Das Einhalten von Fristen sollte zur Kernkompetenz von Anwälten zählen. Doch es gibt Kanzleien, die damit hadern. Dies geht aus einem Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 19. November 2013 hervor (HG 13/0051). Immerhin: Der Entscheid gibt Anwälten eine Fülle von nützlichen Tipps:
1. Eine richterliche Frist sollte auch dann sorgfältig überwacht werden, wenn der Streitwert der Klage nur Fr. 548 097.45 beträgt.
2. Wird eine Frist zur Einreichung einer Klageantwort bis zum 17. Juni als «einmalig» bezeichnet, sollte man nicht auf eine wohlwollende Prüfung eines Fristerstreckungsbegehrens spekulieren.
3. Wird trotzdem um eine Erstreckung «um mindestens 20 Tage» ersucht, sollten Gründe genannt werden (Art. 144 Abs. 2 ZPO).
4. Setzt das Gericht trotz Abweisung des Gesuchs eine Nachfrist bis zum 10. Juli, ist es verdächtig, wenn die Klageantwort beim Gericht erst am 15. Juli eingeht.
5. Es ist suboptimal, wenn eine Rechtsschrift von einem anderen als dem bevollmächtigten Anwalt eingereicht wird.
6. Noch suboptimaler ist es, wenn die im Namen eines nicht bevollmächtigten Anwalts eingereichte Rechtsschrift die Unterschrift eines Substituten trägt, der keine Prozessführungsbefugnis hat.
7. Unterzeichnet ein solcher Substitut trotzdem eine gerichtliche Eingabe, könnte ein Verstoss gegen das Anwaltsgesetz vorliegen.
8. Unterschreibt ein Anwalt vor den Ferien fünfmal blanko, weil der Substitut nicht zur Prozessführung befugt ist, die Rechtsschrift aber noch nicht fertiggestellt werden konnte, sollte er berücksichtigen, dass ein Ersatz der EDV-Anlage der Kanzlei übers Wochenende Einfluss auf angefangene Dokumente haben könnte.
9. Wird die EDV-Anlage dann ersetzt, ist es möglich, dass ein am Montag zur Arbeit erscheinender Mitarbeiter die vom Anwalt vorbereitete Klageantwort im neuen Rechner nicht wiederfindet.
10. Muss die Klageantwort vom Substituten aus dem Gedächtnis neu verfasst werden, stehen die Blanko-Unterschriften möglicherweise nicht am optimalen Platz auf der letzten Seite der Eingabe.
11. Erreicht man den Dringlichkeitsschalter der Zürcher Sihlpost am letzten Tag der Frist eine Minute nach der offiziellen Öffnungszeit, ist nicht auszuschliessen, dass ein Sicherheitsmann der Post den Zutritt verwehrt.
12. Trägt die Eingabe auf dem Umschlag den Vermerk: «Die Unterzeichneten bestätigen den Einwurf dieses Briefes am 10. Juli um 23.13 Uhr in den Briefkasten der Tramhaltestelle Stauffacher», ist es von Vorteil, wenn man auf Zeugen zurückgreifen kann, die früher in der gleichen Kanzlei als juristische Mitarbeiter tätig waren.
13. Setzt das Gericht der Kanzlei eine weitere Nachfrist mit der Aufforderung, bis zum 29. Juli eine Substitutionsvollmacht einzureichen, und dies «ungeachtet des Fristenstillstandes», ist es riskant, eine vom 10. Juli datierte Eingabe erst am 31. Juli einzureichen.
Trotz Pech und Pannen hatte die Kanzlei aber doch noch Glück: Das Handelsgericht fand heraus, dass die bis 29. Juli gesetzte Nachfrist durch die Eingabe vom 31. Juli nicht verpasst worden war. Die Nachfrist stand nämlich in den Gerichtsferien still. Die beklagte Partei hätte somit bis zum 16. August Zeit gehabt, um die Vollmacht einzureichen.