Journalist beging keine Wahlfälschung
Ein Journalist aus der Westschweiz hat keine Wahlfälschung begangen, weil er bei einer eidgenössischen Abstimmung zweimal elektronisch abgestimmt hat. Der Journalist hatte die Unterlagen doppelt bekommen – einmal als Auslandschweizer, dann nach seinem Umzug in die Schweiz. Obwohl er vor Bundesstrafgericht angab, er habe mit der zweifachen Stimmabgabe eine Schwachstelle im Informatiksystem bei Wahlen und Abstimmungen offenlegen wollen, verurteilte ihn das Gericht zu zwei Tagessätzen à 200 Franken Geldstrafe. Das Bundesgericht hat den Journalisten nun freigesprochen, weil es ihm nie um Wahlfälschung gegangen sei; er hatte die Staatskanzlei drei Stunden nach der doppelten Stimmabgabe informiert.
Bundesgericht 6B_604/2017 vom 18.4.2018
Laienbeschwerde darf länger sein als Anwaltsbeschwerde
Weil eine Schülerin nicht gegen Masern geimpft war und Kontakt mit einer an Masern erkrankten Person hatte, wurde sie vom St. Galler Gesundheitsdepartement ohne Anhörung zwei Wochen von der Schule ausgeschlossen. Das Verwaltungsgericht beanstandete eine dagegen eingereichte Laienbeschwerde von 57 Seiten als zu weitschweifig und forderte eine Reduzierung auf 11 bis 12 Seiten. Weil die darauf eingereichte Beschwerde immer noch 30 Seiten umfasste, trat das Verwaltungsgericht wie angedroht nicht darauf ein. Zu Unrecht, wie nun das Bundesgericht entschieden hat. Da es sich um eine Grundrechtseinschränkung der Grundschulfreiheit handle, sei die geforderte Reduzierung auf einen Fünftel zu restriktiv. Bei Laienbeschwerden dürfe nicht derselbe Massstab wie bei Anwaltsbeschwerden angelegt werden.
Bundesgericht 2C_676/2017 vom 20.3.2018
Kokainkontaminiertes Bargeld zu Recht eingezogen
Die Schaffhauser Justiz hat trotz Einstellung des Strafverfahrens wegen Geldwäscherei und Drogenhandels zu Recht 350 000 britische Pfund eingezogen, die das Zollamt Thayngen in einem Fahrzeug bei einer Zollkontrolle in einem Koffer fand. Das in kleine Banknoten gestückelte Bargeld war gebündelt und in zwei Kleidervakuumsäcken verpackt. Untersuchungen ergaben, dass das Geld stark mit Kokain kontaminiert und somit deliktischer Herkunft war. Die Behauptung der «Eigentümerin», ihr Geld stamme aus einem Handel mit Luxusuhren mit Personen in den USA und in Hongkong, erachtete auch das Bundesgericht als reine Schutzbehauptung. Es sei unerfindlich, wieso der Handel dort in britischen Pfund, bar und in kleiner Stückelung erfolgt sein sollte.
Bundesgericht 6B_220/2018 vom 12.4.2018
Schliessung einer Poststelle ist nicht anfechtbar
Der Entscheid, ob eine Poststelle zu schliessen, in eine Agentur umzuwandeln oder zu verlegen ist, liegt bei der Post. Der Umwandlungsentscheid kann nicht vor Gericht angefochten werden. Allerdings ist die Post verpflichtet, vor dem endgültigen Entscheid mit der betroffenen Gemeinde eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Kommt keine Lösung zustande, kann die Gemeinde die Postcom anrufen, welche dann überprüft, ob die Post den Zugang zur Grundversorgung weiterhin gewährleistet. Die Postcom gibt eine Empfehlung ab, bevor die Post definitiv entscheidet. Die Empfehlung der Postcom ist keine Verfügung, weshalb das Bundesverwaltungsgericht nicht auf eine Beschwerde einer Gemeinde eingetreten ist. Das Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Bundesverwaltungsgericht A-6351/2017 vom 26.4.2018
Unverhältnismässige Zwangsmassnahmen
Die Zürcher Justiz führte eine Strafuntersuchung wegen Urkundenfälschung und Übertretung des Heilmittelgesetzes gegen eine Person, die in einer Apotheke ein gefälschtes ärztliches Gutachten vorgelegt hatte, um eine rezeptpflichtige antibakterielle Hautcreme zu beziehen. Im Zuge dieses Verfahrens wurde der Mann an seiner Arbeitsstelle verhaftet. Die Polizei vollzog eine «Not»-Hausdurchsuchung – also ohne Durchsuchungsbefehl der Staatsanwaltschaft – und beschlagnahmte einen Laptop, eine externe Festplatte und ein Mobiltelefon. Angesichts der strafrechtlich nicht gravierenden Vorwürfe haben Polizei und Staatsanwaltschaft nach Meinung des Bundesgerichts «auffallend massive Zwangsmassnahmen angewendet, die empfindlich in die persönliche Freiheit und in die Privatsphäre» eingreifen. Sie erweisen sich als «unverhältnismässig und bundesrechtswidrig». Auch die «Not»-Hausdurchsuchung war gesetzeswidrig, da keine «Gefahr in Verzug» bestand.
Bundesgericht 1B_519/2017 vom 27.3.2018
Unsubstanziiertes Gesuch um Fristerstreckung
Zu einem Kostenvorschuss von 3000 Franken aufgefordert, reichte ein Anwalt ein Fristerstreckungsgesuch ein. Zur Begründung verwies er – ohne Belege – auf einen «grippalen Infekt» und eine «starke Arbeitsüberlastung». Insofern habe mit dem Mandanten ein «notwendiger Besprechungstermin» noch nicht stattfinden können. Zudem machte er «urlaubsbedingte Ausfälle im Sekretariat» geltend. Das Bundesgericht setzte eine Nachfrist von drei Wochen. Doch statt Geld gingen zwei weitere Fristerstreckungsgesuche mit etwa derselben Begründung ein. «Ein derart unsubstanziiertes Gesuch um Fristerstreckung kann jedenfalls bei einer zweiten Nachfrist im Sinne einer Notfrist nicht gutgeheissen werden», befand das Bundesgericht und ist auf die Beschwerde nicht eingetreten.
6B_71/2018 vom 16.3.2018
Verantwortlich für Unfall auf Cresta Run
Der Sekretär und Sicherheitsverantwortliche des Cresta Run in St. Moritz ist von der Bündner Justiz zu Recht wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu einer Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu 100 Franken verurteilt worden. Einem Engländer war vor zehn Jahren bei einem Rennen der rechte Fuss abgetrennt worden, als sein Unterschenkel nach einem Fahrfehler an einen ungesicherten Vierkantholzpfosten eines Sonnensegels prallte. Ungesicherte massive Vierkantpfosten am Rand von Rennbahnen sind nach aller Erfahrung geeignet, einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen. Dass der Skeleton-Fahrer selber einen elementaren oder gar groben Fahrfehler beging, spielt keine Rolle. Mit solchen Fahrfehlern müsse bei an das Limit gehenden Wettkampfsituationen gerechnet werden.
Bundesgericht 6B_1388/2017 vom 4.4.2018