Ein Ehegatte kann das gleiche Geschlecht haben
Der EuGH musste in seinem Urteil vom 5. Juni 2018 entscheiden, ob der Begriff «Ehegatte» im Sinne der Personenfreizügigkeit auch Ehegatten gleichen Geschlechts umfasst. Ein rumänischer und ein US-Staatsangehöriger lebten in den Vereinigten Staaten vier Jahre lang zusammen, bevor sie 2010 in Brüssel heirateten. Im Dezember 2012 wandten sie sich an die rumänischen Behörden mit der Bitte um Mitteilung, nach welchem Verfahren und unter welchen Voraussetzungen der US-Gatte als Familienangehöriger des Rumänen das Recht erlangen könne, sich für eine Dauer von mehr als drei Monaten rechtmässig in Rumänien aufzuhalten.
Diese Anfrage beruhte auf der Richtlinie über die Ausübung der Freizügigkeit. Sie erlaubt es dem Ehegatten eines Unionsbürgers, der von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, seinen Ehegatten in den Mitgliedstaat des Aufenthalts nachzuziehen.
Die rumänischen Behörden hielten in ihrer Antwort fest, der US-Gatte könne sich nicht länger als drei Monate in Rumänien aufhalten, da Rumänien die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkenne. Daraufhin erhoben beide Betroffenen vor den rumänischen Gerichten Klage auf Feststellung einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung im Hinblick auf die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit in der Union. Der Verfassungsgerichtshof Rumäniens wandte sich in der Folge im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren an den EuGH mit der Bitte, die Frage zu beantworten, ob der US-Gatte unter den Begriff «Ehegatte» eines Unionsbürgers fällt und ihm daher ein Recht auf Daueraufenthalt in Rumänien zu gewähren ist.
Der EuGH stellt in seinem Urteil fest, dass im Rahmen der Richtlinie über die Ausübung der Freizügigkeit der Begriff «Ehegatte» – der eine Person bezeichnet, die mit einer anderen durch den Bund der Ehe vereint ist – geschlechtsneutral ist und somit den gleichgeschlechtlichen Ehegatten eines Unionsbürgers einschliessen kann. Die Weigerung eines Mitgliedstaats, die in einem andern Mitgliedstaat geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe anzuerkennen, sei als Beschränkung des Rechts auf Freizügigkeit zu qualifizieren. Die Zulässigkeit einer solchen Weigerung hätte zur Folge, dass das Freizügigkeitsrecht von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich wäre, je nachdem, ob die nationalen Rechtsvorschriften die Homoehe vorsehen oder nicht. Abschliessend hält der EuGH fest, dass eine Pflicht zur Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen allein zum Zweck der Gewährung eines abgeleiteten Aufenthaltsrechts zugunsten eines Nicht-EU-Staatsangehörigen weder der nationalen Identität noch der öffentlichen Ordnung des betreffenden Mitgliedstaats widerspricht.
Urteil des EuGH Relu Adrian Coman u.a. gegen Inspectoratul General pentru Imigra˘ri u.a., C-673/16 vom 5.6.2018, ECLI:EU:C:2018:385,
Lufthansa-Verbindungen vor EU-Kommission
Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hatte zu entscheiden, ob die EU-Kommission den Antrag von Lufthansa und Swiss auf Aufhebung ihrer tariflichen Verpflichtungszusagen hinsichtlich der Linie Zürich–Stockholm nochmals prüfen muss.
Im Jahr 2005 genehmigte die Kommission die geplante Übernahme von Swiss durch Lufthansa. Sie setzte dabei aber gewisse Bedingungen an, um überhöhte Preise auf den Linien Zürich–Stockholm und Zürich–Warschau zu verhindern, da diese Strecken ansonsten nur von den Lufthansa-Allianzpartnern SAS und LOT bedient wurden. So mussten sich Swiss und Lufthansa verpflichten, auf diesen Strecken die Tarife zu reduzieren, sobald sie auf einer vergleichbaren Referenzstrecke den Tarif senken.
Im November 2013 stellten Lufthansa und Swiss bei der EU-Kommission einen Antrag auf Befreiung von den tariflichen Verpflichtungszusagen, unter anderem, weil die Swiss in einem Wettbewerbsverhältnis mit SAS und LOT stehe. Die EU-Kommission lehnte den Antrag 2016 ab. Lufthansa hat als Muttergesellschaft der Swiss beim EuG Klage auf Nichtigerklärung dieses ablehnenden Beschlusses erhoben.
Für die Linie Zürich–Stockholm folgte der EuG dem Antrag. Der EuG kommt im Urteil zum Schluss, die Kommission habe das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen Swiss und SAS nicht sorgfältig genug geprüft. Hinsichtlich der Linie Zürich–Warschau wies der EuG den Antrag ab. Das Verhältnis zwischen Swiss und LOT habe sich nicht verändert.
Urteil des EuG Deutsche Lufthansa gegen Kommission, T-712/16 vom 16.5.2018, ECLI:EU:T:2018:269