Verfassungsrecht
Grundrechte
Schutz vor Folter durch einstweilige Massnahmen bzw. diplomatische Zusicherungen. Jan Schneider, EuGRZ 2014, S. 168.
Der Beitrag prüft die Frage, inwieweit die Ablehnung einstweiliger Massnahmen eine «Prüfung der Sache» darstellen kann und was die Folgen daraus sein müssten. Weiter werden der vom EGMR im Fall Abu Qatada herausgearbeitete Kriterienkatalog zur Frage des Schutzes vor Folterrisiken durch diplomatische Zusicherungen vorgestellt und die Möglichkeiten des Antifolterkomitees CAT zur Fortbildung des Rechts auf gleichem Gebiet aufgezeigt.
Die Arbeitssituation von Sans-Papiers in der Schweiz, Grundrechtliche und menschenrechtliche Aspekte. Regina Kiener und Gabriela Medici, ZSR 2014 I, S. 133 ff.
Sans-Papiers können aus übergeordnetem Recht keinen Anspruch auf Zugang zu einem regulären Erwerbsaufenthalt ableiten. Doch sind beim Vollzug der Erwerbsverbote die Grund- und Menschenrechte zu beachten, die den Staat zum Erlass von Schutzmassnahmen verpflichten. Spannend.
Aussenwerbung einer Anwaltskanzlei. Felix Uhlmann, Judith Kaspar und Silvan Andermatt, jusletter vom 26.5.2014.
Analyse der Zulässigkeit einer Leuchtreklame für eine Anwaltskanzlei in Bahnhofsnähe unter Geltung einer kantonalrechtlichen Ästhetikklausel und unter Berücksichtigung der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV), der Werbefreiheit (Art. 10 EMRK) und den Werbeeinschränkungen von Art. 12 BGFA.
Übriges Verfassungsrecht
Zur rechtlichen Tragweite der Art. 121a, Art. 197 Ziff. 9 BV. Astrid Epiney, jusletter vom 2.6.2014.
Die Völkerrechtlerin kommt zum Schluss, dass eine Umsetzung des neuen Verfassungsartikels im Einklang mit den Vorgaben des Personenfreizügigkeitsabkommens möglich ist, und zeigt diverse Umsetzungsvarianten auf.
Verwaltungsrecht
Ausländer- und Asylrecht
Die Abschreibung von Asylgesuchen nach dem neuen Art. 8 Abs. 3bis AsylG. Seraina Nufer, Asyl 2014/2, S. 3–10.
Die Asylgesetzrevision per Februar 2014 hob viele Nichteintretensgründe auf und fügte eine Bestimmung ein, wonach das Asylgesuch bei Verletzungen der Mitwirkungspflicht formlos abgeschrieben wird. Ob die Bestimmung völkerrechtskonform anwendbar ist (Stichworte Dublin-Verordnung und Genfer Flüchtlingskonvention), ist fraglich. Zusätzlich stellen sich heikle Auslegungsfragen, die der Beitrag beleuchtet.
Standardprozesse des Amtes für Migration Basel-Landschaft bei der Ausreise in vulnerablen Fällen. Beat Meyer,
Asyl 2014/2, S. 11–13.
Nach dem Freitod einer alleinerziehenden eritreischen Asylsuchenden hat der Kanton Basel-Landschaft neue Verfahren für die Ausreise vulnerabler Personen (Familien mit Kleinkindern, Minderjährige, allein reisende Frauen, Alte und Gebrechliche) geschaffen. Er nimmt eingehendere Abklärungen vor und verzichtet auf polizeiliche Zwangsmittel. Die Zahl der Rückführungen ging aber nicht zurück.
Ausserordentliche Rechtsmittel im Asylbereich – Aktuelle Entwicklungen. Sabrina Ghielmini, Asyl 2014/2, S. 14–19.
Das Bundesverwaltungsgericht hat Fragen bei den ausserordentlichen Rechtsmitteln (Revision/ Wiedererwägung; neu entstandene Beweismittel; Überweisung von Amtes wegen an die zuständige Instanz) geklärt. Der Beitrag zeigt das System dieser Rechtsmittel im Asylbereich auf, er kommentiert und kritisiert das Urteil.
Umwelt-, Bau- und Planungsrecht
Wasserkraftanlagen: Anforderungen an die Vollständigkeit und Präzision des Konzessionsentscheids. Enrico Riva, URP 1/2014, S. 1 ff.
Der Autor geht auf die Koordination der Erteilung von Wasserrechtskonzessionen mit wesentlichen umweltrechtlichen Entscheiden ein. Werden die Konzessionsrechte vorweg erteilt und folgt die Festlegung der umweltrechtlichen Massnahmen und Auflagen erst später, ist die korrekte Umsetzung des Umweltrechts gefährdet.
Verkehrs- und Energierecht
Sicherheit durch Gebühren? Zur neuen Halterhaftung für Ordnungsbussen nach Art. 6 OBG. Stefan Maeder, AJP 2014, S. 679 ff.
Das Art. 6 OBG zugrunde liegende Konstrukt verstösst nach Ansicht des Autors gegen elementare strafrechtliche und strafprozessuale Prinzipien, weshalb die Busse nicht länger als Strafe, sondern als Benutzungsgebühr zu qualifizieren sei. Als Folge sei das vormals Verbotene neu unter Kostenpflicht erlaubt, was einen unerwünschten Effekt auf die Sicherheit haben könne. Originell und bedenkenswert.
Übriges Verwaltungsrecht
Zur neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf dem Gebiet der Sozialhilfe. Rudolf Ursprung und Dorothea Riedi Hunold, ZBl 2014, S. 231 ff.
Ein wertvoller Überblick über die jüngere Bundesgerichtspraxis zu Fragen der materiellen Sozialhilfe gemäss bundes- und kantonalrechtlichen Grundlagen, der interkantonalen Zuständigkeit sowie des Verfahrens.
Hooligankonkordat: präventive Verpackung, repressive Wirkung. Benjamin Meier, AJP 2014, S. 668 ff.
Der Autor zeigt auf, dass die Massnahmen des Konkordates grundsätzlich verwaltungsrechtlicher Natur sind, aber starke Bezüge zum Strafrecht aufweisen, weshalb er die Berücksichtigung strafprozessualer Garantien fordert.
Die öffentliche Ausschreibung als Marktzugangsinstrument. Nicolas Diebold, ZSR 2014 I, S. 219 ff.
Interessanter, nicht leicht verdaulicher Beitrag zur Frage, wann der Staat den Zugang zu Beschaffungs-, Grundversorgungs- und kontingentierten Märkten öffentlich ausschreiben muss.
Sozialversicherungsrecht
AHV, IV, EL und ALV
Der Bestand von parallelen Regelungssystemen zur Überentschädigung im Bereich der Kurzarbeitsentschädigung – die Frage der Anwendbarkeit. Christoph Thalmann und Giuseppa Ottimofiore, ARV 1/2014, S. 1–15.
Die Gesetzgebung über die Kurzarbeitsentschädigung kennt andere Regeln zur Überentschädigung als das ATSG. Somit bestehen zwei parallele Koordinationssysteme. Der Aufsatz vertritt die These, dass die Regeln der Arbeitslosenversicherung jenen des ATSG vorgehen. Für Spezialisten.
Perspektiven der Überwindbarkeit – Zur Schmerzrechtsprechung des Bundesgerichts. Hans-Jakob Mosimann, SZS 58/2014, S. 185–220.
Die Geschichte der Schmerzrechtsprechung sowie der Kritik daran – der Autor plädiert dafür, eine Überwindbarkeit nur bei funktionellen Beschwerden anzunehmen.
BVG
Prévoyance professionnelle: plusieurs employeurs, affiliation externe et prise en charge des cotisations. Alexandre Lehmann und Jean-Michel Duc, SZS 58/2014, S. 238–252.
Bei Erwerbstätigen mit mehreren Arbeitgebern stellen sich Probleme bezüglich der BVG-Anschlusspflicht und der sogenannten externen Mitgliedschaft – etwa, wenn die eine Pensionskasse Leistungen der anderen mitfinanzieren muss.
Strafrecht
Die innerbehördliche Schweigepflicht von Psychiatern und Psychologen im Vollzug. Thomas Noll, ZSR 2014 I, S. 197 ff.
Der (leider) sehr aktuelle Beitrag empfiehlt zur Erhöhung der Rechtssicherheit bei gefängnisärztlichen Interventionen die Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für die Einschränkungen der ärztlichen Schweigepflicht, die primär für die psychiatrische Grundversorgung im Vollzug und subsidiär für deliktsorientierte Therapien gelten solle. Bei Therapien soll ein Behandlungsvertrag mit dem Klienten Abweichungen von der Schweigepflicht regeln.
Privatrecht
Familienrecht
Inhalt des gemeinsamen Sorgerechts, der Obhut und des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Lichte des neuen gemeinsamen Sorgerechts als Regelfall. Patrick Fassbind, AJP 2014, S. 692 ff.
Gute Einführung in die veränderte Terminologie der am 1. Juni 2014 in Kraft getretenen ZGB-Revision mit Hinweisen auf Unzulänglichkeiten des neuen Rechts.
Arbeitsvertragsrecht
Traditionelle und neue Ansätze des Managements von Überstunden und Überzeit. Heinz Heller, AJP 2014, S. 609 ff.
Herkömmliche Managementstrategien und neue Ansätze zu gesetzeskonformem Verhalten.
Obligationenrecht
Neues zur clausula rebus sic stantibus. Ernst A. Kramer, SJZ 2014, S. 273 ff.
Dogmatische Rechtsgrundlagen, Präzisierungen und Abgrenzungen durch Bundesgericht und Lehre sowie das Verhältnis zwischen der clausula und dem Grundlagenirrtum. Zusätzlich gibt der Beitrag einen Überblick über die Handhabung veränderter Umstände im Vertragsrecht Deutschlands und Frankreichs und führt in das UN-Kaufrecht und den Verordnungsentwurf zum EU-Kaufrecht ein.
Werkvertrags- und Auftragsrecht
Gesamtvertrag des Planers und seine Qualifikation. Peter Gauch, Baurecht 2014, S. 69 ff.
Die rechtliche Einordnung von Planerverträgen ist oft umstritten, vor allem beim Gesamtvertrag, durch den ein Planer sowohl Planung als auch Bauleitung übernimmt. Anders als das Bundesgericht steht der Autor dafür ein, den Gesamtvertrag ungeteilt dem Auftragsrecht zuzuweisen. Der bundesgerichtlichen Spaltungstheorie erteilt er unter Verweis auf die ältere Praxis eine Absage.
Handels- und Wirtschaftsrecht
Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates bei Beschlüssen auf Grundlage eines Rechtsgutachtens. Elias Bischof,
SJZ 2014, S. 197 ff.
Wann liegt ein Prozess im überwiegenden Gesellschaftsinteresse und welche Aspekte muss der Verwaltungsrat beachten, um eine Fehleinschätzung und persönliche Haftung zu vermeiden? Der Autor empfiehlt, vor einem Prozessführungsentscheid die Einschätzung eines Gutachters einzuholen. Mit nützlicher Checkliste.
Das Gesellschaftsrecht 2013. Walter A. Stoffel, SZW 2/2014, S. 212 ff.
Der Autor gibt wie immer einen kompetenten Überblick über die massgeblichen gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen des Jahres 2013 in Bund und Kantonen. Eine Fundgrube für Gesellschaftsrechtler.
Wie lange darf der Verwaltungsrat mit der Überschuldungsanzeige zuwarten? Yves Mauchle und Hans Caspar von der Crone, SZW 2/2014, S. 227 ff.
Die Autoren kommentieren ein Bundesgerichtsurteil vom 11. November 2013 und das vorausgegangene Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich. Sie arbeiten die diffizile Rechtsprechung sowie die theoretischen Grundlagen zum Thema auf und geben ihre kritische Würdigung der Rechtslage wieder. Bei der Fortführung einer überschuldeten Gesellschaft ist es für Verwaltungsräte manchmal nicht ganz einfach, sich sowohl klug und angemessen als auch rechtlich korrekt zu verhalten. Empfehlenswerter Artikel für Verwaltungsräte und solche, die es werden wollen.