Die von den Behörden aus Anlass der Coronapandemie angeordneten Massnahmen und Kontaktbeschränkungen verunmöglichen Diskussionen an juristischen Fachtagungen. Deshalb mussten grössere Veranstalter wie das Europa Institut der Universität Zürich, die Stiftung für juristische Weiterbildung, die Juristische Fakultät Basel mit ihrer Reihe «Recht aktuell» und das Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis der Universität St. Gallen seit 2020 neue Wege finden, um ihre Veranstaltungen durchzuführen. Sie sagten im Verlauf der Pandemie Tagungen entweder ganz ab, boten sie in hybrider Form an – physische oder virtuelle Teilnahme – oder als reine Onlineveranstaltungen.
Letzteres bedeutet: Die Referate werden live übertragen, dann folgt eine Diskussionsrunde. Eine Teilnahme vor Ort ist nicht möglich. Damit fallen für die Veranstalter die mit der Saalmiete verbundenen Kosten weg, ebenso die Pausenverpflegungen am Vormittag und Nachmittag sowie das gemeinsame Mittagessen. Ganztägige Weiterbildungsseminare mit einer Teilnahme vor Ort zeichnen sich weiter dadurch aus, dass die Teilnehmer Unterlagen – zum Beispiel Referate, Powerpointfolien, Literaturhinweise, Teilnehmerlisten – in gedruckter Form erhalten. Die Druckkosten fallen ebenfalls weg, da die Unterlagen digital zur Verfügung gestellt werden.
Trotzdem hielten die Veranstalter an den üblichen Preisen fest. So kostet etwa die «14. Tagung zum Datenschutz», die im Mai online stattfindet, 400 Franken. Die 12. Tagung 2019 kostete ebenfalls 400 Franken, jedoch inklusive Pausenverpflegung, Mittagessen und gedrucktem Tagungsmaterial.
Kosten bei Onlineseminaren “nicht signifikant tiefer”
Andreas Kellerhals, Direktor des Europa Instituts, räumt ein, dass Kosten wegfallen. Aber es kämen bei Onlinedurchführungen neue dazu: Alle Anlässe würden von professionellen externen Technikern mit ihrem ganzen Equipment wie Leuchten, Kameras, Mischpult etc. betreut und durchgeführt. Das ermögliche dem Europa Institut auch, Anlässe «simultan und live über Kontinente hinweg durchzuführen». Dafür müssten teilweise Räume ausserhalb der Universität gemietet werden. Im Ergebnis seien die Produktionskosten für professionell betreute Livestream-Veranstaltungen also «nicht signifikant tiefer» als Veranstaltungen vor Ort. Auch Franz Kummer, Inhaber der Weblaw AG, weist darauf hin, dass die grossen Veranstalter die Dienstleistungen für Onlinetagungen in der Privatwirtschaft kaufen. «Das kostet natürlich mehr, als wenn man die eigenen Räume benutzt.»
Teilnehmerzahl oft kleiner als bei physischer Tagung
Bis vor kurzem standen die Universitäten leer. Vorlesungen vor Ort waren untersagt («plädoyer» 2/2021). Die Hochschulen verfügen über professionelle Techniker und modernste Infrastruktur. Weshalb wurden diese hausinternen Kapazitäten nicht ausgeschöpft? Kellerhals: «Die nicht so zahlreichen Techniker der Universität Zürich mit einem entsprechenden Studio arbeiten am Standort Irchel und sind daher für uns nicht so geeignet. So intensiv, wie wir die Anlagen nutzen, hätten wir wohl kaum immer Platz erhalten. Zudem hätten wir für diesen Service auch bezahlen müssen.»
Auch Karin Vogt, Leiterin der Geschäftsstelle der Stiftung für juristische Weiterbildung, argumentiert, der finanzielle Aufwand infolge der technischen Umsetzung von Livestreams sei höher als bei physischen Tagungen. Vogt nennt aber einen weiteren wichtigen Grund, weshalb die Preise weiterhin hoch bleiben: «Wir haben bei Live-Webinaren in der Regel weniger Teilnehmer als bei physischen Tagungen.»