Kein Markenrechtsschutz für den Begriff «Emmentaler» in der Europäischen Union
Die Schweizer Branchenorganisation Emmentaler Switzerland meldete am 7. Dezember 2017 beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Marke «Emmentaler» als «Käse mit der geschützten Ursprungsbezeichnung Emmentaler» an.
Das EUIPO wies am 9. September 2019 die Anmeldung zurück, woraufhin Emmentaler Switzerland am 25. Oktober 2019 Beschwerde bei der zuständigen Beschwerdekammer des EUIPO einlegte. Die Beschwerde wurde von der Beschwerdekammer abgewiesen mit der Begründung, die angemeldete Unionsmarke «Emmentaler» habe lediglich einen beschreibenden Charakter. Daraufhin erhob Emmentaler Switzerland vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) eine Nichtigkeitsklage und verlangte die Aufhebung des Entscheids der Beschwerdekammer des EUIPO.
Das EuG wies die Klage von Emmentaler Switzerland am 24. Mai 2023 ab. Gemäss Artikel 7 Absatz 1 litera c der Verordnung 2017/1001 darf eine Marke nicht als Unionsmarke eingetragen werden, wenn sie als Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware dienen kann. Das EuG prüfte deshalb, ob die angemeldete Marke bloss beschreibenden Charakter hat, kurzum eine Käsesorte bezeichnet, oder sich auf die geografische Herkunft des Käses bezieht, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht wurde.
Für den beschreibenden Charakter einer Marke ist relevant, wie sie in den massgeblichen Verkehrskreisen des Produkts verstanden wird. Gemäss EuG ist es im konkreten Fall ausschlaggebend, dass in fast sämtlichen Verkehrskreisen innerhalb der EU unter «Emmentaler» eine Hartkäsesorte mit Löchern verstanden wird – und nicht etwa die geografische Herkunft des Käses. Besonders in Deutschland, wo jährlich eine beträchtliche Zahl an «Emmentaler» rechtmässig in Verkehr gesetzt wird, hat sich die Bezeichnung «Emmentaler» für eine bestimmte Hartkäsesorte etabliert.
Mit Abweisung der Klage bestätigte das EuG die Auffassung des EUIPO, wonach der Begriff «Emmentaler» in der EU nicht als Marke für Käse geschützt werden kann. Gegen den Entscheid des EuG kann Emmentaler Switzerland letztinstanzlich vor dem Gerichtshof der EU (EuGH) vorgehen.
Urteil T 2/21 vom 24.5.2023, Emmentaler Switzerland, ECLI:EU:T:2023:278
Schadenersatz bei Verstössen gegen die Datenschutzverordnung
Die Österreichische Post sammelte mit Hilfe eines Algorithmus, der verschiedene soziale und demografische Merkmale berücksichtigte, Informationen über die politischen Affinitäten der österreichischen Bevölkerung. Aus den Daten wurde statistisch abgeleitet, zu welcher politischen Partei die Bürgerinnen und Bürger spezielle Affinitäten hegten.
Ein betroffener Bürger erhob daraufhin Klage gegen die Österreichische Post beim zuständigen Landesgericht in Wien. Der Kläger, welcher der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten nicht zugestimmt hatte, behauptete, die Speicherung der Daten hätte bei ihm einen Vertrauensverlust sowie ein Gefühl der Blossstellung ausgelöst. Neben der Unterlassung der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten klagte er auf Zahlung von 1000 Euro als Ersatz des ihm entstandenen immateriellen Schadens.
Mittels Vorabentscheidungsverfahren wurde der EuGH mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen im Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können.
Der EuGH erwog, dass nicht jeder Verstoss gegen die DSGVO einen Schadenersatzanspruch begründet. Es müsse vielmehr nachgewiesen werden, dass durch den Verstoss gegen Datenschutzvorschriften ein darüber hinausreichender Schaden entstanden ist. Eine Untergrenze für Schäden, was insbesondere für immaterielle Schäden von Bedeutung ist, gibt es jedoch nicht.
Der EuGH betont, dass dem Schadenersatzanspruch eine Ausgleichsfunktion zukommt. Es obliegt den Mitgliedstaaten, die genauen Kriterien für die Ermittlung des Umfangs der Schadenersatzansprüche zu konkretisieren. Dabei haben sie den Äquivalenz- und den Effektivitätsgrundsatz zu beachten, sodass der erlittene Schaden «vollständig und wirksam» auszugleichen ist. Die Verhängung von Strafschadenersatz (punitive damages) ist demgegenüber unzulässig.
Mit dem vorliegenden Urteil hat sich der EuGH erstmals über die Voraussetzungen und die Bemessung von Schadenersatzansprüchen gemäss DSGVO geäussert. Offen bleibt, welche Auswirkungen die jüngste EuGH-Rechtsprechung auf die schweizerische Praxis und das kürzlich revidierte Datenschutzgesetz hat, welches inhaltlich weitgehend der DSGVO entspricht.
Urteil C 300/21 vom 4.5.2023, Österreichische Post, ECLI:EU:C:2023:370