im Vorwort höchst selten vor. Einen Dokoranden plagte aber das schlechte Gewissen offenbar sehr. Er versprach dem Göttibuben, den er vernachlässigt hatte, dass er bald wieder mehr Zeit habe, mit ihm Lego zu spielen.
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Ärgerlich ist es, wenn man kurz vor Abschluss der Dissertation mit Computerproblemen kämpfen muss. Dafür gibts dann im Vorwort ein Dankeschön. Etwa 1997 an einen Freund, der in «zäher Nachtaktion die unverhofft aufgetretenen Computerhardwareprobleme» lösen konnte.
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Ehrlich war wohl auch das Vorwort einer Dissertation, die einem Vater gewidmet war: Dieser habe «zwar nicht mehr daran geglaubt, aber immer noch bezahlt».