Verfassungsrecht
Grundrechte
Politische Werbung auf öffentlichem Grund, Daniel Moeckli, Recht 2013, S. 263 ff.
Lesenswerte Zusammenstellung und Analyse der neusten Urteile durch den Zürcher Professor. Interessant ist vor allem, wann die Grundsätze auf «privatem» Boden von SBB oder Einkaufszentren gelten und wie weit dabei die Gleichbehandlung der verschiedenen Gruppierungen beachtet werden muss.
Politische Rechte
Die verfassungsmässigen Beteiligungsrechte der Bundesversammlung und des Stimmvolkes an der Kündigung völkerrechtlicher Verträge. Nina Blum, Vera Naegeli und Anne Peters, ZBl 2013, S. 527 ff.
Der Beitrag untersucht die Mitwirkungsrechte der Bundesversammlung bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge durch den Bundesrat sowie die Möglichkeiten der Bundesversammlung, dem Bundesrat die Kündigung eines völkerrechtlichen Vertrages zu empfehlen. Ferner wird diskutiert, ob und wann Volksinitiativen als Aufforderung zur Kündigung von Staatsverträgen verstanden werden sollten. Zudem werden die Wirkungen einer Kündigung auf internationaler Ebene geprüft. Nicht ganz leichte Kost zu einem politisch aktuellen Thema.
Verwaltungsrecht
Umwelt-, Bau- und Planungsrecht
Anforderungen an umweltrechtliche Massnahmen zur Emissionsbegrenzung bei verkehrsintensiven Einrichtungen. Christoph Meyer und Felix Hafner, AJP 2013, S. 1495 ff.
Die Autoren kritisieren, dass die Wirksamkeit von Massnahmen gegen Sekundäremissionen regelmässig beweisrechtlich ungenügend abgesichert seien. Auch müsse die Geeignetheit einer Massnahme verneint werden, wenn diese ganzheitlich-räumlich betrachtet (etwa wegen unerwünschter Nebeneffekte wie Suchverkehr) nicht zu einer nachweisbaren Emissionsreduktion führe.
Steuerrecht
Lebensversicherungen und ihre Besteuerung – ein Überblick. Stephanie Purtschert Hess, Steuerrevue 2013, S. 841 ff.
Gute Zusammenstellung der verschiedenen Formen von Lebensversicherungen mit den Steuerfolgen bei der Auszahlung. Nützlich für Fälle güterrechtlicher Auseinandersetzungen.
Übriges Verwaltungsrecht
Die unbestimmte «Bestimmbarkeit» der von Daten betroffenen Person im Datenschutzrecht. Thomas Probst, AJP 2013, S. 1423 ff.
Der Autor zeigt auf, dass die datenschutzrechtlichen Begriffe der Personen- und der Nichtpersonendaten in der globalisierten Informationsgesellschaft neu diskutiert werden müssen. Denn die Möglichkeiten der Bestimmbarkeit einer Person nehmen durch den technischen Fortschritt und die breitere Anwendung von Datenverknüpfungen laufend zu.
Sozialversicherungsrecht
Gutglaubensschutz gemäss Art. 25 Abs. 1 ATSG: Toter Buchstabe? Dominik Sennhauser, jusletter vom 25.11.2013
Der Autor kritisiert die – insbesondere bei unrechtmässig bezogenen Ergänzungsleistungen – sehr restriktive, durch die jüngste Bundesgerichtspraxis untermauerte Rechtsprechung. Sie führe dazu, dass der Leistungsempfänger faktisch gar nie gutgläubig sein könne und die gesetzlichen Bestimmungen ausgehebelt würden.
AHV, IV, EL und ALV
Du conflit de règles relatives à la subrogation dans la législation sur l’assurance-chômage. Giuseppa Ottimofiore et Christoph Thalmann, ARV 3/2013, S. 189–197.
In Bezug auf die Subrogation von Leistungsansprüchen der Arbeitslosenversicherung finden sich sowohl im AVIG als auch im ATSG Bestimmungen, die nicht deckungsgleich sind. Der Beitrag gibt Antworten auf die Fragen, welche Bestimmungen vorgehen und in welchen Fällen sie anwendbar sind.
Invaliditätsbemessung bei Teilzeiterwerbstätigen. Susanne Genner, SZS 57/2013, S. 446–466.
Konziser Überblick über die aktuelle Rechtsprechung zur gemischten Methode. Besonderes Augenmerk gilt der Anwendung der Statusfrage, die in der Praxis von Bedeutung und häufig umstritten ist.
KVG und UVG
Sozialversicherungsrechtliche Aspekte des Unfallbegriffs und des Wagnisses im Sport – eine Übersicht über die Rechtsprechung (1. Teil). Martin Kaiser und Javier Ferreiro, SZS 57/2013, S. 570–586.
Das Bundesgericht hat aufsehenerregende Entscheide zum Wagnisbegriff gefällt. Zudem ermöglichen immer raffiniertere Sportgeräte breiteren Bevölkerungsschichten neue (Risiko-)Sportarten. Die Darstellung beleuchtet alle Sportarten und ihre Behandlung im Unfallversicherungsrecht.
Übriges Sozialversicherungsrecht
L’entreprise en Suisse et les assurances sociales de ses salariés mobiles expatriés. Jacques-André Schneider, SZS 57/2013, Sonderband 2013, S. 47–61.
Wenn ein Schweizer Unternehmen in einem Nicht-EU/Efta-Staat leitende Angestellte beschäftigt, dann ist es schwierig, deren KVG- und UVG-Deckungen mit dem Schweizer Recht in Einklang zu bringen. Und es ist kaum möglich, solche Angestellte weiterhin gemäss BVG zu versichern. Der Aufsatz nennt die Probleme und mögliche Lösungen.
Strafrecht
Zur Zulässigkeit eines Rückgriffs auf Bestimmungen der StPO im Verwaltungs-strafverfahren. Andreas Eicker, Jonas Achermann und Julia Lehner, AJP 2013, S. 1450 ff.
Die Autoren beantworten die Frage differenziert: Ein Rückgriff auf die StPO ist an sich denkbar aufgrund des strafrechtlichen Analogieverbots. Er ist jedoch nicht zulässig, soweit im Verwaltungsstrafrecht nicht geregelte Zwangsmassnahmen in Frage stehen.
Privatrecht
Familienrecht
Die Verbindlichkeit des mittels No-CPR-Stempels erklärten Verzichts auf Reanimationsmassnahmen im neuen Erwachsenenschutzrecht. Christiana Fountoulakis und Tim Köbrich, AJP 2013, S. 1437 ff.
Nach Ansicht der Autoren stellt der sogenannte No-CPR-Stempel zwar eine formungültige Patientenverfügung dar, als «mutmasslicher Wille» des Patienten ist er aber dennoch verbindlich.
Vermögenssorge im Erwachsenenschutzrecht. Thomas Geiser, ZKE 2013, S. 329 ff.
Der Autor erörtert die veränderten Rollen von Beiständen und KESB sowie die Anforderungen an die Verwaltung verschiedener Vermögenskategorien. Ferner befasst er sich mit der Neugestaltung der Rechtsbeziehung zwischen Behörden und Finanzinstituten.
Zusammenarbeit zwischen KESB und den Banken – Art. 9 der Verordnung über die Vermögensverwaltung (VBVV). Peter Dörflinger, ZEK 2013, S. 353 ff.
Eine Zuordnung der Rollen und Aufgaben der verschiedenen Akteure – Betreute, Betreuende, KESB, Bank – aus Praktikersicht.
Das Ende der Beistandschaft und die Vermögenssorge. Kurt Affolter, ZEJ 2013, S. 379 ff.
Guter Überblick über Rechte, Pflichten und praktische Handlungsmöglichkeiten von Beistandspersonen bei Beendigung des Amtes, namentlich nach dem Tod der betreuten Person.
Vorsorgeauftrag und Banken. Alexandra Rumo-Jungo, jusletter vom 9.12.2013.
Banken empfehlen ihren Kunden den Vorsorgeauftrag als Planungsinstrument, können als Vorsorgebeauftragte eingesetzt werden und werden mit Vorsorgeaufträgen ihrer Kunden konfrontiert. Der Beitrag untersucht die Rechte und Pflichten der Banken und stellt das Zusammentreffen von gewöhnlichen Aufträgen und Vorsorgeaufträgen derselben Person dar.
Erbrecht
Der Erbrechtsprozess unter der Schweizerischen ZPO und seine Stolpersteine für die Praxis. Thomas Sutter-Somm und Cordula Lötscher, successio, 4/13, S. 354 ff.
Ein informativer Überblick über die erbrechtlichen Klagen unter dem Regime der ZPO. Die prozessuale Durchsetzung erbrechtlicher Ansprüche ist anspruchsvoll. Die Stolpersteine sind meist im materiellen Recht begründet, die Zivilprozessordnung hat die Probleme weder verschärft noch vermindert.
Obligationenrecht
Angehörigenpflege – Freiwilligen-, Gratis- oder Lohnarbeit? Hardy Landolt, SZS 57/2013, S. 467–483.
Innerfamiliäre Pflegeleistungen sind in aller Regel unentgeltlich. Aber inwiefern besteht eine Entschädigungspflicht für die Angehörigenpflege? Welche Vertragsart liegt vor? Und was bedeutet dies für das Steuer- und Sozialversicherungsrecht? Diese Fragen werden eingehend diskutiert.
Kauf- und Mietrecht
Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Kaufvertragsrecht im Jahr 2012 – «unpublizierte» und «publizierte» Entscheide. Christoph Brunner und Markus Vischer, jusletter vom 2.12.2013.
Nützlicher Überblick über die im Internet zur Verfügung stehenden «unpublizierten Entscheide» sowie die in der amtlichen Sammlung publizierten Entscheide des Bundesgerichts zum Kaufvertragsrecht für das Jahr 2012.
Abgekürzte Gattungsvereinbarungen. Christoph Bauer und Arnold F. Rusch, Recht 2013, S. 209 ff.
Interessanter Aufsatz zur Abgrenzung und Bedeutung von Stück- und Gattungskauf.
Arbeitsvertragsrecht
Der Vertragsbruch des Arbeitnehmers. Werner Gloor, ARV 3/2013, S. 198–222.
Was gilt, wenn ein Arbeitnehmer die neue Stelle nicht antritt oder wenn er seine Arbeitsstelle ohne wichtigen Grund fristlos verlässt? Der Aufsatz behandelt diese in der Praxis relevanten Situationen eingehend, auch in Bezug auf internationale Arbeitsverträge. Gute Darstellung eines in der Literatur wenig aufgegriffenen Themas.
Arbeitsrechtliche Aspekte der Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften. Stefanie Meier-Gubser, AJP 2013, S. 1567 ff.
Die Autorin gibt einen Überblick über Möglichkeiten der Vertragsanpassung und zeigt auf, dass der Formulierung von Vergütungsregelungen und der Kongruenz mit den Statuten gebührende Beachtung zu schenken ist. Mit guter tabellarischer Übersicht.
Ausgewählte Fragen zum Erlass eines Normal-arbeitsvertrags im Sinne von Art. 360a OR. Wolfgang Portmann, Adrian von Kaenel und Andreas Halbeisen, AJP 2013, S. 1467 ff.
Der Normalarbeitsvertrag gemäss Art. 360a OR bildet Teil der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit. Der Beitrag untersucht die Fragen, was übliche Löhne sind, wann deren Unterschreitung missbräuchlich ist, wann eine wiederholte Lohnunterschreitung anzunehmen ist und wie hoch allenfalls zu erlassende Mindestlöhne anzusetzen wären.
Werkvertrags- und Auftragsrecht
Die Abgrenzung des einfachen Auftrags zum Personalverleih am Beispiel der hauswirtschaftlichen Tätigkeit. Michael Kull, AJP 2013, S. 1485 ff.
Die Zuordnung einer Tätigkeit zum Auftrag oder zum Personalverleih hat in der Praxis erhebliche Konsequenzen. Der Autor setzt sich kritisch mit einem neuen Bundesgerichtsurteil auseinander, in dem die Anwendbarkeit des AVG auf eine 24-Stunden-Betreuungsgesellschaft bejaht wurde, sowie mit der beabsichtigten Revision von Art. 26 AVV.
Kostenvoranschläge zum Anwaltshonorar. Arnold F. Rusch, SJZ 2013, S. 541 ff.
Während Gesetz und Judikatur Kostenschätzungen beim werkvertraglichen Bau umfassend regeln, sind sie bei der auftragsrechtlichen Anwaltstätigkeit wenig geklärt. Der Autor behandelt die Frage, nach welchen Kriterien eine Schätzung des Anwaltshonorars zu beurteilen ist und ob im Auftragsrecht Faustregeln des Werkvertragsrechts anwendbar sind. Letzteres verneint er.
Kein Nachbesserungsrecht des Bestellers bei übermässigen Nachbesserungskosten. Peter Gauch, Baurecht 2013, S. 245 ff.
Der Autor vertritt seine von der Rechtsprechung übernommene Meinung, dass bei übermässigen Kosten der Nachbesserung gar kein Nachbesserungsrecht des Bestellers entsteht. Er wendet sich damit gegen die Theorie, dass ein Übermass nur ein Leistungsverweigerungsrecht des Unternehmers begründet. Relevant ist die Auseinandersetzung zur Frage, wer die Beweislast für das Übermass zu tragen hat.
Übriges Vertragsrecht
Keine Angst vor der einfachen Gesellschaft. Lukas Handschin, SJZ 2013, S. 485 ff.
Der Autor analysiert die Gründe für die zurückhaltende Anwendung der einfachen Gesellschaft in der Praxis und stellt fest, dass das Unbehagen aufgrund der Gefahr einer unbewussten Gesellschaftsbildung mit der daraus folgenden unbeschränkten Haftung entsteht. Doch der Autor plädiert dafür, das Gestaltungsspiel des Dispositivrechts zu nutzen, um die individuellen wirtschaftlichen Vorstellungen mit einer einfachen Gesellschaft besser zu verwirklichen.
Handels- und Wirtschaftsrecht
Bank- und Börsenrecht
Das Finanzmarktaufsichtsrecht Mitte 2012 bis Mitte 2013, Peter Nobel, SZW 2013, Nr. 5, S. 432 ff.
Der Autor zeigt die Entwicklungen im Bereich der Finanzmarktaufsicht auf und gibt einen Überblick über die Tätigkeit der Finma. Er beleuchtet die aktuellen Themen der Zeit, das Bankengeheimnis und der Steuerstreit mit den
USA, sowie die Abwicklung systemwesentlicher Banken. Zudem widmet er sich dem Jahresbericht 2012 der Finma und beleuchtet sodann Gesetzgebungsaktivitäten wie die Reformvorlagen zur Bekämpfung der Geldwäscherei und die Umsetzung von Fatca. Interessant für die Praktiker sind die Falldarstellungen und Kurzdarstellungen einzelner Entscheide in verschiedenen Bereichen des Finanzmarktrechts. Finma-Verfügungen und Bundesgerichtsentscheide werden zusammengefasst.
Verfahrens- und Vollstreckungsrecht
Strafprozessrecht
Methoden der Feststellung von psychischen Tatsachen im Strafrecht. Henriette Haas und Linda Sutter, AJP 2013, S. 1589 ff.
Sehr interessanter Beitrag, der anhand eines konkreten Sachverhalts aufzeigt, dass sich wichtige psychische und soziale Tatsachen oft aus spontanen Äusserungen von Befragten ergeben, jedoch beim Aktenlesen übersehen werden. Dem lässt sich mit einer regelgerechten systematischen Beobachtung entgegenwirken.
Europarecht
Freier Personenverkehr – Überprüfung nationaler Reglementierungen des Berufszugangs, Europäische Kommission,
EUZ 2014, 11.
Der im Oktober 2013 veröffentlichte Arbeitsplan der Europäischen Kommission zur schrittweisen Öffnung bislang national reglementierter Berufe gewinnt durch die laufenden Debatten um die Personenfreizügigkeit (Masseneinwanderung, Ecopop) auch für die Schweiz an Bedeutung.
Karoline Bülow, Haftung der Europäischen Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV am Beispiel der rechtswidrigen Listung eines Terrorverdächtigen, EuR 2013, S. 609 ff.
Anhand der Entscheidung «Sison III» zeigt die Autorin beispielhaft auf, wie sich das Gericht der Europäischen Union (EuG) trotz der Kritik aus Wissenschaft und Politik – Letztere prominent vertreten durch den Europarat und dessen Berichterstatter Dick Marty – nach wie vor schwertut, die Grundrechte von Personen, die zu Unrecht auf «schwarze Listen» von Terrorverdächtigen gesetzt wurden, zu schützen.
Völkerrecht
Menschenrechte
Justiziabilität sozialer Menschenrechte. Matthias Kradolfer, SZS 57/2013, S. 521–550
Insbesondere in Art. 9 Uno-Pakt I wird das Recht auf soziale Sicherheit garantiert. Inwiefern ist dieses Recht in der Schweiz einklagbar? Da Eingriffe in die soziale Sicherheit häufig auch andere Grundrechte betreffen (zum Beispiel die Rechtsgleichheit), kann dies durchaus der Fall sein, vor allem, wenn staatliche Leistungen plötzlich entzogen werden.