Zivilprozessrecht
Arabische Airline ist in der Schweiz einklagbar
Bei einem Vertrag über eine Flugreise liegt der Ort der charakteristischen Leistung unter anderem am Abflugort.
Sachverhalt:
Die Klägerin wollte eine arabische Airline in Kloten ZH einklagen. Der Friedensrichter erachtete sich jedoch nicht als örtlich zuständig. Das Obergericht Zürich kassierte seinen Entscheid. Denn laut internationalem Privatrecht (IPRG) sei der Erfüllungsort der charakteristischen Leistung ausschlaggebend. Und das Gebiet des Flughafens gehört überwiegend zur Gemeinde Kloten.
Aus den Erwägungen:
1. Das Friedensrichteramt Kloten trat mit Verfügung vom 25. Juni 2020 auf ein Schlichtungsgesuch der Klägerin und Beschwerdeführerin vom 26. Mai 2020 mangels örtlicher Zuständigkeit nicht ein. Gegen diese Verfügung führt die Klägerin mit Eingabe vom 3. Juli 2020 Beschwerde. Mit Verfügung vom 5. August 2020 wurde der Beklagten Frist angesetzt, um die Beschwerde zu beantworten. Mit Beschwerdeantwort vom 25. August 2020 führte sie aus, sie sei «mit dem Gerichtsstand Kloten nicht einverstanden», da ihr Sitz in D. (Gemeinde E.) sei und sie das Verfahren gerne dort durchführen würde. Das Friedensrichteramt Kloten teilt auf Einladung zur Stellungnahme mit, keine Bemerkungen zu haben.
2.1 Die Schlichtungsbehörde kann, wo der Gerichtsstand wie hier weder zwingend noch teilzwingend ist (vgl. Art. 5 IPRG), im Schlichtungsverfahren nur dann einen Nichteintretensentscheid fällen, wenn ihre örtliche Unzuständigkeit offensichtlich ist (BGer 4A_400/2019 vom 17. März 2020, Erw. 4.3 am Ende). Dabei gilt diese Beschränkung der Kognition auch für Rechtsfragen (BGer 4A_400/2019 vom 17. März 2020, Erw. 4.2 am Ende). Die Klägerin hat Sitz in F. [Land in Europa]. Die Beklagte hat Sitz im G. [arabisches Land]. Es liegt damit ein internationales Verhältnis vor, wobei der räumlich-persönliche Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens (Art. 2 f. LugÜ) nicht eröffnet ist. Es ist also das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht. (IPRG) einschlägig. Nach dessen Art. 113 kann beim schweizerischen Gericht am Erfüllungsort der charakteristischen Leistung geklagt werden.
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Ort der charakteristischen Leistung bei einem Vertrag über eine Flugreise unter anderem der Abflugort (EuGH C-204/08 zu Art. 5 Nr. 1 Bst. b Spiegelstrich 2 der EuGVVO [vgl. heute Art. 7 der Brüssel-Ia-Verordnung], der mit dem LugÜ übereinstimmt). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Rechtsprechung nicht auch sinngemäss für das IPRG gelten sollte, nachdem ein Ziel des Art. 113 IPRG gerade die Vereinheitlichung mit dem LugÜ (und damit auch der EuGVVO) war (Botschaft zum revidierten LugÜ [BBl 2009 S. 1777 ff.] S. 1830, 1832), auch wenn sie für die Schweizer Gerichte nicht bindend ist.
Der Flughafen Zürich-Kloten – jedenfalls das «Hauptgebäude», wenn auch nicht der gesamte Teil aller Pisten und des sonstigen Geländes – liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Kloten, wo also einer der Erfüllungsorte des Vertrages über die Flugreise ist. Damit erscheint das Friedensrichteramt Kloten als örtlich zuständig. Es ist jedenfalls nicht offensichtlich örtlich unzuständig. Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte mit diesem Gerichtsstand «nicht einverstanden» ist, denn eine Unzuständigkeitseinrede ist nur relevant, wo eine örtliche Zuständigkeit bei Schlichtungsverfahren offensichtlich nicht vorliegt.
2.2 Das Friedensrichteramt Kloten ist deshalb zu Unrecht auf das Schlichtungsgesuch nicht eingetreten. Die Beschwerde ist gutzuheissen, die Verfügung des Friedensrichteramtes Kloten ist aufzuheben und die Sache ist zur Durchführung des Verfahrens an das Friedensrichteramt Kloten zurückzuweisen.
Obergericht Kanton Zürich, Urteil RU200031 vom 9.9.2020
Strafprozessrecht
Kein Rückzug der Einsprache wegen kurzer Verspätung
Eine Einsprache gegen einen Strafbefehl gilt als zurückgezogen, wenn der Beschuldigte der Hauptverhandlung unentschuldigt fernbleibt. Eine Verspätung von zwölf Minuten stellt aber noch keine Säumnis dar, die auf einen Rückzug der Einsprache schliessen lässt.
Sachverhalt:
Die Staatsanwaltschaft verurteilte einen Autofahrer wegen verschiedener Strassenverkehrsdelikten per Strafbefehl zu einer Busse von 470 Franken. Der Mann erhob dagegen Einsprache. Die Staatsanwaltschaft überwies den Fall ans Kantonsgericht Schaffhausen. Das Gericht setzte die Verhandlung auf 8.30 Uhr fest. Der Beschuldigte erschien um 8.42 Uhr vor Gericht. Das Kantonsgericht urteilte, der Strafbefehl sei infolge Rückzugs der Einsprache in Rechtskraft erwachsen. Der Beschuldigte erhob dagegen Beschwerde vor dem Obergericht Schaffhausen.
Aus den Erwägungen:
3.1 Gemäss Art. 354 Abs. 3 StPO wird der Strafbefehl ohne gültige Einsprache zum rechtskräftigen Urteil. Nach Art. 356 Abs. 4 StPO gilt die Einsprache als zurückgezogen, wenn die Einsprache erhebende Person der Hauptverhandlung unentschuldigt fernbleibt und sich auch nicht vertreten lässt. Angesichts der fundamentalen Bedeutung des Einspracherechts darf ein konkludenter Rückzug der Einsprache gegen den Strafbefehl nur angenommen werden, wenn sich aus dem gesamten Verhalten des Betroffenen der Schluss aufdrängt, er verzichte mit seinem Desinteresse am weiteren Gang des Strafverfahrens bewusst auf den ihm zustehenden Rechtsschutz.
Der vom Gesetz an das unentschuldigte Fernbleiben geknüpfte (fingierte) Rückzug der Einsprache setzt deshalb voraus, dass sich der Beschuldigte der Konsequenzen seiner Unterlassung bewusst ist und er in Kenntnis der massgebenden Rechtslage auf die ihm zustehenden Rechte verzichtet (BGer 6B_1201/2018 vom 15. Oktober 2019, E. 4.3.1).
3.2 Gemäss Art. 93 StPO liegt Säumnis vor, wenn ein Verfahrensbeteiligter nicht zum ihm angezeigten Termin erscheint. Ab welcher Dauer eine Verspätung eine Säumnis darstellt, ist im Gesetz nicht geregelt. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist es nicht möglich, eine absolute Frist zu bestimmen, ab welcher die Verspätung einer Partei notwendigerweise dazu führen müsste, ihr die Teilnahme an der Verhandlung zu verweigern. Vielmehr ist gestützt auf die gesamten Umstände des konkreten Falls zu prüfen, ob Säumnis vorliegt (BGE 145 I 201, E. 4.2.1 S. 204.)
3.3 Der Beschwerdeführer erschien mit zwölf Minuten Verspätung am Gericht, nachdem die Hauptverhandlung um 8.35 Uhr bereits abgebrochen, das Nichterscheinen des Beschwerdeführers festgestellt, die aufgebotenen Polizisten (um 8.40 Uhr) entlassen und die Medienvertreter zurückgeschickt worden waren. Die Verspätung war zwar nicht unbedeutend, lag aber noch innerhalb der «Respektviertelstunde». Zwar handelt es sich um ein unangekündigtes und unentschuldigtes Zuspätkommen. Bereits angesichts der fundamentalen Bedeutung der Einsprache verbietet sich indes die Fiktion eines Rückzugs bei einer Verspätung von lediglich zwölf Minuten.
Auch wenn der Beschwerdeführer verspätet zur Gerichtsverhandlung erschienen war, blieb er dieser gleichwohl nicht fern. Mit seinem (um wenige Minuten verspäteten) Erscheinen hatte er seinen Willen kundgetan, das Verfahren weiterzuführen. Ein Desinteresse darf daraus nicht abgeleitet werden. Aus den Akten ist sodann nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer andere Termine willentlich hinausgezögert hätte; zur staatsanwaltschaftlichen Einvernahme war er pünktlich erschienen. Zwar ist mit dem Kantonsgericht von einer gewissen Gleichgültigkeit des Beschwerdeführers auszugehen, zumal in der Tat nicht ersichtlich ist, weshalb er sein verspätetes Erscheinen nicht vorgängig telefonisch hätte ankündigen können.
Gleichwohl hatte das Kantonsgericht, indem es den Beschwerdeführer um 8.42 Uhr nicht mehr zur auf 8.30 Uhr anberaumten Verhandlung zuliess, das Verbot des überspitzten Formalismus verletzt. Nachdem die Polizisten wie auch die Medienvertreter nur zwei Minuten vor dem Eintreffen des Beschwerdeführers «entlassen» worden waren, ist ohne weiteres davon auszugehen, dass sie sich noch mindestens in unmittelbarer Nähe zum Kantonsgericht befunden hatten und ein Rückruf möglich gewesen wäre. Das reibungslose Funktionieren der Justiz wäre durch die um wenige Minuten spätere Abhaltung der Verhandlung nicht wesentlich beeinträchtigt worden.
Das Kantonsgericht hat demnach das Verfahren zu Unrecht zufolge Rückzugs der Einsprache als erledigt abgeschrieben. Es wird angewiesen, erneut zur Hauptverhandlung vorzuladen.
Obergericht Schaffhausen, Entscheid OGE 51/2019/53 vom 3.11.2020
Kein Sonderrecht für Prominente im Strafverfahren
Der Grundsatz der Justizöffentlichkeit rechtfertigt auch bei einer prominenten Person die Einsicht in die Einstellungsverfügung eines Strafverfahrens. Eine Person der Zeitgeschichte muss Berichterstattungen über ihre Person in Kauf nehmen.
Sachverhalt:
Ein Journalist erhob Strafanzeige gegen einen Künstler wegen Rassendiskriminierung. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat stellte das Verfahren ein. Der Anzeigesteller forderte Einsicht in die Verfügung, was ihm die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich verweigerte. Der Journalist rekurrierte an das Zürcher Justizdepartement.
Aus den Erwägungen:
2.1 Im Schreiben vom 27. Februar 2020 ersuchte der Rekurrent Einsicht in die Einstellungsverfügung des gegen den Rekursgegner 2 geführten Strafverfahrens wegen Rassendiskriminierung.
2.2 Die Rekursgegnerin 1 wies darauf hin, die Einsicht des Rekurrenten als Medienvertreter in die betreffende Einstellungsverfügung wäre unter Würdigung aller Umstände gerechtfertigt und würde einem schützenswerten privaten Interesse des Gesuchgegners an der Verweigerung der Einsicht vorgehen. Allerdings sei der Gesuchsteller über seinen damaligen Rechtsvertreter Rechtsanwalt G. im Verfahren, welches zu dieser Einstellung geführt hat, als Anzeigeerstatter aufgetreten. Dementsprechend lasse das zu beurteilende Einsichtsinteresse zu Recht die Vermutung aufkommen, dass das als Medienschaffender gestellte Gesuch in Tat und Wahrheit ein Einsichtsbegehren sei, welches vom Rekurrenten als Privatperson gestellt werde.
4.1 Vorliegend ersuchte der Rekurrent um Einsicht in die in der Sache ergangene Einstellungsverfügung. Art. 30 Abs. 3 BV erfasst grundsätzlich Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung und damit nur bestimmte Ausschnitte des Verfahrens. Nicht erfasst sind das Untersuchungsverfahren im Strafprozess oder die Urteilsberatung. Im hier interessierenden Bereich des Strafrechts beschränkt sich der Anspruch auf öffentliche Urteilsverkündung aber nicht auf Entscheide über strafrechtliche Anklagen. In begründeten Fällen kann die Öffentlichkeit durchaus ein legitimes Interesse an der Klärung der Frage haben, weshalb es zu nichtgerichtlichen Verfahrenserledigungen ohne Straffolgen durch Sach- und Prozessentscheide kommt. Vom Anspruch auf öffentliche Urteilsverkündung wird daher grundsätzlich auch die Verfahrenserledigung durch Einstellungs- und Nichtanhandnahmeverfügungen erfasst (vgl. BGE 134 I 286, E. 6).
4.3 a) Der Anspruch auf öffentliche Urteilsverkündung bedeutet eine Absage an jede Form geheimer Kabinettsjustiz. Die Kontrolle durch die Öffentlichkeit soll nicht nur eine korrekte und gesetzmässige Behandlung der Verfahrensbeteiligten durch die Strafjustiz gewährleisten. Die allgemeine Öffentlichkeit soll darüber hinaus Kenntnis erhalten können, wie das Recht verwaltet und wie die Rechtspflege ausgeübt wird. Der Öffentlichkeitsgrundsatz sorgt damit auch für Transparenz in der Rechtspflege, die eine demokratische Kontrolle durch das Volk erst ermöglicht und als wesentliches Element des Rechts auf ein faires Verfahren zu den Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates gehört. Der entsprechende Informationsanspruch steht daher nicht nur den Parteien des Strafverfahrens zu, sondern grundsätzlich auch der interessierten Öffentlichkeit. Zwar verlangt das Bundesgericht, dass die Person, welche Einsicht in Strafverfügungen verlangt, ein berechtigtes Interesse darlegt. Für behördliche Einschränkungen des Einsichtsrechtes sind jedoch strenge Massstäbe anzulegen.
4.5 a) Der Rekursgegner 1 kommt bei seiner Interessensabwägung zum Schluss, dass der Rekurrent nach Kenntnisnahme des Inhalts der Einstellungsverfügung mit grosser Wahrscheinlichkeit medial erneut das Verhalten des Rekursgegners 2 anzuprangern versuchen werde. Auch wenn dem so wäre, vermag dieser Umstand das dargelegte öffentliche Interesse an der Einsicht in die Einstellungsverfügung nicht zu überwiegen. Als Person der Öffentlichkeit hat der Rekursgegner 2 naturgemäss mit Berichterstattungen über seine Person zu rechnen, weshalb das geltend gemachte Interesse nicht schutzwürdig ist. Personen der Zeitgeschichte haben sich auch ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 30 Abs. 3 BV eher Eingriffe in ihre Privatsphäre gefallen zu lassen (dazu BGE 127 IV 481, E. 2c).
5. In diesem Sinne ist der Rekurs gutzuheissen und die Verfügung des Rekursgegners ist aufzuheben.
Direktion der Justiz und des Inneren des Kantons Zürich, Verfügung 2020-765/RJ/MD vom 2.11.2020
Verwaltungsrecht
Quarantänefrist: Tag der Einreise zählt mit
Eine Frau reiste aus einem Land mit erhöhtem Infektionsrisiko zurück in die Schweiz ein. Daraufhin musste sie zehn Tage in Quarantäne. Der Einreisetag wurde nicht angerechnet. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn korrigierte: Die Quarantäne beginnt mit dem Einreisetag.
Sachverhalt:
Eine Frau reiste am 27. Dezember 2020 mit dem Flugzeug aus Serbien zurück in die Schweiz und registrierte ihre Einreise aus einem Gebiet mit erhöhtem Infektionsrisiko am 28. Dezember 2020 im entsprechenden Meldeformular des Kantons. Daraufhin wurde sie aufgefordert, sich bis und mit 6. Januar 2021 in Quarantäne zu begeben. Die Frau war damit nicht einverstanden, zog vor Verwaltungsgericht und beantragte, die Quarantänedauer sei nur bis zum 5. Januar 2021 festzusetzen, weil der Tag ihrer Rückkehr als Tag 1 der Quarantäne zu zählen sei. Das Departement des Innern des Kantons Solothurn sah es anders: Die Quarantäne habe zehn volle Tage zu dauern und der Tag der Einreise zähle laut herrschender Praxis als Tag null. Die Frist werde entsprechend ab dem Folgetag der Einreise gerechnet und laufe somit bis zum 6. Januar 2021.
Aus den Erwägungen:
1. Die Beschwerde ist fristgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). A. ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Praxisgemäss genügt bei Beschwerden wegen Quarantäne- oder Isolationsmassnahmen ausnahmsweise eine Eingabe per E-Mail, da der ordentliche Postweg nicht zur Verfügung steht. Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten.
2.1 Nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) im Bereich des internationalen Personenverkehrs vom 2. Juli 2020 (SR 818.101.27) sind Personen, die in die Schweiz einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb von zehn Tagen vor der Einreise in einem Staat oder Gebiet mit erhöhtem Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 (Staat oder Gebiet mit erhöhtem Ansteckungsrisiko) aufgehalten haben, verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in ihre Wohnung oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich dort während zehn Tagen nach ihrer Einreise ständig aufzuhalten (sogenannte Quarantäne).
2.2 Gemäss Anhang zur genannten Verordnung stand Serbien im Zeitpunkt der Einreise der Beschwerdeführerin auf der Liste der Staaten und Gebiete mit erhöhtem Ansteckungsrisiko. Die Beschwerdeführerin hat sich somit nach ihrer Einreise für zehn Tage in Quarantäne zu begeben, was sie nicht bestreitet.
3. Fraglich ist, wie sich die Frist der Quarantänedauer berechnet. Bis anhin galt die Praxis, die von der Vorinstanz und auch vom Verwaltungsgericht vertreten wurde, dass die Quarantäne zehn volle Tage zu betragen hat (VWBES.2020.287 und VWBES. 2020.377). Gemäss dem Merkblatt des Bundesamts für Gesundheit (BAG) «Covid-19: Anweisungen zur Quarantäne» in der Fassung, die ab dem 24. Dezember 2020 gültig ist, beginnen die zehn Tage der Reisequarantäne an dem Tag der Einreise. Dieser Tag ist also als Tag 1 zu berechnen. Bei der Beschwerdeführerin, die am 27. Dezember 2020 eingereist ist, bemisst sich die Frist somit bis zum 5. Januar 2021.
4. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet; sie ist gutzuheissen: Der Entscheid vom 28. Dezember 2020 des Departements des Innern ist dahingehend abzuändern, dass die Quarantänefrist am 5. Januar 2021 endet. Bei diesem Ausgang hat der Kanton Solothurn die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu tragen.
Verwaltungsgericht Solothurn, Entscheid VWBES.2021.1 vom 5.1.2021
Migrationsrecht
Behörde muss rechtliches Gehör gewähren
Nicht die Rechtsvertretung für Asylsuchende, sondern das Staatssekretariat für Migration ist für die Gewährung des rechtlichen Gehörs zuständig.
Sachverhalt:
Ein minderjähriger Asylsuchender aus Algerien erschien nicht zu einer Anhörung. Seine Rechtsvertreterin besuchte ihn in der Unterkunft, um nach seinen Zustand zu sehen, diesen aktenkundig zu machen und daraufhin eine Eingabe zu schreiben. Diese Eingabe wurde anschliessend durch das SEM als rechtliches Gehör gewertet.
Aus den Erwägungen:
5.2 Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht ist dann als grob zu bezeichnen, wenn sie sich auf die Verhinderung einer bestimmten, konkret vorgesehenen Verfahrenshandlung bezieht. Das Nichterscheinen an einer Anhörung, zu der ein Asylsuchender ordnungsgemäss eingeladen worden ist, gilt nach Lehre und Praxis als Verhinderung einer konkret vorgesehenen Verfahrenshandlung (vgl. EMARK 2003 Nr. 2, E. 4a, EMARK 2000 Nr. 8, E. 7a, je m.H.).
5.3 Der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verlangt unter anderem, dass sich die asylsuchende Person während der Anhörung in einem einvernehmungsfähigen Zustand befindet. Stellt der Asylentscheid auf Aussagen einer Anhörung ab, bei der die Einvernahmefähigkeit zweifelhaft erschien, so wird dadurch der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Bestehen Zweifel an der Einvernahmefähigkeit, so hat die Vorinstanz diese abzuklären (Urteil des BVGer E-2780/2020 vom 23. November 2020, E. 3.2 m.w.H.).
6.2 Hinsichtlich der Ausführungen der Vorinstanz zum Fernbleiben vom Termin der Altersabklärung vom 21. August 2020 ist festzustellen, dass sie ihre Zweifel zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten medizinischen Gründen einzig auf eine Auskunft des Pflegefachpersonals des BAZ vom Vortag stützte, wonach der Beschwerdeführer trotz geltend gemachter Knieschmerzen den Termin (gemeint: Vorgespräch mit der Rechtsvertretung) wahrnehmen könne. Die nachträglich eingereichten medizinischen Berichte zeichnen ein Bild vom Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, welches in der angefochtenen Verfügung völlig ausgeblendet wird. Weder eine Auseinandersetzung mit diesen Ereignissen noch mit den dazugehörigen Berichten findet in der Würdigung der Vorinstanz Eingang. Die aktenkundigen ärztlichen Feststellungen relativieren auch in erheblichem Mass die Einschätzung des Pflegefachpersonals des BAZ, dass aus medizinischer Sicht nichts dagegen gesprochen habe, dass der Beschwerdeführer den Termin hätte wahrnehmen können.
6.3 Soweit die Vorinstanz die Abwesenheiten des Beschwerdeführers von Terminen und Vorgesprächen mit seiner Rechtsvertretung als Mitwirkungspflichtsverletzungen darstellen will, kann ihr nicht gefolgt werden. Dem Beschwerdeführer steht zwar das Recht zu, im Asylverfahren ab dem Beginn der Vorbereitungsphase und für das weitere Asylverfahren eine Rechtsvertretung zugeteilt zu erhalten, welche ihn unentgeltlich berät und in rechtlichen Belangen vertritt (Art. 102f–102h AsylG).
Dieser Anspruch dient jedoch der Wahrung der Interessen des Beschwerdeführers und kann nicht dazu führen, dass aus einem Nichtgebrauch dieses Rechts nachteilige Schlussfolgerungen seitens der Vorinstanz gezogen werden, zumal dies lediglich das Mandatsverhältnis beschlägt und Asylsuchende zudem auch gänzlich auf eine zugewiesene Rechtsvertretung verzichten dürfen (Art. 102h Abs. 1 AsylG).
6.3 Im Sinne eines Zwischenfazits ist festzuhalten, dass die Abweichung zwischen dem vom Beschwerdeführer angegebenen und dem im Altersgutachten ermittelten Alter das SEM noch nicht dazu veranlasst hat, von einer Täuschung über die Identität im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Bst. a AsylG auszugehen; andernfalls wäre dem Beschwerdeführer lediglich das rechtliche Gehör zu gewähren, aber nicht eine Einladung zu einer Anhörung zuzustellen gewesen.
Was den verpassten Termin vom 21. August 2020 zur Altersabklärung betrifft, muss das Fernbleiben des Beschwerdeführers angesichts der vorliegenden ärztlichen Berichte betreffend eine notfallmässige Spitaleinweisung als entschuldigt erachtet werden; von einer schuldhaften groben Mitwirkungspflichtverletzung kann nicht die Rede sein.
Schliesslich kann auch die fehlende Wahrnehmung von Terminen mit der Rechtsvertretung nicht als Mitwirkungspflichtverletzung gewertet werden.
7.2 Nachdem der Beschwerdeführer den Anhörungstermin vom 20. Oktober 2020 nicht wahrgenommen hatte, hätte das SEM ihm zudem – bei Verzicht auf eine weitere Vorladung zur Anhörung – zwingend das rechtliche Gehör dazu gewähren müssen. Vorliegend beschränkte sich das SEM darauf, in einer Aktennotiz festzuhalten, es habe «die zuständige Rechtsvertretung damit beauftragt, dem [Beschwerdeführer] zu seinem Fernbleiben gleichentags mündlich das rechtliche Gehör zu gewähren».
Auch der angefochtenen Verfügung ist zu entnehmen, dass nach Absprache mit der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers und da er sich mutmasslich im BAZ befunden habe, ihm gleichentags mündlich das rechtliche Gehör zum Nichterscheinen und der damit einhergehenden vermuteten groben Mitwirkungspflichtverletzung gewährt worden sei.Dieses behördliche Vorgehen reicht aus mehreren Gründen nicht aus: Erstens ist nicht die Rechtsvertretung, sondern die Vorinstanz dazu gehalten, dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör (anstelle einer Anhörung) zu gewähren. Ein solcher Auftrag von der Vorinstanz an die Rechtsvertretung mutet rechtsstaatlich bedenklich an und könnte die Frage der Unabhängigkeit der Rechtsvertretung aufwerfen.
8.2 Im vorliegenden Fall drängt sich eine Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz auf, da sie den Beschwerdeführer entweder noch einmal zu einer Anhörung vorzuladen oder die Gewährung des rechtlichen Gehörs im Sinne der Erwägungen ordentlich durchzuführen hat. Diese weiteren Untersuchungsmassnahmen lassen Ermessensspielräume zu, würden deutlich den Rahmen des Beschwerdeverfahrens sprengen und dem Beschwerdeführer darüber hinaus eine Instanz nehmen.
9. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, die vorinstanzliche Verfügung vom 26. Oktober 2020 aufzuheben und die Sache in Anwendung von Art. 61 Abs. 1 in fine VwVG zur vollständigen und richtigen Sachverhaltsermittlung und Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Bundesverwaltungsgericht, Entscheid E-5894/2020 vom 15.12.2020
Anwaltsrecht
Patententzug nach Veruntreuung vonKlientengeld
Ein Anwalt veruntreute über einen Zeitraum von gut sieben Jahren hinweg immer wieder anvertraute Gelder. Die Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte des Kantons Zug entzog ihm nun das Patent.
Sachverhalt:
Ein Rechtsanwalt hat über Jahre hinweg in seiner geschäftlichen Tätigkeit Gelder in erheblicher Höhe veruntreut. Zudem verfügte er unrechtmässig über Konten zweier Aktiengesellschaften.
Aus den Erwägungen:
2. Für die Beurteilung der Frage, ob eine strafrechtliche Verurteilung vorliegt, welche die Vertrauenswürdigkeit als Rechtsanwalt beeinträchtigt, lassen sich dem EG BGFA weder eine Definition noch einzelne Kriterien entnehmen. Die Bestimmung von § 9 Abs. 3 EG BGFA ist folglich auszulegen.
2.2 Das Bundesgericht befasste sich im Entscheid BGE 104 Ia 189 mit der Frage, wann ein Anwärter mit Rücksicht auf seinen Leumund zu einem der Bewilligungspflicht unterstehenden Beruf zuzulassen ist. Dabei hielt es fest, die beurteilende Behörde dürfe sich nicht mit einer rein formellen Betrachtungsweise begnügen. Vielmehr sei aufgrund des aus Art. 4 BV abgeleiteten Grundsatzes der Verhältnismässigkeit konkret zu prüfen, ob die Lebensführung des Anwärters mit einem Makel behaftet sei, der ihn als zur Ausübung des betreffenden Berufes ungeeignet erscheinen lasse. Das Erfordernis des guten Leumundes sei somit verfassungsgemäss, d.h. unter dem Gesichtswinkel der Zweckangemessenheit auszulegen. Für den Beruf eines Grundbuchverwalters dürfe zweifellos gefordert werden, dass der Anwärter nicht wegen eines Tatbestandes vorbestraft sei, der seinen Charakter und namentlich seine Vertrauenswürdigkeit in Frage stellen würde.
2.3 Nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit sind demnach die konkreten Umstände auf die Zweckangemessenheit hin zu prüfen. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gilt auch bei der Beantwortung der Frage, ob Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte die persönlichen Voraussetzungen für den Registereintrag erfüllen. Gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. b BGFA darf für einen Eintrag im Register keine strafrechtliche Verurteilung vorliegen wegen Handlungen, die mit dem Anwaltsberuf nicht zu vereinbaren sind. Ob eine bestimmte Handlung mit dem Anwaltsberuf zu vereinbaren ist oder nicht, entscheidet sich aufgrund der konkreten Tatumstände. In Betracht fallen vor allem Handlungen, die vorsätzlich (direkter Vorsatz und Eventualvorsatz) begangen wurden. Liegt demgegenüber blosse Fahrlässigkeit vor, lässt sich die Tat allenfalls noch mit dem Anwaltsberuf vereinbaren. Hier darf kein allzu strenger Massstab angelegt werden.
2.4 Die Bestimmung von Art. 8 Abs. 1 lit. b BGFA beruht auf der Überlegung, dass das Vertrauensverhältnis, das zwischen Anwalt und Klient bestehen muss, gestört sein kann, wenn der Anwalt nicht vollumfänglich für Seriosität und Ehrenhaftigkeit bürgt. Es können nur solche Verurteilungen Auswirkungen auf die Ausübung des Anwaltsberufes haben, die mit dem Anwaltsberuf nicht vereinbar sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Täter im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Anwalt oder in einem privaten Umfeld gehandelt hat. Bei der Prüfung der Frage der Vereinbarkeit der strafrechtlichen Verurteilung mit dem Anwaltsberuf verfügt die Aufsichtsbehörde über einen grossen Beurteilungsspielraum; sie hat indessen stets den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten.
2.5 Zu den Handlungen, die nicht mit dem Anwaltsberuf zu vereinbaren sind, zählen namentlich strafbare Handlungen gegen Leib und Leben (Mord, vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung sowie gewisse Handlungen gegen die sexuelle Integrität), Delikte gegen das Vermögen (Betrug, Veruntreuung, Diebstahl, Raub, Erpressung, ungetreue Geschäftsbesorgung, Steuerdelikte), Delikte gegen die Willensfreiheit (Drohung, Nötigung), Urkundenfälschung und Geldwäscherei (insbesondere Art. 305bis StGB); solche sind grundsätzlich geeignet, die berufliche Zutrauenswürdigkeit des Anwalts in Frage zu stellen.
3. RA A. hat im Zeitraum von 2008 bis 2015 verschiedene Vermögensdelikte begangen. Namentlich hat er mit Vorsatz und Bereicherungsabsicht Gelder in Höhe von 503 000 Euro, welche ihm im Zeitraum von 2008 bis 2015 auf geschäftlicher Basis anvertraut wurden, verabredungswidrig verwendet. Zudem hat er, wiederum mit Vorsatz und Bereicherungsabsicht, im Zeitraum von 2013 bis 2015 als treuhänderischer Verwaltungsrat zweier schweizerischer Aktiengesellschaften zulasten von deren Konten nicht geschäftsmässig begründete und damit unrechtmässige Überweisungen in Höhe von 257 560 Franken und 84 000 Franken getätigt. RA A. ist deswegen mit Strafbefehl vom 11. Mai 2020 rechtskräftig schuldig gesprochen worden der mehrfachen Veruntreuung von Vermögenswerten gem. Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB sowie der mehrfachen qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung gem. Art. 158 Ziff. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB. Sowohl die Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB als auch die qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung nach Art. 158 Ziff. 1 i.V.m. Abs. 3 StGB stellen Verbrechen dar.
Zwar enthält der Strafbefehl vom 11. Mai 2020 keine Ausführungen zum Verschulden von RA A. Aufgrund der Strafhöhe (Freiheitsstrafe von 180 Tagen) muss indes angenommen werden, dass die Staatsanwaltschaft das Verschulden von RA A. als schwer wertete. Sein Verhalten weist denn auch eine erhebliche Tatschwere im Sinne von Art. 8 BGFA und von § 9 Abs. 3 EG BGFA auf. RA A. hat über einen Zeitraum von gut sieben Jahren hinweg ihm auf geschäftlicher Basis, anfänglich wohl in seiner Eigenschaft als Anwalt, anvertraute Gelder in massiver Höhe vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht veruntreut. Zudem hat er im Zeitraum von 2013 bis 2015 in seiner geschäftlichen Tätigkeit als treuhänderischer Verwaltungsrat zweier Aktiengesellschaften über deren Konten unrechtmässig verfügt, indem er mit Vorsatz und Bereicherungsabsicht nicht geschäftsmässig begründete Überweisungen in grosser Höhe tätigte. Zusätzliches Gewicht erhalten die Verfehlungen von RA A. insofern, als die Staatsanwaltschaft anstelle einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe ausgesprochen hat. Als Begründung für die Anordnung einer Freiheitsstrafe führte die Staatsanwaltschaft aus, vorliegend werde eine (bedingte) Freiheitsstrafe ausgefällt, da (bedingte) Geldstrafen RA A. bisher nicht von erneuter Delinquenz abgehalten hätten und da die Deliktsstruktur zeige, dass der sich ständig in Geldnot befindende Beschuldigte kaum imstande wäre, eine Geldstrafe zu bezahlen.
4. Der Rechtsanwalt wird von seinen Klienten mandatiert, um ihre Interessen auf gesetzeskonformem Weg durchzusetzen. Mit seinem juristischen Wissen und der Erfahrung soll er den Rechtsuchenden helfen. Diese Tätigkeit erfordert ein hohes Mass an Vertrauenswürdigkeit. Diese Vertrauenswürdigkeit ist bei RA A. nicht mehr gegeben. Er hat über Jahre hinweg in seiner geschäftlichen Tätigkeit Gelder in erheblicher Höhe veruntreut und zudem über Konten zweier Aktiengesellschaften unrechtmässig verfügt. Mit diesem Verhalten hat er zum Ausdruck gebracht, dass die erforderliche Seriosität und Ehrenhaftigkeit nicht vorhanden ist. RA A. hat eine hohe kriminelle Energie an den Tag gelegt und sich dadurch erhebliche wirtschaftliche Vorteile verschafft. Die der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Handlungen RA As. und die darin zum Ausdruck kommende Geringschätzung gesetzeskonformen Verhaltens beeinträchtigen dessen Vertrauenswürdigkeit als Rechtsanwalt massiv.
5. Nach § 9 Abs. 3 EG BGFA kann die Berechtigung zur Führung des Titels befristet oder unbefristet entzogen werden. Vorliegend ist ein unbefristeter Entzug angezeigt. Mit Blick auf den Schutz des rechtsuchenden Publikums schliessen die massiven und über einen langen Zeitraum verübten Delikte einen befristeten Entzug der Berechtigung zur Führung des Titels aus. Ein unbefristeter Entzug ist auch nicht unverhältnismässig. Einerseits sind die von RA A. verübten Straftaten als Verbrechen und demnach als schwere Taten zu qualifizieren. Erschwerend kommt hinzu, dass RA A. diese Taten in Ausübung seiner beruflichen respektive geschäftlichen Tätigkeit vorgenommen hat. Andererseits führte RA A. in seiner Stellungnahme vom 10. Juli 2020 aus, dass er seit der Löschung seines Eintrags im Anwaltsregister und dem Entzug seiner Notarbefugnis im Jahre 2009 nicht mehr als Rechtsanwalt tätig sei, die Berufsbezeichnung «Rechtsanwalt» nicht mehr verwende und freiwillig auf eine Verwendung dieser Bezeichnung verzichtet habe. Insofern stellt der unbefristete Entzug keine unverhältnismässige Sanktion dar.
6. Zusammenfassend ergibt sich, dass bei RA A. strafrechtliche Verurteilungen vorliegen, welche die Vertrauenswürdigkeit als Rechtsanwalt beeinträchtigen. Die Berechtigung zur Führung des Titels Rechtsanwalt ist ihm gestützt auf § 9 Abs. 3 EG BGFA unbefristet zu entziehen.
Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte des Kantons Zug, Entscheid AK 2020 8 vom 5.11.2020