Nachkommen bestimmen Mitglieder des Stiftungsrats
Ermächtigt eine Stiftungsurkunde den Stifter, die Mitglieder des Stiftungsrates zu bezeichnen, so überträgt sich diese Befugnis auf seine Nachkommen, wenn der Stifter aus gesundheitlichen oder andern Gründen diese Befugnis nicht mehr ausüben kann. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Bestätigung eines Entscheides der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht entschieden. Der Stiftungsrat von Bruno Stefaninis Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte in Winterthur wollte das Recht zur Ernennung von Mitgliedern des Stiftungsrates an sich reissen und die Wahlvorschrift entsprechend abändern. Der Entscheid kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Bundesverwaltungsgericht B-565/2015 und B-812/2015 vom 4.10.2016
Höchstrichterlicher Segen für höhere CO2-Abgaben
Der Bundesrat hat die CO2-Abgaben Anfang 2014 zu Recht von 36 auf 60 Franken pro Tonne erhöht. Die Schweiz hat sich im Kyoto-Protokoll verpflichtet, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Zur Einhaltung dieses Reduktionszieles hat der Bundesrat in der CO2-Verordnung Zwischenziele für die Jahre 2012, 2014 und 2016 definiert. Werden diese Ziele verfehlt, erhöht sich die Abgabe. Ein Zürcher Heizölhändler hatte beanstandet, der Bundesrat habe statistisch nicht eindeutig nachgewiesen, dass die Zwischenziele nicht erreicht worden seien. Inzwischen erfolgte eine weitere Erhöhung von 60 auf 84 Franken pro Tonne.
Bundesverwaltungsgericht 2C_1065/2015 vom 15.9.2016
Soft-Air-Waffen sind kein Kinderspielzeug
Soft-Air-Waffen sind Waffen im Sinne von Art. 22a Abs.1 des Waffengesetzes. Sie werden aber nicht von der Kriegsmaterialgesetzgebung erfasst, was zur Folge hat, dass sich ihre Ausfuhr nach dem Güterkontrollgesetz richtet. Der Fall betrifft einen Vater, der auf einem Flohmarkt in Belgien zwei Soft-Air-Waffen gekauft hatte und als Geschenk für seine Kinder nach Manila bringen wollte. Die beiden Waffen wurden bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen Kloten sichergestellt. Der Mann wurde vom Bundesstrafgericht wegen versuchter Widerhandlung gegen das Güterkontrollgesetz zu einer bedingten Geldstrafe von 5 Tagessätzen zu je 200 Franken sowie zu einer Busse von 200 Franken verurteilt.
Bundesgericht 6B_782/2016 vom 27.9.2016
Empfehlung für Rasergrenze hat nur Richtlinienfunktion
Entgegen den Strafmassempfehlungen der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz (SSK) hält das Bundesgericht daran fest, dass in der Tempo-30-Zone erst dann eine grobe Verletzung von Verkehrsregeln vorliegt, wenn ein Lenker – wie im übrigen Innerortsbereich – 25 km/h (oder mehr) zu schnell unterwegs war. Die Empfehlungen der SSK sehen eine grobe Verletzung in der Tempo-30-Zone bereits bei einer Tempoüberschreitung ab 20 km/h vor. Dies ist nicht ganz unlogisch: Denn auf der Autobahn liegt eine grobe Verletzung ab einer Tempoüberschreitung von 35 km/h vor, ausserorts ab 30 km/h und Innerorts ab 25 km/h.
Bundesgericht 6B_521/2016 vom 15.9.2016
Parteistellung des Verbands Schweizer Medien bestätigt
Der Verband Schweizer Medien und verschiedene Medienunternehmen haben in Verfahren betreffend die Beteiligung der SRG am Joint Venture mit Ringier und Swisscom – entgegen der Auffassung des Uvek – Parteistellung. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Uvek deshalb angewiesen, im Streit um die Vermarktungsgesellschaft «Admeira» unter Gewährung der Parteistellung erneut über allfällige Anordnungen zu entscheiden. Der Verband Schweizer Medien und verschiedene Verleger forderten, der SRG sei die Beteiligung am Joint Venture zu untersagen oder es seien zumindest Auflagen zu machen.
Bundesverwaltungsgericht A-1703/2016, A-2244/2016 und A-2412/2016 vom 29.9.2016
Namen von Anwälten bleiben geheim
Die Cornèr Bank darf den US-Behörden die Daten zu zwei Anwälten und einer Anwaltskanzlei, die als Bevollmächtigte für amerikanische Kunden Konten der Bank verwaltet hatten bzw. der Bank US-Kunden zugeführt hatten, nicht herausgeben. Die beabsichtigte Datenherausgabe an die US-Behörden stellt nach Meinung des Bundesgerichts eine Verletzung der Persönlichkeit der Betroffenen dar, da die USA nicht über eine Gesetzgebung verfügen, die einen angemessenen Datenschutz gewährleistet. Nur wenn überwiegende öffentliche Interessen gegeben wären, etwa wenn der Steuerstreit mit den USA erneut zu eskalieren drohte, wäre eine Herausgabe möglich.
Bundesgericht 4A_83/2016 vom 22.9.2016
Keine Berufung auf Anwaltsgeheimnis
Falls eine Bank ihre eigenen gesetzlichen Compliance- und Controlling-Aufgaben sowie die damit verbundene Pflicht, verdächtige Geschäftsabläufe sachgerecht zu dokumentieren, an eine Anwaltskanzlei delegiert, kann sie sich im Falle von strafrechtlichen Untersuchungen diesbezüglich nicht integral auf das Anwaltsgeheimnis berufen. Anders zu entscheiden hiesse, dass die Bestimmungen des Geldwäschereigesetzes unterlaufen werden könnten, indem die Bank ihre gesetzlichen Compliance-, Controlling- und Dokumentationsaufgaben weder selbständig wahrnimmt noch an ein spezialisiertes externes Wirtschaftsprüfungsunternehmen delegiert, sondern an eine Anwaltskanzlei überträgt.
Bundesgericht 1B_85/2016 vom 20.9.2016
Öffentliches Interesse an Umfahrung von Näfels
Die geplante Umfahrung von Näfels hat zwar vielfältige Auswirkungen auf Natur und Umwelt; allerdings wurden die Belastungen für die Umwelt soweit möglich minimiert, insbesondere mittels ökologischer Ersatzmassnahmen. Alles in allem gesehen besteht ein erhebliches öffentliches Interesse, das stärker zu gewichten ist als die öffentlichen Interessen am Natur- und Umweltschutz und die privaten Interessen enteigneter Personen. Das Bundesgericht hat deshalb Beschwerden des VCS und verschiedener Privatpersonen abgewiesen.
Bundesgericht 1C_556/2013, 1C_558/2013 und 1C_562/2013 vom 21.9.2016
Nikon mit 12 Millionen Franken sanktioniert
Die Wettbewerbskommission hat gegen Nikon wegen der Behinderung von Parallelimporten zu Recht eine Sanktion ausgesprochen. Nikon wird vorgeworfen, gestützt auf vertragliche Import- und Exportverbote den schweizerischen Markt vom Ausland aus abgeschottet und auf diese Weise höhere Preise erzielt zu haben. Das Bundesverwaltungsgericht hat bestätigt, dass es sich um eine unzulässige Wettbewerbsabrede gehandelt hat, reduzierte die Sanktion aber um 0,5 auf 12 Millionen Franken.
Bundesverwaltungsgericht B-581/2012 vom 16.9.2016
Kein Abrücken von der Faustregel «halber Tacho»
Die Faustregel «halber Tacho», also bei Tempo 80 ein Abstand von mindestens 40 m, muss auch bei dichtem Verkehr auf der Autobahn eingehalten werden. Dass das Bundesgericht im dichten Stadtverkehr beim Anfahren nach Lichtsignalen nicht strikte auf der «Halber Tacho»-Regel beharrt, weil sonst der Verkehr in den Städten zum Erliegen käme, kann nicht auf Autobahnen übertragen werden. Dort ist der Abstand «halber Tacho» unverzichtbar, weil deutlich höhere Geschwindigkeiten gefahren werden.
Bundesgericht 6B_502/2016 vom 13.9.2016
Freispruch einer Zehnjährigen bestätigt
Ein zehnjähriges Mädchen sicherte im Rahmen eines Kletterkurses eine neunjährige Kollegin, die an einer Wand in einer Kletterhalle hochkletterte. Als sich die Neunjährige ins Seil fallen liess, war das sichernde Mädchen nicht gefasst. Das Mädchen stürzte zu Boden und verletzte sich schwer. Das Bundesgericht hat nun bestätigt, dass das sichernde Mädchen nicht bestraft werden kann, weil ihm kein sorgfaltswidriges Verhalten vorgeworfen kann. «Vielmehr ist von einer Überforderung in einer erstmals erlebten Ausnahmesituation auszugehen, die einem Kind dieses Alters nicht angelastet werden kann.»
Bundesgericht 6B_1049/2015 vom 6.9.2016
Anwalt zu Unrecht diszipliniert
Die Anwaltskommission bzw. das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz haben einen Anwalt diszipliniert, weil er bei einer ganzen Serie von Prozessen in den Rechtsschriften unnötig verletzende Formulierungen und Unterstellungen verwendet hatte. Um beurteilen zu können, ob solche Äusserungen und Unterstellungen sachlich unbegründet bzw. unnötig verletzend sind, muss der prozessuale Kontext genauer betrachtet werden. Im konkreten Fall kann nach Meinung des Bundesgerichts nicht von einem exzessiven Angriff auf die Gegenpartei ausgegangen werden, der nur darauf abgezielt hätte, diese ohne jeden vernünftigen Grund zu verletzen.
Bundesgericht 2C_103/2016 vom 30.8.2016
Bekanntgabe von Daten aus Kartellverfahren zulässig
Die Wettbewerbskommission Weko darf grundsätzlich Daten eines rechtskräftig abgeschlossenen Kartellverfahrens auf dem Weg der Amtshilfe an Kanton und Gemeinden weitergeben. Vorausgesetzt ist allerdings, dass die Sanktionsverfügung Ausschreibungen betrifft, in denen es zu kartellrechtswidrigen Absprachen gekommen ist, und dass die betreffenden Gemeinwesen für die Vergabe zuständig waren. Von einem Selbstanzeiger offenbarte oder diesen betreffende Daten dürfen nicht bekanntgegeben werden.
Bundesverwaltungsgericht A-6315/2014, A-6320/2014 und A-6334/2014 vom 23.8.2016
Sturm an Open Air: Unglückliche Umstände
Der Bauchef des Open Air in Frauenfeld ist zu Recht vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden. Trotz einer Unwetterwarnung konnte und musste der Bauchef aufgrund seiner Lebenserfahrung und Kenntnisse nicht damit rechnen, dass ein solch aussergewöhnlich heftiger Sturm aufkommt und ein Zelt, das selbst grossen Windstärken standzuhalten vermag, aus der Verankerung hebt und Bodenplatten mit einem Gewicht von mindestens 500 kg durch die Luft schleudert. Dass das Unwetter vom 10. Juli 2012 in Frauenfeld ein Todesopfer forderte, war die Folge einer äusserst unglücklichen Verkettung von Umständen, die so nicht vorhersehbar waren.
Bundesgericht 6B_114/2016 vom 20.9.2016