Staatsrecht
Verfassungsrecht
Körperkameras bei der Polizei. Anforderungen an die Rechtsgrundlagen.
Markus H.F. Mohler, Sicherheit & Recht 2/2018, S. 95 ff.
Die Polizei setzt in den USA oder Grossbritannien seit längerem Bodycams ein. In Kontinentaleuropa und der Schweiz werden diese provisorisch oder definitiv ebenfalls eingeführt. Um den unterschiedlichen Ansprüchen des Persönlichkeits- und Grundrechtsschutzes gerecht zu werden, sind strenge Anforderungen an die Rechtsetzung wie die Übereinstimmung von Technik und Recht zu erfüllen, so der Autor.
Lebendige Demokratie als Hüterin der Menschenrechte. Kilian Meyer, Jusletter vom 8.10.2018.
Die «Selbstbestimmungsinitiative» zielt gemäss dem Autor auf eine grundlegende Neugestaltung des Verhältnisses von Völkerrecht und Landesrecht. Die Entstehung zeige jedoch, dass sie sich vorab gegen die EMRK richte.
Verwaltungsrecht
Schulrecht
Entwicklungen beim Rechtsschutz im Schulbereich.
Ein Plädoyer für mehr Transparenz und Partizipation statt mehr Rechtsschutz. Stephan Hördegen, Recht 2018, S. 155 ff.
Der Autor, Rechtsdienstleiter in der Erziehungsdirektion Basel-Stadt, analysiert die Schnittstellen zwischen organisatorischen Massnahmen und Verfügungsmaterien im Schulalltag und plädiert für transparentes Handeln, vor allem bei sonderpädagogischen Massnahmen – in der Hoffnung, es gebe dann weniger Rekurse.
Strafrecht
Ehrverletzung
Straflosigkeit des Likens – Exemplifikation anhand ehrverletzender Tatsachenbehauptungen auf Facebook. Rafael Studer, Recht 2018, S. 176 ff.
Der Autor wendet sich dezidiert gegen neuere Urteile, die das «Liken» als üble Nachrede sanktionieren. «Eine Strafbarkeit wäre allenfalls in ausserordentlichen Einzelfällen vertretbar.»
«Vom Zufall abhängt»? Das bundesgerichtliche Indikatorenmodell zum Beweis des Eventualvorsatzes. Hans Vest, AJP 8/2018, S. 945–962.
Das Bundesgericht folgt seit 1993 bei der Überprüfung von Begriff und Nachweis des (Eventual-)Vorsatzes einem Indikatorenmodell. Demnach hängt ein Vorsatz u.a. von der Grösse des (dem Täter bekannten) Risikos der Tatbestandsverwirklichung und der Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung ab. Gemäss Vest bietet dieser Ansatz operativ sowohl für die Feststellung des Vorsatzes vor Tatsacheninstanzen wie für die bundesgerichtliche Prüfung Vorteile. Er führe jedoch in der Praxis, da einseitig auf Pro-Vorsatz-Indikatoren fixiert, zu unausgewogenen Ergebnissen und ist deshalb durch negative Vorsatzindikatoren zu ergänzen, die Fahrlässigkeit nahelegen.
Sozialversicherungsrecht
Qualifikation von Selbständigerwerbenden
Zur sozialversicherungsrechtlichen Qualifikation von Uber-Fahrern. Thomas Gächter und Michael E. Meier, Jusletter vom 3.9.2018.
Sind Uber-Fahrer selbständig oder unselbständig erwerbstätig? Die Autoren merken an, dass die Fahrer kein unternehmerisches Risiko tragen. Was die Abhängigkeit in eine fremde Arbeitsorganisation betrifft, seien sie durch Anleitungen mit Weisungscharakter gebunden sowie durch vertragliche Mitwirkungspflichten und das Bewertungssystem. Letzteres ist Grundlage für Kontrollen und Sanktionen. Im gleichen «Jusletter» bespricht Kurt Pärli einen Uber-Entscheid des Zürcher Sozialversicherungsgerichts.
Verfahrens- und Vollstreckungsrecht
Zivilprozessrecht
Das Verhältnis der sachlichen Zuständigkeit der Handelsgerichte zum vereinfachten Verfahren de lege lata und de lege ferenda. Andreas Schneuwly, SJZ 2018, S. 361.
Der Autor analysiert den Vorschlag des Bundesrats in der ZPO-Revision zum Verhältnis zwischen vereinfachtem Verfahren und sachlicher Zuständigkeit der Handels- und Obergerichte als einzige kantonale Instanzen. Vorbild ist die Rechtsprechung des Bundesgerichts, das dem vereinfachten Verfahren den Vorrang gegenüber der sachlichen Zuständigkeit der einzigen kantonalen Instanzen einräumt. Der Autor zeigt, dass für die gegenteilige Auffassung gute Gründe bestehen, und schlägt eine Umformulierung von Art. 243 Abs. 3 ZPO vor, wonach vor der einzigen kantonalen Instanz immer das ordentliche Verfahren stattfinden würde.
Die Justiz auf dem Weg zum elektronischen Dossier. Paul Tschümperlin, SJZ 2018, S. 313.
Der Autor stellt das Projekt zur Einführung elektronischer Dossiers bei den schweizerischen Gerichten vor. Er zeigt auf, mit welchen Zielen das Bundesgericht mit verschiedenen kantonalen Obergerichten die Realisierung der elektronischen Dossiers vorantreibt. Heikel ist die Frage, ob ein Obligatorium eingeführt werden soll. Immerhin soll sichergestellt bleiben, dass Parteien, die ohne Rechtsvertreter prozessieren, weiterhin die Post benützen können.
Streitpunkt Parteientschädigung. Das Kriterium der Notwendigkeit bei berufsmässiger Vertretung zur Bestimmung der Parteientschädigung.
Lukas Müller, Sandro E. Obrist und Patrik Odermatt, AJP 8/2018, S. 979–989.
Laut Bundesgericht ist es unzulässig, die Parteientschädigung von einer Überprüfung der Notwendigkeit der berufsmässigen Vertretung als solche abhängig zu machen. Die Autoren beleuchten in ihrem Beitrag die Prozesskosten und deren Vertretung gemäss Art. 95 ff. ZPO und zeigen auf, welche Überlegungen bei der Ausgestaltung der Honorarnote zu berücksichtigen sind. Zudem werden die sich aus der aktuellen Rechtslage ergebenden Implikationen für die Praxis behandelt.
Auswirkungen des Brexit auf die Vollstreckung von ausländischen Urteilen. Nino Sievi, AJP 9/2018, S. 1096–1104.
Grossbritannien wird voraussichtlich am 29. März 2019 aus der EU austreten. Laut dem Autor wird dies bedeutende Auswirkungen auf die Vollstreckung von Urteilen im schweizerisch-britischen Verhältnis haben. Infolge des Ausscheidens aus der EU wird Grossbritannien nicht mehr ans Luganer Übereinkommen (LugÜ) gebunden sein. Die Vollstreckung von Urteilen werde sich voraussichtlich also nach den nationalen Rechtsordnungen richten.
Privatrecht
Datenschutzrecht
Cybersouveränität aus völkerrechtlicher Warte.
Anna Petrig und Maria Stemmler, Digma 3/2018, S. 100–106.
Die zunehmende Verbreitung von Cybertechnologien führt zu einer neuen Verwundbarkeit der Staaten. Wird seine völkerrechtliche Souveränität durch Cyberoperationen verletzt, hat ein Staat zwar ein Recht auf Selbstverteidigung und Gegenmassnahmen. Aufgrund faktischer Hürden – namentlich fehlender eigener Cyberfähigkeiten zur Entdeckung und Zuordnung eines Angriffs und Ausführung eines digitalen Gegenschlags – greifen diese völkerrechtlichen Mittel der Selbsthilfe allerdings oft ins Leere. Politisch anzusetzen ist deshalb bei der Prävention gegen schädliche Cyberoperationen.
Die Revision des Datenschutzgesetzes aus europarechtlicher Sicht. Nula Frei, Jusletter vom 17.9. 2018.
Eines der Ziele der laufenden Totalrevision des Datenschutzgesetzes ist es, das schweizerische Recht an das Datenschutzrecht der Europäischen Union und des Europarats anzupassen. Gleichwohl ist die konkrete Relevanz des europäischen Datenschutzrechts rechtlich und politisch umstritten. Der vorliegende Beitrag analysiert erstmals eingehend aus rechtswissenschaftlicher Perspektive, inwiefern das europäische Datenschutzrecht für die Schweiz relevant ist und im Zuge der Totalrevision beachtet werden muss oder soll. In einem zweiten Schritt wird der DSG-Entwurf des Bundesrats mit den europäischen Vorgaben verglichen
Familienrecht
Neues Kindesunterhaltsrecht. Bilanz nach einem Jahr.
Jonas Schweighauser und Diego Stoll, Fampra.ch 3/2018, S. 613–651
Seit dem 1. Januar 2017 gilt das neue Kindesunterhaltsrecht. Die Autoren erörtern den Begriff der «bestmöglichen Betreuung» und zeigen auf, dass der vom Bundesgericht im Urteil vom 17. Mai 2018 vertretene Lebenshaltungsansatz korrigiert werden muss, wenn er den Verhältnissen im Einzelfall gerecht werden soll.
Erbrecht
Formulierung der Rechtsbegehren bei Erbteilungsklagen und grundbuchliche Auswirkungen. Fabrizio Andrea Liechti, Der Bernische Notar, Nr. 2 2018, S. 229 ff.
Der Autor behandelt gestützt auf BGE 143 III 425 die präzisierten Anforderungen an die Formulierung der Rechtsbegehren bei Erbteilungsklagen und die Auswirkungen auf den Rechtsgrundausweis. Zugleich macht er konkrete Formulierungsvorschläge möglicher Rechtsbegehren.
Haftpflichtrecht
Haftung für fehlerhafte Medizinalprodukte: Notwendigkeit einer europarechtskonformen Auslegung? Erdem Büyüksagis
und Simone Wittwer, HAVE 3/2018, Seite 249.
Zwischen der Rechtsprechung des Bundesgerichts und jener des EuGH besteht im Bereich der Haftung für Medikamentenschäden eine wesentliche Divergenz. Die Schweizer und die europäischen Richter haben nicht dieselbe Wahrnehmung, was die (Sicherheits-)Erwartungen gewisser schutzbedürftiger Personengruppen wie namentlich der Patienten anbelangt, schreiben die Autoren. Sie kommen zum Schluss, dass sich die unterschiedliche Interpretation möglicherweise mit gewissen Prägungen der kulturellen Werthaltung, des sozio-ökonomischen Hintergrunds und der Justizsysteme erklären lässt. Das rechtfertigt ihrer Ansicht nach nicht, dass der Yasmin-Entscheid ganz erheblich vom Wortlaut des Produktehaftpflichtrechts abrückt. Sie legen dem Bundesgericht nahe, künftig die Überlegungen darzulegen, die zu seinem Entscheid geführt haben; insbesondere mittels einer Analyse des Fehlertyps, der den Schaden verursachte, der angemessenen Präsentation des Medikaments durch den Hersteller, der Möglichkeiten zur Risikominimierung und der Schutzbedürftigkeit des Patienten.
Der Haushaltschaden – die verbliebenen schwarzen Löcher. Ignacio Moreno, HAVE 3/2018, Seite 269.
Ist der statistische Aufwand für Gartenarbeiten in einem Haushalt zu berücksichtigen, wenn sich die Parteien auf die Anwendung der statistischen Grundlagen geeignet haben, im konkreten Haushalt aber kein Garten vorhanden ist? Darf der Einschränkungsgrad im Haushalt von der Erwerbsunfähigkeit abgeleitet werden beziehungsweise welche Hilfsmittel und Faustregeln können dabei nützlich sein? Und wie ist vorzugehen, wenn eine geschädigte Person nach dem Unfall in einem Heim untergebracht wird oder aber sich wegen einer durch den Unfall vereitelten Karriere aus dem Beruf zurückzieht? Im Beitrag werden Lösungsvorschläge präsentiert.
Arbeitsrecht
Interne Untersuchungen: Spannungsfelder aus arbeitsrechtlicher Sicht. Roger Rudolph, SJZ 2018, S. 385 ff.
Das Obligationenrecht kennt kein kodifiziertes Recht für interne Untersuchungen. Der Autor beleuchtet vor diesem Hintergrund ausgewählte Verfahrensrechte, die jenen Arbeitnehmenden zustehen, gegen die sich eine solche Untersuchung richtet.
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz als Teil des kollektiven Arbeitsrechts.
Luca Cirigliano und Corinne Egger, Jusletter vom 3.9.2018.
Die Autoren orten im Bereich der psychosozialen Gesundheitsrisiken einen grossen Handlungsbedarf. Die beiden Mitarbeiter des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds schlagen vor, die Lücken in den Gesamtarbeitsverträgen zu schliessen. Die Autoren verweisen auf jüngere Studien, die einen erhöhten Stress in der Büroarbeitswelt konstatieren und aufzeigen, dass die Themen Stress und psychosoziale Risiken innerbetrieblich kaum aufgenommen werden.
Auftragsrecht
Le mandat de durée: état de la jurisprudence sur l’art. 404 CO et perspectives.
Maxence Carron, Baurecht 2018, S. 225 ff.
Das Bundesgericht geht in langjähriger Rechtsprechung davon aus, dass Art. 404 OR eine zwingende Bestimmung ist. Im Schrifttum wird diese Rechtsprechung fast einhellig abgelehnt. Das Bundesgericht lässt verschiedene, teils widersprüchliche Ausnahmen zu, um die Wirkungen, die mit der zwingenden Natur von Art. 404 OR verbunden sind, einzudämmen. Das Parlament hat kürzlich das Bundesgericht aufgefordert, seine Rechtsprechung zu überdenken und Möglichkeiten zu schaffen, Aufträge verbindlich auf längere Zeit einzugehen.
Wirtschaftsrecht
Der Herausgabeanspruch gemäss Art. 75 E-Fidleg. Nicolas Dommer, Sui-generis 2018, S. 221 ff.
Mitte 2019 soll das neue Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) in Kraft treten. Zweck der Novelle ist ein verbesserter Schutz der Kunden von Finanzdienstleistern. Der Autor fasst auf wenigen Seiten seine Erkenntnisse zum neuen Recht zusammen, die er im Rahmen einer Dissertation erarbeitet hat. Er kommt zum Schluss, dass kaum weitergehende Rechte geschaffen werden, als bereits heute aufgrund von Art. 400 OR bestehen. Ausnahme: Gestützt auf das Fidleg kommt der Kunde in den Genuss einer erleichterten prozessualen Durchsetzung seiner Forderung.
Immaterialgüterrecht
Zur Revision des Urheberrechtsgesetzes.
Peter Mosimann und Yannick Hostettler, Recht 2018, S. 123 ff.
Die Autoren erachten den Entwurf als missglückt. Namentlich sei verpasst worden, das Urheberrecht digitalen Formaten anzupassen.