Gewässerschutz verhindert Neubau
In peripheren Gebieten, die an ein Gewässer angrenzen, besteht regelmässig kein öffentliches Interesse an einer verdichteten Überbauung des Gewässerraums. Der minimale Raumbedarf des Gewässers muss daher respektiert werden, weshalb keine Ausnahmebewilligung nach Gewässerschutzrecht erteilt werden kann. Fall eines Grundeigentümers, der ein Einfamilienhaus am oberen Zürichsee durch ein erheblich grösseres ersetzen wollte.
Bundesgericht 1C_473/2015 vom 22.3.2016
Wettbewerbsneutralität hochgehalten
Eine öffentlich-rechtliche Anstalt – hier die Universität Zürich – darf an einem Vergabeverfahren des Bundesamtes für Kommunikation teilnehmen. Allerdings verlangt der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität, dass in solchen Fällen detailliert geprüft wird, ob nicht von einem quersubventionierten Unterangebot auszugehen ist. Im konkreten Fall wurde bemängelt, dass der Aufwand des Projektleiters zwar eingerechnet, aber diese Kosten nicht in Rechnung gestellt worden sind.
Bundesverwaltungsgericht B-3797/2015 vom 13.4.2016
Festsetzung eines Heliports ist Bundesaufgabe
Militärische wie zivilaviatische Angelegenheiten fallen in die ausschliessliche Kompetenz des Bundes. Dementsprechend ist die Festsetzung eines Heliports mit Bundesbasis – hier auf dem Flugplatz Dübendorf ZH – eine Bundesaufgabe. Der Bund erstellt die behördenverbindlichen Sachpläne. Der Beschluss des Kantonsrats zur Teilrevision des Richtplans kann, soweit der Heliport tangiert ist, erst nach einem Entscheid des Bundesrats beim Bundesgericht angefochten werden.
Bundesgericht 1C_388/2015 vom 23.3.2016
Verhalten eines Amtsarztes muss geprüft werden
Nach einer schweren Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz musste sich ein Lenker vom Amtsarzt untersuchen lassen. Dabei wurden dem 85-Jährigen kognitive Defizite und ein Parkinsonsyndrom attestiert. Dies führte zu einem Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit. Der Mann liess sich daraufhin in einer Klinik für Neurologie untersuchen. Dabei wurden keine Hinweise auf eine Parkinsonerkrankung gefunden. Auch eine im Juli 2014 durchgeführte verkehrspsychologische Begutachtung ergab eine positive Beurteilung. Nun müssen die St. Galler Strafverfolgungsbehörden gegen den Amtsarzt wegen fahrlässiger Urkundenfälschung ermitteln.
Bundesgericht 1C_587/2015 vom 10.3.2016
Keine Amtshilfe bei Gruppenanfragen
Gestützt auf das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den Niederlanden (DBA-NL) stellten die holländischen Behörden ein Amtshilfegesuch, um Bankdaten von Kunden der UBS zu erhalten. Sie nannten keine Kundennamen, sondern nur die Kriterien zur Identifikation der betreffenden UBS-Kunden. Dies ist unzulässig, denn gemäss dem klaren Wortlaut des Protokolls zum DBA-NL sind Gruppenuntersuchungen ohne Namensnennung ausgeschlossen. Das Bundesverwaltungsgericht beschloss, dass die Bankdaten des beschwerdeführenden UBS-Kunden nicht übermittelt werden dürfen.
Bundesverwaltungsgericht A-8400/2015 vom 21.3.2016
Entschädigung bei direktem Überflug
Nach Einführung der «Ostanflüge» auf Piste 28 ersuchten zahlreiche Grundeigentümer um Entschädigung für den Minderwert ihrer Liegenschaften. In acht Pilotfällen hat nun das Bundesgericht über Grundsatzfragen entschieden. In der Regel ist bei direktem Überflug der Minderwert des ganzen Grundstücks zu entschädigen und nicht nur der des direkt überflogenen Teils. Zur Berechnung des lärmbedingten Minderwerts von Ertragsliegenschaften ist weiterhin das Modell der Eidgenössischen Schätzungskommission anzuwenden. Für nicht lärmbedingte Einwirkungen des Überflugs – etwa Bedrohlichkeit, Lichteinwirkung – wird ein Zuschlag fällig.
Bundesgericht 1C_256 – 263/2014 vom 17.3.2016
Unfall mit überbreitem Landwirtschaftsfahrzeug
Auf unübersichtlichen Strassen ist das Rechtsfahrgebot strikt einzuhalten. Wo mit entgegenkommenden Fahrzeugen zu rechnen ist, die nicht auf Distanz wahrgenommen werden können, muss von vornherein der zum Kreuzen notwendige Zwischenraum in der Mitte der Strasse freigelassen werden. Fall eines Lenkers, der im Scheitelpunkt einer unübersichtlichen Rechtskurve mit 80 km/h an der Mittellinie fuhr, mit einem überbreiten landwirtschaftlichen Fahrzeug zusammenstiess und wegen Verletzung des Rechtsfahrgebots zu 800 Franken Busse verurteilt wurde.
Bundesgericht 6B_801/2015 vom 22.2.2016
Kein Ausweisentzug für Chauffeur
Aus eher geringen Verstössen gegen die Pausen- und Ruhezeitvorschriften kann nicht automatisch geschlossen werden, dass der Chauffeur in übermüdetem und damit fahrunfähigem Zustand gefahren ist. Ein Ausweisentzug ist nicht gerechtfertigt. Fall eines Chauffeurs, der eine Lenkpause 15 Minuten zu spät eingeschaltet bzw. nur eine Ruhezeit von etwas mehr als sechs statt der nötigen neun Stunden eingehalten hatte.
Bundesgericht 1C_407/2015 vom 25.2.2016
Keine Mehrfachverteidigung erlaubt
Im Strafprozess ist ausgeschlossen, dass ein Anwalt im gleichen Verfahren zwei oder mehrere Angeschuldigte vertritt, da eine Doppelvertretung bei objektiver Betrachtung stets die Möglichkeit eines Interessenkonflikts in sich birgt. Das Bundesgericht lässt eine Mehrfachverteidigung nur in Ausnahmefällen zu, etwa dann, wenn die Mitbeschuldigten durchwegs identische und widerspruchsfreie Sachverhaltsdarstellungen geben und ihre Prozessinteressen nicht divergieren.
Bundesstrafgericht SN.2016.3 vom 25.2.2016
Ungewöhnliche Verjüngungskur abgelehnt
Wegen traumatischer Erlebnisse durch sexuellen Missbrauch in derJugend forderte eine heute 34-jährige Frau, ihre Geburt sei um zehn Jahre zurückzudatieren. Durch diese Ereignisse befand sich die Frau laut eigener Aussage aufgrund gesundheitlicher Probleme während Jahren in einer Art Wachkoma. Ihre Erkrankung habe zu einer psychosozialen Entwicklungsverzögerung geführt, sodass ihr Alter nicht der Entwicklungsstufe Gleichaltriger entspreche. Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen. Wurde der richtige Geburtszeitpunkt im Register erfasst, steht keine Möglichkeit offen, diese Tatsache zu verändern.
Bundesgericht 5A_549/2015 vom 11.1.2016
Schlepper wird an Malta ausgeliefert
Ein Mann aus Äthiopien wird zur Strafverfolgung an Malta ausgeliefert. Der verheiratete äthiopische Staatsangehörige und Vater von vier Kindern war im letzten September auf Anweisung des Bundesamts für Justiz von den Luzerner Behörden verhaftet und in Auslieferungshaft gesteckt worden. Anlass für die Verhaftung gab ein Gesuch der Behörden von Malta, welche dem Äthiopier vorwerfen, im Jahr 2005 zusammen mit weiteren Personen die illegale Einreise von 181 libyschen Staatsangehörigen per Schiff nach Malta organisiert zu haben. Der Schlepper soll selber an Bord des Schiffs gewesen sein und für seine Aktivitäten von rund 55 eingereisten Personen insgesamt 46 000 US-Dollar erhalten haben.
Bundesstrafgericht RR.2016.1/RP2016.1 vom 4.4.2016
Kriterien für ausreichende Erschliessung
Ein Grundstück ist ausreichend erschlossen, wenn eine hinreichende Zufahrt besteht, also die Zugänglichkeit auch für Fahrzeuge der öffentlichen Dienste wie Feuerwehr oder Krankenwagen gewährleistet ist. Dabei muss die befahrbare Strasse nicht bis zum Baugrundstück reichen; es genügt, wenn Benützer mit dem Motorfahrzeug in hinreichende Nähe gelangen und von dort über einen Weg zum Gebäude gelangen können. Fall eines am Hang gelegenen Wohnhauses, das nur über eine Treppe von 60 Stufen erreichbar ist. Mangels ausreichender Erschliessung wollten Nachbarn ein Bauvorhaben verhindern.
Bundesgericht 1C_603/2015 vom 5.4.2016
Rechtsschutzversicherung geht vor
Die kantonalen Behörden haben einem Rechtsuchenden die unentgeltliche Rechtspflege zu Recht verweigert, weil der Mann eine mögliche Leistungserbringung des Rechtsschutzversicherers durch sein Verhalten in Verletzung seiner vertraglichen Mitwirkungspflichten verunmöglicht hat, indem er der Rechtsschutzversicherung – in Berufung auf eine Interessenkollision – die zur Beurteilung der Prozessaussichten für notwendig erachteten Unterlagen nicht eingereicht hat.
Bundesgericht 8C_27/2016 vom 5.4.2016
Polizeieinsatz war rechtmässig
Das Vorgehen der Polizei im Anschluss an die Nachdemonstration vom 1. Mai 2011 in der Stadt Zürich, bei der 542 Personen in Gewahrsam genommen worden waren, war korrekt. Das Bundesgericht hat die Beschwerden von drei Personen abgewiesen, die zur Überprüfung während bis zu dreieinhalb Stunden festgehalten worden waren, ohne dass gegen sie später Anzeige erhoben wurde. Die Festhaltung war unter den gegebenen Umständen verhältnismässig.
Bundesgericht 1C_226/2015, 1C_228/2015 und 1C_230/2015 vom 20.4.2016
Flüchtlinge zurück nach Italien
In der Schweiz angekommene Flüchtlingsfamilien, die in Italien europäischen Boden betreten haben, dürfen wieder nach Italien zurückgeschickt werden. Laut Bundesverwaltungsgerichts erfüllen die Zusicherungen der italienischen Behörden die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geforderten Garantien für eine familiengerechte Unterbringung von Flüchtlingsfamilien.
Bundesverwaltungsgericht D-6358/2015 vom 7.4.2016
Kein Referendum bei Richtplanänderung
Die Änderung des kantonalen Richtplans im Hinblick auf die künftige Nutzung des Flugplatzes von Dübendorf als Innovationspark untersteht nicht dem fakultativen Referendum. Gemäss Zürcher Kantonsverfassung sind Beschlüsse des Kantonsrats dann auf Verlangen dem Volk zur Abstimmung zu unterbreiten, wenn sie von grundlegender Bedeutung sind und langfristige Auswirkungen auf die allgemeinen Lebensgrundlagen haben, so etwa Atomanlagen, Deponien etc., nicht aber Richtpläne.
Bundesgericht 1C_415/2015 vom 27.4.2016