Verfassungsrecht
Die Verfassungsidee angesichts der Gefahr eines Demokratieabsolutismus.
Jörg Paul Müller und Giovanni Biaggini,
ZBl 2015, S. 235 ff.
In ihrem lesenswerten Beitrag zeigen die Autoren die Gefahr der Verabsolutierung des Volksentscheids auf und machen Vorschläge, wie die notwendige Einbettung der Verfassungsinitiative in fundamentale Grundsätze eines demokratischen Staatsrechts gesichert werden könnte.
Verwaltungsrecht
Umwelt-, Bau- und Planungsrecht
Ufervegetation gemäss NHG – Abgrenzungsfragen betreffend Begriff und Schutz.
Christoph Schaub,
URP 1/2015, S. 3 ff.
In diesem ausführlichen und differenzierten Aufsatz befasst sich der Autor unter anderem mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen von rechtlich geschützter Ufervegetation gesprochen werden kann (etwa im Bereich privater Gartenanlagen, künstlich angelegten Gartenteichen, einem kanalisierten Fliessgewässer oder Ähnlichem) und wie weit der Schutz dieser Pflanzen geht.
Interessante Entscheide zu umweltrelevanten Themen. Diverse Autoren,
URP 2/2015, S. 91 ff.
Ab Seite 100 wird der Entscheid des Bundesgerichts vom 26. November 2014 (1C_590–592/2013) wiedergegeben, in dem es darum ging, wann die Erweiterung einer Kiesgrube so wesentlich ist, dass deshalb eine neue Rodungsbewilligung erteilt werden muss und nicht mehr auf eine alte abgestellt werden kann. Erhellend auch der ab Seite 126 publizierte Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 8. Juli 2014 (100.2013.194U), der sich mit der umweltrechtlichen Qualifizierung und den entsprechenden Rechtsfolgen von Geruchsemissionen aus Küchenabluft befasst. Der ebenfalls veröffentlichte Entscheid des Bundesgerichts vom 17. Juli 2014 (1C_133/2014) verneinte die Frage, ob sich die Gemeinde Brugg aus umweltrechtlichen Gründen (Immissionsschutz) gegen eine Unterkunft für Asylsuchende (ehemaliges Restaurant) wehren könne.
Die Industrielle Deponie Bonfol – Musterlösung oder Sünde der Vergangenheit?
Christoph Mettler,
AJP 2015, S. 771 ff.
Am Beispiel der Sondermülldeponie Bonfol untersucht der Autor, ob die umweltrechtlichen Anforderungen zum Zeitpunkt der Anordnung von Massnahmen jeweils eingehalten wurden. Er kommt dabei – als Rechtskonsulent der für die Sanierung zuständigen Betriebs-AG nicht ganz überraschend – zum Schluss, dass die
Anforderungen nicht nur erfüllt wurden, sondern auch erheblichen Einfluss auf die rechtliche Entwicklung hatten.
Steuerrecht
Revision des Steuerstrafrechts: Lösungsansätze für eine Neuregelung der strafrechtlichen Zuständigkeit bei den direkten Steuern.
Lea Unseld,
ASA 10/83, S. 433 ff.
Die Bundesgerichtsschreiberin analysiert und kritisiert den Vorentwurf des Bundesrats zur Vereinheitlichung des Steuerstrafrechts. Auch wenn dieser in die richtige Richtung geht, tut sich die Schweiz nach wie vor mit EMRK-konformen Steuerstrafverfahren sehr schwer. Leider wohl ein Thema, das noch lange durch die alten Dogmen geprägt sein wird.
Übriges Verwaltungsrecht
Genugtuungspraxis Opferhilfe. Meret Baumann, Blanca Anabitarte und Sandra Müller Gmünder,
jusletter vom 1.6.2015.
Das seit dem 1. Januar 2009 geltende revidierte Opferhilferecht zielte unter anderem auf eine allgemeine Senkung der Beträge gegenüber der zivilrechtlichen Genugtuung ab, wobei das Entwickeln einer entsprechenden Praxis den kantonalen Behörden überlassen wurde. Der Beitrag zeigt anhand einer repräsentativen Sammlung von Entscheiden aus verschiedenen Kantonen die in der Zwischenzeit entwickelte Praxis auf.
Ist der FIFA noch zu helfen? Mark Pieth,
ZSR 2015 I, 135 ff.
Der Autor fordert in seinem Kurzbeitrag eine vermehrte Übernahme von Verantwortung des Staats gegenüber Sportverbänden und namentlich die Schaffung eines Mindestkatalogs von zwingenden Strukturelementen durch die Sitzstaaten. Demgegenüber seien die laufenden Reformen des Korruptionsrechts und der Bekämpfung der Wettkampfmanipulation zwar zu begrüssen, aber eher Randkorrekturen.
Geheimhaltungspflichten und Datenaustausch in der sozialen Arbeit.
Marianne Schwander,
ZKE 2015, S. 95 ff.
Gute Einführung in die Grundlagen des Persönlichkeitsschutzes und die auf unterschiedlicher Grundlage bestehenden Geheimhaltungspflichten sowie die Mitteilungspflichten und -rechte.
Privatrecht
Familienrecht
Übersicht zur Rechtsprechung im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht (November 2014 bis Februar 2015).
Philippe Meier und Thomas Häberli,
ZKE 2015, S. 149 ff.
Hilfreiche Übersicht über eine Reihe von aktuellen Entscheiden im Rechtsgebiet.
Obligationenrecht
Arbeitsvertragsrecht
Lohnfortzahlung und Lohnersatzzahlungen bei variablen Löhnen.
Christoph Senti,
AJP 2015, S. 695 ff.
Variable Lohnzahlungen haben ganz unterschiedliche Gründe. Doch wenn es um die Lohnfortzahlung und Lohnersatzzahlungen geht, stellen sich jeweils die gleichen rechtlichen Fragen. Der Beitrag vermittelt einen guten Überblick über die praktisch bedeutsame Problematik und unternimmt den Versuch einer systematischen Betrachtung.
Notariatsrecht
Verletzung der Interessenwahrungspflicht bei Anwaltsnotaren.
Aufsichtsbehörde über die Urkundspersonen des Kantons Luzern,
ZBGR 2/2015, S. 73 ff.
Die Aufsichtsbehörde über die Urkundspersonen des Kantons Luzern setzt sich mit der Interessenwahrungspflicht von Anwaltsnotaren auseinander. Die Behörde hält in diesem Zusammenhang Folgendes fest: Wenn der Anwalt gleichzeitig als Notar praktiziert, darf er in einer Streitsache, die einen von ihm zuvor öffentlich beurkundeten Sachverhalt betrifft, keine der beteiligten Personen vertreten.
Handels- und Wirtschaftsrecht
Gesellschaftsrecht
Vorentwurf zur Aktienrechtsrevision: Neuerungen im Verantwortlichkeitsrecht.
Damian Graf, AJP 2015, S. 720 ff.
Übersicht und kritische Analyse der geplanten Änderungen aus Sicht eines Wirtschaftsanwalts.
Wirtschaftsverwaltungsrecht
Produktesicherheitsrecht – Rechtsprechungstendenzen. Hanspeter Pfenninger,
SJZ 2015, S. 273 ff.
Der Autor zeigt Rechtsprechungstendenzen im Bereich der Produktesicherheit anhand von Bundesgerichtsurteilen auf. Dabei werden die hohen Anforderungen an den Sicherheitsnachweis betont. Auch
werden die Bedeutung der Vermutungswirkung harmonisierter Normen und die damit einhergehende Beweislastverteilung erläutert. Schliesslich untersucht der Autor auch den Zusammenhang zwischen «unsicheren» Produkten im Anwendungsbereich des Produktesicherheitsgesetzes und «fehlerhaften» Produkten im Rahmen des Produktehaftpflichtgesetzes.
Änderungen bei gerichtlichen Zuständigkeiten in grenzübergreifenden europäischen Patentverletzungsfällen. Johannes Wohlmuth, sic! 5/2015, S. 299 ff.
In der europäischen Union findet seit 2015 eine neue Brüssel-I-Verordnung Anwendung. Zudem wird ein einheitliches Patentgericht aufgebaut. Dieser Artikel stellt die Änderungen für die gerichtlichen Zuständigkeiten in grenzüberschreitenden europäischen Patentverletzungsverfahren vor.
Verfahrens- und Vollstreckungsrecht
Zivilprozessrecht
Antizipierte Beweiswürdigung nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung.
Martin Tanner,
AJP 2015, S. 735 ff.
Der Autor untersucht anhand von Fallgruppen die Zulässigkeit des in der Schweizerischen Zivilprozessordnung nicht explizit geregelten,praktisch jedoch durchaus bedeutsamen Instituts der antizipierten Beweiswürdigung.
Bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Schweizerischen Zivilprozessrecht 2014 (Teil 2).
Andreas Gall,
AJP 2015, S. 793 ff.
Die Fortsetzung des Rechtsprechungsüberblicks behandelt die zwischen August und Dezember2014 im Internet publizierten bundesgerichtlichen Urteile zu grundsätzlichen Fragen des Prozessrechts, mit Ausnahme der Schiedsgerichtsbarkeit.
Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Kommerzielle Prozessfinanzierung zu Gunsten von Insolvenzmassen?
Daniel Hunkeler und Georg J. Wohl,
BlSchK 2/2015, S. 41 ff.
Die kommerzielle Prozessfinanzierung erlaubt es einem Gläubiger, einen Anspruch ohne Kostenrisiken gerichtlich oder aussergerichtlich durchzusetzen. Der Prozessfinanzierer ist nur im Erfolgsfall zu entschädigen, er übernimmt aber sämtliche Kosten des Verfahrens. Die Autoren erläutern die Voraussetzungen, unter denen eine Prozessfinanzierung auch in einem Konkurs- und Nachlassverfahren sowie im Bankeninsolvenzverfahren zulässig ist.