Aarauer Fussballstadion kann gebaut werden
Dem neuen Fussballstadion des FC Aarau steht nichts mehr im Wege. Nach einem langjährigen Streit mit einem Nachbarn hat das Bundesgericht grünes Licht für den Bau gegeben. Die Immissionsgrenzwerte für Strassenverkehrslärm und Luftverunreinigungen sind, wie das Bundesamt für Umwelt festgestellt hat, eingehalten; ein Verstoss gegen Art. 11 Abs. 3 des Umweltschutzgesetzes liegt nicht vor.
Bundesgericht 1C_507/2015 vom 18.5.2016
Schadenersatz wegen Verkehrswertschätzung
Weil sie am Kauf einer Liegenschaft interessiert war, beauftragte eine Frau eine Immobilienfirma mit einer Verkehrswertschätzung. Das Resultat: 580 000 Franken. Im Beschrieb stand, dass auf der Rückseite der Liegenschaft mindestens ein Personenwagen abgestellt werden könne. Die Frau zahlte darauf 620 000 Franken für die Liegenschaft. In der Folge machte sie geltend, die Liegenschaft verfüge nicht über einen rechtlich gesicherten Parkplatz. Das Bundesgericht hat letztinstanzlich bestätigt, dass die Immobilienfirma 45 000 Franken zurückzahlen muss; die Käuferin hatte 145 000 Franken gefordert.
Bundesgericht 4A_612/2015 vom 9.5.2016
Experte musste in den Ausstand
Die Vorschriften über den Ausstand lassen es nicht zu, eine über besonderes Fachwissen verfügende Person in einer Strafuntersuchung zum Ablauf eines Unfalls Stellung beziehen zu lassen und sie hernach als Experten für die Analyse des Hergangs zu ernennen und ein unfalltechnisches Gutachten verfassen zu lassen. Ein solches Vorgehen kann den Anschein erwecken, der Experte sei im Zeitpunkt seiner Ernennung nicht mehr unvoreingenommen beziehungsweise nicht mehr frei, von seiner zuvor in anderer Stellung geäusserten Auffassung abzurücken.
Bundesgericht 1B_196/2015 vom 17.5.2016
Keine guten Gründe für Veröffentlichung geheimer News
Das Zürcher Obergericht hat einen Journalisten des «Tages-Anzeigers» zu Unrecht vom Vorwurf der Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen freigesprochen. Der Journalist hatte Passagen aus dem Entwurf eines Puk-Berichts über die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich auszugsweise zitiert. Laut Bundesgericht ist nicht erkennbar, inwiefern im konkreten Fall gute Gründe bestanden haben könnten (vgl. Entscheid EGMR vom 10.12.2007 Stoll c. Schweiz), Wochen vor Veröffentlichung des Schlussberichts Auszüge aus dem Entwurf zu publizieren.
Bundesgericht 6B_1267/2015 vom 25.5.2016
Zu schnelles Fahren nicht zwingend grobfahrlässig
Das Schwyzer Kantonsgericht hat einen Lenker zu Recht bloss wegen einfacher Verletzung von Verkehrsregeln zu 800 Franken Busse verurteilt. Sein Fahrzeug geriet mit Tempo 100 bei Regen auf der Autobahn bei einem Bremsmanöver ins Schlingern, touchierte die linke Leitplanke, überquerte die gesamte Fahrbahn, kollidierte mit der rechten Leitplanke, überschlug sich und kam auf dem Pannenstreifen zum Stillstand. Das Kantonsgericht befand, dem Lenker könne kein rücksichtsloses oder grobfahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden. Das Bundesgericht schützte diesen Entscheid. Sein Fazit: Der Lenker «reduzierte seine Geschwindigkeit angesichts der konkreten Verhältnisse zwar nicht ausreichend, verhielt sich aber nicht grobfahrlässig».
Bundesgericht 6B_963/2015 vom 19.5.2016
Tessiner Fusionsinitiative ist ungültig
Der Grosse Rat des Kantons Tessin hat die Tessiner Verfassungsinitiative zur Fusion von Locarno mit 17 umliegenden Gemeinden und Bellinzona mit 16 umliegenden Gemeinden zu Recht für ungültig erklärt. Die Initiative verletzt nach Meinung des Bundesgerichts übergeordnetes Recht, weil die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden vor der Abstimmung nicht zum Fusionsprojekt hatten Stellung beziehen können. Die im Jahre 2005 von der Schweiz ratifizierte «Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung» gibt einen Anspruch darauf, dass betroffene Gebietskörperschaften bei jeder Änderung der kommunalen Gebietsgrenzen vorher anzuhören sind, gegebenenfalls in Form einer Volksabstimmung.
Bundesgericht 1C_844/2013 vom 3.6.2016 (schriftliche Begründung ausstehend)
«Love Life»-Kampagne kann weitergehen
Die HIV-Kampagne «Love Life – bereue nichts» des Bundesamts für Gesundheit darf weitergeführt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Beschwerde von 35 Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 17 Jahren abgewiesen. Ihnen und ihren gesetzlichen Vertretern fehlt es an einem schutzwürdigen Interesse, die Einstellung der Kampagne zu verlangen und feststellen zu lassen, die Bild- und Tondarstellungen sexueller Handlungen seien widerrechtlich erfolgt. Sie sind im Vergleich zu andern Kindern und Jugendlichen nicht in besonderem Masse betroffen.
Bundesverwaltungsgericht C-5250/2014 vom 25.4.2016
Ortsbildschutz verhindert Solaranlage
Ein Landwirt aus dem Kanton Obwalden darf im Weiler Obsee bei Lungern keine Fotovoltaikanlage mit integriertem Warmluftdach für die Heubelüftung auf dem Dach eines Ökonomiegebäudes errichten. Der Weiler liegt im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz. Er zeichnet sich durch den intakten bäuerlichen Charakter und die historisch gewachsene Ansammlung von in unregelmässigen Abständen stehenden Holzwohnhäusern und Ökonomiebauten aus, die als Ganzes ein traditionelles und ausgewogenes Ortsbild ergeben, das vor nutzungsfremden, grossvolumigen Elementen zu schützen ist.
Bundesgericht 1C_179 und 1C_180/2015 vom 11.5.2016
Moratorium zur Ausweitung der Bauzonen relevant
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des Bundesamtes für Raumentwicklung gut und untersagt die Neueinzonung von Gewerbeland in der Gemeinde Orbe. Auch dringende Neueinzonungen von Bauland – etwa für den Bau eines Kantonsspitals oder anderer öffentlicher Einrichtungen – müssen durch die Auszonung entsprechender Flächen kompensiert werden. Erst recht gilt dies für ein privates Unternehmen, auch wenn es Arbeitsplätze schafft.
Bundesgericht 1C_562/2015 vom 26.5.2016 (schriftliche Begründung ausstehend)
Keine Lohnerhöhung wegen Absenzen
Ein Kriterium bei der Lohnerhöhung von SBB-Personal ist die Anwesenheit am Arbeitsplatz. Wird die Schwelle einer sechsmonatigen Absenz erreicht, ist eine Lohnerhöhung ausgeschlossen. Absenzen durch Mutterschaftsurlaub dürfen einberechnet werden. Laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist dies zwar eine indirekte Diskriminierung im Sinne von Art. 3 des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Mann und Frau. Sie ist aber gerechtfertigt und verhältnismässig, zumal der Mutterschaftsurlaub nur vier Monate dauert.
Bundesverwaltungsgericht A-6157/2014 vom 19.5.2016
Messie-Mutter verliert Obhut über ihr Kind
Die Kesb einer Baselbieter Gemeinde hat einer Mutter zu Recht provisorisch das Aufenthaltsbestimmungsrecht über ihr Kind entzogen und das Kind vorläufig beim Vater platziert. Die Behörden fanden in der Wohnung der Frau einen Mann unter Drogeneinfluss, in dessen Zimmer sich sichtbar diverse Waffen und Munition befanden. Die Zimmer und der Eingangsbereich waren mit Unrat überstellt. Angesichts der unordentlichen, unhygienischen und desolaten Wohnverhältnisse sieht auch das Bundesgericht keine mildere Massnahme, um der bestehenden Kindeswohlgefährdung zu begegnen.
Bundesgericht 5A_70/2016 vom 25.4.2016
Strassenrodeln ist relatives Wagnis
Die Suva hat einem Mann, der beim Strassenrodeln gestürzt ist und sich einen mehrfachen Beinbruch zuzog, zu Recht die Geldleistungen um 50 Prozent gekürzt. Strassenrodeln ist in den Augen des Bundesgerichts zwar kein absolutes Wagnis, kann aber ein relatives Wagnis sein, wenn ein Versicherter die üblichen Vorsichtsgebote nicht einhält und als Anfänger einen Parcours für erfahrene Schlittler absolviert.
Bundesgericht 8C_638/2015 vom 9.5.2016
Dritte Säule: Nur kleiner Abzug für Anwalt
Ein Rechtsanwalt, der selbständigerwerbend ist und daneben als Unselbständigerwerbender diversen Nebentätigkeiten nachgeht, unter anderem an der Hochschule Luzern, und deshalb bei der Vorsorgeeinrichtung des Kantons Luzern berufsvorsorgeversichert ist, kann bei der dritten Säule steuertechnisch nur den «kleinen» Abzug vornehmen. Der Anwalt hatte argumentiert, bei kombinierter Erwerbstätigkeit müsse im Rahmen der selbständigen Erwerbstätigkeit die Säule 3a «gross» zugelassen werden. Laut Bundesgericht ist für die Gewährung des «grossen» Abzuges einzig massgebend, dass der Steuerpflichtige keiner Vorsorgeeinrichtung nach Art. 80 BVG angehört. Diese schematische Lösung könne sich zwar nachteilig auswirken, eine Ungleichbehandlung zwischen Selbständigerwerbenden und Arbeitnehmern bewirke sie jedoch nicht.
Bundesgericht 2C_22/2016 vom 21.4.2016
Altlastensanierung nicht auf Bundeskosten
Die Eidgenossenschaft gilt nicht als unmittelbare Verursacherin der Bleibelastung des Bodens durch ausserdienstliche Schiesspflichten. Sie haftet deshalb nicht für allfällige Sanierungskosten dieser Umweltbelastung. Allerdings erhalten die Kantone einen pauschalen Beitrag aus dem Altlastenfonds des Bundes; eine erweiterte Kostentragungspflicht trifft die Eidgenossenschaft nicht.
Bundesgericht 1C_223/2015 vom 23.3.2016
Ohne Licht gefahren: Volle Haftung
Fährt ein Autolenker bei Dunkelheit und heftigem Regen ohne Licht und kommt es zu einem Unfall mit einem nicht vortrittsberechtigten Fahrzeug, kann seine Haftungsquote nach Art. 61 des Strassenverkehrsgesetzes bis zu 100 Prozent betragen. Im konkreten Fall hatte die Unfallgegnerin ihr Fahrzeug bei der Einmündung in die vortrittsberechtigte Strasse vollständig angehalten, beim Einbiegen in die Hauptstrasse das ohne Licht fahrende Auto jedoch nicht gesehen. Der Unfall war eindeutig auf die fehlende Beleuchtung des auf der Hauptstrasse fahrenden Lenkers zurückzuführen; der Lenkerin konnte kein unfallkausales Selbstverschulden am Unfall nachgewiesen werden.
Bundesgericht 4A_640/2015 vom 13.4.2016