Nach Annahme der Einwanderungsinitiative der SVP sistierte die EU die Verhandlungen mit der Schweiz über die Assoziation an das Bildungsprogramm «Erasmus +». Die Schweiz wurde in den Status eines Drittstaates zurückgestuft. Zusammen mit dem Bund suchten die Schweizer Hochschulen seitdem fieberhaft nach einer Übergangslösung, die zumindest vorläufig den Zugang zum populären Austauschprogramm sichert.
Für das akademische Jahr 2014/15 ist dies nun geglückt: Am 16. April beschloss der Bundesrat, das Austauschprogramm mit den bereits im Hinblick auf die geplante Teilnahme an «Erasmus+» budgetierten Geldern in der Höhe von 22,7 Millionen Franken zu unterstützen. Analog zu den früheren bis ins Jahr 2011 geltenden Teilnahmebedingungen erhalten die Studenten die Förderbeiträge künftig nicht via EU, sondern direkt vom Bund.
Kaum Absagen von den Partneruniversitäten
Gute Neuigkeiten gibt es auch von Seiten der Universitäten. Ihren Mobilitätsstellen gelang es mit einem besonderen Effort, in kürzester Zeit Hunderte von bilateralen Verträgen mit Partneruniversitäten abzuschliessen, die auf den bisherigen Erasmus-Verträgen basieren. So konnte die Universität Basel bereits 231 ihrer 334 Abkommen mit anderen Universitäten erneuern (69 Prozent). Bei der Universität Zürich ist die Erfolgsquote mit 352 von 452 Abkommen (78 Prozent) sogar noch etwas höher. Die Zahl europäischer Universitäten, die vorläufig auf eine Zusammenarbeit verzichten, liegt bei 5 respektive 3 Prozent. Auch die übrigen Schweizer Universitäten erhielten bislang höchstens 5 Prozent Absagen.
Viele Verhandlungen sind allerdings noch pendent. Doch die Fachstellen ermutigen die Studierenden, ihre Anmeldungen aufrechtzuerhalten. Martina Thürig, Erasmus-Koordinatorin an der Universität Bern (45 Prozent Erneuerungen, 2 Prozent Absagen), versichert: «Wir informieren die Studierenden direkt, wenn eine Partneruniversität den Austausch nicht fortführen will.» In diesen Fällen werde nach Lösungen gesucht, etwa eine Umteilung an eine andere Gastuniversität. Auch Afra Schacher von der Abteilung Internationale Beziehungen der Uni Zürich hofft, dass bereits angemeldete Studentinnen und Studenten etwas Geduld haben und wenn nötig auch flexibel sind.
Die Verunsicherung scheint sich denn auch in Grenzen zu halten: Laut Catrin Young, Leiterin des International Relations Office der Uni Luzern (62 Prozent Erneuerungen, 2 Prozent Absagen), gab es bei der Zahl der Erasmusanmeldungen keinen Rückgang.
Vollmitgliedschaft weiterhin Ziel des Bundes
Der Bundesrat strebt nach wie vor die Vollmitgliedschaft im Erasmus-Programm an, um den Schweizer Studenten über das Studienjahr 2014/15 hinaus die ergänzende Ausbildung im Ausland zu sichern. Daher wurde von Seiten der Schweiz neben dem Forschungsprogramm Horizon auch das Thema «Erasmus +» auf die Agenda der Verhandlungen um die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien gesetzt.
Solange die Schweiz nur den Status eines Drittstaates hat, bewilligt die EU keine Fördergelder für Gastaufenthalte an Schweizer Unis. Martina Thürig vom Internationalen Büro der Universität Bern gibt zu bedenken: «Das Austauschprogramm funktioniert nur im Reziprozitätsprinzip.»
Um das Studium von Ausländern in der Schweiz zu fördern, erhöhte der Bundesrat den Budgetposten für die Mobilität um 5,9 Millionen auf 20,2 Millionen Franken. Opfer sind Erasmusprojekte im Bereich der Erwachsenenbildung, denen im Gegenzug die Gelder massiv gekürzt worden sind.