Sozialversicherung
Widersprüche müssen abgeklärt werden
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich heisst eine Beschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs gut. Die IV hätte auf die Stellungnahme zum Vorbescheid eingehen müssen, indem sie etwa Rücksprache mit den Gutachtern genommen hätte, um Widersprüche auszuräumen.
Sachverhalt:
Gestützt auf zwei psychiatrische Gutachten lehnt die IV-Stelle des Kantons Zürich das Rentengesuch eines Mannes ab. Dieser ficht den Entscheid beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich an und erreicht, dass die IV weitere Abklärungen vornehmen muss. Die IV holt daraufhin ein Gutachten bei der Academy of Swiss Insurance Medicine (asim) ein und lehnt anschliessend das Gesuch abermals ab. Der Mann gelangt wiederum ans Sozialversicherungsgericht. Im Verfahren vor der IV verlangt er, ihm sei die unentgeltliche Rechtsverbeiständung zu gewähren. Die IV heisst das Gesuch in Bezug auf das Vorbescheidverfahren gut, nicht aber für das vorangehende Verwaltungsverfahren, in dem es unter anderem um die Begutachtung ging. Der Mann ficht auch diesen Entscheid an.
Aus den Erwägungen:
2.1 Nach Art. 42 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialveisicherungsrechts (ATSG) haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör, wobei sie nicht angehört werden müssen vor Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind.
Einer der Bestandteile des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wie er neben der expliziten gesetzlichen Regelung in Art. 42 ATSG auch in Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung (BV) garantiert wird (siehe BGE 124 V 181, Erw. la), ist das Recht der betroffenen Person, sich vor Erlass eines in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (siehe BGE 124 V 181 Erw. la mit Hinweisen; Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, Art. 42 Rz 11ff.).
Ein weiterer Aspekt des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist das Recht auf eine Begründung, welche die versicherte Person in die Lage versetzt, einen Entscheid sachgerecht anzufechten. Um den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen, muss die Begründung wenigstens kurz die Überlegungen nennen, von denen sich die Behörde bei ihrem Entscheid hat leiten lassen und auf die sich der Entscheid stützt (siehe BGE 124 181 Erw. la mit Hinweisen; Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, Art. 49 Rz 38 und Art. 52 Rz 33).
2.2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Dessen Verletzung führt daher grundsätzlich ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Vorbehalten sind rechtsprechungsgemäss aber diejenigen Fälle, in denen diese Verletzung nicht besonders schwer wiegt und dadurch geheilt wird, dass die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtslage frei überprüfen kann (siehe BGE 124 V 183 Erw. 4a mit Hinweisen; Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Auflage, Art. 42 Rz 9).
3. In der angefochtenen Verfügung vom 16. November 2007 betreffend Rente wird nicht konkret Bezug auf die Stellungnahme des Beschwerdeführers genommen, sondern es wird lediglich die Begründung im Vorbescheid wiederholt mit der Ergänzung, das Gutachten sei aus medizinischer Sicht umfassend und plausibel. Doch angesichts des im asim-Gutachten vom 27. Dezember 2006 geschilderte Krankheitsbilds und der gestellten Diagnosen, wonach der Beschwerdeführer an einer rezidivierenden depressiven Störung (F33.11) und an einer Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen, depressiven und abhängigen Anteilen (F.61.0) leidet, vermag die postulierte Arbeitsfähigkeit nicht zu überzeugen (Urk. 8/72).
Insbesondere fällt auf, dass die psychiatrischen Gutachter dem Versicherten einerseits aufgrund der sehr kränkbaren, depressiven Persönlichkeitsstruktur keine konkreten Schritte in die Selbständigkeit zutrauen, ihm aber andererseits für eine Tätigkeit als selbstständig ar-beitender Kunstmaler eine achtzigprozentige Arbeitsfähigkeit attestieren. Ebenfalls auffallend ist sodann die Annahme, in einem angestellten Verhältnis wäre der Versicherte nur zu sechzig Prozent arbeitsfähig.
Erschwerend führten die Gutachter aus, ein stationärer Aufenthalt sei dringend indiziert, und empfahlen eine Entzugsbehandlung mit entsprechender psychotherapeutischer Behandlung. In den Schlussfolgerungen präzisierten sie jedoch, dass aufgrund des Störungsbilds und der früher bereits erfolglos gebliebenen tiefenpsychologischen Behandlung eine kognitive Verhaltenstherapie empfohlen werde.
Insgesamt vermag das Gutachten nicht einzuleuchten. Alswidersprüchlich erscheint eine verhältnismässig hohe Einschätzung der Arbeitsfähigkeit bei einem erheblichen Störungsbild, das offensichtlich nur schwer therapierbar ist. Zudem scheinen die aktuelle Krankheitseinschätzung der Ärzte wie auch die jetzigen Lebensumstände des Versicherten nicht mit der attestierten Arbeitsfähigkeit übereinzustimmen.
Unter diesen Umständen hat die Beschwerdegegnerin mit ihrem Versäumnis, auf die Stellungnahme zum Vorbescheid einzugehen, den Gehörsanspruch des Beschwerdeführers in elementarer Weise verletzt. Denn im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren sind im Rahmen dieses Anspruchs das Äusserungsrecht und die Begründungspflicht in der Weise miteinander verknüpft, dass die Verwaltung sich in der Verfügung mit den Einwendungen, die im Vorbescheidverfahren vorgebracht werden, ausdrücklich auseinandersetzen muss oder zumindest die Gründe anzugeben hat, weshalb sie gewisse Gesichtspunkte nicht berücksichtigen kann (siehe BGE 124 V 183 Erw. 2b).
Die dargelegte Verletzung ist einer Heilung im vorliegenden Verfahren nicht zugänglich, da sich die Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort wiederum nicht konkret mit den Argumenten des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hat. Indem sie lediglich darauf hinweist, das Gutachten sei schlüssig, und indem sie durch ihre eigene Interpretation die Widersprüche der Fachärzte auszuräumen versucht, kommt sie ihrer Begründungspflicht nicht nach (Urk. 17/7).
Die angefochtene Verfügung vom 16. November 2007 ist daher ungeachtet der materiellen Erfolgsaussichten der Beschwerde aufzuheben. Dabei ist die Beschwerdegegnerin nicht nur dazu zu verpflichten, die neu zu erlassende Verfügung ausreichend zu begründen. Sie wird auch zu prüfen haben, ob Rücksprache mit den Gutachtern des asim zu nehmen oder eine erneute psychiatrische Untersuchung zu veranlassen ist.
4.1 Streitig ist im Weiteren der Anspruch des Beschwerdeführers auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters im Verwaltungsverfahren.
4.2 Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand.
Laut Art. 37 Abs. 4 ATSG wird der gesuchstellenden Person, wo die Verhältnisse es erfordern, ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
Im Rahmen von Art. 29 Abs. 3 BV sowie nach Inkrafttreten des ATSG ist die zu Art. 4 der alten Bundesverfassung (aBV) ergangene Rechtsprechung weiterhin anwendbar. Diese nennt als Voraussetzungen des Anspruchs die finanzielle Bedürftigkeit, die fehlende Aussichtslosigkeit und die sachliche Gebotenheit im konkreten Fall (siehe Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes vom 12.Januar 2006 in Sachen A., I 501/05, mit Hinweisen, und vom 7. Juni 2006 in Sachen M., I 189/06, Erwägung 2. 1, mit Hinweisen).
4.3 Mit Verfügung vom 20. November 2007 hiess die Verwaltung das Gesuch um unentgeltlichen Rechtsbeistand für das Rentenverfahren ab dem 5. September 2007 gut. Ein früherer Zeitpunkt für die Gutheissung des Gesuchs wurde mit der Begründung abgelehnt, dass kein strittiges Verfahren hängig gewesen sei und eine anwaltliche Vertretung während des Abklärungsverfahren nicht vonnöten wäre (Urk. 2). Der Beschwerdeführer beantragt hingegen, das Gesuch sei bereits ab dem 4. Juli 2006 gutzuheissen, da anlässlich einer medizinischen Begutachtung formelle Voraussetzungen zu erfüllen seien, welche ein Laie nicht kenne.
4.4 Zwar ergibt sich allein aus der Tatsache, dass ein Überweisungs- oder ein Rückweisungsentscheid ergangen ist und damit ein weiteres Verwaltungsverfahren notwendig wird, grundsätzlich noch keine Veranlassung für eine anwaltliche Mitwirkung ab diesem Zeitpunkt (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 30. Mai 2001, Erw. 2b, I 686/00). Auch genügt lediglich ein Erklärungsbedarf seitens des Beschwerdeführers betreffend den weiteren Verfahrensablauf oder einen in seinen Augen unklaren Beschluss nicht, den Beizug eines Anwaltes zu rechtfertigen, da diese Erläuterungen beispielsweise auch bei der Verwaltung eingeholt werden können.
Vorliegend stellt sich indes durch die angeordnete Begutachtung die Situation anders dar. Mit der sachlichen Auseinandersetzung mit den dabei aufgeworfenen Fragen, insbesondere auch formeller Art, war der rechtsunkundige Beschwerdeführer zweifellos überfordert. Damit war es auch im Lichte der Rechtsprechung, wonach an die Notwendigkeit der Verbeiständung ein strenger Massstab anzulegen ist (BGE 122 I 10 Erw. 2c), gerechtfertigt, für das weitere Verwaltungsverfahren einen Rechtsanwalt beizuziehen. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer bereits kurz nach rechtskräftiger Abweisung eines Gesuchs im Juli 2006 erneut ein Gesuch stellte, denn erst ab diesem Zeitpunkt wurde er seitens der Verwaltung zu weiteren medizinischen Abklärungen eingeladen (Urk. 17/8/65).
Erschwerend kommt hinzu, dass trotz anwaltlicher Vertretung und deren Untersagung, medizinische Akten an die Generaliversicherung herauszugeben, die Verwaltung dies fälschlicherweise getan hatte und hiermit ihre Schweigepflicht verletzte (Urk. 17/8/78). Mit Blick auf die Kernfunktion der unentgeltlichen Verbeiständung ist der Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung ab 4. Juli 2006 daher zu bejahen und die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie die dem Beschwerdeführer für das Verwaltungsverfahren zustehende Entschädigung neu festsetze.
(Urteil IV.2007.01463 und IV.2008.00032 des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 18. September 2009)
Befangenheit: Gutachter mit Erfolg abgelehnt
Ein Gutachter versucht, ein ungenügendes Gutachten zu verteidigen,indem er die Mängel zu Unrecht auf ein unkooperatives Verhalten des Betroffenen schiebt. Das Bundesgericht erachtet ihn aus diesem Grund für eine Begutachtung im gleichen Fall als befangen.
Sachverhalt:
Ein Mann wird im IV-Verfahren von Dr. med. X, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, begutachtet. Gestützt auf dieses Gutachten verneint die IV-Stelle Bern den Anspruch auf eine Rente. Das Rechtsmittelverfahren gegen diesen Entscheid bleibt ohne Erfolg. Im Dezember 2007 meldet sich der Mann erneut bei der Invalidenversicherung an. Mit Vorbescheid vom 16. Mai 2008 teilt ihm die IV mit, das Leistungsbegehren müsse abgelehnt werden. Er erhebt dagegen Einwendungen. Nach Rücksprache mit dem regionalen ärztlichen Dienst teilt ihm die IV-Stelle mit, sie beabsichtige, unter anderem bei Dr. med. X eine Untersuchung anzuordnen, was der Mann jedoch ablehnt. Seinem Ersuchen, eine anfechtbare Verfügung zu erlassen und darin zu dem auch gegen Dr. X geltend gemachten Ausstandsgrund der Befangenheit Stellung zu nehmen, kommt die IV-Stelle nicht innert der ihr hiefür gesetzten Frist nach. Am 30. Oktober 2008 erhebt der Mann Rechtsverweigerungsbeschwerde, welche das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 20. Januar 2009 abweist. In Gutheissung der Beschwerde hebt das Bundesgericht dieses Urteil auf und weist die Sache an das kantonale Gericht zurück, damit es über die (formelle oder materielle) Natur der Einwendungen gegen Dr. X und allenfalls deren Begründetheit entscheide (Urteil 9C_199/2009 vom 9. Juni 2009).
Nach Durchführung eines Schriftenwechsels weist die Sozialversicherungsrechtliche Abteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern die Beschwerde mangels Stichhaltigkeit der in Bezug auf Dr. X geltend gemachten Befangenheitsgründe ab (Entscheid vom 15. September 2009). Der Mann ficht das Urteil beim Bundesgericht an.
Aus den Erwägungen:
1. Muss die IV-Stelle zur Abklärung des Sachverhaltes ein Gutachten einer oder eines unabhängigen Sachverständigen einholen, gibt sie der Partei deren oder dessen Namen bekannt. Diese kann den Gutachter aus triftigen Gründen ablehnen und kann Gegenvorschläge machen (Art. 44 ATSG in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1 IVG).
1.1 Für Sachverständige gelten grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für Richter vorgesehen sind. Danach ist Befangenheit anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die in objektiver Weise und nicht bloss aufgrund des subjektiven Empfindens der Partei geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit der sachverständigen Person zu erwecken (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 109 mit Hinweis).
1.2 Im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung, welche medizinischen Gutachten im Sozialversicherungsrecht zukommt, ist an die Unparteilichkeit der begutachtenden Ärzte ein strenger Massstab anzulegen (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 110; 120 V 357 E. 3b in fine S. 367 mit Hinweisen).
1.2.1 Ein Sachverständiger gilt jedoch nicht schon deshalb als voreingenommen, wenn er sich schon einmal mit der zu begutachtenden Person befasst hatte und dabei zu für sie ungünstigen Schlussfolgerungen gelangt war (BGE 132 V 93 E. 7.2.2 S. 110 mit Hinweis). Entscheidend ist, dass das Ergebnis der Abklärung nach wie vor als offen und nicht vorbestimmt erscheint (BGE 117 Ia 182 E. 3b S. 184; SVR 2009 IV Nr. 16, 8C_89/2007 E. 6.2).
Der Beschwerdeführer bringt zu Recht nicht vor, Dr. med. X erwecke bereits deshalb den Anschein von Befangenheit, weil dieser ihn bereits im Sommer 2004 begutachtet und damals eine psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit verneint hatte.
1.2.2 Das Expertenverhalten während der Exploration kann objektiv den Anschein von Befangenheit erwecken. Zu denken ist etwa an Äusserungen, welche die Glaubhaftigkeit der Angaben des Exploranden oder der Explorandin zum Gesundheitszustand und zur Selbsteinschätzung der Arbeitsfähigkeit von vornherein mehr oder weniger offen verneinen, abschätzige Bemerkungen persönlicher Natur oder unter Umständen die Art und Weise, wie die Untersuchung durchgeführt wird und in diesem Zusammenhang auch die Dauer der Massnahme (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts U 44/04 vom 26. November 2004 E. 4.2).
Die Objektivität der Beurteilung steht auch in Frage, wenn die begutachtende Person von weitgehend sachfremden Kriterien auf Aspekte des Gesundheitszustandes schliesst, welche für die zumutbare Arbeitsfähigkeit von Bedeutung sind (SVR 2007 UV Nr. 26, U 339/06 E. 3.2; siehe auch BGE 120 V 357 E. 3b S. 365ff.). Schliesslich kann die Abfassung einer medizinischen Expertise in beleidigendem Ton oder sonst aufunsachliche Art und Weise objektiv Zweifel an der Unvoreingenommenheit der sachverständigen Person wecken (Urteil 1P.204/1992 vom 21. Oktober 1992 E. 4a).
Für die Frage, ob bestimmte Äusserungen oder das Verhalten des Experten oder der Expertin objektiv den Anschein der Befangenheit zu erwecken vermögen, kann allenfalls auch von Bedeutung sein, ob das Verhältnis zwischen der sachverständigen und der zu explorierenden Person angespannt war, ohne dass Anhaltspunkte für ein negatives unkooperatives Verhalten seitens der abzuklärenden Person bestand (siehe SVR 2007 UV Nr. 26, U 339/06 E. 3.2). Der Umstand, dass ein insbesondere im therapeutischen Kontext wichtiges Vertrauensverhältnis zwischen begutachtendem Arzt und Patient nicht hergestellt werden konnte, lässt jedoch nicht auf Voreingenommenheit schliessen.
1.3 Ob bei einer gegebenen Sachlage auf die Voreingenommenheit des Sachverständigen zu schliessen ist, stellt eine vom Bundesgericht frei prüfbare Rechtsfragedar (Art. 95 BGG; Urteile 8C_802/2007 vom 5. Mai 2008 E. 4 und 9C_846/2007 vom 11. März 2008 E. 4).
2.1 Im Urteil I 18/06 vom 1. Februar 2007 verneinte die I. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts den Beweiswert des Gutachtens des Dr. med. X vom August 2004. Zahlreiche Sachverhaltsdetails würden angegeben, die in deutlichem Widerspruch zu den Akten stünden. Unter anderem werde die Anamnese nicht detailliert wiedergegeben. Entscheidend sei dabei der Irrtum des Gutachters über die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers nach der Diskushernienoperation. Er gebe an, die Arbeit sei erst 1999 niedergelegt worden. In Wirklichkeit habe der Versicherte seit 1994 nicht mehr gearbeitet.
Ebenfalls lägen in Bezug auf den Unfall der Ehefrau und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit offenbar Irrtümer vor. Diese riefen hinsichtlich der Qualität der Expertise Fragen auf. Zudem sei das Gutachten für die streitigen Belange weder umfassend, noch leuchteten die Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und die daraus getroffenen Schlussfolgerungen ein, weil sie nicht begründet seien. Das treffe vor allem auf die Aussage des Dr. med. X zu, seines Erachtens sei die Somatisierungsstörung zwar vorhanden, jedoch noch milde ausgeprägt und nicht chronifiziert. Dies stehe im Widerspruch dazu, dass alle anderen involvierten Ärzte von einem seit Jahren chronifizierten lumbalen Schmerz-syndrom ohne somatische Ursache berichteten.
In seiner Stellungnahme vom 29. April 2005 zu den Vorhaltungen des Rechtsvertreters des Versicherten gegen die Expertise vom August 2004 führte Dr. X und andere aus, die angeblichen Widersprüche seien an sich sekundär und führten nicht dazu, dass diagnostische Überlegungen deswegen neu gemacht werden müssten. Er gehe (implizit zufolge Fehlens einer hirnorganischen Störung) davon aus, dass wegen mangelnder Kooperation des Versicherten divergierende Angaben gemacht worden seien.
2.2 Nach Auffassung der Vorinstanz kann aus dem materiell ungenügenden Gutachten des Dr. med. X vom August 2004 und seiner als wenig geglückt zu bezeichnenden Verteidigung der Expertise in der Stellungnahme vom 29. April 2005 weder auf damalige noch künftige Befangenheit geschlossen werden. Der Experte habe fehlerhaft gearbeitet. In Bezug auf die Kritik des Bundesgerichts könne nicht von einem Blossstellen gesprochen werden. Dr. med. X müsse zur Kenntnis nehmen und auch akzeptieren, dass seine Begutachtung im konkreten Fall nicht zu überzeugen vermocht habe.
2.3.1 Die Beanstandungen des Bundesgerichts wiegen nicht leicht. Sie legen eine unsorgfältige Arbeitsweise des Gutachters offen, welchem seine Irrtümer sofort hätten auffallen müssen, wenn er bloss die medizinischen Berichte und den Abklärungsbericht der beruflichen Abklärungsstelle aufmerksam gelesen hätte, mithin jene Aktenteile, welche für eine psychiatrische Begutachtung von zentraler Bedeutung sind, wie der Beschwerdeführer insoweit zu Recht vorbringt. Auch wenn nicht gesagt werden kann, die bundesgerichtliche Kritik sei geradezu blossstellend, stellt sie dem Experten zumindest kein gutes Zeugnis aus. Dessen Sachkunde steht im Übrigen ausser Frage (siehe Urteil 1P.553/1999 vom 30. November 1999 E. 2b, wonach das Fehlen der erforderlichen Sachkunde die Frage der Beweiswürdigung beschlägt und daher materieller, nicht formeller Natur ist).
2.3.2 Die Stellungnahme des Dr. med. X vom 29. April 2005 sodann kann im Kontext nicht bloss als wenig geglückte Verteidigung seines Gutachtens vom August 2004 bezeichnet werden. Der Versuch des Experten, die Gründe für die Ungereimtheiten (zunächst) ausserhalb seiner Person zu suchen, kann zwar nicht als grundsätzliche Kritikunfähigkeit oder sogar als Unvermögen, Fehler einzusehen, betrachtet werden. Der Umstand, dass der Gutachter die Ursache hiefür im unkooperativen Verhalten des Exploranden sah, weckt indessen objektiv Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit im Hinblick auf eine weitere Begutachtung. Er machte den Exploranden für Fehler verantwortlich, die dieser gar nicht machen konnte. Allfällige widersprüchliche Angaben hätten spätestens beim Studium der wichtigsten Akten entdeckt werden können, wie der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt.
Die in der Stellungnahme vom 29. April 2005 erwähnte mangelnde Kooperation des Exploranden kann nicht etwa bloss als ungeschickte Äusserung aufgefasst werden, welche objektiv nicht den Anschein von Befangenheit zu erwecken vermöchte (siehe Urteil 6B_299/ 2007 vom 11. Oktober 2007 E. 5.1.2 und 5.2.1). Es kommt dazu, dass in der Expertise vom August 2004 nicht die geringsten Anhaltspunkte für ein unkooperatives Verhalten des Versicherten zu finden sind. Mit diesem nachgeschobenen, unbelegten Vorwurf hat der Gutachter selbst eine mögliche weitere Begutachtung in Frage gestellt. Es ist denn auch unwahrscheinlich, dass zwischen Experten und Exploranden noch ein für die psychiatrische Abklärung notwendiges Vertrauensverhältnis entstehen könnte.
Unter den gegebenen Umständen muss Dr. med. X. objektiv betrachtet als befangen gelten. Er fällt damit als versicherungsexterner Gutachter für die von der IV-Stelle als notwendig erachtete psychiatrische Abklärung ausser Betracht. Der anders lautende vorinstanzliche Entscheid verletzt Bundesrecht.
(Urteil 9C_893/2009 der II. sozialrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 22. Dezember 2009)
Arbeitslosigkeit: Kriterien für Kurskostenersatz
Das Berner Verwaltungsgericht verpflichtet die Arbeitslosenversicherung, einem 50-jährigen Mann die Kosten für einen Webdesign-Kurs zu bezahlen. Der Beschwerdeführer strebt mit dem Kurs verbesserte Anstellungsaussichten auf dem Arbeitsmarkt an.
Sachverhalt:
Ein 1959 geborener Mann ist gelernter Grafiker und verfügt über ein Diplom als PR-Redaktor. Er arbeitete von 1980 bis 1990 als Grafiker, anschliessend bis 2002 im Rangierdienst bei der Post. Von Mai 2002 bis April 2004 hatte er eine befristete Anstellung als Werbebeauftragter bei einer Gewerkschaft inne und danach eine bis Ende 2006befristete Anstellung als Geschäftsleiter des Mieterinnen- und Mieterverbands des Kantons Bern. Ab Februar 2006 war er teilweise arbeitslos und ging vom März 2006 bis März 2009 einem Zwischenverdienst als persönlicher Assistent nach. Im Februar 2006 hatte sich der Mann beim Rav zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung angemeldet. Am 10. Dezember 2008 stellte er ein Gesuch um Zustimmung zum Kursbesuch «Screen Design, Desktop Publishing», Schule für Gestaltung Bern und Biel, vom 5. Februar 2009 bis 2. Juli 2009. Das Berner Volkswirtschaftsdepartement (beco) lehnte das Gesuch mit Verfügung vom 22. Dezember 2008 ab. Die Einsprache dagegen vom 29. Januar 2009 wurde am 13. Mai 2009 abgelehnt. Der Mann erhob dagegen am 15. Juni 2009 Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons.
Aus den Erwägungen:
3.1 Gemäss Art. 1a Abs. 2 AVIG gehört es zu den Zielen des Gesetzes, drohende Arbeitslosigkeit zu verhüten, bestehende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die rasche und dauernde Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu fördern.
Nach Art. 59 AVIG erbringt die Versicherung finanzielle Leistungen für arbeitsmarktliche Massnahmen zugunsten von versicherten Personen und von Personen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind (Abs. 1). Mit arbeitsmarktlichen Massnahmen soll die Eingliederung von Versicherten, die aus Gründen des Arbeitsmarktes erschwert vermittelbar sind, gefördert werden (Abs. 2).
3.3 Zu den arbeitsmarktlichen Massnahmen gehören unter anderem auch die Bildungsmassnahmen. Als solche gelten gemäss Art. 60 Abs. 1 AVIG namentlich individuelle oder kollektive Kurse zur Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung sowie Übungsfirmen und Ausbildungspraktika.
3.4 Nach Gesetz und Rechtsprechung sind Grundausbildung und die allgemeine Förderung der beruflichen Weiterbildung nicht Sache der Arbeitslosenversicherung. Deren Aufgabe ist es lediglich, in gewissen Fällen durch konkrete Eingliederungs- und Weiterbildungsmassnahmen eine bestehende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder eine drohende Arbeitslosigkeit zu verhindern. Dabei muss es sich um Vorkehren handeln, welche es der versicherten Person erlauben, sich dem industriellen und technischen Fortschritt anzupassen oder welche sie in die Lage versetzen, ihre bereits vorhandene berufliche Fähigkeit ausserhalb der angestammten engen bisherigen Erwerbstätigkeit auf dem Arbeitsmarkt zu verwerten (BGE 111 V 274 und 400 mit Hinweisen; ARV 2005 S. 282 Erw. 1.2).
Die Grenzen zwischen der grund- und allgemeinen beruflichen Weiterausbildung einerseits und der Umschulung und Weiterbildung im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne andererseits, sind fliessend. Es ist entscheidend, welche Aspekte im konkreten Fall unter Würdigung aller Umstände über-wiegen (BGE 111 V 274 Erw. 2c und 400 Erw. 2b mit Hinweisen; ARV 2005 S. 282 Erw. 1.2, 1996/1997 S. 143 Erw. lb mit Hinweisen, 1993/94 S. 44 Erw. 1).
3.5 Was sodann die objektive Zielrichtung eines Kurses anbelangt, so muss die fragliche Vorkehr für die Förderung der Vermittlungsfähigkeit geeignet und notwendig sein. Es darf somit nicht die bildungsmässige, soziale oder wirtschaftliche Verbesserung im Vordergrund stehen. Vielmehr geht es darum, eine Verbesserung der Einsatzmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erreichen, das heisst, es muss eine bestimmte arbeitsmarktliche Indikation für die Absolvierung eines Lehrganges gegeben sein (BGE 111 V 276 Erw. 2d).
3.6 Als weiterer massgebender Gesichtspunkt ist derjenige der sozialen Üblichkeit unter Berücksichtigung des Alters, der Motivation und der weiteren Lebensumstände der versicherten Person zu prüfen. Es ist jeweils zu untersuchen, ob die fragliche Vorkehr bei den gegebenen Umständen nicht ohnehin Bestandteil der üblichen Berufsausbildung ist und ob die versicherte Person den Kurs auch besuchen würde, wenn sie – bei im übrigen gleichen Verhältnissen – nicht arbeitslos (oder von Arbeitslosigkeit bedroht) wäre (BGE 111 V 276 Erw. 2d; ARV 1993/94 S. 45 Erw. 2; SVR 2008 ALV Nr. 1 S. 1 Erw. 2.3).
3.7 In zeitlicher Hinsicht ist festzustellen, dass nur Kurse von beschränkter Dauer als Massnahmen der Umschulung oder Weiterbildung anerkannt werden können. Dabei hat eine Kursdauer von einem Jahr als obere Limite zu gelten.
3.8 Nach dem auch im Sozialversicherungsrecht geltenden Grundsatz der Verhältnismässigkeit hat die versicherte Person nur Anspruch auf die dem jeweiligen Umschulungs-, Weiterbildungs- und Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren (ARV 2001 S. 88 Erw. 3a; Agnes Leu, Die arbeitsmarktlichen Massnahmen, Diss. Zürich 2006, S. 72). Ferner muss der zeitliche und finanzielle Aufwand mit dem angestrebten Kursziel in einem vertretbaren Verhältnis stehen (BGE 112 V 399 Erw. 1 mit Hinweisen; ARV 1998 S. 69 Erw. 2, 1993/94 S. 268 Erw. 1 b).
4.1 Zunächst ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer aus Gründen des Arbeitsmarktes überhaupt als erschwert vermittelbar gemäss Art. 59 Abs. 2 AVIG zu erachten ist.
Der Beschwerdeführer ist Grafiker und verfügt über ein Diplom als PR-Redaktor. Im erlernten Beruf als Grafiker arbeitete er von 1980 bis 1990, wobei er zunächst als Angestellter, danach als Selbständigerwerbender tätig war. Von 1990 bis 2002 war er im Rangierdienst der Schweizerischen Post und damit mehr als ein Jahrzehnt nicht mehr im erlernten Beruf tätig. In der Folge fand er lediglich noch befristete Anstellungen; das letzte befristete Arbeitsverhältnis dauerte bis Ende Januar 2006. Anschliessend war er arbeitslos, wobei er vom 1. März 2006 bis zum 31. März 2009 in einem Zwischenverdienst als persönlicher Mitarbeiter arbeiten konnte (BB 4 und 6).
Mit Blick auf diese Erwerbskarriere sowie die Akten kann als erstellt gelten, dass der Beschwerdeführer im Februar 2006 im Alter von 46 Jahren bei der erneuten Stellensuche auf erhebliche Schwierigkeiten stiess. In Anbetracht dessen ist die erschwerte Vermittelbarkeit zu bejahen.
4.2 Der arbeitslose Beschwerdeführer erfüllt unbestrittenermassen auch die weiteren allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 8 AVIG. Nachfolgend ist zu prüfen, ob die weiteren, von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien, erfüllt sind (siehe Erw. 3.4 bis 3.7 hievor sowie BGE 111 V 276 Erw. 2d).
Der gelernte Grafiker und diplomierte PR-Redaktor hat sich im Selbststudium Grundkenntnisse in der Gestaltung und Realisierung von Websites erworben und konnte diese in der Praxis bereits mehrfach anwenden (siehe BB 11). Der Beschwerdeführer sucht deshalb auch Arbeitsstellen im Bereich von webbasierten Anwendungen und hat sich bereits für folgende Stellen beworben. Daneben sucht er auch Stellen unter anderem als Grafiker und im Bereich Marketing. Für alle diese Tätigkeitsgebiete erscheint der fragliche Kurs in Verbindung mit den Vorkenntnissen des Beschwerdeführers als zweckmässig und geeignet, sich dem technischen Fortschritt anzupassen, die Vermittelbarkeit gezielt zu fördern und die Chancen auf dem in Frage kommenden Arbeitsmarkt zu erhöhen.
Damit steht fest, dass der Beschwerdeführer mit dem Besuch des Kurses in erster Linie nicht eine Verbesserung seiner bildungsmässigen, sozialen oder wirtschaftlichen Situation, sondern verbesserte Anstellungsaussichten auf dem Arbeitsmarkt anstrebt. Für die Annahme einer Verbesserung der Vermittelbarkeit spricht auch, dass der Berater des Rav – im Gegensatz zueinem früheren Gesuch des Beschwerdeführers (AB IIA/42) – einen Antrag auf Bewilligung des Kursbesuches stellte (AB IIA/28 und 49, siehe auch AB II/31). Ein weiteres Indiz dafür, dass der beantragte Kurs geeignet ist, die Vermittelbarkeit des Beschwerdeführers zu fördern, stellen die eingereichten Inseratebeispiele dar; in jenen werden nebst einer PR-Ausbildung – über welche der Beschwerde-führer verfügt – eben auch Kenntnisse im Web-Publishing-Bereich verlangt (BB 12). Der entsprechende Kurs ist überdies nicht Bestandteil einer üblichen Berufsausbildung. Ferner hält sich der fünfmonatige Kurs zeitlich im Rahmen dessen. Schliesslich bringt der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für den Kursbesuch (gute Computerkenntnisse; AB IIA/48) mit. Kursziel und -aufbau (AB IIA/47) sind den Bedürfnissen des Beschwerdeführers angemessen. Die Verhältnismässigkeit der Weiterbildung ist angesichts des eher geringen zeitlichen und finanziellen Aufwands ebenfalls zu bejahen.
(Urteil 200 09 602 ALV des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 7. September 2009, rechtskräftig)
Strafprozessrecht
Fehlender Anwalt: Einvernahmen unverwertbar
Das Zürcher Obergericht hebt einen erstinstanzlichen Schuldspruch auf. Der Verurteilte habe bei seinen Einvernahmen und bei Zeugeneinvernahmen keinen Anwalt gehabt, obwohl ein Fall von notwendiger Vertretung vorliege. Die Einvernahmen seien damit unverwertbar.
Sachverhalt:
In einem Strafverfahren wegen Vermögensdelikten wird ein Mann vom Bezirksgericht Horgen mit Urteil vom 25. Februar 2009 schuldig gesprochen. Er erhebt dagegen Berufung.
Aus den Erwägungen:
1. Anlässlich der Berufungsverhandlung stellte sich die Verteidigung auf den Standpunkt, dass die Zeugenaussagen von F. und W. vom 5. Juli 2007 nicht verwertbar seien, da bereits zur damaligen Zeit ein Fall von notwendiger Verteidigung im Sinne von § 11 Abs. 2 Ziff. 3 StPO vorgelegen habe und der Angeklagte damals noch nicht verteidigt gewesen sei.
Im Weiteren könne auch nicht auf die Aussagen des Angeklagten, welche nach Eintritt der notwendigen Verteidigung, aber noch vor Bestellung eines Verteidigers deponiert worden seien, abgestellt werden, da der Angeklagte Gefahr laufe, aufgrund belastender eigener Aussagen beurteilt zu werden, die er bei rechtzeitiger Beigabe eines Verteidigers nie gemacht hätte. Weil die gesetzlich vorgeschriebenen Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht gewahrt worden seien, habe dies zur Folge, dass die betreffenden Einvernahmen gemäss § 15 StPO nichtig und damit unverwertbar seien.
2.1.1 Nach zürcherischem Prozessrecht liegt dann ein Fallnotwendiger Verteidigung vor, wenn eine der in § 11 Abs. 2 Ziff. 1–5 StPO genannten Konstellationen vorliegt. Bestellt der Beschuldigte diesfalls nicht selber einen Beistand, muss ihm von den zuständigen Behörden ein amtlicher Verteidiger beigegeben werden (siehe § 12 Abs. 2 StPO und § 13 Abs. 1 StPO). § 11 Abs. 2 StPO nennt als Voraussetzungen für die notwendige amtliche Verteidigung unter anderem, dass gegen den Angeschuldigten eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr beantragt ist oder in Aussicht steht (Ziff. 3) oder dass besondere Umstände vorliegen wie etwa aussergewöhnliche Schwierigkeiten bei Abklärung oder Beurteilung des Sachverhaltes (Ziff. 5). Es ist somit vorab zu prüfen, ob der Angeklagte im Zeitpunkt der fraglichen Einvernahmen gestützt auf § 11 Abs. 2 Ziff. 1-5 StPO hätte anwaltlich verbeiständet sein müssen.
2.1.2 Die vorliegende Strafuntersuchung wurde durch eine vom Rechtsvertreter der Geschädigten verfasste Strafanzeige vom 13. November 2006 ausgelöst. Der Angeklagte wurde bereits damals beschuldigt, zu Lasten der Geschädigten F. einen Betrug und eine Veruntreuung von Vermögenswerten im Gesamtbetrag von rund 470000 Franken begangen zu haben. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass das Vorbringen in der Strafanzeige durch nicht weniger als 17 Beilagen bekräftigt wurde.
Es musste daher von Anfang an davon ausgegangen werden, dass einerseits Delikte im Raum standen, welche eine Strafandrohung bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug vorsehen (siehe Art. 146 StGB und Art. 138 StGB) und andererseits angesichts der erheblichen Schadenssumme mit einer Strafe von deutlich mehrals einem Jahr zu rechnen war, zumal das in der Strafanzeige beschriebene Verhalten des Angeklagten auf eine ganz beträchtliche kriminelle Energie schliessen liess.
Dazu kommt, dass die Untersuchungsbehörde aufgrund ihrer in der Zwischenzeit aufgenommenen Ermittlungen noch vor Durchführung der ersten Befragungen über weitere den Angeklagten belastende Unterlagen verfügte. Angesichts der umfangreichen Ermittlungen und der damit einhergehenden Komplexität der Sache dürfte aber auch die Anwendung von§ 11 Abs. 2 Ziff. 5 StPO in Betracht fallen, wonach der Angeschuldigte durch einen Verteidiger verbeiständet sein muss, wenn besondere Umstände es erheischen, namentlich, wenn die Abklärung und Beurteilung des Sachverhaltes aussergewöhnliche Schwierigkeiten bereitet (siehe dazu ZR 100 Nr. 17).
Vor diesem Hintergrund steht fest, dass bereits vor Durchführung der ersten Einvernahmen des Angeklagten vom 22. Mai 2007 ein Fall einer notwendigen Verteidigung im Sinne von § 11 Abs. 2 Ziff. 3 und Ziff. 5 StPO vorlag. Im Weiteren ist unbestritten und aktenmässig belegt, dass Rechtsanwalt W. erst im August 2007 vom Angeklagten als erbetener Verteidiger beigezogen worden ist und diese Verteidigung in der Folge seitens der Vorinstanz mit Präsidialverfügung vom 16. Oktober 2008 in eine amtliche Verteidigung umgewandelt wurde. Der Angeklagte war damit auch im Zeitpunkt der Durchführung der Zeugeneinvernahmen F. und W. vom 5. Juli 2007 trotz Vorliegens eines Falles von notwendiger Verteidigung nicht anwaltlich verbeiständet.
2.2.1 Nach der Bestimmung von § 15 StPO sind Einvernahmen von Zeugen, Auskunftspersonen oder Sachverständigen, bei welchen die Vorschriften von § 14 StPO nicht beachtet wurden, nichtig, soweit sie den Angeschuldigten belasten. Gemäss § 14 Abs. 1 StPO ist dem Angeschuldigten und seinem Verteidiger Gelegenheit zu geben, den Einvernahmen von Zeugen vor dem Untersuchungsbeamten beizuwohnen und an sie Fragen zu richten. Dieses Recht darf nur unter bestimmten Voraussetzungen (namentlich zum Schutze von Opfern bei Straftaten gegen die sexuelle Integrität sowie bei zwingenden tatsächlichen oder rechtlichen Gründen) eingeschränkt werden.
Das Kassationsgericht hat dazu festgehalten, dass in dieser Beziehung das zürcherische Strafverfahrensrecht gemäss § 14 StPO im Sinne der Parteiöffentlichkeit bei Zeugeneinvernahmen über die Mindestgarantien von Art. 6 Ziff. 3 EMRK hinausgehe (ZR 98 Nr. 63 E 3b; ZR 100 Nr. 5 sowie Kass.-Nr. 99/433 S, Entscheid vom 19. Juni 2000 im Sinne M., E. II.4b). Im zuletzt genannten Entscheid erwog das Kassationsgericht, nach § 14 StPO habe der Angeschuldigte grundsätzlich Anspruch darauf, dass er und sein Verteidiger von Anfang an bei jeder Zeugeneinvernahme anwesend seien und Ergänzungsfragen stellen könnten. Da dies vorliegend nicht der Fall war, erweisen sich die Einvernahmen der Zeugen W. und F. im Sinne von § 15 StPO als nichtig, da der Anspruch auf eine effektive Verteidigung verletzt worden ist (siehe dazu auch Schmid, Strafprozessrecht, 4. Aufl., Zürich 2004, N 491 mit weiteren Verweisen).
2.2.2 Dasselbe gilt auch für die Einvernahmen des Angeklagten, welche ohne Rechtsbeistand erfolgt sind. Nach der Praxis des Kassationsgerichts stellt es einen Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und das Prinzip des fairen Verfahrens dar, wenn der Angeklagte ohne Beigabe eines Verteidigers zur Sache befragt wurde. Aussagen, welche ein Angeschuldigter ohne Anwesenheit eines Verteidigers gemacht hat, obschon in jenem Zeitpunkt bereits notwendige Verteidigung bestand, sind und bleiben definitiv nicht verwertbar, sofern sich ein Angeschuldigter selbst belastet hat. Eine Heilung des Mangels ist nicht mehr möglich (siehe ZR 100 Nr. 43 und ZR 100 Nr. 100).
Daraus erhellt, dass es unzulässig ist, in irgendeiner Weise auf die betreffenden Einvernahmeprotokolle abzustellen, und zwar auch dann, wenn dem Angeklagten diese nachträglich nochmals vorgehalten werden und er dazu Stellung nehmen kann. Andernfalls liefe er Gefahr, aufgrund belastender eigener Aussagen beurteilt zu werden, die er möglicherweise nie gemacht hätte, wenn ihm rechtzeitig ein Verteidiger bestellt worden wäre (siehe ZR 100 Nr. 100 E. 1 lit. e). Demnach geht es nicht an, sich für die Urteilsbegründung auf die Einvernahmen des Angeklagten vom 22. Mai 2007 abzustützen.
2.3.1 Mit Bezug auf die mangelhaften Einvernahmen der Zeugen W. und F. stellt sich die Frage, ob der Mangel geheilt werden kann, indem die betreffenden Personen in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers erneut einvernommen werden. Die Verteidigung weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass vorliegend die Verletzung von § 14 StPO und § 15 StPO nicht mehr durch eine neue Befragung verbessert oder geheilt werden könne, da die Vorinstanz eine Rückweisung gestützt auf § 182 Abs. 3 StPO vorgenommen habe, so dass die Anordnung von ergänzenden Untersuchungshandlungen im Sinne von § 183 Abs. 2 StPO unzulässig sei. Dementsprechend nahm die Verteidigung bereits vor Vorinstanz den Standpunkt ein, dass die durch das Bezirksgericht vorgenommene Rückweisung der ersten Anklageschrift vom 27. März 2008 gestützt auf § 182 Abs. 3 StPO nicht zulässig gewesen sei, weil ein Schuldspruch nur mit ergänzenden Untersuchungshandlungen hätte ausgefällt werden dürfen.
2.3.2 Die in § 182 Abs. 3 StPO vorgesehene Möglichkeit der Rückweisung einer Anklage zur Ergänzung oder Abänderung stellt eine Durchbrechung des Anklageprinzips dar. Um zu verhindern, dass das Anklageprinzip als fundamentaler rechtsstaatlicher Grundsatz ausgehöhlt und seiner Funktionen beraubt werden kann, sind Abweichungen davon einschränkend zu interpretieren (siehe ZR 87 Nr. 57).
Eine Rückweisung der Anklage zur Ergänzung oder Abänderung im Sinne von § 182 Abs. 3 StPO ist entsprechend nur dann zulässig, wenn das Gericht aufgrund der bereits erhobenen Beweise zur Überzeugung gelangt ist, dass ein strafbares Verhalten vorliegt und sich dieses im Bereich der eingeklagten Lebensvorgänge bewegt, dass aber die Anklage einen Schuldspruch nicht zulässt, weil diese den Anforderungen von § 162 StPO nicht genügt. Eine Anklage darf folglich nicht zur Ergänzung oder Abänderung zurückgewiesen werden, wenn aufgrund der Untersuchungsakten nicht feststeht, dass ein strafbarer Sachverhalt bewiesen ist.
Während die Zulässigkeit einer Rückweisung einer Anklage zur Abänderung oder Ergänzung im Sinne von § 182 Abs. 3 StPO voraussetzt, dass die Beweislage klar ist, ist die Rückweisung zur Beweisergänzung im Sinne von § 183 Abs. 2 StPO nur im Rahmen einer im betreffenden Punkt mängelfreien Anklage zulässig. Die Verbindung einer gerichtlichen Aufforderung zur Anklagekorrektur im Sinne von § 182 Abs. 3 StPO mit einer Rückweisung nach § 183 Abs. 2 StPO bezüglich des gleichen Mangels ist daher grundsätzlich unzulässig (siehe ZR 102 Nr. 54 und Donatsch/Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Zürich 1996, N 13 und 16 zu § 182 StPO).
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Verbindung einer Rückweisung zur Abänderung oder Ergänzung der Anklage im Sinne von § 182 Abs. 3 StPO mit der Anordnung weiterer Beweismassnahmen im Sinne von § 183 Abs. 2 StPO bezüglich des gleichen Mangels auch unter dem Gesichtspunkt des verfassungsmässigen Rechts auf einen unbefangenen Richter als unzulässig zu betrachten wäre, da die Rückweisung zur Anklagekorrektur notwendigerweise mit der Feststellung verbunden ist, die abgeänderte oder ergänzte Anklage führe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Verurteilung des Angeklagten.
Wenn eine solche Feststellung gleichzeitig mit der Anordnung weiterer Beweismassnahmen gemacht wird, also trotz einer unklaren, widersprüchlichen oder unvollständigen Beweislage, bedeutete dies, dass das entsprechende Gericht seine Überzeugung bereits vor der Würdigung aller Beweise gebildet haben könnte, womit es nicht mehr als unbefangen im Sinne von Art. 30 Abs. 1 BV angesehen werden könnte (BGE 126 I 74).
2.3.3 Vorliegend wies die Vorinstanz die Anklage in Anwendung von § 182 Abs. 3 StPO zur Ergänzung an die Staatsanwaltschaft zurück, um die Anklage im Sinne ihrer Erwägungen abzuändern und zu ergänzen. Dabei hat sie explizit ausgeführt, dass die Akten nicht ergänzungsbedürftig seien. An dieser Auffassung hielt sie auch im Urteil vom 25. Februar 2009 ausdrücklich fest.
Die Vorinstanz hat damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass keine weiteren Beweise erhoben und keine weiteren Untersuchungshandlungen getätigt werden mussten. Die abgeänderte und ergänzte Anklage ging in der Folge mit Schreiben vom 3. November 2008 wieder bei der Vorinstanz ein. Dabei ist zu beachten, dass mit der Einreichung der Anklage die Verfahrensherrschaft an das Gericht übergegangen und die Anklage mit den engen, in§ 182 Abs. 3 StPO skizzierten Ausnahmen für die Anklagebehörde definitiv geworden ist (Donatsch/Schmid, a.a.O. N 28 zu § 182). Nach dem Gesagten geht es jedenfalls nicht an, nach bereits erfolgter Ergänzung der Anklageschrift weitere Beweiserhebungen zur Abklärung der fraglichen Tatbestände vorzunehmen, da mit einem solchen Vorgehen das Anklageprinzip verletzt würde (siehe dazu ZR 102 Nr. 54).
Daran vermag auch der seitens des Angeklagten erklärte Verzicht vom 17. Januar 2008 auf nochmalige Einvernahme der Zeugin F. nichts zu ändern, zumal sich dieser Verzicht nach Angabe der Verteidigung lediglich auf Fragen beschränkte, welche den Sachverhalt zugunsten des Angeklagten hätten beleuchten können und die Verteidigung im Übrigen stets auf die Notwendigkeit von ergänzenden Untersuchungshandlungen hingewiesen hat. Indem die Vorinstanz eine Rückweisung gestützt auf §182 Abs.3 StPO vorgenommen hat, können keine ergänzenden Untersuchungshandlungen mehr angeordnet werden. Die betreffenden Mängel in der Untersuchung sind damit nicht mehr heilbar. Konsequenterweise hat dies auch für die Berufungsinstanz zu gelten, da sonst die Regel, wonach vom Gericht nicht eine Verbesserung der Anklageschrift und eine Ergänzung der Untersuchung angeordnet werden kann, umgangen würde.
3. Mit der Unverwertbarkeit der Zeugeneinvernahmen und der eingangs erwähnten Aussagen des Angeklagten fällt das gesamte Beweisfundament bezüglich der in der Anklage enthaltenen Vorwürfe in sich zusammen. Es ist Sache des Staates, dem Angeklagten seine Schuld nachzuweisen, und nicht der Angeklagte hat seine Unschuld zu beweisen (siehe dazu BGE 127 I 40 und BGE 1P.587/2003 vom 29. Januar 2004, E. 7.2. und 1P.437/2004 vom 1. Dezember 2004, E. 4.3).
Aufgrund der massgebenden Beweislage – von sämtlichen durchgeführten Einvernahmen bleibt lediglich die staatsanwaltschaftliche Befragung des Angeklagten vom 21. November 2007 verwertbar – lässt sich dem Angeklagten nicht nachweisen, dass er die eingeklagten Delikte begangen hat. Dies hat zur Folge, dass der Angeklagte von den eingeklagten Vorwürfen vollumfänglich freizusprechen ist.
(Urteil SB090312/U der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 30. Oktober 2009)
Ausländerrecht
Ausgrenzung: Dafür braucht es einen Verdacht
Das Bundesgericht verneint einen genügenden Verdacht auf Beteiligung am Drogenhandel, wenn jemand mehrere Male an einer Bushaltestelle kontrolliert wird, die als Drogenumschlagplatz bekannt ist. Und einmal vor einer Kontrolle zu fliehen versucht. Es hebt eine Ausgrenzung auf.
Sachverhalt:
Ein aus Elfenbeinküste stammender Mann stellte am 1. April 2008 ein Asylgesuch und wurde dem Kanton Solothurn zugewiesen. Er war zunächst im Asylzentrum Oberbalmberg untergebracht und zog im Juli 2008 nach E./SO.
Nachdem der Mann durch die Polizei am 14. August 2008, am 7. September 2008 sowie am 12. Mai 2009 jeweils bei einer als Drogenumschlagplatz bekannten Bushaltestelle beim Hauptbahnhof Solothurn angehalten und kontrolliert worden war, verfügte das Departement des Innern des Kantons Solothurn, Abteilung Ausländerfragen, am 13. Mai 2009 gegen ihn die Ausgrenzung mit der Auflage, das Gebiet der Städte Solothurn und Olten nicht mehr zu betreten. Mit Urteil vom 18. Juni 2009 wies das Verwaltungsgericht die von ihm eingereichte Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Der Mann focht diesen Entscheid beim Bundesgericht an.
Aus den Erwägungen:
2.1 Gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) kann die zuständige kantonale Behörde einer Person die Auflage machen, ein ihr zugewiesenes Gebiet nicht zu verlassen oder ein bestimmtes Gebiet nicht zu betreten, wenn sie keine Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung besitzt und sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung stört oder gefährdet; diese Massnahme dient insbesondere der Bekämpfung des widerrechtlichen Betäubungsmittelhandels. Das Missachten einer Ein- und Ausgrenzung ist strafbar (Art. 119 AuG) und stellt einen Haftgrund im Rahmen der Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft dar (Art. 75 Abs. 1 lit. b und Art. 76 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 AuG).
Nach der Praxis des Bundesgerichts zu Art. 13e Abs. 1 des früheren Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; in der Fassung vom 18. März 1994 [AS 1995 146 151] und Abs. 1 lit. a in der Fassung vom 16. Dezember 2005 [AS 2006 4745 4767]), welcher Bestimmung der heutige Art. 74 Abs. 1 lit. a AuG entspricht, genügt für die Anordnung einer Ausgrenzung schon der hinreichend begründete Verdacht der Beteiligung am Drogenhandel, ohne dass eine entsprechende Straftat nachgewiesen sein muss (Urteile 2A.347/2003 vom 24. November 2003, in: Pra 2004 Nr. 76 S. 444, E. 2.2; 2A.268/2005 vom 3. August 2005, E. 2.1).
Wird der Ausländer wiederholt im Drogenmilieu angehalten, vermag dies den ernsthaften Verdacht zu begründen, dass er jeweils nicht lediglich als Zuschauer der Drogenszene ertappt wurde, sondern dass er, sei es als Händler oder als Konsument, aktiv am unerlaubten Drogenumschlag beteiligt war. Für den hinreichend konkreten Verdacht genügt es indessen in der Regel noch nicht, dass der Ausländer bloss an Orten angetroffen wird, wo nach Kenntnis der Behörden (auch) Drogen gehandelt werden (Urteile 2A.148/2003 vom 30. Mai 2003, E. 2.3 und 3.3; 2A.268/2005 vom 3. August 2005, E. 2.1).
2.2 Gemäss den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Entscheid wurde der Beschwerdeführer an drei verschiedenen Daten anlässlich von polizeilichen Drogenkontrollen in der Umgebung des Hauptbahnhofs Solothurn angehalten und kontrolliert: Am 14. August 2008 habe er sich zusammen mit einem Kollegen bei der als Drogenumschlagplatz bekannten Bushaltestelle Kneubühler aufgehalten. Als sie die in zivil gekleideten Polizisten erblickt hätten, seien sie geflohen und hätten sich unter den Tischen eines Internetcafés vor ihnen zu verstecken versucht. Bei der Durchsuchung sei kein belastendes Material gefunden worden.
Am 7. September 2008 sei beobachtet worden, dass sich der Beschwerdeführer zusammen mit vier weiteren Personen wiederum im Bereich der genannten Bushaltestelle aufgehalten habe. Während zwei Personen vor den Polizisten die Flucht ergriffen hätten, sei der Beschwerdeführer stehen geblieben; dabei sei bei ihm wiederum kein belastendes Material vorgefunden worden.
Schliesslich sei der Beschwerdeführer am 12. Mai 2009 erneut bei dieser Bushaltestelle angehalten und kontrolliert worden; dabei sei festgestellt worden, dass er Notengeld «in gassenüblicher Stückelung» getrennt vom übrigen Geld bei sich getragen habe. Dem Beschwerdeführer sei anlässlich der drei Kontrollen jeweils das rechtliche Gehör in Bezug auf eine mögliche Ausgrenzung aus den Städten Solothurn und Olten gewährt worden.
2.3 Das Verwaltungsgericht schliesst aus den vorerwähnten Sachumständen auf das Vorliegen eines hinreichend begründeten Verdachts der Beteiligung des Beschwerdeführers am Drogenhandel. Die Faktenlage erweist sich indessen als zu knapp für einen solchen Schluss: Wohl wurde der Beschwerdeführer dreimal bei einer als Drogenumschlagplatz bekannten Bushaltestelle angetroffen. Zu beachten ist jedoch, dass sich diese Haltestelle in der Umgebung des Hauptbahnhofes Solothurn befindet und derartige Örtlichkeiten an zentraler Lage nach allgemeiner Lebenserfahrung von einer erheblichen Anzahl Passanten und nicht allein oder vornehmlich durch Personen aus dem Drogenmilieu frequentiert werden.
Hinzu kommt, dass an dieser Haltestelle offenbar jene Buslinie verkehrt, welche der Beschwerdeführer benützen muss, um von seiner Wohngemeinde E. nach Solothurn zu gelangen. Aus der Sachverhaltsdarstellung ergeben sich zudem keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer über längere Zeit im Bereich dieser Haltestelle verweilt wäre, er diese in unüblich häufiger Abfolge oder zu ungewöhnlichen Zeiten aufgesucht hätte. Ebenso wenig wird dargetan, dass er sich dort in Personenansammlungen aufgehalten hätte oder mit Einzelpersonen verkehrt wäre, welche dem Drogenmilieu zuzuordnen sind. Weder konnten bei ihm anlässlich der drei Kontrollen Betäubungsmittel sichergestellt werden, noch ist bekannt, dass einerseiner Kollegen Drogen auf sich trug. Beim Geld in sogenannter «gassenüblicher Stückelung», welches beim Beschwerdeführer in seiner Hosentasche vorgefunden wurde, handelte es sich um 10.65 Franken sowie um eintausend afrikanische Francs (rund 2.30 Franken). Derart geringfügige Summen erscheinen (noch) nicht geeignet, den Beschwerdeführer mit dem Drogenhandel in Verbindung zu bringen.
Nachweislich unkorrekt verhielt sich der Beschwerdeführer einzig dadurch, dass er sich durch Flucht einer Polizeikontrolle entziehen wollte. Der Beschwerdeführer musste die fragliche Haltestelle nicht einzig deshalb meiden, weil an dieser Stelle (auch) Drogen umgesetzt werden. Ebenso wenig durfte von ihmerwartet werden, dass er allein aufgrund des ihm im Hinblick auf eine allfällige Ausgrenzung gewährten rechtlichen Gehörs der Stadt Solothurn, welcher als Kantonshauptort aus Sicht der umliegenden Gemeinden, zu denen E. gehört, zentralörtliche Funktion zukommt, fernbleibt.
2.4 Gebricht es nach dem Gesagten bei der Sachlage, wie sie sich nach Darstellung der Vorinstanz ergibt, schon am hinreichend begründeten Verdacht der Beteiligung des Beschwerdeführers am Drogenhandel, ist die Beschwerde bereits aus diesem Grund als begründet gutzuheissen und das angefochtene Urteil und damit die verfügte Ausgrenzung aufzuheben, ohne dass die erwähnte Massnahme noch auf ihre Verhältnismässigkeit hin zu prüfen wäre.