Trotz Nebenjob kann es schwierig sein, das Studium zu finanzieren. Das gilt laut Claudia Keller, Vorstandsmitglied der Interkantonalen Stipendienkonferenz, vor allem dann, wenn Studentinnen und Studenten auswärts wohnen. Die Eltern sind zwar gemäss Artikel 276 ZGB verpflichtet, für die Erstausbildung ihres Kindes aufzukommen – doch nicht alle sind dazu finanziell in der Lage.
Wer aus einem Elternhaus mit knappem Budget stammt, hat allenfalls Anspruch auf Ausbildungsbeiträge. Zuständig ist grundsätzlich der Kanton, in dem die Eltern wohnen. Ein Anrecht auf Stipendien besteht dann, wenn die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen. Massgebend sind die jeweiligen Gesetze und Verordnungen. Laut Stipendien-Konkordat müssen die Kantone für ein Universitätsstudium einen jährlichen Höchstbetrag von mindestens 16'000 Franken übernehmen.
Bei der Berechnung des Anspruchs wird ein Familienbudget (Elternhaushalt) und bei Studenten mit eigenem Haushalt ein persönliches Budget erstellt. Der Kanton Bern anerkennt bei einem Vierpersonenhaushalt etwa einen Grundbedarf von 25'080 Franken und Wohnkosten von maximal 19'932 Franken. Berücksichtigt werden zudem die Kosten für die Ausbildung, Verpflegung und medizinische Grundversorgung. Den Kosten wird das steuerbare Einkommen der Eltern und des Antragstellers gegenübergestellt (Freibetrag: 6000 Franken).
Je nach Kanton Wartezeiten von mehreren Monaten
Die meisten Kantone verfügen über einen Internetrechner, mit dem ein allfälliger Anspruch festgestellt werden kann. Je nach Kanton dauert es Wochen oder Monate, bis Geld fliesst. 2022 warteten Antragsteller im Kanton Zürich gemäss Medienberichten bis zu ein Jahr auf ihr Geld.
Auf Anfrage von plädoyer erklärt die Pressestelle der Zürcher Bildungsdirektion, den Pendenzenüberhang reduziert zu haben. Die Bearbeitungszeit betrage ab vollständig eingereichtem Gesuch zurzeit noch 95 Tage, also gut drei Monate.
Die kantonalen Gesetze sehen Fristen vor, bis wann für ein Ausbildungsjahr Stipendien beantragt werden können. Im Kanton Zürich etwa muss man das Gesuch spätestens im Monat vor Beginn des Ausbildungsjahres vollständig einreichen, sonst werden die Beiträge gekürzt. Gesuche, die mehr als sechs Monate nach Ausbildungsbeginn gestellt werden, fallen durchs Netz. Der grundlose Abbruch oder ein Wechsel des Studiengangs kann zum gänzlichen oder vorübergehenden Verlust des Anspruchs führen.
Wer kein Anrecht auf Stipendien hat, kann auch bei den Unis Unterstützung beantragen. Der Sozialfonds der Studierendenschaft der Universität Bern etwa vergibt bis zu 5000 Franken pro Person, und die Sozialkasse der Universität Bern unterstützt Studenten in «akuter finanzieller Notlage».
Auch die Uni Basel verfügt über einen Stipendienfonds, der zwischen 1500 und 4000 Franken pro Semester vergibt und einen «Solifonds der Studierenden», der zusätzlich 500 bis 1000 Franken pro Semester auszahlt. Studenten der Uni Freiburg können sich an «Uni-Sozial» wenden. Die Stelle berechnet den Bedarf und übernimmt ein allfälliges Defizit.
Die Uni St. Gallen verfügt über einen «Darlehens- und Stipendienfonds», der Stipendien bis zu 13'000 oder 15'000 Franken pro Semester auszahlt. Und an der Uni Zürich können sich Studenten mit knappen Ressourcen und tiefen Elterneinkommen an die Fachstelle Studienfinanzierung wenden. Sie vermittelt Stipendien und Darlehen. Weiter gibt es zahlreiche Stiftungen, die Studenten finanziell unter die Arme greifen.
Rückzahlbare Beiträge statt Stipendien
Statt Stipendien können die Kantone auch Darlehen gewähren. Der Kanton Zürich sieht dies nach Vollendung des 35. Altersjahrs vor. Das Darlehen ist dort spätestens zehn Jahre nach Ausbildungsabschluss zurückzuzahlen, ein Jahr nach Abschluss sieht die Stipendienverordnung einen Darlehenszins von 1,5 Prozent vor.
Die Kantone verteilten 2021 laut dem Bundesamt für Statistik rund 351,5 Millionen Franken als Stipendien (95 Prozent) und 19,7 Millionen Franken (5 Prozent) als Darlehen. Durchschnittlich erhielten die Bezüger 2021 rund 7500 Franken pro Kopf.