Leistungspflicht für Unfallfolgen im Jugendsport
Bei einer «Jugend und Sport»-Veranstaltung stürzte ein Jugendlicher von einem Felsen. Die Militärversicherung anerkannte ihre Leistungspflicht. Fast 30 Jahre später meldete sich der Verunfallte wegen fortgeschrittener Arthrose im Sprunggelenk wieder bei der Versicherung. Die Abteilung Militärversicherung der Suva verneinte einen Anspruch auf Taggelder und Rentenleistungen. Falsch, sagt das Bundesgericht: War die ursprüngliche Schädigung nach damaligem Recht versichert, so besteht auch in Fällen eine Leisgungspflicht, die nach heutigem Recht nicht mehr versichert sind.
Bundesgericht 8C_86/2018 vom 9.5.2018
Mindestverkaufspreise verletzen Kartellgesetz
Die Altimum SA, Generalimporteurin für Bergsportartikel wie Stirnlampen, Gurtzeug, Helme oder Eispickel, hat das Kartellrecht verletzt, weil sie ihren Wiederverkäufern Mindestverkaufspreise vorschrieb. Das Bundesgericht sah darin eine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Die Preisabrede lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass sie die Kundenberatung verbessere und die «Trittbrettfahrer-Problematik» (zuerst Beratung im Fachgeschäft – Kauf später beim günstigeren Anbieter) entschärfe.
Bundesgericht 2C_101/2016 vom 18.5.2018
Parteizugehörigkeit: Kein Anschein der Befangenheit
Im Streit um einen Führerscheinentzug kritisierte ein Beschwerdeführer den Geschäftsverteilungsplan am Bundesgericht. Er lehnte Bundesrichter Peter Karlen wegen Verstosses gegen Art. 6 der EMRK ab, da dieser Mitglied der SVP sei. Diese Partei habe die Selbstbestimmungsinitiative lanciert. Daher sei nicht gewährleistet, dass Bundesrichter Karlen den geltend gemachten Verstoss gegen Art. 6 EMRK unbefangen und unbeeinflusst behandeln werde. Das sahen die Richter anders: «Die Zugehörigkeit eines Richters zu einer bestimmten politischen Partei begründet für sich allein keinen Anschein der Befangenheit.»
Bundesgericht 1C_634/2017 vom 10.4.2018
Beim Kinderunterhalt zählen die Lebenshaltungskosten
Der Unterhalt der Eltern für ihre Kinder wurde per 1. Januar 2017 neu geregelt. Erfasst werden dabei nicht nur direkte Kosten, wie die Betreuung des Kindes durch eine Drittperson, sondern auch indirekte Kosten für die Kinderbetreuung durch einen Elternteil (Betreuungsunterhalt). Die finanziellen Folgen aus dem Zeitaufwand für die Kinderbetreuung durch einen Elternteil sollen auf diese Weise unabhängig vom Zivilstand der Eltern gemeinsam getragen werden. Zur Bemessung wird die Lebenshaltungskosten-Methode herangezogen. Der Betreuungsunterhalt bemisst sich insofern nicht nach dem Einkommen der zahlungspflichtigen Person, sondern nach den Bedürfnissen des betreuenden Elternteils. Diesem soll finanziell ermöglicht werden, sich um das Kind zu kümmern.
Bundesgericht 5A_454/2017 vom 17.5.2018
Kein Ausschluss der Presse bei Sohn eines Bundesrats
Gerichtsberichterstattern kommt eine wichtige Wächterrolle zu, da die Kontrolle durch die Öffentlichkeit für gewöhnlich erst durch die vermittelnde Tätigkeit der Medien gewährleistet werden kann. Gerade dann, wenn der erwachsene Sohn eines Bundesrats vor Gericht steht, besteht ein gewichtiges öffentliches Interesse, dass durch die Teilnahme von akkreditierten Journalisten die öffentliche Kontrolle über das korrekte Funktionieren der Justiz sichergestellt wird. Als Beschuldigter hat der Betroffene die mit einer öffentlichen Verhandlung verbundenen psychischen Belastungen und Konsequenzen hinzunehmen. Dem Persönlichkeitsschutz kann mittels Auflagen an die zugelassenen Gerichtsberichterstatter Rechnung getragen werden. Ihnen kann etwa verboten werden, persönliche Daten wie Vornamen, Alter und Wohnsitz zu publizieren und Fotos zu veröffentlichen.
Bundesgericht 1B_87/2018 vom 9.5.2018
Willkürliche Kostenauflage an SBB nach Personenunfall
Die SBB muss nach einem Personenunfall (Suizid) beim Bahnhof Affoltern am Albis nicht für den Einsatz der Feuerwehr im Umfang von weit über 10 000 Franken aufkommen. Das Zürcher Verwaltungsgericht hatte sich für die Kostenauferlegung zulasten der SBB auf § 28 des kantonalen Gesetzes über die Feuerpolizei und das Feuerwehrwesen gestützt. Diese Bestimmung sieht vor, dass bei einem Unfall im Strassen-, Schienen-, Schiffs- oder Luftverkehr der Halter eines Fahrzeugs die Kosten für einen Feuerwehreinsatz trägt. Im konkreten Fall ist die Auferlegung der Kosten laut Bundesgericht willkürlich.
Bundesgericht 2C_1096/2016 vom 18.5.2018
Keine Bürgschaft, sondern Schuldübernahme
Eine Aktiengesellschaft und eine Privatperson mieteten über mehrere Jahre eine Villa und ein Bootshaus zu einem indexierten Mietzins von total über 45 000 Franken pro Monat. Im Mietvertrag fand sich unter dem Titel «Depot» die Klausel: «Auf ein Mietzinsdepot wird verzichtet. Die Privatperson haftet persönlich und solidarisch mit der Mieterin für sämtliche Forderungen und Ansprüche aus dem vorliegenden Mietverhältnis.» Nach einigen Jahren blieben die Mietzahlungen aus. Die Vermieter kündigten den Vertrag und forderten von der Privatperson die ausstehenden Mietzinse von über 200 000 Franken ein. Laut Bundesgericht war dies rechtens. Die Klausel stelle angesichts der Geschäftsgewandtheit der Privatperson, deren Eigeninteressen und dem Wortlaut der Klausel keine Bürgschaft, sondern eine kumulative Schuldübernahme dar.
Bundesgericht 4A_624/2017 vom 8.5.2018
Fahrlässige Tötung durch Medikamentenabgabe
Die Freiburger Justiz hat einen Psychiater zu Recht wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu 120 Franken verurteilt. Er hatte einem süchtigen Insassen einer Strafanstalt eine tägliche Dosis von 80 mg Methadon und 30 mg Valium sowie weitere Arzneimittel verschrieben. Wenige Tage später starb der Mann. Die Autopsie sowie die gerichtsmedizinischen und toxikologischen Expertisen ergaben eine Mischvergiftung durch Methadon und Valium im Zusammenwirken mit weiteren psychotropen Substanzen als Todesursache.
Bundesgericht 6B_31/2018 vom 22.5.2018
Immission durch Kampfjets nicht widerrechtlich
Die Stiftung «Giessbach dem Schweizervolk» und weitere Beteiligte sind mit ihrer Beschwerde gegen die Lärm- und Schadstoffimmissionen durch Flüge von F/A-18- und Tiger-Kampfjets im Raum Meiringen und Umgebung gescheitert. Allerdings stellt das Verfahren einen ersten, notwendigen Schritt im Hinblick auf eine Gesamtbetrachtung aller Fluglärmimmissionen im Rahmen eines Sanierungsverfahrens betreffend den Flugplatz Meiringen dar. In diesem Verfahren müssen alle Lärmimmissionen berücksichtigt werden, die unmittelbar mit dem Militärflugplatz Meiringen verbunden sind, also auch Schiessübungen auf der Axalp.
Bundesgericht 1C_547/2017 vom 16.5.2018
Pro Litteris mit zu hohen Pensionskassenbeiträgen
Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum ist bei Pro Litteris zu Recht eingeschritten und hat die Verwertungsgesellschaft korrekterweise angewiesen, ergänzende Lohnzahlungen an drei ehemalige Geschäftsleitungsmitglieder teilweise zurückzufordern. Der Vorstand der Pro Litteris hatte 2007 zusätzliche Lohnzahlungen für drei Mitglieder der Geschäftsleitung beschlossen, damit sich diese in eine Sammelstiftung der beruflichen Vorsorge einkaufen können, um dereinst höhere Renten zu erhalten. Diese ausserordentlichen Zuwendungen liegen laut Bundesverwaltungsgericht nicht im Interesse der Mitglieder. Das Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Bundesverwaltungsgericht B-5220/2014 vom 7.5.2018
Durch Anwalt verpasste Frist bindet auch Klienten
Nach einem Strassenverkehrsdelikt – einer Geschwindigkeitsüberschreitung – beauftragte ein Klient seinen Anwalt, fristgerecht Einsprache zu erheben. Der Anwalt verpasste die Frist, worauf der Klient um Wiederherstellung derselben ersuchte. Dies mit der Begründung, gemäss Art. 94 Abs. 1 StPO könne eine säumige Partei eine Wiederherstellung verlangen, wenn ihr aus dem Säumnis ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwächst und sie glaubhaft darlegt, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft. Das Bundesgericht sah die Voraussetzungen nicht erfüllt: «Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, indem sie hier, bei einer Übertretung, das Vorliegen einer notwendigen Verteidigung verneint, von einer Bagatelle ausgeht und das Fristversäumnis durch den Anwalt des Beschwerdeführers diesem anlastet.»
Bundesgericht 6B_1108/2017 vom 20.4.2018