1. Staats- und Verfassungsrecht
1.1 Grundrechte
1.1.1 Persönliche Freiheit
Ein Streitfall in Bezug auf Disziplinarmassnahmen gegen einen Arzt, der für eine Patientin ungerechtfertigt die fürsorgerische Unterbringung in einer Einrichtung angeordnet hat, beschäftigte das Bundesgericht. Das Recht auf Selbstbestimmung knüpft verfassungsrechtlich an die persönliche Freiheit (Artikel 10 BV) an und zeichnet sich im medizinischen Bereich durch das Recht auf Zustimmung zu oder Ablehnung einer vom Arzt vorgeschlagenen Behandlung aus.
Die Missachtung dieses Rechts stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit dar. Besondere Umstände vorbehalten, muss das Prinzip, zum Wohle des Patienten zu handeln, hinter den Grundsatz der Achtung der Autonomie zurücktreten, wobei das Selbstbestimmungsrecht des Patienten nicht absolut gilt.
Beim öffentlich-rechtlichen Verhältnis zwischen Arzt und Patient müssen für eine Einschränkung dieses Rechts die Grundsätze von Artikel 36 BV erfüllt sein. Die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung (Artikel 426 ZGB) ist ein hoheitlicher Akt des öffentlichen Rechts, der zu einem Freiheitsentzug im Sinn von Artikel 5 Ziffer 1 EMRK führt. Der Zustand der «schweren Verwahrlosung» gemäss Artikel 426 ZGB muss einem Zustand entsprechen, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist und nur durch eine Unterbringung in einer Einrichtung behoben werden kann. Dieser Zustand schliesst Handlungen aus, die auf eine vorübergehende Beeinträchtigung zurückzuführen sind. Das ist namentlich der Fall bei einer vorübergehenden Bewusstseinsstörung mit somatischer Ursache.1
1.1.2 Versammlungsfreiheit
In einem Fall betreffend das Covid-19-Reglement des Kantons Uri, das eine Beschränkung der Teilnehmerzahl an politischen und zivilgesellschaftlichen Kundgebungen auf 300 Personen vorsah, war insbesondere die Verhältnismässigkeit strittig.
Die Einschränkung von zwischenmenschlichen Kontakten ist geeignet, um die Übertragung von Viren zu reduzieren. Auch scheint die vorgesehene Begrenzung der Teilnehmerzahl erforderlich, um das Risiko der Virusverbreitung zu verringern. Schliesslich hält die Beschränkung auch der Verhältnismässigkeit im engeren Sinn stand, da die festgesetzte Maximalteilnehmerzahl die typische Appell- und Publizitätswirkung von politischen und zivilgesellschaftlichen Kundgebungen weder übermässig beeinträchtigte noch die Versammlungsfreiheit verunmöglichte. Die Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 300 Personen befand sich im Rahmen des kantonalen Beurteilungsspielraums und war zeitlich befristet.2
Der Kanton Bern wiederum wollte in seiner Covid-19-Verordnung die Teilnehmerzahl an politischen und zivilgesellschaftlichen Kundgebungen auf 15 Personen begrenzen. Dies wäre nicht verhältnismässig. Die grundsätzliche Bewilligungspflicht für Kundgebungen auf öffentlichem Grund soll differenzierte Lösungen und die Anordnung von risikolimitierenden Auflagen im Einzelfall ermöglichen. Auch aufgrund der hohen demokratischen Bedeutung erscheint die maximale Teilnehmerzahl von 15 Personen unverhältnismässig. Des Weiteren würde die Versammlungsfreiheit in Bezug auf Demonstrationen derart eingeschränkt, dass sie praktisch ihres Gehalts entleert würde, weshalb die Festlegung der maximalen Teilnehmerzahl auf 15 Personen als verfassungswidriger Eingriff in die Versammlungsfreiheit zu qualifizieren ist.3
1.1.3 Glaubens- und Gewissensfreiheit
Im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle hatte sich das Bundesgericht zum genferischen Gesetz über die Laizität des Staats zu äussern. Der Umstand, dass der Kanton Genf grossen Wert auf die Laizität des Staats legt, war dabei zu berücksichtigen.
Artikel 3 Absätze 3 und 5 des strittigen Gesetzes, wonach Gerichtspersonen, Mitglieder von kantonalen Exekutivbehörden und Beamte davon abzusehen haben, ihre Religionsangehörigkeit durch Verlautbarungen oder äusserliche Zeichen zur Schau zu stellen, stellt – im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle – keine Verletzung von Artikel 15 BV sowie Artikel 9 Ziffer 1 EMRK dar.
Hingegen gilt es, eine exzessiv strikte Anwendung im Einzelfall, die mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit der betroffenen Personen nicht zu vereinbaren wäre, zu vermeiden. Betreffend Artikel 6 Absätze 1 und 2 des strittigen Gesetzes sollen Veranstaltungen zu Kultuszwecken auf öffentlichem Grund nur «ausnahmsweise» bewilligt werden können. Diese Vorschrift ist verfassungswidrig, da sie mit einem grundsätzlichen Verbot für solche Veranstaltungen gleichzusetzen wäre, was wiederum mit Artikel 15 BV nicht vereinbar ist.
Zwei weitere Regelungen, namentlich die Vorschrift, dass an gewissen öffentlichen Orten das Gesicht sichtbar bleiben muss, sowie die Vorschrift, dass dem Regierungsrat die Kompetenz verliehen wird, das Tragen auffälliger religiöser Zeichen auf öffentlichem Grund oder in öffentlichen Gebäuden unter gewissen Bedingungen zu beschränken oder zu verbieten, wurden hingegen nicht als verfassungswidrig qualifiziert.4
1.1.4 Verfahrensgrundrechte
In einem öffentlichen Beschaffungsverfahren hat eine Zuschlagsverfügung eine einheitliche und unteilbare Wirkung gegenüber allen Anbietern. Bei Anfechtung einer Zuschlagsverfügung durch mehrere Anbieter kommt auch den Urteilen der Beschwerdeinstanz eine ungeteilte Wirkung zu – weshalb eine koordinierte Entscheidung indiziert ist. Es ist nicht erforderlich, dass eine formelle Koordination im Sinn einer Verfahrensvereinigung stattfindet.
Indes ist in jedem Fall eine ausreichende materielle Koordination sicherzustellen, sodass die Beschwerdeentscheide zeitlich koordiniert und in gleicher Besetzung ergehen. Des Weiteren müssen die Verfahrensrechte aller an den jeweiligen Verfahren beteiligten Anbieter gewahrt werden.5
In einer personalrechtlichen Streitigkeit betreffend Rückerstattung von Weiterbildungsbeiträgen, die ein Angestellter einer Fachagentur der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) erhalten hatte, erklärten sich sowohl das kantonale Verwaltungsgericht als auch die Rekurskommission EDK/GDK als unzuständig, worauf der Beschwerdeführer ans Bundesgericht gelangte.
Der negative Kompetenzkonflikt stellt vorliegend für den betroffenen Rechtsuchenden eine formelle Rechtsverweigerung dar und mündet in eine Verletzung der Rechtsweggarantie. Es ist Sache der Konkordatskantone, einen verfassungskonformen Rechtsschutz (Artikel 48 Absatz 4 BV) gegen Entscheide der EDK einzurichten und ein Gericht einzusetzen, das den Anforderungen von Artikel 30 BV gerecht wird. Der Rechtsweggarantie ist dadurch zum Durchbruch zu verhelfen, dass unpräjudiziell eine Justizbehörde zu bestimmen ist, bis die Rechtslage durch die Konkordatskantone geregelt wird. In casu wird deshalb das Verwaltungsgericht des Kantons Bern für zuständig erklärt – nicht zuletzt aufgrund dessen Nähe zum materiell anwendbaren bernischen Personalrecht.6
1.1.5 Willkürverbot
In einem Streitfall betreffend Staatshaftung für rechtswidrige Zwangsmassnahmen (in casu Un- tersuchungshaft unter rechtswidrigen Bedingungen) verfielen die Waadtländer Behörden in Willkür, indem sie – trotz der wörtlichen Übernahme der Rechtsprechung zu Artikel 60 Absatz 1 OR und trotz der Rechtsweggarantie nach Artikel 6 EMRK – davon ausgingen, dass der Inhaftierte vom Schaden im Zusammenhang mit seinen rechtswidrigen Bedingungen Kenntnis hatte, sobald sich seine Behandlung im Gefängnis verbesserte, und dass sein Anspruch somit ein Jahr (relative Verjährungsfrist) nach dieser Änderung verjährte.7
1.2 Bundesrecht hat Vorrang
Im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle äusserte sich das Bundesgericht zum Tessiner Ladenöffnungsgesetz (LAN/TI). Die kantonalen und kommunalen Bestimmungen in Bezug auf den Ladenschluss dürfen nicht den Schutz der Angestellten bezwecken, da dieser abschliessend durch das Arbeitsgesetz geregelt wird. Artikel 23 Absatz 1 LAN/TI, der das Inkrafttreten eben dieses Gesetzes von einem GAV im Verkauf abhängig macht, verfolgt klarerweise das Ziel des Arbeitnehmerschutzes und widerspricht daher Artikel 49 Absatz 1 BV. Gleichzeitig wäre es überzogen, einen gesamten – bereits in Kraft getretenen – Erlass allein aufgrund fragwürdiger Modalitäten seines Inkrafttretens als Ganzes aufzuheben.8
Im Steuerbereich eröffnet das Harmonisierungsrecht den Kantonen und Gemeinden im Bereich der Bemessung des unbeweglichen Vermögens einen weiten Gestaltungsspielraum. Dennoch ist ein Ziel-Medianwert von 70 Prozent mit Artikel 14 StHG nicht vereinbar, weshalb mit der Einführung einer solchen Regelung der Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts verletzt würde.9
2. Verwaltungsrecht
2.1 Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht
In einem Urteil zum Windparkprojekt auf dem Grenchenberg SO hat das Bundesgericht die Richtplanpflicht gestützt auf Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 8b RPG sowie Artikel 10 EnG bejaht. Betreffend den Inhalt im Richtplan ist für die Erfüllung der Anforderungen gemäss Artikel 8 Absatz 2 RPG eine Festsetzung im Sinn von Artikel 5 Absatz 2 litera a RPV erforderlich. Diese erfolgt aufgrund einer Evaluation von Standortvarianten anhand einer Interessenabwägung.
Die Standortfestsetzung muss stufengerecht begründet und damit transparent gemacht werden, wobei stufengerecht bedeutet, dass alle für die Standortwahl relevanten Kriterien in einer Tiefe einzubeziehen sind, die es erlauben, die Realisierbarkeit des Projekts am priorisierten Ort zumindest plausibel erscheinen zu lassen.
Bei einem solchen Entscheid über die Bewilligung für den Bau einer Energieanlage gemäss Artikel 12 Absatz 2 EnG ist das nationale Interesse an der Realisierung dieser Bauvorhaben gleichrangig zu betrachten wie andere nationale Interessen (Artikel 12 Absatz 3 EnG). Das Ergebnis der Interessenabwägung ist damit nicht gesetzlich vorgegeben, sondern in jedem Einzelfall vorzunehmen.
Ziel dieser Interessenabwägung ist es, das jeweilige Projekt so zu optimieren, dass alle Interessen möglichst umfassend berücksichtigt werden (Artikel 3 Absatz 1 litera c RPV). Zwar kann es bei Unvereinbarkeiten dazu kommen, dass ein Interesse bevorzugt und das andere zurückgestellt wird. Anzustreben ist jedoch eine ausgewogene Lösung, die den beteiligten Interessen ein Maximum an Geltung einträgt und ein Minimum an Wirkungsverzicht aufnötigt. Für die Windenergienutzung ist somit anzustreben, die Anlagen so zu erstellen und zu betreiben, dass das Risiko von Kollisionen und Lebensraumstörungen auf ein für den Biotop- und Artenschutz verträgliches Mass herabgesetzt wird und die verbleibenden Beeinträchtigungen durch Ersatzmassnahmen kompensiert werden, ohne die Nutzung der erneuerbaren Windenergie zu verunmöglichen.10
Zur Festlegung des Gewässerraums der Muota, die im Bezirk Schwyz liegt und in den Vierwaldstättersee fliesst, hält das Bundesgericht fest, dass sich die Mindestbreite des Gewässerraums bei Fliessgewässern in Landschaften von nationaler Bedeutung nach Artikel 41a Absatz 1 GSchV und nicht nach Absatz 2 bestimmt – sofern für das Gebiet gewässerschutzbezogene Schutzziele gelten. Vorliegend enthielt das Objektblatt bezüglich BLN-Gebiet Nr. 1606 Schutzziele für die Gewässer und deren Uferräume, die auch auf das Teilgebiet der Rigi anwendbar sind, in dem sich die Muota befindet.11
Der kantonale Gestaltungsplan für den Innovationspark Zürich (IPZ) auf dem bisherigen Militärflugplatz Dübendorf kann sich nicht direkt auf Bundesrecht stützen. Dennoch besteht ein bundesgesetzlich anerkanntes überwiegendes nationales Interesse am Innovationspark, was bei der Auslegung der kantonalen Bestimmungen zu berücksichtigen ist.
Des Weiteren kennt das kantonale Recht (ZH) das Instrument des kantonalen Gestaltungsplans; ein solcher ist für das Projekt bereits in der Richtplanung enthalten und hinsichtlich der Komplexität des Projekts angemessen.
Die bundesrechtlich vorgeschriebene Harmonisierung erscheint ohne einen solchen Gestaltungsplan erheblich erschwert. In casu war der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, wonach ein kantonaler Gestaltungsplan nicht zulässig sei, in Anbetracht der konkreten Verhältnisse willkürlich.
Beanstandet wird schliesslich die Zuweisung des Flugplatzes in die Landwirtschaftszone – insbesondere aufgrund des weitgehend überbauten Flugplatzperimeters und der Tatsache, dass der Innovationspark im kantonalen Richtplan vorgesehen ist und sich zumindest auf gleicher Stufe befindet wie die allgemeine raumplanerische Grundordnung. Unter Abwägung der Interessen ist es zulässig, die Zuordnung zur Landwirtschaftszone zu übersteuern.12
In einem Baubewilligungsverfahren in der Gemeinde Klosters-Serneus GR wurden drei Baubewilligungen für zwei Parzellen in einer Wohnzone erteilt, die klein und von den weiteren Bauzonen der Gemeinde isoliert ist. Die Baubewilligungen wurden infolge einer inzidenten Kontrolle des Zonenplans durch das Bundesgericht aufgehoben, obwohl die Gemeinde eine Planungszone erlassen hatte.
Vorliegend unbestritten waren die überdimensionierten Wohn-, Misch- und Zentrumszonen und daher die Verpflichtung zur Reduktion der Bauzonen (Artikel 15 Absatz 2 RPG).
Vor diesem Hintergrund hatte die Gemeinde die beschlossene Planungszone gestaffelt in Kraft gesetzt, sodass es noch möglich war, auf den betroffenen Parzellen Baubewilligungen zu Wohnzwecken zu erteilen. Die Frage, ob die schrittweise Inkraftsetzung der Planungszone generell bundesrechtswidrig war, bleibt offen. Indessen wird festgehalten, dass die Planungszone nicht dazu führen darf, dass die Gemeinde im Widerspruch zu Artikel 15 RPG und zur kantonalen Richtplanung Baubewilligungen erteilt.13
In einem Baubewilligungsverfahren für ein Ferienresort in der Gemeinde Surses GR, das einzig im kommunalen Amtsblatt publiziert worden war, führte der Verein Helvetia Nostra Beschwerde und gelangte schliesslich ans Bundesgericht. Er ist der Meinung, das Baubewilligungsverfahren sei nichtig, da es nicht im kantonalen Amtsblatt publiziert worden sei.
Artikel 20 ZWG gilt als lex specialis zu Artikel 12b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 NHG. Die Publikation von Baugesuchen im Anwendungsbereich des ZWG richtet sich demnach ausschliesslich nach kantonalem Recht, wobei dieses verfassungs- oder völkerrechtlichen Mindestanforderungen an die Publikation genügen muss. Zugleich ist Artikel 20 Absatz 1 ZWG als Sondervorschrift eng auszulegen. Wenn mit dem Bauvorhaben eine andere Bundesaufgabe verbunden ist, gelangt sie nicht zur Anwendung.14
Im Zusammenhang mit der Enteignung einer von der Stadt St. Gallen betriebenen Deponie äusserte sich das Bundesgericht zum Verhältnis von Artikel 58 Absatz 1 USG zum kantonalen Enteignungsrecht. Da das einschlägige kantonale Recht nicht das kantonale Enteignungsgesetz für anwendbar erklärt und auch kein Werk zur Diskussion steht, welches das Gebiet mehrerer Kantone beansprucht (Artikel 58 Absatz 3 USG), ist Artikel 58 Absatz 1 USG anwendbar.
Er gewährt das Enteignungsrecht für Deponien, die den Anforderungen der Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) entsprechen und deren Bedarf im Einzelfall ausgewiesen ist. Vorliegend sind all diese Anforderungen erfüllt.15
2.2 Ausländerrecht
Die Rückstufung (Ersatz einer Niederlassungsbewilligung durch eine Aufenthaltsbewilligung) ist auch bei altrechtlich erteilten Niederlassungsbewilligungen möglich, wobei die Rückstufung an ein aktuelles Integrationsdefizit von erheblichem Gewicht anknüpfen muss. Ansonsten besteht kein hinreichendes öffentliches Interesse an der Rückstufung unter dem neuen Recht. Das Zustimmungserfordernis für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung durch das Bundesamt für Migration (Sem) widerspricht Artikel 99 AIG, da die Rückstufung nicht zu einem neuen Aufenthalt führt.16
Das Bundesgericht äusserte sich im Falle einer Dublin-Ausschaffungshaft zu deren Vereinbarkeit mit dem einschlägigen «Dublinrecht». Artikel 76a Absatz 4 AIG ist im Lichte der Rechtsprechung des EuGH in Sachen Amayry auszulegen. Artikel 28 der Dublin-III-Verordnung ist eine völkerrechtliche Norm, die Artikel 76a Absatz 4 AIG vorgeht. Gemäss Artikel 28 der Dublin-III-Verordnung ist die Festhaltung auf sechs Wochen ab Wegfall der aufschiebenden Wirkung bzw. ab Vollziehbarkeit des Überstellungsentscheids begrenzt.17
2.3 Steuern und öffentliche Abgaben
Einem Angestellten, welcher der Pensionskasse des Bundes (Publica) angeschlossen war, wurde aufgrund einer Übergangsregelung angeboten, sich vorzeitig pensionieren zu lassen und durch einen Einkauf zur Finanzierung seiner Überbrückungsrente beizutragen. Er nahm das Angebot an – und der Einkauf in die Pensionskasse erfolgte. Auf den Zeitpunkt des vorzeitigen Ruhestands liess sich der Angestellte das ganze Vorsorgeguthaben auszahlen. Die Veranlagungsbehörde liess den in der Steuererklärung verlangten Abzug für den Einkauf jedoch nicht zu. Der Mann zog den Fall bis vors Bundesgericht. Die Praxis zum Einkauf in das Vorsorgekapital aus beruflicher Vorsorge, das später in Kapitalform und damit steuerlich privilegiert bezogen wird, findet keine Anwendung auf den Fall, bei dem mittels Kapitaleinlage eine Überbrückungsrente geäufnet und gleichzeitig das Alterskapital bezogen wird. Die wesentlichen Merkmale einer Überbrückungsrente (Befristung bis zum ordentlichen AHV-Alter, möglicherweise paritätische Finanzierung, Ausschluss des Bezugs in Kapitalform, ordentliche Besteuerung der Rente etc.) schliessen die Missbrauchsgefahr, aus, der mit Artikel 79b Absatz 3 BVG entgegengewirkt werden soll. Die Kapitaleinlage des Angestellten war demnach abzugsfähig.18
Das Bundesgericht hatte sich zu den Steuerfolgen einer Entschädigung (in der Höhe von einer Million Franken) für die Eintragung einer Grunddienstbarkeit (in casu Pflanzen- und Bauhöhenbeschränkung) zu äussern. Die Einkommenssteuerfolgen dieses Geschäfts beurteilen sich wegen des Gebots der vertikalen Steuerharmonisierung nach Artikel 12 Absatz 2 litera c StHG.
Die Höhe des für eine Grunddienstbarkeit bezahlten Entgelts ist ein starker Anhaltspunkt, um zu erörtern, ob eine «wesentliche Beeinträchtigung» im Sinn von Artikel 12 Absatz 2 litera c StHG vorliegt. Für den steuerneutralen Aktivtausch wird vorausgesetzt, dass ein Vermögenswert gegen einen anderen getauscht wird, und damit, dass eine Veräusserung stattfindet.
Wenn ein Grundstück mit einer Grunddienstbarkeit belastet wird, die unter der Wesentlichkeitsschwelle nach Artikel 12 Absatz 2 litera c StHG liegt, liegt keine Veräusserung vor. Das erhaltene Entgelt unterliegt gemäss Artikel 16 Absatz 1 und Artikel 21 Absatz 1 DBG der Einkommenssteuer.19
Im Rechtsstreit über die Bestimmung des (steuerrechtlichen) Wohnsitzes in einer Patchworkkonstellation hält das Bundesgericht fest, dass die Beziehung zum neuen Partner jedenfalls dann stärker zu gewichten ist als die Beziehung zu den Kindern, wenn diese nicht mehr betreut werden müssen oder wenn der Betreuungsaufwand von untergeordneter Bedeutung ist. Es ist nicht angezeigt, die Figur des «leitenden Angestellten» auf den vorliegenden Fall auszuweiten. Schliesslich steht das Konzept des «alternierenden Wohnsitzes» in einem Spannungsverhältnis zum Wohnsitzbegriff im StHG. Da die Voraussetzungen für einen «alternierenden Wohnsitz» in casu nicht erfüllt sind, wird die Frage, ob am Konzept des «alternierenden Wohnsitzes» noch festgehalten werden kann, offengelassen.20
Betreffend Einkünfte gemäss Bundesgesetz gegen die Schwarzarbeit (BGSA) wird klargestellt, dass diese als Einkünfte für den Abzug des grossen Säule-3a-Beitrags zu berücksichtigen sind. Angesichts der grossen Bedeutung der gebundenen Selbstvorsorge rechtfertigt es sich, die BGSA-Einkünfte bei der Berechnung des abzugsfähigen grossen Säule-3a-Beitrags gemäss Artikel 82 BVG in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 litera b BVV 3 zu berücksichtigen. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte von Artikel 37a DBG und Artikel 11 Absatz 4 StHG äussern sich zur Frage, wie weit der Abgeltungscharakter der Quellensteuer auf BGSA-Einkünften zu gehen hat.21
Im Zusammenhang mit einem Amtshilfeersuchen der US-Steuerbehörden stellte sich die Frage, ob die ESTV sämtliche vom Amtshilfeersuchen nicht direkt betroffenen Personen (Drittpersonen), über die Informationen an die ersuchende Behörde übermittelt werden sollen, vor der Übermittlung der Informationen zu informieren hat.
Die Informationspflicht von Bundesorganen (Artikel 18a Absatz 1 DSG) entfällt, wenn die Bekanntgabe von Daten in einer spezialgesetzlichen Grundlage ausdrücklich vorgesehen ist (Artikel 18 Absatz 4 litera a DSG). Artikel 4 Absatz 3 StAhiG ist eine solche spezialgesetzliche Grundlage, welche die grundrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit der Norm erfüllt, da der Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung im Zusammenhang mit den bei der Amtshilfe zu erhebenden Daten normalerweise nicht besonders schwer wiegt.
Demnach entfällt die vorgängige Informationspflicht, wobei darauf hingewiesen wird, dass im Einzelfall – bei besonders schützenswerten zu übermittelnden Daten – eine vorgängige Informationspflicht der Drittpersonen erforderlich sein kann.22
2.4 Wettbewerbsrecht
In einem Urteil im Zusammenhang mit dem Verlegen und Vertrieb von Büchern wird festgehalten, dass Verträge, in denen bestimmte Verleger ein Unternehmen mit der exklusiven Verbreitung und dem Vertrieb ihrer Werke an alle Schweizer Buchhändler beauftragen, unter Artikel 5 Absatz 4 KG subsumiert werden können. Dabei ist es unerheblich, ob es ausländischen Onlinehändlern freisteht, dieselben Produkte über das Internet in die Schweiz zu verkaufen.23
«Les Editions Flammarion SA» ist eine Schweizerische Aktiengesellschaft, die zu einer Gruppe gehörte, die mehrere Verlagshäuser unter sich zusammenschloss. Es war strittig, ob von Seiten von «Les Editions Flammarion SA» eine (unzulässige) Wettbewerbsabrede vorlag oder ob die Weko dieser dafür zu Recht eine Sanktion auferlegte. Vorliegend kann die wettbewerbswidrige Verhaltensweise der Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft zugerechnet werden, da es unbestritten ist, dass diese beiden Gesellschaften eine sehr starke Bindung haben (wirtschaftlich, organisatorisch und juristisch).
Weiter muss im Lichte von Artikel 5 Absatz 4 KG unterschieden werden zwischen dem Vertriebsvertrag, wodurch eine blosse Herstellerin auf den Direktverkauf ihrer Produkte in der Schweiz verzichtet, und dem Vertriebsvertrag, womit eine ausländische Vertriebsgruppe ein anderes Unternehmen mit der exklusiven Kommerzialisierung beauftragt. Diese beiden Konstellationen sind kartellrechtlich nicht gleichzustellen.24
2.5 Finanzmarktaufsicht
Betreffend die Meldepflicht für Beteiligungen im Bereich der kollektiven Kapitalanlagen beschränkt sich Artikel 120 Absatz 1 FinfraG nicht auf den alleinigen wirtschaftlich Berechtigten (wie in Artikel 10 Absatz 1 FinfraV-Finma definiert). Bei kollektiven Kapitalanlagen kann sich die Meldepflicht demnach aus Artikel 120 Absatz 1 FinfraG ergeben, wie dies auch in Artikel 18 FinfraV-Finma vorgesehen ist. Mit dem Erlass dieser Vorschrift hat die Finma den Rahmen der ihr durch Artikel 123 Absatz 1 litera a FinfraG delegierten Kompetenz nicht überschritten.25
2.6 Öffentliches Beschaffungsrecht
Im Rahmen einer Vergabe von Unteraufträgen ohne Genehmigung äusserte sich das Bundesgericht zu den vergaberechtlichen Sanktionen. Gemäss dem Recht des Kantons Tessin (Artikel 45a und 45b GöA) stellt die ausgesprochene Geldstrafe eine Verwaltungssanktion und keine strafrechtliche Sanktion dar – auch wenn sie in ihren Wirkungen mit Letzterer vergleichbar ist.
Da keine ausdrückliche Rechtsgrundlage besteht, verfällt das kantonale Gericht nicht in Willkür, wenn es die fünfjährige Verjährungsfrist nach Artikel 49a Absatz 3 litera b KG analog angewendet hat und die Frist ab Beendigung der durch die nicht genehmigten Subunternehmer ausgeführten Arbeiten hat laufen lassen.26
2.7 Datenschutz und Öffentlichkeitsprinzip
Im Bereich des Urheberrechts gelangten fünf Verwertungsgesellschaften an die Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten mit dem Antrag, einen neuen gemeinsamen Tarif GT 7 betreffend die Vergütungen für die schulische Nutzung von Werken zu genehmigen. Die Schiedskommission gehört als ausserparlamentarische Kommission der dezentralen Bundesverwaltung an und fällt demnach in den persönlichen Geltungsbereich des BGÖ.
Im vorliegenden Tarifgenehmigungsverfahren mit Einigungstarif nimmt die Schiedskommission keine Streitentscheidungs- oder Rechtsprechungsfunktion wahr und wird deshalb nicht vom sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes (Artikel 3 Absatz 1 litera a BGÖ) ausgenommen.27
Eine Person stellte ein Gesuch um Zugang zum Sitzungsprotokoll der Verwaltungskommission der Personalvorsorgekasse des Kantons Genf betreffend die Herabsetzung des technischen Zinssatzes und die Änderung der Sterblichkeitstabelle. Durch die Einführung des Bundesgesetzes über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ) ist die Tragweite der Schweigepflicht nach Artikel 86 BVG eingeschränkt worden, da es sich hierbei um eine Spezialregelung im Sinn von Artikel 4 litera a BGÖ handelt. Demnach schützt Artikel 86 BVG nur noch geheime Informationen, die unter einen Ausnahmetatbestand von Artikel 7und 8 BGÖ fallen. In casu steht folglich Artikel 86 BVG dem Zugang zu den Dokumenten im Sinn des Rechts des Kantons Genf (Artikel 26 Absatz 4 LIPAD) nicht entgegen.28
Im Zusammenhang mit einem Gesuch um Einsichtnahme in Archivgut zu Forschungszwecken vor Ablauf der Schutzfrist äusserte sich das Bundesgericht insbesondere zum Begriff der «relativ bekannten» Persönlichkeit und der Anwendung im Archivrecht. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in casu keine umfassende Interessenabwägung vorgenommen; insbesondere ist die Aufarbeitung der Geschichte als gewichtiges Interesse an der Einsichtnahme zu berücksichtigen. Auch müssen die privaten Interessen an der Geheimhaltung differenziert abgeklärt werden, da einer «relativ bekannten» Persönlichkeit, die selbst bereits viele der im Archivdossier enthaltenen Informationen an die Öffentlichkeit getragen habe, ein weniger weit reichender Anspruch auf Privatsphäre zukommt.
Die Problematik der Persönlichkeitsverletzung steht schliesslich vor allem im Zusammenhang mit der Veröffentlichung, weshalb im Sinn der Verhältnismässigkeit allenfalls eine Einsichtnahme mit Auflagen zu gewähren ist.29
2.8 Staatshaftung
Die ETH Lausanne hatte einen Lehrbeauftragten nicht bei der Vorsorgeeinrichtung angemeldet und während des Beschäftigungsverhältnisses keine Beiträge in die berufliche Vorsorge bezahlt. Die ETHL hat sich in casu widerrechtlich im Sinn von Artikel 3 Absatz 1 VG verhalten und den Lehrbeauftragten dadurch geschädigt.
Betreffend die absolute Verjährungs- und Verwirkungsfrist ist festzuhalten, dass diese durch den Lehrbeauftragten gewahrt wurde, da es sich in casu um «wiederholendes oder andauerndes schädigendes Verhalten» handelt, bei dem die Verjährung und die Verwirkung erst zu laufen beginnen, wenn dieses Verhalten endet.
Dies war im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, das bei (erstmaliger) Geltendmachung der Schadenersatzansprüche weniger als 10 Jahre zurücklag.
Die relative Verjährungsfrist ist in casu unbestritten. Ein Selbstverschulden des Geschädigten ist zu verneinen. Hingegen ist die Beschwerde der ETHL im Hinblick auf die Verrechnung der Schadenersatzforderung mit den durch den Arbeitnehmer an die Vorsorgeeinrichtung zu leistenden Beiträge gutzuheissen.30
Das Bundesamt für Migration (BFM, heute Sem) und die Sicherheitsfirma Securitas AG schlossen eine Rahmenvereinbarung bezüglich sämtlicher Sicherheitsleistungen in den Unterkünften des Bundesamtes – unter anderem im Empfangs- und Verfahrenszentrum Kreuzlingen TG. Nachdem es in jenem zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Asylbewerber und zwei Mitarbeitern der Securitas AG gekommen war, machte der Asylbewerber Schadenersatz und Genugtuung geltend und ersuchte um unentgeltliche Rechtspflege.
Vorliegend kann die Securitas AG mangels einer hinreichend bestimmten formellgesetzlichen Grundlage nicht als «mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Bundes betraute Organisation» im Sinn von Artikel 19 VG gelten. Der Bund bleibt demnach direktes Haftungssubjekt für allfällige Haftungsansprüche.31
2.9 Arbeitsrecht
Im Rahmen einer 24-Stunden-Seniorenbetreuung in privaten Haushalten stellt sich die Frage der Anwendbarkeit des Arbeitsgesetzes bei einem Dreiparteienverhältnis zwischen der A. AG, einer Arbeitnehmerin und dem zu betreuenden Kunden. Die Ausnahme von Artikel 2 Absatz 1 litera g ArG, wonach private Haushalte vom Anwendungsbereich des ArG ausgenommen werden, ist auf Zweiparteienverhältnisse zugeschnitten und vor allem durch die besondere Vertrauensbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gerechtfertigt.
Demgegenüber ist bei Dreiparteienverhältnissen wie dem vorliegenden bei der Betreuungsorganisation eine Kontrolle der Einhaltung der Arbeits- und Ruhezeiten möglich. Der Wille des historischen Gesetzgebers, der sich vor allem auf die Intimität der Verhältnisse stützt, erstreckt sich gerade nicht auf Mehrparteienverhältnisse wie das vorliegende.
Zudem dient die Arbeitsleistung im Bereich von Betreuungs- und Hausdiensten in Fällen von Mehrparteienverhältnissen nicht nur der Erfüllung privater Bedürfnisse der zu betreuenden Person, sondern auch dem kommerziellen Zweck der Betreuungsorganisation.
Im Hinblick auf den Zweck des ArG, nämlich einen umfassenden Schutz möglichst vieler Arbeitnehmer zu gewährleisten, sprechen all diese Argumente für eine restriktive Anwendung der Ausnahme nach Artikel 2 Absatz 1 litera g ArG, worunter der vorliegende Fall gerade nicht fällt. Überdies greift die Ausnahmeregelung ohnehin immer dann nicht, wenn zwischen dem privaten Haushalt und einer Betreuungsorganisation ein Auftrags- oder Werkvertragsverhältnis vorliegt.32
Uber Eats ist eine digitale Plattform, die Essenslieferungen nach Hause anbietet. Uber Switzerland GmbH gelangte ans Bundesgericht, da sie von den Behörden des Kantons Genf dem Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG) unterstellt wurde. Die Kuriere von Uber Eats, die den Gastronomiebetrieben, welche die Plattform für Essenslieferungen benutzen, überlassen würden, seien als Arbeitnehmer zu qualifizieren, da die Charakteristika des Verhältnisses von Uber Eats zu den Kurierfahrern für ein klares Subordinationsverhältnis spreche.
Zwischen Uber und den einzelnen Gastronomiebetrieben besteht indessen kein Personalverleih. Dies insbesondere wegen der spezifischen Aufträge von sehr kurzer Dauer und mangels des Abtretens der wesentlichen Weisungsbefugnisse im Sinn von Artikel 26 Absatz 1 der Arbeitsvermittlungsverordnung.33
2.10 Geldspielgesetz
Entscheide des Interkantonalen Geldspielgerichtes betreffend eine «Domain-Name-System-Sperre» (DNS-Sperre) für Internetgeldspiele, die von ausländischen Firmen in der Schweiz angeboten werden, sind mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor Bundesgericht anfechtbar. Grundsätzlich fallen alle Spiele, bei denen gegen Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts ein Geldgewinn oder anderer geldwerter Vorteil in Aussicht gestellt ist, in den Geltungsbereich des Geldspielgesetzes.
Ausländische Anbieter von in der Schweiz nicht bewilligten Online-Geldspielen können sich betreffend Marktzugang nicht auf die Wirtschaftsfreiheit und die Rechtsprechung des EuGH oder des Efta-Gerichtshofs zur unionsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit berufen.
Schliesslich ist die praktizierte DNS-Sperre – unter Berücksichtigung der verschiedenen Möglichkeiten von Zugangssperren – trotz ihrer beschränkten Wirksamkeit verhältnismässig.34
2.11 Verfahrensrecht
Betreffend Auferlegung von Verfahrenskosten bei einer Behördenbeschwerde ist festzuhalten, dass der Sinn und Zweck der Behördenbeschwerde des Bundes die Sicherstellung der einheitlichen und korrekten Anwendung von Bundesrecht ist.
Die Behördenbeschwerde ist ein Mittel der Bundesaufsicht, das zu diesem Zweck auf das kantonale Rechtssystem zurückgreift und gegenüber diesem in gewisser Weise autonom ist. Wenn das kantonale Verfahrensrecht so ausgelegt und angewendet wird, dass der Bundesbehörde (unter Vorbehalt von Ausnahmen) Gerichtskosten auferlegt werden können, wird der Aufsichtszweck wesentlich erschwert.
Daher dürfen (unter Vorbehalt von Ausnahmen im Sinn von Artikel 66 Absatz 4 BGG) einer Bundesbehörde, die im Rahmen der Erfüllung ihrer spezialgesetzlich vorgesehenen Aufsichtspflicht agiert, im kantonalen Verfahren keine Gerichtskosten auferlegt werden.35
1 BGE 148 I 1.
2 BGE 148 I 19.
3 BGE 148 I 33.
4 BGE 148 I 160
5 BGE 148 I 53.
6 BGE 148 I 104.
7 BGE 148 I 145.
8 BGE 148 I 198.
9 BGE 148 I 210.
10 BGE 148 II 36.
11 BGE 148 II 198.
12 BGE 148 II 139.
13 BGE 148 II 417.
14 BGE 148 II 359.
15 BGE 148 II 387.
16 BGE 148 II 1.
17 BGE 148 II 169.
18 BGE 148 II 189.
19 BGE 148 II 378.
20 BGE 148 II 285.
21 BGE 148 II 313.
22 BGE 148 II 349.
23 BGE 148 II 25.
24 BGE 148 II 321.
25 BGE 148 II 444.
26 BGE 148 II 106.
27 BGE 148 II 92.
28 BGE 148 II 16.
29 BGE 148 II 273.
30 BGE 148 II 78.
31 BGE 148 II 218.
32 BGE 148 II 203.
33 BGE 148 II 426.
34 BGE 148 II 392. Das Bundesgericht hat sich unterdessen in den Entscheiden 2C_87/2022 und 2C_90/2022, beide vom 30.1.2023, erneut zu dieser Frage geäussert und diese Rechtsprechung angewendet.
35 BGE 148 II 369.