plädoyer: Das geltende Versicherungsvertragsgesetz stammt aus dem Jahr 1908. Der Basler Versicherungsjurist und Professor Stephan Fuhrer sagt zur Revisionsvorlage: «Aus einem schlechten Gesetz droht ein noch schlechteres zu werden.» Will der Bundesrat die Uhr beim Versicherungsvertragsgesetz vor das Jahr 1908 zurückdrehen?
Helmut Heiss: Ich denke nicht, dass das Gesetz nur schlechter wird. Es gibt im Entwurf auch Verbesserungen. Was mich stört: Der Gesetzgeber schuf 1908 auf der Höhe der damaligen Zeit mit viel Esprit ein Versicherungsvertragsgesetz (VVG), das international hohe Ausstrahlungskraft hatte. Das Gesetz enthielt Pionierleistungen wie etwa die Leistungskürzung gemäss Artikel 14 VVG bei grobfahrlässiger Herbeiführung des versicherten Ereignisses. Das wurde im deutschen VVG aufgenommen. Das Gleiche gilt etwa für Artikel 33 VVG: Das ist eine erste gesetzliche Regelung von unklaren Risikobeschränkungen in einer Zeit, als es noch kein eigentliches Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gab. Der damalige Esprit ist dem Gesetzgeber abhandengekommen. Einige Regelungen des Entwurfs sind auch handwerklich sehr schlecht. Und der Bundesrat schreibt in seiner Botschaft Dinge, die nicht mit dem übereinstimmen, was im Entwurf steht. Deshalb ist die Enttäuschung über die Vorlage berechtigt.
Volker Pribnow: Ich denke nicht, dass das Gesetz mit dem heutigen Entwurf an sich schlechter wird. Einige Neuerungen verbessern die Position der Konsumenten, andere Neuerungen gehen aber in eine total falsche Richtung. Der aktuelle Entwurf bleibt insgesamt auf dem Niveau von 1908.
plädoyer: Schon das Gesetz von 1908 stammt von Juristen der Assekuranz. Der Entwurf für eine Totalrevision wurde 2013 von versicherungsnahen Parlamentariern an den Bundesrat zurückgeschickt. Kann so ein Gesetz entstehen, das die Interessen beider Vertragsparteien ausreichend berücksichtigt?
Pribnow: Erstaunlicherweise lobte der Schweizerische Versicherungsverband zuerst das Vorhaben einer Totalrevision. Als sie vorlag, folgte die massive Ablehnung. Das Gleiche passierte übrigens mit dem Pflichtversicherungsgesetz. Die Schweizerische Gesellschaft für Haftpflicht- und Versicherungsrecht hatte einen guten Entwurf für ein Pflichtversicherungsgesetz geschaffen, das sämtliche Pflichtversicherungen zusammenfasste, die zurzeit verstreut sind. Bei der Eintretensdebatte herrschte dann der Tenor, man brauche das alles nicht, die Assekuranz mache das alles freiwillig. Die Versicherungswirtschaft war offenbar der Meinung, ein solches Gesetz brauche es nicht, es sei ein Eingriff in die Vertragsfreiheit. Dies ist Ausdruck dessen, dass es derzeit nicht möglich ist, gemeinsam etwas zu entwickeln, sondern jeder in seiner Position verharrt und seinen Besitzstand wahren möchte.
Heiss: Tatsächlich wird allgemein berichtet, dass die Totalrevision des VVG auf Druck der Versicherungswirtschaft zurückgewiesen wurde. Über die Kosten einer Totalrevision kursierten höchst unterschiedliche Zahlen. Der Bundesrat sprach von 10 Millionen, die Versicherungen von einer Milliarde. Die Berechnungen wurden aber nie offengelegt. Was das Gesetz von 1908 angeht: Damals wurde mit dem Versicherungsvertrag ein besonderer Vertragstyp umfassend kodifiziert. Es leuchtet ein, dass man dabei auf die Verträge und die allgemeinen Versicherungsbedingungen, die es im 19. Jahrhundert schon gab, zurückgegriffen hat. Diese nutzte man als Erkenntnisquelle für die Versicherungstechnik und kodifizierte sie, freilich ergänzt um Elemente des Versicherungsnehmerschutzes.
plädoyer: Der dem Parlament nun vorliegende Entwurf ist nicht mehr der gleiche wie der, den der Bundesrat seinerzeit in die Vernehmlassung geschickt hat. Ist die Regierung einmal mehr vor der Versicherungswirtschaft zurückgekrebst?
Pribnow: Ja, der Bundesrat ist massiv zurückgekrebst. Er hält zum Beispiel beim Krankentaggeld an der sehr kurzen Verjährung von zwei Jahren fest. Die Regelung der Nachhaftung wurde nicht angegangen. Auch die Verbesserung der Informationspflicht bei den Lebensversicherungen gegenüber den Versicherten wurde liegengelassen. Alle Konsumentenanliegen wurden zurückgestutzt. Das wird in der Botschaft mit dem schönen Satz begründet, es gehe darum, «ein erneutes Scheitern der Revision zu verhindern». Dieser Satz sagt klar aus: Es hat keinen Sinn, dem Parlament etwas vorzulegen, das nicht dem Gusto der Versicherungsbranche entspricht.
Heiss: Aus wissenschaftlicher Sicht mag ich nicht spekulieren, was da in der Regierung und nun im Parlament genau läuft. Offensichtlich ist aber: In der Schweiz besteht kein politischer Konsens, um das VVG mit «Esprit» zu revidieren.
plädoyer: Liegt das Problem nicht eher bei den divergierenden Interessen zwischen der Assekuranz und ihren Kunden als beim mangelnden «Esprit»?
Heiss: Selbstverständlich geht es im Versicherungsvertragsgesetz, das ja ein Schutzgesetz zugunsten einer schwächeren Partei ist, um einen gesetzlich verordneten Interessenausgleich. Natürlich will die eine Seite mehr Schutz und die andere möglichst wenig. Aber man muss sich in der Politik auf einen Kompromiss einigen. Der vorliegende Kompromiss ist aber keine wirkliche Revision und wird deren Zielen nicht gerecht. Es hätte übrigens Revisionsanliegen gegeben, die nicht interessengebunden sind. Beispielsweise hätte man das Gesetz so formulieren können, dass es ein ausgebildeter Jurist aus sich heraus verstehen kann. Bei der heutigen Formulierung des Gesetzes ist das nicht der Fall. Auch die Terminologie ist nicht einheitlich. Beispiel: Bei der Gefahrerhöhung spricht das Gesetz einmal davon, der Versicherer sei an den Vertrag nicht mehr gebunden, einmal von einem Rücktritt durch den Versicherer. Und in der Lehre wird teils vertreten, dass es sich dabei eigentlich um den Fall einer Kündigung handle. Eine Klärung durch den Gesetzgeber wäre hilfreich gewesen.
Pribnow: Beim VVG zeigt sich dasselbe Problem wie im Sozialversicherungsrecht. Es fehlt der Wille, dass das Parlament etwas entwickelt, das auf längere Sicht hält. Das ist unverständlich. Denn offiziell spricht man immer davon, dass die Schweiz so stark ist, weil wir Konsenspolitik betreiben und gemeinsam wachsen wollen.
plädoyer: Artikel 35 des Entwurfs setzt sogar das Obligationenrecht (OR) ausser Kraft. Versicherungen sollen einseitig das Recht erhalten, den Vertrag zu ändern. Der Kunde hätte als Reaktion einzig das Recht, zu kündigen. In allen andern Verträgen würde das als unlauter betrachtet.
Heiss: Ich kritisiere diese Regelung. Sie nimmt Bezug auf Vertragsklauseln in den allgemeinen Versicherungsbedingungen, in denen im Extremfall drinsteht, dass jederzeit jegliche Bestimmung der AVB mit Wirkung gegen den Kunden geändert werden darf. Artikel 35 VVG enthält eine Beschränkung solcher Klauseln, diese gilt aber nur für Konsumenten. Hier fragt man sich natürlich, warum? Wenn ein Versicherungsvertragsgesetz doch ganz generell die schwächere Vertragspartei schützt – warum nicht auch die kleinen und mittleren Unternehmen? Das wird mit dem Artikel 8 UWG begründet. Dort gilt die Inhaltskontrolle der AGB auch nur für Konsumenten.
plädoyer: Das Kündigungsrecht, das der Konsument im Falle einer Änderung der AVB hätte, nützt ihm häufig nichts. Beispielsweise bei der Krankenzusatzversicherung: Jemand beginnt mit 30 Jahren, Prämien zu zahlen. Mit 60 muss er ins Spital. Nun ändert der Versicherer die AVB. Der Versicherte muss dies akzeptieren, wenn er weiter versichert sein will. Andere Versicherungen nehmen niemanden mehr in diesem Alter auf. Weshalb soll der wirtschaftlich Stärkere die Möglichkeit haben, einen Vertrag einseitig zu ändern?
Heiss: Die Änderungsklausel steht im Vertrag. Wird dieser unterschrieben, ist sie von beiden Parteien vereinbart. Formal betrachtet, hat der Versicherungsnehmer mit seiner Unterschrift zugestimmt, real entsprach dies nicht seinem wirklichen Vertragswillen.
plädoyer: Ist eine allgemeine Änderungsklausel überhaupt gültig? Der Freiburger Professor Thomas Probst verneint dies, weil sie zu unbestimmt formuliert ist.
Heiss: Der neue Artikel 35 ist rechtspolitisch unbefriedigend. Will man überhaupt etwas Positives sagen, dann, dass er konkret ist. Artikel 8 UWG zu den unlauteren AGB ist es dagegen nicht, schon weil der Gesetzgeber auf die Aufzählung unfairer Klauseln verzichtet hat. Man kann sich natürlich auf die Auffassung von Kollege Probst stützen. Er vertritt eine fundierte Lehrmeinung. Aber es fehlt an einer Rechtsprechung des Bundesgerichts zu dieser Frage und jemand muss erst den steinigen Weg durch die Instanzen gehen. Ich würde mich als Versicherer übrigens nicht darauf verlassen, dass Richter Artikel 8 UWG nicht doch ergänzend zu Artikel 35 anwenden. Es gibt dafür durchaus gute Gründe.
Pribnow: Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass das Schutzniveau des Bundesgerichts noch tiefer liegt als das, was Artikel 35 VVG nun vorgibt.
plädoyer: Im Jahr 2007 wurden mit Artikel 3 VVG Informationspflichten des Versicherers eingeführt. Verletzt der Versicherer die gesetzliche Pflicht, hat der Kunde spätestens nach einem Jahr kein Recht mehr zur Kündigung des Vertrags. Hat man mit dem neuen Entwurf nicht eine Gelegenheit verpasst, diesen Fehler zu verbessern?
Heiss: Hier haben wir im VVG tatsächlich eine Schieflage. Die Parteien sind auf gegenseitige Informationen angewiesen. Verletzt der Versicherungsnehmer seine Pflicht, besteht das Kündigungsrecht ohne Befristung. Die Versicherung kann sogar rückwirkend Leistungen verweigern, die durch die fehlende oder falsch angezeigte Tatsache beeinflusst wurden. Beim Verstoss gegen die Informationspflicht des Versicherers fällt nach einem Jahr die Sanktion dahin. Und zur offensichtlichen Frage, ob der Kunde Schadenersatz verlangen kann, schweigt der Gesetzgeber einfach.
Pribnow: Der Sündenfall wurde bei der Einführung von Artikel 3a VVG begangen. Man hätte ihn mit der neuen Revision ändern können – aus Konsumentensicht ist es keine gute Regelung.
plädoyer: Ansprüche gegen Versicherungen verjähren zurzeit nach zwei Jahren. Bei allen andern Verträgen beträgt die Frist zehn Jahre. Der Entwurf schlägt neu für Versicherungsverträge eine Frist von fünf Jahren vor. Beim Krankentaggeld soll es bei zwei Jahren bleiben. Sind solche Sonderbestimmungen für Versicherungen gerechtfertigt?
Heiss: In Deutschland gelten die allgemeinen Verjährungsfristen auch für Versicherungsverträge. Im Grundsatz gilt dort eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt allerdings erst mit Abschluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können. Das scheint mir sinnvoll.
Pribnow: Die Begründung für die schweizerische Regelung ist schon sehr eigenartig. Man sagt, der Versicherer muss kalkulieren können. Er muss seine wirtschaftliche Situation einschätzen können. Darum könnte man ihm diese zehn Jahre nicht zumuten wie allen anderen Branchen. Das ist unverständlich. Besonders abwegig ist, dass man beim Krankentaggeld einen Sonderfall mit einer noch kürzeren Verjährung von zwei Jahren einführt. Gerade bei der kollektiven Taggeldversicherung, die der Arbeitgeber abgeschlossen hat, oder in der Motorfahrzeugversicherung zeigt sich in der anwaltlichen Praxis, dass die Versicherten oft erst Jahre nach dem Ereignis überhaupt Kenntnis von dieser Versicherung erhalten.
plädoyer: Der Bundesrat will Artikel 34 VVG aufheben. Was stört die Versicherungen daran?
Heiss: Dieser Artikel regelt die Haftung des Versicherers für seine Agenten. Die Botschaft meint, die Vorschrift sei überflüssig, weil der Versicherer bereits nach Artikel 101 OR für seinen Agenten hafte. Wenn Artikel 34 wegfällt, haben wir zwei Probleme, welche die Botschaft übersieht: Artikel 101 OR kann vertraglich eingeschränkt werden, der heutige Artikel 34 VVG dagegen kann zuungunsten des Kunden nicht wegbedungen werden. Ein Wegfall von Artikel 34 verschlechtert deshalb den Konsumentenschutz. Das zweite Problem: Das Bundesgericht nutzt Artikel 34 auch, um den Versicherer für vertragliche Zusagen seines Agenten einstehen zu lassen. Als einmal ein Agent in Abweichung der Versicherungsbedingungen dem Kunden eine individuelle Zusage gab, wollte sich die Versicherung nicht daran halten. Das Bundesgericht sah das gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben und auf Artikel 34 VVG anders. Diese Funktion kann Artikel 101 OR von vornherein nicht erfüllen, weil die Bestimmung stellvertretungsrechtliche Fragen nicht regelt.
plädoyer: Viele KMU wären nach der Revision praktisch nicht mehr geschützt. Denn die Aufzählung der zwingenden Normen in den Artikeln 97 und 98 VVG werden neu durch Artikel 98a litera g für die meisten Unternehmen ausser Kraft gesetzt. Warum hebt der Entwurf das Schutzniveau für KMU auf?
Heiss: Das Ganze segelt unter dem Begriff des «professionellen Versicherungsnehmers». Die Idee ist einleuchtend: Wenn jemand professionell handelt, hat er Marktmacht, Informationen und zudem die Möglichkeit, diese Informationen zu verarbeiten. Offensichtlich stellt litera g von Artikel 98a VVG darauf ab, dass ein Versicherungsnehmer ab einer bestimmten Grösse keinen Schutz mehr braucht. Ich bezweifle aber, dass hier die Zahlen gut gewählt sind. Welche Macht haben Unternehmen in dieser Grösse? Haben sie Versicherungsspezialisten, welche die Informationsasymmetrie ausgleichen? Wenn ja, ist die Regelung gut, und wenn nicht, müsste man die Summen anpassen. Bei litera f geht es um Unternehmen mit professionellem Risikomanagement. Hat dies ein Unternehmen, hat es auch die Kapazität, das Versicherungsgeschäft zu verstehen. Das heisst aber noch nicht, dass es eine hinreichende Marktmacht hat. Ich würde litera f und g von Artikel 98a verschmelzen: Wenn das Unternehmen über ein professionelles Risikomanagement verfügt und so gross ist, dass es Marktmacht hat, dann braucht es keinen besonderen gesetzlichen Schutz.
plädoyer: Sehen Sie im VVG-Entwurf auch begrüssenswerte Neuerungen?
Heiss: Die Neuregelung des Regressrechts ist richtig. Neu können Versicherer gegen alle Schädiger regressieren.
Pribnow: Diese Regelung war überfällig. Auch wenn es nur darum geht, dass man innerhalb des Systems Geld verschiebt. Die Idee dahinter ist möglicherweise, dass der Krankenzusatzversicherer dank seinem Regressanspruch die Möglichkeit hätte, seine Prämien zu senken. Bis jetzt hatte er ja bei Verkehrs- oder Eisenbahnunfällen keinen Regressanspruch.
Heiss: Eine andere wichtige Neuerung: Es gibt Regelungen in Versicherungsverträgen, wonach keine Leistung erbracht werden muss, wenn der Versicherte bestimmte Obliegenheiten wie etwa die sofortige Schadenanmeldung nicht einhält. Das neue Gesetz macht nun im Fall einer Obliegenheitsverletzung eine Leistungsverweigerung davon abhängig, dass sich der Verstoss kausal ausgewirkt hat. Bisher war laut Bundesgericht in bestimmten Fällen überhaupt keine Kausalität nötig. Jetzt will man sie zur Bedingung machen – das ist ein Schritt vorwärts. Aber ein Schritt vorwärts, der immer noch archaisch anmutet. Denn der Gesetzgeber will beim Alles-oder-nichts-Prinzip bleiben. Angenommen, eine Obliegenheitsverletzung würde zu einer nur um 5 Prozent höheren Entschädigung führen, so müsste der Versicherer dennoch überhaupt keine Leistung erbringen. In Deutschland heisst es hingegen: Die Leistung darf nur so weit reduziert werden, wie Kausalität besteht. Man gewichtet ausserdem innerhalb dieses Kausalitätsausmasses auch die Schwere des Verschuldens. Leichtes Verschulden schadet nicht, der Versicherer haftet also voll, grobe Fahrlässigkeit führt zu einer Kürzung der Leistung. Davon sind wir in der Schweiz weit entfernt. In vielen europäischen Ländern wie Deutschland, England oder Belgien hat man dieses Alles-oder-nichts-Prinzip beseitigt bzw. stark eingeschränkt.
Pribnow: Abgesehen davon ist die Beweislast falsch verteilt. Der Versicherte muss beweisen, dass es an der Kausalität zwischen der Obliegenheitsverletzung und der Schadenserhöhung fehlt.
Heiss: Hier stimmt das VVG mit dem OR nicht überein. Begeht man nach OR eine Pflichtverletzung, wird Verschulden vermutet – aber nicht Kausalität.
plädoyer: Wie würden Sie als Parlamentarier über den vorliegenden Entwurf des Bundesrates abstimmen?
Heiss: Ich würde mich enthalten.
Pribnow: Ich würde mit Nein stimmen.
Demnächst im Parlament
Das Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) stammt vom 2. April 1908 und ist bei Erscheinen dieser plädoyer-Ausgabe genau 110 Jahre alt. Es regelt das Vertragsverhältnis zwischen Versicherungen und ihren Kunden. In einer Teilrevision wurde das Gesetz 2006 geringfügig revidiert. Mit einer geplanten Totalrevision sollten vor allem die Rechte der Versicherten gestärkt werden. Die Vorschläge des Bundesrates gingen den Versicherungslobbyisten im Parlament jedoch zu weit. Der Bundesrat wurde deshalb 2013 beauftragt, eine Teilrevision auszuarbeiten. Das Parlament wird den Revisionsentwurf demnächst behandeln.
Helmut Heiss, 54, Professor für Privatrecht, Rechtsvergleichung und Internationales Privatrecht der Uni Zürich. Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Haftpflicht- und Versicherungsrecht.
Volker Pribnow, 52, Fachanwalt für Haftpflicht- und Versicherungsrecht in Baden AG, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Schweizerischen Gesellschaft für Haftpflicht- und Versicherungsrecht.
Der Entwurf im Internet
Der Entwurf des Bundesrats für die Teilrevision des Versicherungsvertragsgesetzes sowie die Begründung der Änderungen in der Botschaft ans Parlament steht unter www.plaedoyer.ch/vvg zum Download bereit.