Es gibt sie an den Universitäten Basel, Bern, Freiburg, Luzern, St. Gallen und Zürich. Mit der Immatrikulation sind neue Jus-Studenten automatisch Mitglied des Fachvereins ihrer Universität – nur in St. Gallen und Zürich ist ein entsprechender Antrag nötig.
Einige Fachvereine organisieren einen Erstsemestertag, an dem sie Studienanfänger über die universitären Aktivitäten und die Fakultät informieren. In Luzern bietet der Fachverein auch Repetitionsstunden im Plenum anhand konkreter Falllösungen mit Referenten an, ähnlich in Basel. In Bern präsentiert der Verein zum Studienbeginn den «Survival Guide» mit Tipps zum Jus-Studium.
In Zürich gibt es Coachingprogramme mit Vorträgen und Gesprächsmöglichkeiten mit Höhersemestrigen. «Erstsemestrige werden einem Coach zugeteilt, der sie während des ganzen Jahres unterstützt», erklärt Ives Arcon vom Fachverein Jus der Uni Zürich. Coaching für Studienanfänger kennt auch der Freiburger Fachverein. Dabei können sich Erstsemestrige mit Kollegen aus dem dritten Jahr austauschen. «Wie die Hilfe konkret ausgestaltet ist, bleibt dem Coach überlassen», erklärt Oliver Knöpfli von der Fachschaft Jus der Uni Freiburg.
Die Fachvereine unterstützen nicht nur Studienanfänger. Sie helfen allen Jus-Studenten bei Fragen zum Studium. Der Luzerner Fachverein stellt zudem alte Prüfungen ins Internet und bietet fachbezogene Zusammenfassungen an. Zusammenfassungen und Prüfungslösungen hält auch der
Zürcher Fachverein bereit. Beide Vereine organisieren Gerichtsbesuche sowie Referate, Zürich auch Kanzleibesuche. Der Freiburger Fachverein organisiert zudem Podiumsdiskussionen und Ausflüge.
“Die juristische Ausbildung wird nie hinterfragt”
An der Universität St. Gallen gibt es verschiedene juristische Fachvereine, darunter die Swiss Law & Economics Students’ Society. Sie setzt sich für Studenten ein, die Rechtswissenschaft mit Wirtschaftswissenschaften kombinieren. Der Verein organisiert Fachveranstaltungen, wo man sich mit fortgeschrittenen Studenten austauschen kann. Seminare organisieren auch der Basler und der Berner Fachverein. «Zum Beispiel ein Seminar zum Thema Space Law», sagt Tim George von der Fachschaft Jus der Universität Bern.
Nicht alle sind davon begeistert. Selma Kuratle von den Kritischen Juristinnen und Juristen Fribourg/Bern findet, statt «Space Law» anzubieten, sollte sich die Fachschaft gezielter für die Interessen der Studenten einsetzen. «In erster Linie geht es uns darum, dass die Fachschaft uns Studenten gegenüber der Fakultät vertritt, und nicht darum, dass sie neue Themengebiete vorschlägt.» Die Fachvereine seien generell zu unkritisch: «Die juristische Ausbildung wird nie hinterfragt.»
Zufrieden mit dem Fachverein ist Alexandra Glarner, die in Freiburg im dritten Semester Jus studiert: «Vor allem zu Beginn des Studiums haben mir die Tipps und Veranstaltungen der Fachschaft viel gebracht.» Miro Witzig, der in Bern im siebten Semester Jus studiert, sagt, er habe dank dem Fachverein von den Erfahrungen der Studenten aus höheren Semestern profitieren können.
Forderung nach “echter Interessenvertretung”
Wichtig bei allen Fachvereinen ist der jeweilige Vorstand. Er vertritt die Interessen der Studenten direkt bei den Dozenten und der Fakultät. Dazu nehmen die Vorstandsmitglieder an der Fakultätsversammlung teil, dem obersten Organ der juristischen Fakultät. Sie trifft wichtige Entscheidungen, etwa über Änderungen der Reglemente oder des Prüfungsverfahrens.
Eine Luzerner Jus-Studentin, die anonym bleiben möchte, wünscht sich, dass der Fachverein mehr zu einer echten Interessenvertretung wird, statt sich auf blosse Kleinigkeiten «wie das alljährliche Gejammer über zu wenig Platz in der Bibliothek» zu beschränken. Sie führt die unpolitische Rolle des Fachvereins teilweise aber auch auf das universitäre Gesamtklima zurück: «Das Hauptanliegen der Studenten in Luzern scheint das erfolgreiche und rasche Bestehen des Studiums zu sein, um anschliessend in das Erwerbsleben eintreten zu können.»