Inhalt
Plädoyer 03/2023
29.05.2023
Bis zuletzt stand in der Schwebe, ob Japan die Grenzen rechtzeitig zu unserem Forschungssemester öffnen würde. Umso glücklicher waren wir, als wir endlich inmitten der grössten Metropolregion der Welt ankamen.
Wir arbeiten beide am Institut für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Bern an einer Dissertation zum Massnahmenrecht. Daher gab es gute Gründe für diesen Forschungsaustausch: Das mat...
Bis zuletzt stand in der Schwebe, ob Japan die Grenzen rechtzeitig zu unserem Forschungssemester öffnen würde. Umso glücklicher waren wir, als wir endlich inmitten der grössten Metropolregion der Welt ankamen.
Wir arbeiten beide am Institut für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Bern an einer Dissertation zum Massnahmenrecht. Daher gab es gute Gründe für diesen Forschungsaustausch: Das materielle Strafrecht sowohl der Schweiz als auch Japans sind vom deutschen Strafrecht beeinflusst und somit ähnlich. Im Gegensatz zur Schweiz hat Japan aber ein monistisches Sanktionenrecht, das nur Strafen kennt, Massnahmen sind ihm fremd. Das schärft den Blick auf das Schweizer System. Das japanische Verfahrensrecht stand unter angelsächsischen Einflüssen. Damit stellt das japanische Strafrecht eine spannende Kombination dar.
Den Kontakt zur Keio University in Tokio verdanken wir Professor Christian Schwarzenegger. Die dortigen Professoren Philipp Osten und Shintaro Koike luden uns daraufhin ein, an dieser angesehenen Universität zu forschen. Beide sind ausgewiesene Strafrechtsexperten und sprechen neben Japanisch und Englisch auch perfekt Deutsch. Die Keio University stellte auch sonst eine ideale akademische Institution für uns dar. Neben der Arbeit an unserer Forschung durften wir japanische Sprachkurse und deutsch-japanische Vorlesungen belegen sowie Fachvorträge über das Schweizer Strafrecht halten.
Uns fasziniert die japanische Kultur – vom Essen über die Kleidung bis hin zur Tradition. Der Forschungsaufenthalt kam daher nicht nur unseren Dissertationen zugute, sondern war insgesamt eine schöne und aufregende Zeit. Zum Abschluss unseres Forschungssemesters konnten wir eine dreiwöchige Reise durch Japan unternehmen und weitere unvergessliche Erlebnisse sammeln.
Das war sicher nicht unser letzter Besuch im «Land der aufgehenden Sonne» und auch nicht der letzte Kontakt zu unseren japanischen Kolleginnen und Kollegen. Denn die Metropole Tokio stellte sich nicht nur als gross und lebendig heraus, sondern auch als überaus lebens- und liebenswert.
Julia Lehmann, 30, Rechtsanwältin, wissenschaftliche Assistentin und Doktorandin, sowie Rafael Studer, 34, Rechtsanwalt und SNF-Doktorand, sind am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Bern tätig. Sie verbrachten einen sechsmonatigen Forschungsaufenthalt an der Keio University in Tokio, Japan.