Eingesperrt: Richterin Maria Afiuni aus Venezuela
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Plädoyer 02/2016
29.03.2016
Lisa Salza, Amnesty International
Ende 2009 fällte die venezolanische Richterin Maria Lourdes Afiuni einen Entscheid, der einschneidende Auswirkungen auf ihr Leben haben sollte. Sie entschied damals, den Banker Eligio Cedeño bedingt aus der Haft zu entlassen. Mit dem Rechtsspruch entsprach sie venezolanischem Recht, das maximal zwei Jahre Untersuchungshaft erlaubt. Zudem folgte sie damit einer Empfehlung der Uno-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Festnahmen. Cedeño, dem Betrugsdelikte zur Last gelegt wor...
Ende 2009 fällte die venezolanische Richterin Maria Lourdes Afiuni einen Entscheid, der einschneidende Auswirkungen auf ihr Leben haben sollte. Sie entschied damals, den Banker Eligio Cedeño bedingt aus der Haft zu entlassen. Mit dem Rechtsspruch entsprach sie venezolanischem Recht, das maximal zwei Jahre Untersuchungshaft erlaubt. Zudem folgte sie damit einer Empfehlung der Uno-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Festnahmen. Cedeño, dem Betrugsdelikte zur Last gelegt worden waren, war zum Zeitpunkt seiner bedingten Freilassung bereits zwei Jahre und zehn Monate in Untersuchungshaft.
Obwohl Richterin Afiuni lediglich ihres Amtes waltete, wurde sie in der Folge selbst in Haft genommen und vom – inzwischen verstorbenen – Staatspräsidenten Hugo Chavez der Korruption und des Amtsmissbrauchs bezichtigt. Aufgrund dieses Vorwurfs verbrachte sie Dezember 2009 bis Februar 2011 in staatlichem Gewahrsam. Im Gefängnis, in dem sie inhaftiert war, sassen auch Frauen ein, die von ihr selbst verurteilt worden waren – ein Umstand, der sie einem grossen Sicherheitsrisiko aussetzte. Richterin Afiuni wurde während ihrer Haft mit dem Tod bedroht und misshandelt. Gemäss ihren Angaben wurde sie vergewaltigt und erlitt eine Fehlgeburt. Eine dringend benötigte medizinische Behandlung wurde ihr lange verweigert. Mit der Zeit verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand so sehr, dass ihr nach über einem Jahr Hausarrest gewährt wurde.
Im November 2012 leitete der venezolanische Staat ein Verfahren gegen Afiuni ein, obwohl keinerlei Beweise für die vorgebrachten Anschuldigungen vorlagen. Am 14. Juni 2013 wurde sie zwar aus dem Arrest entlassen, doch das Verfahren gegen sie ist bis heute hängig und die Richterin darf weder das Land verlassen, noch darf sie sich gegenüber den Medien äussern. Amnesty International fordert ihren Freispruch und das Erlassen aller Auflagen.