Bund haftet nach Sturz einer Motorradfahrerin
Ein Verkehrsteilnehmer darf von einer guten und sicheren Strasse ausgehen und muss nicht damit rechnen, dass die Autobahn im Bereich einer Baustelle sehr rutschig – fast wie Schmierseife – ist. Warnt an dieser heiklen Stelle kein Signal «Schleudergefahr» vor dem Hindernis, haftet die Eidgenossenschaft als Eigentümerin der Autobahn aus Werkhaftung.
Bundesgericht 4A_479/2015 vom 2.2.2016
Ausweisentzug nach Rutschunfall
Der Lenker eines Porsche Cayenne geriet bei heftigem Schneefall in einer starken Rechtskurve ins Rutschen, überquerte unkontrolliert die Gegenfahrbahn, kollidierte mit einer Kurvenleittafel und einem Metallzaun und rutschte anschliessend die abfallende Böschung hinunter. Das Bundesgericht schliesst – wie zuvor die Vorinstanz – auf eine mittelschwere Widerhandlung gegen die Verkehrsregeln und bestätigt beim rückfälligen Lenker einen viermonatigen Ausweisentzug. Dem Lenker war der Ausweis wenige Monate vorher wegen einer schweren Widerhandlung für drei Monate entzogen worden.
Bundesgericht 1C_402/2015 vom 10.2.2016
Unfall auf der Skischanze begründete keine Haftung
Der Betreiber einer Skischanze muss nicht damit rechnen, dass jemand derart unvernünftig ist, nachts, alkoholisiert und nach rechtswidriger Inbetriebnahme der Gondel den Schanzenlauf beim Schanzenstart zu betreten. Es handelt sich hier um eine qualifizierte Unvorsichtigkeit, mit der die Betreiber der Engelberger Sprungschanze nicht rechnen mussten. Im konkreten Fall rutschte einer der «Besucher» auf der blauen Abdeckung am Schanzenstart aus und schlitterte unkontrolliert den 123 m langen Anlauf hinunter, bevor er über den Schanzentisch stürzte und schwer verletzt liegen blieb.
Bundesgericht 6B_360/2015 vom 23.12.2015
Amtliche Vertretung als Ausnahme in Bagatellfällen
Art. 132 StPO kodifiziert die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts zur unentgeltlichen Verbeiständung. Demnach hat die bedürftige Partei Anspruch darauf, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erfordern. In Bagatellfällen ist eine amtliche Vertretung nicht ausgeschlossen, ein Anspruch besteht jedoch nur ausnahmsweise, etwa wenn der Fall besondere Schwierigkeiten bietet oder eine besondere Tragweite aufweist.
Bundesgericht 1B_402/2015 vom 11.1.2016
Hohe Hürden für Löschung von Polizeidaten
Ob eine vorzeitige Löschung von Polizeidaten verfassungsrechtlich geboten erscheint, hängt von der Gesamtheit der konkreten Umstände ab. Ist nicht ausgeschlossen, dass sich aus den Polizeidaten sachdienliche Angaben für weitere, gleich oder ähnlich gelagerte polizeiliche Ermittlungsarbeiten ergeben können, überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufklärung und damit an der Aufbewahrung solcher Daten das private Interesse des Betroffenen an der Löschung der Daten.
Bundesgericht 1C_323/2015 vom 8.1.2016
Drogenreinheitsgrad nicht ausschlaggebend
Der Drogenmenge kommt bei der Strafzumessung zwar eine wichtige, aber keine vorrangige Bedeutung zu. Die Strafe ist demnach nicht allein nach der Menge einer Droge, sondern auch und in erster Linie nach dem Verschulden des Täters zu bemessen. Die genaue Betäubungsmittelmenge und ihr Reinheitsgrad verlieren an Bedeutung, wenn mehrere Qualifikationsgründe gegeben sind – und sie werden umso weniger wichtig, je deutlicher der Grenzwert im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG überschritten ist.
Bundesgericht 6B_662/2015 vom 12.1.2016
Demoverbot verletzte Versammlungsfreiheit
Die Gemeinde Regensdorf hat gegen die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit verstossen, weil sie ein Gesuch des Vereins gegen Tierfabriken für eine halbstündige Tierschutzkundgebung mit wenigen Personen in einem Wohnquartier ablehnte. Die Nichterteilung der Bewilligung wegen der Weigerung, den genauen Grund für die Kundgebung mitzuteilen, war weder erforderlich noch zweckangemessen.
Bundesgericht 1C_550/2015 vom 18.1.2016
Biss auf Baumnussbrot-Croûton
Wer in einem «Caesar-Salat» auf einen Croûton aus geröstetem Baumnussbrot beisst und sich dabei einen Zahn herausbricht, erleidet keinen Unfall. Die Baumnuss im Salat lässt sich nicht als ungewöhnlicher äusserer Faktor qualifizieren, da Nüsse weder im Brot noch im Salat – als Dekoration bzw. geschmackliche Anreicherung – unüblich sind. Die Unfallversicherung muss nicht für den Zahnschaden aufkommen.
Bundesgericht 8C_750/2015 vom 18.1.2016
Keine Hundehaltung in Brennstofflager der Armee
Ein ehemaliges Armee-Brennstofflager auf dem Pfannenstil darf nicht in eine Hundebetreuungsanlage umgewandelt werden. Die Umnutzung des 4000 Quadratmeter grossen und mit einem 2 Meter hohen Maschendrahtzaun eingefriedeten Areals und die damit verbundene Zunahme von Verkehr auf der Waldstrasse kann nicht gestützt auf Art. 24a Raumplanungsgesetz bewilligt werden.
Bundesgericht 1C_336/2015 vom 19.1.2016
Beschwerde eines Verstorbenen abgewiesen
In einem Strafverfahren war ein Mann wegen Geldwäscherei zu einer Geldstrafe und Busse verurteilt worden. Der Mann beschwerte sich dagegen beim Bundesgericht. Noch während des Verfahrens teilte der Rechtsvertreter mit, der Beschwerdeführer sei in der Dominikanischen Republik verstorben, ein Totenschein sei aber nicht erhältlich. Das Bundesgericht liess die Frage des Totenscheins offen, da auf die Beschwerde ohnehin nicht einzutreten war. Auf Erhebung von Gerichtskosten wurde verzichtet.
Bundesgericht 6B_1232/2015 vom 20.1.2016
Anwaltsrechtlich verpönte Interessenkollision
Ein Luzerner Anwalt gründete eine GmbH zur Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Erbrecht. Als einziger Gesellschafter und Geschäftsführer war der Anwalt eingetragen. Diese Anwaltsgesellschaft in Rechtsform einer GmbH führt laut Bundesgericht zu anwaltsrechtlich verpönten Interessenkollisionen. Dem Anwalt fehlt es in seiner Funktion als Geschäftsführer und einziger Gesellschafter sowie als registrierter Anwalt an der anwaltsrechtlich gebotenen Unabhängigkeit.
Bundesgericht 2C_560/2015 vom 11.1.2016
Ausreisebeschränkungen gegen Fussballfan
Das Bundesamt für Polizei hat gegen einen gewaltbereiten Fan des FC Basel zu Recht Ausreisebeschränkungen verfügt und ihm damit verunmöglicht, Champions-League-Spiele des FC Basel in Madrid und in Sofia zu besuchen. Der Mann hatte sich zuvor beim Champions-League-Gruppenspiel des FC Basel gegen den FC Schalke 04 im Oktober 2013 an einer gewalttätigen Auseinandersetzung beteiligt, bei der die Polizei Gummischrot, Pfefferspray und Tränengas einsetzte, um die Fans voneinander fernzuhalten. Fazit der Scharmützel: 20 verletzte Personen.
Bundesverwaltungsgericht C5935/2014 vom 9.2.2016
44 Monate Freiheitsstrafe für Rabenvater
Das Bundesgericht hat die Verurteilung eines Vaters, der sein Kleinkind wiederholt durch stumpfe Gewalteinwirkung schwer misshandelte und dem Baby lebensgefährliche Verletzungen zufügte, bestätigt: Es bleibt bei 44 Monaten Freiheitsstrafe, deren Vollzug zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme aufgeschoben worden ist.
Bundesgericht 6B_930/2015 vom 1.2.2016
Goldener Fallschirm für Staatsanwalt
Ein im letzten Sommer nicht wiedergewählter Staatsanwalt des Bundes hat vor Bundesverwaltungsgericht einen Teilsieg errungen. Weil die Nichtwiederwahl ungerechtfertigt war, muss der Bund dem Mann 14 Monatslöhne bezahlen. Der Betroffene hätte vor der Nichtwiederwahl gemahnt werden müssen, denn die sogenannten Amtsdauerverhältnisse sind rechtlich gesehen an die unbefristeten Anstellungsverhältnisse angelehnt. Missbräuchlich war die Nichtwiederwahl jedoch nicht.
Bundesverwaltungsgericht A-4517/2015 vom 15.2.2016
Kein Aufenthalt für unverbesserlichen Lenker
Ein französisch-norwegischer Doppelbürger, der vor Jahren in Frankreich einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hat und in der Schweiz auch immer wieder wegen Alkoholfahrten, Rasereien und Fahrten ohne Führerausweis verurteilt worden ist, muss die Schweiz verlassen. Der notorische Verkehrssünder stellt laut Bundesgericht eine reale, aktuelle und grosse Gefahr dar, weshalb er aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit von der Schweiz ferngehalten werden darf (Art. 5 Abs. 1 Anhang I zum Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft).
Bundesgericht 2C_367/2015 vom 3.2.2016
Keine Zulagen für Lehrgang in islamischem Zentrum
Ein Lehrgang in einem islamischen Zentrum stellt keine Ausbildung dar, die Anspruch auf Ausrichtung von Ausbildungszulagen ergibt. Ein Verstoss gegen das Diskriminierungsverbot liegt nicht vor. Für die Richter in Luzern war wesentlich, dass es sich beim islamischen Zentrum nicht um eine anerkannte Ausbildungsstätte handelt. Das Zentrum ist weder dem Verband Privatschulen noch einem anderen Verband angeschlossen.
Bundesgericht 8C_404/2015 vom 22.12.2015
Durch Kinderpornos traumatisiert
Die berufliche Visionierung von Kinderpornografie und Gewaltdarstellungen hat bei einem Zürcher Stadtpolizisten zu einem komplexen posttraumatischen Belastungssyndrom geführt. Laut Versicherung liegt keine Berufskrankheit vor, was das Bundesgericht nun bestätigt hat. Um als Berufskrankheit anerkannt zu werden, muss eine psychische Störung zu mindestens 75 Prozent durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden sein.
Bundesgericht 8C_507/2015 vom 6.1.2016