Gemischtwirtschaftliche Unternehmen führen eine öffentliche Aufgabe aus, sind aber betriebswirtschaftlich nach den Regeln der Privatwirtschaft organisiert. In der Schweiz kommen sie in verschiedenen Bereichen vor. Als Beispiele seien genannt die schweizerische Nationalbank und Kantonalbanken sowie viele öffentliche Versorger für Wasser und Elektrizität.
Besondere Bedeutung haben gemischtwirtschaftliche Unternehmen vor allem auch im Bereich der Sozialversicherungen. Ihre Tätigkeit beruht immer auf einem Gesetz mit mehr oder weniger weit gehenden Regulierungen. Die Krankenversicherungen zum Beispiel sind meistens Aktiengesellschaften, die für die obligatorische Grundversicherung dem KVG und für die Zusatzversicherung dem VVG unterstellt sind. Sie sind betriebswirtschaftlich organisiert und müssen sich dem Wettbewerb in einem offenen Markt stellen.
In der AHV/IV/EO wird die Verwaltung von kantonalen Ausgleichskassen und solchen von Arbeitgeberorganisationen und Branchenverbänden abgewickelt. Die Verwaltung des Vermögens dieser drei Sozialversicherungen liegt in den Händen des Ausgleichsfonds Compenswiss. Er ist gesetzlich als selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt gestaltet, die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen organisiert und im Handelsregister eingetragen ist.
Die obligatorische Unfallversicherung wird von der selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt Suva und von Privatversicherungen betrieben. Letztere sind bezüglich des obligatorischen Geschäfts dem UVG und bei den Zusatzversicherungen dem VVG unterstellt.
In der beruflichen Vorsorge sind rund 1700 Pensionskassen tätig, die meistens in der Rechtsform von Stiftungen organisiert sind. Zusätzlich kommen ein Dutzend Kollektiv-Lebensversicherer dazu, die vor allem über ihre eigenen Sammelstiftungen das BVG-Geschäft nach den Regeln des privatrechtlichen VVG betreiben und deshalb auch nicht der Aufsicht des Bundesamts für Sozialversicherungen, sondern der Finma unterstellt sind.
Die öffentlichen Verwaltungen sind dem Legalitätsprinzip verpflichtet. Privatwirtschaftliche Unternehmen hingegen funktionieren nach dem Leistungs- und Erfolgsprinzip. Sprich: Sie können sich in einem rechtlichen Rahmen mit weniger zwingenden Vorschriften bewegen. Darin liegt wohl der Grund für die Privatisierung öffentlicher Aufgaben: Privatwirtschaftliche Unternehmen können durch Initiative, Leistung, Innovationskraft sowie rationelle Betriebsführung qualitativ hochstehende Produkte zu günstigen Kosten liefern. Sie müssen eine hohe Effizienz erreichen, wenn sie am freien Markt überhaupt bestehen wollen. Das bedeutet aber nicht, dass öffentliche Verwaltungen grundsätzlich ineffizient sind. In der Schweiz ist wegen des Systems des Service public eher das Gegenteil der Fall – abgesehen von wenigen Ausnahmen sind dort die Anstellungsbedingungen ähnlich wie in der Privatwirtschaft.
Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben ist aber kein Garant für das Funktionieren entsprechender privatwirtschaftlicher Unternehmen. Deshalb sollte man keine Hemmungen haben, Privatisierungsprojekte zu überdenken oder gar abzubrechen, wenn deren Träger aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage sind, sich genügend effizient zu verhalten.
Die AHV-Ausgleichskassen sind effiziente Dienstleister, die stark rationalisiert und digitalisiert sind und deshalb auch sehr kostengünstig arbeiten. Der Ausgleichsfonds Compenswiss verwaltet die angelegten Gelder nach den professionellen Best-Practice-Grundsätzen der Finanzindustrie und erzielt ansprechende Resultate.
Ein anderes Bild zeigt sich bei den IV-Stellen. Sie müssen als reine Verwaltungsbehörden in jedem Einzelfall eine juristisch hieb- und stichfeste Verfügung erlassen. Dabei ist aber gerade die Wiedereingliederung als Hauptaufgabe der Invalidenversicherung wegen ihren fast unbegrenzten Möglichkeiten ein kaum legiferierbares und noch weniger justiziables Gebiet.
Invaliden Menschen wird heute oft ein jahrelanges Spiessrutenlaufen zugemutet: von den IV-Stellen über die medizinischen Begutachtungsstellen bis zu den kantonalen Versicherungsgerichten und schliesslich dem Bundesgericht. Angesichts dessen denkt man mit Wehmut an die in den Neunzigerjahren aufgehobenen IV-Regionalstellen für berufliche Eingliederung zurück. Dort taten hochmotivierte Eingliederungsexperten mit viel Einsatz und Kreativität das, was sie aus ihrer Erfahrung für das Richtige hielten. So erzielten sie manchmal innert kurzer Zeit einen Erfolg – zum Beispiel eine invalidengerechte Tätigkeit beim bisherigen Arbeitgeber.
Gerade auch unter dem Kostenaspekt wäre es wohl eine Überlegung wert, ob man bei der IV nicht wieder zum alten System der privatwirtschaftlich organisierten Wiedereingliederung zurückfinden sollte. Dies umso mehr, als man bei der Arbeitslosenversicherung mit den Regionalstellen für die Arbeitsvermittlung ausgezeichnete Ergebnisse erzielte.
Die beiden grossen Sozialreformen der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts brachten das Obligatorium der Unfallversicherung und der beruflichen Vorsorge für alle Angestellten. In beiden Fällen wurden neben der Suva und den damals noch rund 13 000 Pensionskassen auch Privatversicherer eingebunden. Die Überzeugung auch hier: Die Privatwirtschaft kann derartige öffentliche Aufgaben besser erfüllen als eine öffentliche Trägerschaft. Mit der Marktöffnung zugunsten der Privatversicherer wollte man deshalb mehr Wettbewerb herbeiführen und so die Effizienz sowie vor allem das Kosten-Nutzen-Verhältnis auch bei den öffentlichen Trägerschaften verbessern.
Im Bereich des UVG-Obligatoriums stellt sich die Situation heute so dar, dass die Suva bei hoher Qualität ihrer Sach- und Betreuungsleistungen der Verunfallten nur 5 Prozent der Prämien für Verwaltungskosten aufwendet. Derselbe Kostensatz liegt bei den privaten UVG-Versicherern bei zirka 18 Prozent, ist also dreieinhalbmal so hoch wie bei der Suva. Dabei ist aus den Kreisen dieser Versicherer immer wieder zu hören, das obligatorische Geschäft bringe nur geringe Gewinne oder sogar Verluste. Man betreibe das obligatorische Geschäft nur, um das lukrative UVG-Zusatzgeschäft nicht zu verlieren.
Dieses schlechte Kosten-Nutzen-Verhältnis in beiden Bereichen könnte nun überwunden werden, indem nicht nur ein kleiner Kreis von rund einem Dutzend Privatversicherer zum UVG-Geschäft zugelassen würde, sondern der Markt vollständig liberalisiert und auch die Suva als ein nach betriebswirtschaftlichen Massstäben geführtes Unternehmen als Konkurrent zugelassen würde. Das ist aber offensichtlich politisch nicht erwünscht.
Im Bereich der beruflichen Vorsorge betreiben heute noch zwölf Lebensversicherer das sogenannte Kollektivgeschäft im Wettbewerb mit knapp 1700 Pensionskassen. Die Kollektivversicherer konnten dem Gesetzgeber weismachen, dass ihre Erträge zu gering ausfallen würden. Deshalb hat man ihnen das bis heute in der Versicherungsaufsichtsverordnung (VAO) verankerte Modell zugestanden. Folge: Für die Gewinnermittlung waren und sind nicht mehr wie in jeder sonstigen Betriebsrechnung die Parameter Aufwand und Ertrag massgebend. Nein, es werden nur noch einseitig gewisse Erträge und Kosten zu einer einzigen sogenannten Überschussquote addiert, wobei maximal 10 Prozent dieser Quote an die Versicherer ausbezahlt werden dürfen. Damit ist ein betriebswirtschaftliches Unding und ein ineffizientes System entstanden, das offensichtlich die falschen Anreize setzt und die Prämienabzocke geradezu zur Corporate Governance der Kollektivversicherer macht.
Ein solches Modell hat gar nichts mehr mit freier Markwirtschaft tun, sondern im Gegenteil mit sozialistischer Planwirtschaft – mit allen dazugehörenden Nachteilen wie Ineffizienz, Selbstbereicherung usw. Das ersieht man auch daran, dass der Anteil der Kollektivversicherer an der Überschussquote regelmässig das Doppelte des eigentlich erwirtschafteten betriebswirtschaftlichen Gewinns beträgt. Die Ausschüttung ist damit nichts anderes als eine Subvention. Den Parlamentariern fiel dies wohl deshalb leicht, weil es nicht die Staatskasse belastet, sondern «nur» das Portemonnaie von über zwei Millionen Angestellten sowie Zehntausenden von kleineren und mittleren Unternehmen. Dieses System, das die Erzeugung von möglichst hohen Unkosten mit einer noch höheren Gewinnzuweisung belohnt, hat den Wettbewerb unter den Kollektivversicherern vollständig zum Erlahmen gebracht.
Fazit: Die Privatisierung im Bereich des UVG und des BVG brachte also zumindest bei den Versicherern nicht die bestmögliche Effizienz in der Betriebsführung und den höchstmöglichen Nutzen für die Zwangsversicherten. Die Kollektivversicherer profitierten über das Verantwortbare hinaus von einer Gesetzgebung, die nur ihr Wohl berücksichtigt, nicht aber jenes der Versicherten. Dabei sind die Privatversicherungen für das Funktionieren der Sozialversicherungen gar nicht zwingend notwendig.
Das zeigen gerade die zwölf Kollektivversicherer, von denen sich fünf aus dem Sparprozess mit der Verwaltung der Konten der aktiven Versicherten und den Altersrenten verabschiedet haben, weil dieses Geschäft für sie zu risikoreich sei. Deshalb wollen sie nun nur noch die kollektive Invalidenversicherung sowie die Todesfallversicherung weiterführen. Nach ihrer Logik ist es aber selbstverständlich, dass sie weiterhin von der erwähnten massiven Subventionierung profitieren und sich nicht mit den betriebswirtschaftlichen Gewinnen begnügen wollen.
Stossend dabei: Die Finma genehmigt alle entsprechenden Verträge zwischen den Kollektivversicherern und ihren meistens konzerneigenen Sammelstiftungen. Dabei müsste man sich die Frage stellen, ob diese Pensionskassen die Todesfall- und die Invaliditätsversicherung nicht auch auf dem freien Markt aller Privatversicherer zu marktüblichen und damit wesentlich tieferen Preisen abschliessen könnten. Auch die Revisoren der Sammelstiftungen und das Bundesamt für Sozialversicherung hätten sich fragen können, ob diese Vorsorgeeinrichtungen ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen, dass solche Verträge unter Nahestehenden zu marktüblichen Bedingungen abgeschlossen werden müssen.
Die selbständigen Pensionskassen wiederum leiden unter Gesetzen, Verordnungen und anderen Regulierungen, die eine betriebswirtschaftlich effiziente Verwaltung und Vermögensanlage zum Vornherein verunmöglichen. Nur eine Neuausrichtung mit einem radikalen Systemwechsel in der zweiten Säule kann den Versicherten den Höchstnutzen garantieren, auf den sie als Zwangsversicherte einen unbedingten Anspruch haben.
Mit einer selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt – ähnlich dem AHV-Ausgleichsfonds Compenswiss – könnte eine Trägerschaft geschaffen werden, die fast vollkommen regulierungsfrei arbeitet, weil Verwaltungsrat und Geschäftsführung eigenverantwortlich und nach rein betriebswirtschaftlichen Regeln der Best Practice eines Finanzdienstleisters den bestmöglichen Ertrag für die aktiven Vorsorger und die Rentner erwirtschaften könnten.
Durch die Schaffung eines solchen Grossfonds könnten auch die Kosten der Verwaltung in der zweiten Säule deutlich gesenkt werden, wenn man diese an die AHV-Ausgleichskassen auslagern würde, welche dann gleichzeitig die Abrechnung und das Prämieninkasso für die erste und zweite Säule der Sozialversicherungen übernehmen könnten.