Nein, das sind sie nicht! Und zwar deshalb, weil man mit einem «pauschalen» Handeln – das Bedeutungswörterbuch bringt es auf den Punkt – «der Sache nicht gerecht werden kann». Das Grundrecht, für oder gegen etwas auf die Strasse zu gehen und zu demonstrieren, ist in einem demokratischen Rechtsstaat elementar und wird in den Verfassungen von Bund und Kantonen entsprechend garantiert.
Trotz dieser herausragenden Bedeutung des Grundrechts gibt es aber kein «A-Priori-Demonstrationsrecht». Das heisst: Demonstrieren kann man nicht, wann, wie und wo immer man will. Um allfällige Nutzungskonflikte und drohende Sicherheitsgefahren mittels geeigneter Organisationsvorkehren möglichst weitgehend zu entschärfen, bedarf die Durchführung einer Demonstration in den meisten Kantonen und Städten einer Bewilligung.
Im Bewilligungsverfahren muss die zuständige Behörde prüfen, ob und wenn ja unter welchen Bedingungen die anbegehrte Demonstration erlaubt werden kann. Dabei hat sie sich in erster Linie am Verhältnismässigkeitsgebot zu orientieren – die «goldene Regel des Rechtsstaats». Diese verlangt, dass der Staat sein gesamtes Handeln so gestalten muss, dass es sich in Bezug auf die konkreten Verhältnisse als mässig erweist, eben «verhältnismässig» ist.
Die Bewilligungsbehörde hat folglich als Erstes die konkreten Verhältnisse zu ermitteln: Was ist Inhalt und Zweck der Demonstration? Wer tritt als Organisator auf? Wie sind die Modalitäten der Durchführung im Einzelnen konzipiert? Mit welchen gegenläufigen Nutzungs- und Schutzinteressen ist zu rechnen? Wie präsentiert sich die allgemeine Sicherheits- und Gefahrenlage? Welches Eskalationspotenzial birgt die Demonstration? Erst wenn auf all diese (und noch weitere) Fragen brauchbare Antworten auf dem Tisch liegen, können in einem zweiten Schritt die verschiedenen Aspekte gewichtet, gegeneinander abgewogen und schliesslich zu einer finalen Verhältnismässigkeitsbeurteilung verdichtet werden.
Mit andern Worten: Die Bewilligungsbehörde kann verhältnismässige Bewilligungsentscheide nur dann fällen und entsprechend nachvollziehbar begründen, wenn sie sich vorgängig ein minuziöses Bild von der konkreten Situation gemacht hat. Eine bloss pauschale Betrachtung genügt nicht. Dadurch bleiben wesentliche Sachumstände, die für die Güterab-wägung relevant sein können, aussen vor. Pauschalität und Verhältnismässigkeit schliessen sich gegenseitig aus.
Daraus folgt: Ein pauschales Demonstrationsverbot verstösst gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip und verletzt dadurch zusätzlich die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Ein multipler Verstoss gegen die Verfassung also – ein «unschöner», für einen demokratischen Rechtsstaat inakzeptabler Befund.
Zeiten erhöhter Inanspruchnahme des öffentlichen Raums – zum Beispiel durch (Weihnachts-)Märkte oder Kultur- und Sportevents – vermögen einen solchen Verstoss nicht zu rechtfertigen. Erlaubt bleibt der Behörde in diesem Fall höchstens, die Bevölkerung von Amtes wegen «pauschal» darüber zu informieren, dass Kundgebungen in nächster Zeit nur restriktiv bewilligt werden können. An einer einzelfallbezogenen Prüfung jedes Demonstrationsgesuchs führt aber kein Weg vorbei.