Verfassungsrecht
Grundrechte
Dialog über die Grenzen, Symposium zum 75. Geburtstag von Jörg Paul Müller, EuGRZ 2014, Heft 1–5, S. 1 ff.
Mehrere Autoren beleuchten die Beziehungen in Europa zwischen obersten nationalen Gerichten, dem EGMR und dem EuGH und zeigen die Notwendigkeit des Austausches im Dienste des Menschenrechtsschutzes auf. Der Abdruck der Diskussion der Symposiumsteilnehmer rundet das Thema mit einer Innenansicht ab.
Übriges Verfassungsrecht
Die verfassungsrechtliche Zuwanderungssteuerung – Zur Auslegung von Art. 121a BV. Peter Uebersax, jusletter vom 14.4.2014
Die neue Verfassungsbestimmung über die Zuwanderung ausländischer Personen ist auslegungsbedürftig, ihr Verhältnis zum Verfassungs- und Völkerrecht unklar. Der Autor gibt erste Leitlinien für Auslegung und Übergangsrecht.
Verwaltungsrecht
Allgemeines Verwaltungsrecht
Die Beschwerdebefugnis des Konkurrenten. René Wiederkehr, Recht 2014, S. 76 ff.
Der Autor vertritt die Meinung, dass Konkurrenten nur zur Beschwerde befugt sind, wenn sie Verzerrungen des Wettbewerbs durch staatliches Handeln glaubhaft darlegen können, und nicht schon, wenn ein neuer Anbieter auf den Markt treten könnte.
Ausländer- und Asylrecht
Das Recht auf eine wirksame Beschwerde – die Auswirkungen der neueren Rechtsprechung zu Art. 13 EMRK auf nationale Asylverfahren. Constantin Hruschka und Stefanie Motz, Asyl 2014/1, S. 3–14.
Der EGMR hat Verfahrensgarantien für Asylsuchende verankert, zunächst aus Art. 3 EMRK abgeleitet, zunehmend auch aus Art. 13 EMRK. Der Beitrag zeichnet die Entwicklung nach und fragt nach der Bedeutung für die Schweiz.
Umwelt-, Bau- und Planungsrecht
Les centres cantonaux pour requérant d’asile face au droit de la construction. Jean-Baptiste Zufferey et Jean-Michel Brahier, Baurecht 2014, S. 5 ff.
Die Autoren untersuchen, inwiefern sich die ordentlichen Planungs- und Baubewilligungsverfahren bei kantonalen Aufnahmezentren für Asylbewerber und Verfahrenszentren anwenden lassen, und stellen die nicht immer kohärente Rechtsprechung dar.
Steuerrecht
Ausgewählte Aspekte des Revisionsverfahrens gemäss Art. 147–149 DBG. Olivier Margraf, Steuerrevue 2014, S. 76 ff.
Dies ist wohl der erste Artikel, in dem ein hoher Steuerbeamter (TG) eine Revision von Veranlagungsverfügungen als zulässig bezeichnet, die in krass stossender Weise das Leistungsfähigkeitsprinzip verletzen. Wenn es sich um eine Verletzung von Art. 8 oder 9 BV handelt, soll dem Steuerpflichtigen nicht mehr mangelnde Sorgfalt vorgeworfen werden können. Interessanter Ansatz!
Sozialversicherungsrecht
AHV, IV, EL und ALV
Zur massgeblichen zeitlichen Vergleichsbasis bei der Revision einer Invalidenrente gemäss Art. 17 Abs. 1 ATSG. Elisabeth Berger Götz, SZS 58/2014, S. 145–148.
Zusammenfassung des Bundesgerichtsurteils 8C_441/2012 vom 25. Juli 2013. Ein Gutachten bei einer Rentenrevision muss sich zwingend mit den ursprünglichen Arztberichten und Gutachten auseinandersetzen, um genügenden Beweiswert zu haben.
Das Armenrecht im IV-Abklärungs- und Vorbescheidverfahren; das vergessene Verfahrenskorrektiv. Remy Wyssmann, HAVE 2014, S. 27 ff.
Kritik an der restriktiven Bundesgerichtspraxis zur unentgeltlichen Rechtspflege im Abklärungs- und Vorbescheidsverfahren der IV.
BVG
Teilung mit Tücken – der Vorsorgeausgleich auf dem Prüfstand der anstehenden Scheidungsrechtsrevision. Markus Moser, SZS 58/2014, S. 100–133.
Der Vorsorgeausgleich im Scheidungsverfahren kann – vor allem bei laufenden Renten – zum «administrativen Albtraum» werden. Der Autor kritisiert den Vernehmlassungsentwurf als völlig verfehlt. Interessant für BVG-Praktiker und Scheidungsrechtler.
Strafrecht
Allgemeiner Teil
Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel. Luzius Eugster und Tom Frischknecht, AJP 2014, S. 327 ff.
In ihrem lesenswerten Beitrag entwickeln die Autoren auf der Basis der neueren Bundesgerichtspraxis und der Rechtsprechung des Kantonsgerichts St. Gallen eine Typologie und ein Modell für die Strafzumessung, wobei der Funktion des Beschuldigten bzw. seiner Stellung innerhalb einer im Betäubungsmittelhandel tätigen Organisation für das objektive Tatverschulden primäre Bedeutung zukommen soll.
Besonderer Teil
Steuerstraftaten als Vortaten der Geldwäscherei: Der Weg in la Terreur. Francesco Naef und Michele Clerici,
jusletter vom 7.4.2014.
Harte Kritik am Vorschlag des Bundesrats, einen qualifizierten Steuerbetrug und einen qualifizierten Abgabebetrug als Geldwäschereivortat einzuführen. Die Autoren machen einen Alternativvorschlag, der mit den rechtsstaatlichen Grundprinzipien und mit den Gafi-Empfehlungen kompatibel sein soll.
Übriges Strafrecht
Vollzugslockerungen und Beurlaubungen bei sogenannt gemeingefährlichen Straftätern. Benjamin F. Brägger, SZK-RSC, 1/2014, S. 53 ff.
Im Lichte von Urteil 6B_664/2013 arbeitet der Beitrag die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts zu den Vollzugslockerungen systematisch auf und verschafft einen guten Überblick zur Frage der Vollstreckung von Strafentscheiden.
Privatrecht
Familienrecht
Zur Neuregelung des Vorsorgeausgleichs. Thomas Geiser, AJP 2014, S. 364 ff.
Die Beurteilung der bundesrätlichen Vorlage vom Mai 2013 durch den Verfasser fällt durchzogen aus: Während er gewisse technische Neuerungen als klaren Fortschritt begrüsst, kommt er zum Schluss, dass die wesentlichen Reformziele nicht erreicht werden.
Mehrwertbeteiligung bei Unterstützung «ohne Gegenleistung» zwischen Ehegatten. Zur rechtlichen Einordnung von Art. 206 ZGB. Stefan Geyer, ZSR 2014 I, S. 73 ff.
Der Verfasser versucht, den Problemen bei der praktischen Anwendung der Regelung über die Mehrwertbeteiligung dadurch zu begegnen, dass er neu eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation dieses Anspruchs postuliert. Stoff für Güterrechtsspezialisten.
Rechtliche Rahmenbedingungen für freiheitsbeschränkende Massnahmen im Heimbereich. Peter Mösch Payot, ZKE 2014, S. 5 ff.
Der Autor stellt die lückenhafte Rechtslage in diesem bedeutsamen Bereich dar und versucht, die Parameter für eine ganzheitliche Lösung zu skizzieren, wobei er gleichzeitig ein Handeln des Bundesgesetzgebers für unabdingbar hält.
Übersicht zur Rechtsprechung. Philippe Meier und Thomas Häberli, ZKE 2014, S. 148 ff.
Der Praxisüberblick zum Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, von November 2013 bis Februar 2014.
Massschneidern im Kindes- und Erwachsenenschutz – Haute Couture? Prêt-à-porter? Oder Masskonfektion? Yvo Biderbost, jusletter vom 31.3.2014.
Ziel des lesenswerten Beitrags ist eine Konkretisierung des Schlagworts der «massgeschneiderten Massnahme». Nicht ganz überraschend liegt die Wahrheit nach Ansicht des Autors in der Mitte, also bei der Masskonfektion.
Erbrecht
Kooperation unter einem Dach – zur Funktionsweise der Dachstiftung. Thomas Sprecher und Goran Studen, successio, 1/14, S. 36 ff.
Überblick über die Dachstiftung, eine nicht gesetzlich geregelte, sondern in der Praxis entwickelte Alternative zur klassischen Stiftung. Meist sind in der Dachstiftung einige unselbständige Unterstiftungen zusammengefasst. Die Dachstiftung übernimmt Administratives und Organisatorisches, während Zweck und Organisation der Unterstiftung leichter geändert werden können als bei einer klassischen Stiftung. Eine Mindestdauer ist nicht nötig, die Aufhebung kann ohne Mitwirkung des Staats erfolgen.
Die Qualifikation von Betreuungs- und Pflegeleistungen durch Angehörige und ihre Bedeutung im Erbrecht. Kinga Weiss und Domino Hofstetter, AJP 2014, S. 343 ff.
Die Autorinnen stellen einen gesetzlichen Begünstigungsanspruch für betreuende Angehörige zur Diskussion, für dessen Ausgestaltung sie auf bestehende Institute wie Ausgleichungsrecht, die fiktive Nachlassverbindlichkeit oder Vermächtnis zurückgreifen wollen.
Sachenrecht
Art. 8 UWG und die öffentliche Beurkundung – Überlegungen zur AGB-Kontrolle bei Grundstückkaufverträgen. Hubert Stöckli und Lisa Aeschlimann, ZGBR 2/2014, S. 73 ff.
Der Artikel beleuchtet den Charakter von Freizeichnungsklauseln betreffend die Gewährleistung des Verkäufers als mögliche AGB in einer öffentlichen Urkunde und die Verpflichtung des Notars zur unparteiischen Interessenwahrung.
Obligationenrecht
EMRK-widriges Verjährungsrecht! – Die Schweiz muss die Verjährung im Schadensrecht überdenken. Frédéric Krauskopf;
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt die Schweiz wegen der absoluten Verjährung der Ansprüche von Asbestopfern. Christoph Müller, jusletter vom 24.3.2014.
Die beiden Beiträge befassen sich mit Inhalt und Auswirkungen des Strassburger Urteils zur Verjährung der Ansprüche eines Asbestopfers auf das Schweizer Recht.
Neues Verjährungsrecht – Zielgerade oder Sackgasse? Diverse Autoren, HAVE 2014, S. 66 ff.
Das HAVE-Forum bietet einen Strauss von Kurzbeiträgen zu Fragen der Gesetzesrevision, die zurzeit in der Kommissionsberatung beim Nationalrat steht.
Haftpflichtrecht
Haftung für rechtmässige Schadenverursachung. Hardy Landolt, HAVE 2014, S. 3 ff.
Haftungstatbestände des privaten und öffentlichen Rechts, bei denen auf das Erfordernis eines unrechtmässigen Verhaltens verzichtet wird. Der Autor zeigt, dass im Privatrechtsbereich die Billigkeitshaftung letztlich doch ein Anwendungsfall einer Haftung für rechtswidrige Schädigung ist, während sie im öffentlichen Recht den Prototypen einer Haftung für rechtmässige Schadenverursachung darstellt.
Werkvertrags- und Auftragsrecht
Verjährung der werkvertraglichen Mängelrechte. Alfred Koller, AJP 2014, S. 303 ff.
Beitrag über Begriff, Bedeutung und Tragweite der Ablieferung des Werks sowie den seit 1. Januar 2013 erheblich veränderten Anwendungsbereich der fünfjährigen Verjährungsfrist.
Handels- und Wirtschaftsrecht
Gesellschaftsrecht
Die Geschäftsausübung für die AG in ihrem Gründungsstadium. Markus D. Vischer, SZW 2014, Nr. 1, S. 63 ff.
Überblick über die Rechtsverhältnisse, die in den verschiedenen Phasen vor und bei der Gründung einer Aktiengesellschaft möglich sind. Speziell geht der Beitrag auf die Probleme im Zusammenhang mit der Gründerhaftung respektive Handelndenhaftung, der Sachübernahmen und der Gründervorteile ein.
Verfahrens- und Vollstreckungsrecht
Strafprozessrecht
Gefahr der Verpolizeilichung des Vorverfahrens? Marcel Brun, Recht 2014, S. 92 ff.
Im Strafbefehlsverfahren erlangt die Polizei als nicht juristisch ausgerichtete Behörde die institutionelle Übermacht im Vorverfahren. Fraglich ist, wieweit diese Aufgabenverteilung die Parteirechte und die Verfahrensgrundsätze gewährleistet. Der Artikel ist eine spannende Abhandlung der Konsequenzen der Verpolizeilichung des Vorverfahrens und schlägt Lösungen des Problems vor.
Die StPO-Revision in Bezug auf die Bestimmungen über die verdeckte Ermittlung. Daniel Jositsch und Franziska Mulle, AJP 2014, S. 491 ff.
Überblick über die am 1. Mai 2013 in Kraft getretene Gesetzesrevision, wobei vor allem die Unterschiede zwischen verdeckter Ermittlung und verdeckter Fahndung aufgezeigt werden. Ferner werden am Beispiel des Zürcher Polizeigesetzes die präventiven Ermittlungen erläutert, für die weiterhin die Kantone zuständig sind.
Zivilprozessrecht
Zivilprozessrechtliche Fragestellungen in der familienrechtlichen Gerichtspraxis. Thomas Engler, SJZ 2014, S. 121 ff.
Verfahrensrechtliche Aspekte aus der Praxis der Gerichte seit Inkrafttreten der schweizerischen Zivilprozessordnung: Der Beitrag klärt Fragen zu Kostenvorschuss, Kinderanhörung, Aufforderung zur Mediation und Kindervertretung. Im Weiteren widmet er sich vertieft dem Verfahren der Scheidung auf Klage und der Scheidung auf gemeinsames Begehren.
Die vorsorgliche Beweisführung, das Recht auf Beweis und das schützenswerte Interesse in der neuen Zivilprozessordnung. Philip Stolkin, HAVE 2014, S. 14 ff.
Nach Ansicht des Autors sind an das Vorhandensein eines schutzwürdigen Interesses keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, wie auch das Bundesgericht anerkannt habe. Damit könne Art. 158 ZPO einen wesentlichen Beitrag zur
Prozessökonomie leisten. Es bestehe allerdings die Gefahr, dass die Gerichte das Institut durch prohibitive Prozesskosten vereiteln.
Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Immobilienmiete im revidierten SchKG. Thomas Rebsamen, SJZ 2014, S. 149 ff.
Der Autor erörtert die Wirkung der revidierten SchKG-Bestimmungen auf Dauerschuldverhältnisse und zeigt anhand der Immobilienmiete auf, dass die Revision klare Lösungen für eine vorzeitige Beendigung des Vertrages in der Nachlassstundung oder durch Konkurs des Mieters bereithält. Kritisch äussert sich der Autor zur systemwidrigen Beibehaltung des Retentionsrechts des Vermieters.
Neues Nachlassverfahren – praktische Konsequenzen für die Betreibungs- und Konkursämter. Dominik Gasser, BlSchK 1/2014, S. 1 ff.
Am 1. Januar 2014 ist das revidierte Nachlassverfahrensrecht in Kraft getreten. Kurzer Überblick über das neue Recht, die mit der SchKG-Revision eingeführte Sozialplanpflicht und die – wenigen – praktischen Konsequenzen für die Betreibungs- und Konkursämter.
Völkerrecht
Völkerrecht und Landesrecht. Zur Genese und heutigen Bedeutung der Konfrontation zweier Rechtsordnungen. Bardo Fassbender, AJP 2014, S. 437 ff.
Der Autor legt dar, dass der Wechsel vom monistischen zum dualistischen System für die Schweiz keine wesentliche Veränderungen bewirken und vor allem die bestehenden Probleme nicht lösen, sondern lediglich ein problematisches Signal aussenden würde.
Menschenrechte
Demonstrationsfreiheit: Der menschenrechtliche Schutz der Greenpeace-Aktivisten nach Art. 11 EMRK. Vanessa Rüegger, jusletter vom 7.4.2014.
Die Autorin untersucht, inwieweit sich die Greenpeace-Aktivisten bei ihrer Aktion in Russland auf menschenrechtlichen Schutz berufen können. Ihr Fazit: Das Vorgehen der russischen Behörden verletzte mehrheitlich die EMRK.
Rechtstheorie, Rechtsphilosophie und Rechtsgeschichte
Unsere Sicherheit – die Freiheit der anderen? Das Problem der selektiven Freiheitsbeschränkungen in der Sicherheitspolitik. Anna Coninx, ZSR 2014 I, S. 103 ff.
Interessante Gedanken zur Legitimation von Freiheitsbeschränkungen, die nicht die Allgemeinheit, sondern nur einige, unter Umständen wenige Menschen betreffen. Die Autorin fordert eine sorgfältige Prüfung der jeweils angeführten Gründe, weil gerade in diesen Fällen die Gefahr besteht, dass die Sicherheitsvorstellungen der Mehrheit nicht hinterfragt werden.