Übernimmt eine Rechtsschutzversicherung einen Fall mit freier Anwaltswahl, erteilt sie dem Versicherten oder direkt seinem Anwalt eine Kostengutsprache. Diese umschreibt die Streitigkeit und regelt den Stundenansatz, Spesen, Kostendach, umfasste Instanzen und die Abrechnungsmodalitäten.
Anders bei der Axa-Arag: Sie schickt dem beauftragten Anwalt zusätzlich zur Kostengutsprache «Allgemeine Geschäftsbedingungen für Kostengutsprachen (AGB)». Diese sind zweieinhalb Seiten lang und gelten laut Ziffer 1 als «integrierender Bestandteil jeder Kostengutsprache».
«Ein eigenartiges Gebilde», sagt Rechtsanwalt Viktor Györffy aus Zürich dazu. Denn in Ziffer 2 steht: «Die AGB bezwecken die Regelung des zwischen Anwalt und Rechtsschutzversicherung bestehenden Rechtsverhältnisses.» Nur: Zwischen dem mandatierten Anwalt und der Rechtsschutzversicherung gibt es keinen Vertrag. Dieser besteht zwischen Rechtsschutzversicherung und dem Versicherten respektive zwischen Klient und Anwalt. «Der Wortlaut der AGB klingt so, als seien sie verbindlich, weil die Axa-Arag sie so postuliert», so Györffy.
Verrechnungsverbot bei Parteientschädigungen
Die Axa-Arag relativiert allerdings den verbindlichen Charakter ihrer AGB selber, indem sie zwei Sätze weiter schreibt: «Die AGB dienen dem freiberuflichen Anwalt als Kenntnisnahme, wonach die von ihm vertretene Person aus dem Versicherungsvertrag verschiedene Obliegenheiten zu beachten hat.» Solche «Informations- und Verhaltenspflichten» werden in Ziffer 4 aufgezählt. Die AGB sollen also nur darüber informieren, wie sich der Versicherte bei der Abwicklung des Falls zu verhalten hat, damit er den Versicherungsschutz nicht verliert.
Doch es bleibt nicht beim informativen Charakter. Ziffern 5 und 6 enthalten Regeln, die die Rechte des Anwalts einschränken:
Gutsprache: Sie soll laut AGB die Wirkung einer privativen Schuldübernahme haben. Das bedeutet: Die Gesellschaft erklärt mit der Kostengutsprache nicht nur einen solidarischen Schuldbeitritt, sondern sie wird alleinige Schuldnerin des Anwalts. Folge: Taxiert die Rechtsschutzversicherung eine Anwaltsrechnung als zu hoch, muss der Anwalt mit der Versicherung über die Höhe streiten. Er kann die Differenz nicht beim versicherten Klienten einfordern.
Substitution: Dafür braucht es laut AGB die «vorherige Absprache mit der Axa-Arag».
Selbstbehalt: Der Anwalt muss einen allfälligen Selbstbehalt aus dem Versicherungsvertrag selbst beim Versicherten einfordern.
Verrechnungsverbot: Der Anwalt darf eine einkassierte Parteientschädigung nicht mit seiner Honorarforderung verrechnen.
Anwälte müssen diese Einschränkungen mangels Vertrag mit der Rechtsschutzversicherung nicht akzeptieren. Das bestätigt die Axa. Mediensprecherin Anna Ehrensperger sagt aber: «Eine vollständige Ablehnung der AGB ist unseres Wissens noch nie erfolgt.»
plädoyer fragte andere Rechtsschutzversicherungen, ob sie freiberuflichen Anwälten mit der Kostengutsprache ebenfalls Allgemeine Geschäftsbedingungen abgeben. Protekta, Assista und Dextra verneinen dies. CAP, Coop, Fortuna und Orion antworteten nicht.