Sonia Liang ist bei der Hilfsorganisation «International Bridges to Justice» (IBJ) als Programmverantwortliche tätig. Sie sagt: «Wir setzen uns dafür ein, dass jeder Mensch das Recht auf eine kompetente Rechtsvertretung und ein faires Gerichtsverfahren hat.» Durch die Institutionalisierung einer fairen und wirksamen Justizpraxis wolle IBJ vor allem dazu beitragen, dass «die Folter als billigste Methode der Untersuchung» beseitigt werde. Liang: «Unser Ziel ist es, Folter als Ermittlungsmethode zu unseren Lebzeiten abzuschaffen.»
Die Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Genf existiert seit dem Jahr 2000 und beschäftigt weltweit rund 40 Personen. Die Organisation hat einiges erreicht. Laut eigenen Angaben schulte IBJ bis heute über 23000 Anwälte weltweit. Diese Anwälte wiederum hätten über 31000 Angeklagte vertreten. IBJ-Mitarbeiter nahmen über 8000 Fälle selbst an die Hand. Die Organisation führte in Entwicklungsländern mehr als 600 Kampagnen zur Sensibilisierung in Rechtsfragen durch.
Wie sehen die konkreten Erfolge aus? Laut Liang konnte dank IBJ zum Beispiel die Folterrate in Kambodscha reduziert werden: Diese sei zwischen 2001 und 2012 in den vom IBJ behandelten Fällen in Polizeigewahrsam von über 95 Prozent auf unter 5 Prozent gesunken.
IBJ entwickelte diverse Werkzeuge zur Unterstützung von Strafverteidigern. Die Programme sind laut Liang darauf ausgerichtet, eine möglichst grosse Anzahl an Strafverteidigern zu unterstützen. Deshalb setzt man vor allem auf das Internet als Vermittlungsinstrument:
Auf der Internetplattform Elearning.ibj.org stellt IBJ diverse juristische Ausbildungskurse zur Verfügung. Die Lernprogramme bestehen aus Texten, Videos, Diashows und kurzen Prüfungen. So sollen Rechtsanwälte insbesondere bezüglich der Prozessrechte geschult werden mit dem Ziel, dass sie ihre Klienten gut verteidigen können.
Die Plattform Defensewiki.ibj.org macht Rechtsanwälten in Entwicklungsländern Rechtsprechung, Gesetzesbücher, Verträge und andere wichtige Dokumente zugänglich. Laut Liang sind dieses Wiki und die Elearning-Plattform zu wichtigen Werkzeugen für Strafverteidiger in der Dritten Welt geworden und bis heute von über 7 Millionen Personen genutzt worden.
IBJ unterstützt zudem das Online-Netzwerk «JusticeMakers» (www.ibj.org/programs/justice makers/about). Hier vermittelt die Organisation Menschenrechtsverteidiger und stellt diesen Zuschüsse und fachlichen Support zur Verfügung. Die Organisation will mit diesem Netzwerk Rechtsanwälte insbesondere befähigen, Sensibilisierungskampagnen oder Verteidigerkurse vor Ort selbst durchzuführen. Aktuell machen knapp 60 Personen bei diesem Netzwerk mit. Sie kommen laut Liang aus Kolumbien, Pakistan, Indonesien, der Demokratischen Republik Kongo und Afghanistan.
“Früher Zugang zu einem Anwalt ist der Grundstein”
Zudem betreibt IBJ in Burundi, China, Indien, Kambodscha, Ruanda und Zimbabwe eigene Büros. «In diesen Ländern schult IBJ Polizisten und Staatsanwälte, stärkt Strafverteidiger und versucht die Weise zu ändern, in denen Strafrechtssysteme handeln», erklärt Liang. Zentral sei die Schulung von Strafverteidigern. «IBJ will die wichtigsten Fähigkeiten von Strafverteidigern ausbauen, damit diese ihren Job professionell und mit dem grössten Einfluss auf das Justizsystem ausführen können», sagt Liang.
Zudem stellt IBJ Rechtsanwälten Büros zur Verfügung, damit diese ihre Dienstleistungen in einem möglichst frühen Stadium eines Strafverfahrens zur Verfügung stellen können. «Der frühe Zugang zu einem Anwalt ist der Grundstein der Folterpräventionsstrategie von IBJ», erklärt Liang. Weil Folter oft kurz nach der Verhaftung oder während der ersten Tage der Haft auftrete, sei die Präsenz eines Anwalts in dieser Phase nötig, um möglichst viele Fälle von Misshandlungen zu verhindern.